Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung

jada.wasi
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Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung?

Beitrag von jada.wasi »

Dani28 hat geschrieben: Dienstag 19. November 2024, 16:16 Wir wissen momentan nicht, ob eine Nicht­zulassungsbeschwerde eingereicht wird
Konnten Sie das Aktenzeichen des LAG Köln evt schon in Erfahrung bringen? Das Nachrücken der 1. Stellv. zur VP erfolgt automatisch kraft Gesetzes einen Monat nach der Zustellung des LAG-Beschlusses an die Anwälte, sofern keine Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) erhoben wird.

Die Rechtskraft tritt ein lt. § 92a ArbGG, wenn nicht binnen eines Monats nach Zustellung des vollständig mit Gründen abgefassten LAG-Beschlusses der Rechtsbehelf der NZB beim BAG eingelegt wird. Gruß Jada Wasi
Dani28
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Re: Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung

Beitrag von Dani28 »

Also mittlerweile ist Nichtzulassungsbeschwerde zum BAG eingereicht worden in unserem Fall, obwohl dies kaum Chancen auf Erfolg haben wird. Der Beschluss des LAG liegt jedoch noch gar nicht in Schriftform vor.
Ein Wahlvorstand wird offenbar auch schon zusammengestellt. Die Neuwahl muss somit vom Arbeitsgericht gestoppt werden, da der Arbeitgeber und die noch amtierende Vertrauensperson beratungsresistent sind.
jada.wasi
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Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung?

Beitrag von jada.wasi »

Dani28 hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2024, 16:01 Also mittlerweile ist NZB zum BAG eingereicht worden, obwohl kaum Chancen auf Erfolg …..
Hallo Dani,

kurze Nach- und Verständnisfrage:
Geht es dabei um einen Betrieb oder um eine Behörde?
Wie lautet das Aktenzeichen dieser NZB bei dem BAG?

Wenn da NZB eingereicht wurde so kann dies auch taktisch begründet sein, nämlich das Amtsende dieser VP „künstlich“ hinauszuschieben, also reine Verzögerungstaktik. Die meis­ten NZB werden verworfen bzw abgelehnt laut der Statistik, nämlich über 95 Prozent. Gewinner sind in jedem Falle die Anwälte (Honorare). Grüße Jada Wasi
Dani28
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Re: Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung?

Beitrag von Dani28 »

jada.wasi hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2024, 16:45
Dani28 hat geschrieben: Mittwoch 4. Dezember 2024, 16:01 Also mittlerweile ist NZB zum BAG eingereicht worden, obwohl kaum Chancen auf Erfolg …..
Hallo Dani,

kurze Nach- und Verständnisfrage:
Geht es dabei um einen Betrieb oder um eine Behörde?
Wie lautet das Aktenzeichen dieser NZB bei dem BAG?

Wenn da NZB eingereicht wurde so kann dies auch taktisch begründet sein, nämlich das Amtsende dieser VP „künstlich“ hinauszuschieben, also reine Verzögerungstaktik. Die meis­ten NZB werden verworfen bzw abgelehnt laut der Statistik, nämlich über 95 Prozent. Gewinner sind in jedem Falle die Anwälte (Honorare). Grüße Jada Wasi
Es handelt sich um eine Behörde. Ja es ist reine Verzögerungstaktik in der Hoffnung bis 2026 im Amt zu bleiben und dann wieder gewählt zu werden.
jada.wasi
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Nichtzulassungsbeschwerde (NZB)

Beitrag von jada.wasi »

Dani28 hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2024, 12:14 Ja es ist reine Verzögerungstaktik in der Hoffnung bis 2026 im Amt zu bleiben und dann wieder gewählt zu werden.
Liebe Dani,

das wird wohl definitiv so nicht gelingen: Denn über NZB beschließt BAG regelmäßig zügig in ca. 6 bis 9 Monaten, teilweise wohl deutlich schneller. Welches Personal­ver­tre­tungs­recht gilt denn in dieser Behörde? Gruß Jada Wasi
Dani28
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Re: Nichtzulassungsbeschwerde (NZB)

Beitrag von Dani28 »

jada.wasi hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2024, 12:55
Dani28 hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2024, 12:14 Ja es ist reine Verzögerungstaktik in der Hoffnung bis 2026 im Amt zu bleiben und dann wieder gewählt zu werden.
Liebe Dani,

das wird wohl definitiv so nicht gelingen: Denn über NZB beschließt BAG regelmäßig zügig in ca. 6 bis 9 Monaten, teilweise wohl deutlich schneller. Welches Personal­ver­tre­tungs­recht gilt denn in dieser Behörde? Gruß Jada Wasi
BPersVG gilt in der Behörde.

Das Inklusionsamt darf keine Rechtsberatung abgeben. Jedoch hat man mich auf die Wahlbroschüre hingewiesen. Fraglich ist, wie das Arbeitsgericht das ganze beurteilen wird. Wäre gut, wenn man sich auf einen ähnlichen Fall stützen könnte. Es kommt wohl in der Praxis nicht so oft vor, dass lediglich die Wahl der Vertrauensperson angefochten wird und nicht der Stellvertreter.
jada.wasi
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Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung?

