Hallo zusammen,
ich arbeite als BEM-Beauftragte in einem Krankenhaus. Eine Kollegin befindet sich nach Post Covid seit ca. 8 Monaten im BEM und nach Reha und weiteren stationären Therapien nun in der stufenweisen Wiedereingliederung. Leistungsträger ist die Techniker. Laut Plan, den die Kollegin mit ihrer Hausärztin aufgestellt hat, dauert die Wiedereingliederung vier Monate.
Die Techniker hat nun ein Schreiben an die Kollegin versendet, in dem ein völlig abgewandelter und massiv verkürzter Wiedereingliederungsplan (6 Wochen) als "Ihr neuer persönlicher Wiedereingliederungsplan" vorgestellt wird. Die Kollegin hat Widerspruch eingelegt und wir warten ab. Dies ist der dritte Fall in den letzten sechs Monaten, in dem die Techniker so vorgeht. Ist das rechtens? Darf die Techniker einfach so den Plan abändern? Ich meine nein, denn die stufenweise Wiedereingliederung ist doch eine Art Verordnung durch den Arzt, oder?! Alternativ müsste doch zumindest der MDK befragt werden??
Ich freue mich über Erfahrungen und/oder Antworten .
Viele Grüße
Änderung Plan stufenweise Wiedereingliederung durch Krankenkasse?
Stufenweise Wiedereingliederung bei der Techniker Krankenkasse (TK)
Hallo,
eine sehr gute und berechtigte Frage: Unterm Strich wird da_offenbar letztlich u.a. die vom Hausarzt im Stufenplan bescheinigte Dauer der AU angezweifelt, die während der StW besteht:
Zum „kreativen“ Umgang dieser Techniker Krankenkasse (TK) mit „Widersprüchen“ Versicherter – was kürzlich der Rechtsaufsicht (BAS) übel aufgestoßen ist – siehe bspw. Diskussion von 2023.
Frage: Hatte Schreiben der Techniker Krankenkasse eine_Rechtsbehelfsbelehrung? Und wurden die „weiteren stationären Therapien“ von dieser TK finanziert oder von einem anderen med. Reha-Träger? Mit welchen Gründen und welchen Paragrafen wurde diese Änderung denn von dieser TK genau begründet? Kam eine sog. „Anhörung“?
Es besteht keine Bindung an einem vom medizinischen Dienst der Krankenkasse vorgeschlagenen Plan. In AU-Richtlinie wird dem insoweit Rechnung getragen, als dort ausgeführt wird – wonach eine „standardisierte Betrachtungsweise nicht möglich“ ist, so schon Gagel 2006 mit Verweis auf Nr. 2 der Anlage der AU-Richtlinie. Diese