Beitrag von jada.wasi »

Dani28 hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2024, 15:23 Wäre gut, wenn man sich auf einen ähnlichen Fall stützen könnte. Es kommt wohl in der Praxis nicht so oft vor, dass lediglich die Wahl der VP angefochten wird und nicht der Stellvertreter.
Das kommt mittlerweile häufiger vor laut Rspr., nachdem isolierte Anfechtung durch die Rspr endlich abschließend höchstrichterlich geklärt ist. Auch kann es sein, dass beide Wahlen angefochten werden, aber nur die Wahl der VP für ungültig erklärt wird, wenn es jeweils auf Stimm­ver­tei­lung ankommen sollte. Sobald Sie Datum sowie Aktenzeichen dieses LAG Köln nennen, sind evt. weitere allg. Hinweise möglich. Warum 1. Stv. nicht beteiligt wurde – obwohl ihr „Status“ (Nachrückung zur VP) von dem Ausgang dieser Anfechtung unmittelbar betroffen, das ist eine Frage der Betroffenheit im Einzelfall.

Bis vor wenigen Jahren gingen „Instanzengerichte“ noch davon aus, wonach das nicht zulässig sei - bzw. dass die Anfechtung der Wahl der VP immer auch die Wahlen aller Stv. automatisch umfasse: Beides hat das BAG gestoppt, weil wahlrechtlich nicht begründbar. Damit argumentieren VP,_die an ihrem Amt „kleben“ – obwohl laut BAG längst „Rechtsgeschichte“: Demnach nicht durch „ewiggestrige Argumente“ veralbern lassen. Mit dem Unsinn haben die Verwaltungsgerichte angefangen, nun sind damit alleine nur noch Arbeitsgerichte befasst mit Wahlanfechtung.

:shock: Teils wurde sogar ungefragt auch die Wahl der Stv für ungültig erklärt, obwohl der Wahlfehler (ein nicht Wahl­be­rech­tig­ter soll mit abgestimmt haben) nicht kausal für die Stv._(da Stimmunterschied bei Wahl der VP genau eine Stimme, bei Stv. aber größer als eine Stimme). Das war grober Doppelfehler der Arbeitsrichter 👎

Dani28 hat geschrieben: Donnerstag 5. Dezember 2024, 15:23 Das InA darf kei­ne Rechts­beratung abgeben.
Das mag für individuelle Rechtsberatung gelten. Einzelne Rechtsfragen dürfen m.W. aber in allgem. Form durchaus erörtert werden. Das gilt selbstverständlich auch für SBV-Seminare des Inklusionsamtes und anderer Anbieter von Seminaren zum Schwerbehindertenrecht. Vgl auch SBV-Broschüre, Kapitel 7.1.3 Rechtsberatung, Seite 52/53.

:idea: TIPP: Bürgertelefon
Mit dieser reinen Rechtsfrage (Nachrückung bei isolierter Anfechtung) könnte man sich an das federführende BMAS wenden. Bitte ggf. die Antwort hier mitteilen - weil von allg. Interesse. Viel Erfolg! Jada Wasi
Zuletzt geändert von jada.wasi am Freitag 6. Dezember 2024, 19:39, insgesamt 1-mal geändert.
Dani28
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Re: Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung

Beitrag von Dani28 »

Im BMAS wird sich doch auch kaum ein Jurist mit dem SBV-Wahlrecht auskennen. Dafür kenne ich die Behördenlandschaft zu gut. Die werden Google fragen oder in diesem Forum stöbern. Das ist leider die bittere Realität. Sogar der Richter des LAG war sich nicht ganz sicher. Es müsste endlich eine umfassende Gesetzesänderung geben. Schon die Tatsache, dass vor der Wahl Stützunterschriften gesammelt werden müssen, ist unsinnig und nicht mehr zeitgemäß.
Meggie
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Re: Neuwahl nach erfolgreicher Wahlanfechtung

Beitrag von Meggie »

Dani28 hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2024, 19:39 Im BMAS wird sich doch auch kaum ein Jurist mit dem SBV-Wahlrecht auskennen …. Das ist leider die bittere Realität.
Guten Abend Dani28,

naja – woher wissen Sie das? Vergleiche nur die im BIH-Wahlforum wörtlich zitierten bzw. sachkundigen Antworten jeweils aus dem Jahr 2022 zum Bsp. hier und hier aus dem zuständigen BMAS-Fachreferat Va2 speziell zu dem SBV-Wahlrecht …

Viele Grüße
Meggie
jada.wasi
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5x Reformbedarf für Wahlvorschläge

Beitrag von jada.wasi »

Betriebsrätemodernisierungsgesetz

Dani28 hat geschrieben: Freitag 6. Dezember 2024, 19:39 Schon die Tatsache, dass vor der Wahl Stütz­unterschriften gesammelt werden müssen, ist unsinnig und nicht mehr zeitgemäß.
Ist doch gängiges Verfahren zB lt. BetrVG, BPersVG
sowie allen 16 Landes-Personalvertretungsgesetzen


Wo haben Sie das denn her? Das ist so nicht richtig:
Dies ist pauschale Unterstellung, denn Stützunterschriften sind ja Standard. Überzogen aber, dass in § 6 SchwbVWO keinerlei Deckelung wie etwa in § 14 Abs. 4 Satz 3 BetrVG und dass nur ziemlich eingeschränkte Nachbesserung von Wahlvorschlägen im Gegensatz zu § 8 Abs. 2 WO-BetrVG für BR-Wahl. Das ist nicht gerade „das Gelbe vom Ei“, für SBV-Wahlvorschläge höhere – wahlrechtliche – „Hürden“ aufzubauen bzw. zu „verordnen“ per SchwbVWO …. Die gegenteilige Ansicht zu der Nachbesserung in Teilen des Schrifttums ist m.E. komplett abzulehnen laut BAG. Der Wahlvorstand kann „Däumchen drehen“ sowie sehenden Auges Wahlbewerber ins „Verderben laufen“ lassen per Untätigkeit bis zu dem Ablauf der Einreichungsfrist, weil keine [1] unverzügliche [2] Hinweispflicht gemäß der SchwbVWO zu Nachbesserung und Fehlerbereinigung Dennoch erfolgte nicht die gebotene Rechtsänderung.

Rechtsvergleich (§ 14 Abs. 4 BetrVG n.F.)
Ob z.B. bei in der Regel [3] bis 20 Wahl­be­rech­tig­ten Stütz­unter­schrif­ten verzichtbar sein sollten bei förmlicher SBV-Wahl für sbM (wie bei BR-Wahl ab 2021 laut § 14 Abs. 4 Satz 1 BetrVG n.F.) und bei [4] bis 100 Wahlberechtigten zwei Stützunterschriften genügen sollten (wie z.B. bei BR-Wahl ab 2021 gemäß § 14 Absatz 4 Satz 2 BetrVG n.F.), sowie [5] Deckelung - in Großbetrieben - auf maximal 50 Stützunterschriften (wie in § 14 Abs. 4 Satz 3 BetrVG) – sollte von BMAS bzw. Bundesregierung überprüft werden, weil Differenzierung willkürlich erscheint ohne Sachgrund.
Wer reklamiert beim BMAS diese 5 Schwachstellen?

Reformbedarf
Das BMAS hätte spätestens 2021 den § 6 SchwbVWO anpassen müssen. Das BMAS geht offenbar davon aus, dass den schwerbehinderten Wahlberechtigten bei SBV-Wahlen teilweise viel höhere Anstrengungen als Wahl­be­rechtigten bei Betriebsratswahlen zumutbar seien für die Wahlvorschläge. Während bspw. bei BR-Wahlen mit 100 Wahlberechtigten zwei Unterstützter reichen, werden bei SBV-Wahlen sogar mehr als die doppelte Anzahl (=fünf) Unterstützer verlangt für einen Wahlvorschlag; Beispiel:
Während bei BR-Wahl ein Bewerber nur einen weiteren Unterstützer braucht (neben seiner Unterschrift), benötigt Bewerber z.B. bei SBV-Wahl die 4-fache Menge weiterer Stützunterschriften oder sogar die 5-fache Menge, sofern nicht selbst sbM. Aber selbst das reicht nicht, wenn Stütz­unterschriften gestrichen werden sollten nach § 6 Abs. 4 SchwbVWO wegen mehrfacher Unterzeichnung, weil ja grundsätzlich nicht heilbar bei SBV-Wahlen nach Ablauf Einreichungsfrist (so z.B. Ministerialrat Dr. Cramer 1998 und Dr. Pahlen, Vorsitzender Richter am LAG a.D.) – im Gegensatz zu allen BR-Wahlen:
Dr. Cramer hat geschrieben:WV, die dann von weniger Wahlberechtigten als erforderlich unterzeichnet sind, sind ungültig.
[Cramer, SchwbG, § 6 SchWbWO, Rn. 4]
Mindestquote
Demnach sind lt. derzeitiger Rechtslage in § 6 SchwbVWO bspw. bei fünf Wahlberechtigten drei Stützunterschriften (= 60 Prozent!) für einen Wahlvorschlag nötig, also nicht mal zwei Wahlvorschläge bei förmlicher SBV-Wahl für die VP möglich (mathematisch ausgeschlossen lt. Adam Riese). Verfassungsrechtlich folglich höchst bedenkliche Quote:
Quoten von 60 % erscheinen mir eher unterirdisch; vgl. BVerfG vom 16.10.1984 - 2 BvL20/82, zur Frage der Ver­fassungs­mä­ßigkeit (hoher) Unterschriftenquoren bei PR-Wahlen — die Wahlvorschläge „übermäßig erschweren“.
Daher ist „Gegenkandidatur“ von vornherein schon rein logisch ausgeschlossen und somit keine echte Auswahl zwischen 2 Kandidaten in geheimer Wahl möglich 👎

Historisches
In Betrieben mit bis 20 Wahlberechtigten genügten daher immerhin zwei Stützunterschriften für BR-Wahl schon seit 1989 seit Jahrzehnten.Gruß Jada Wasi
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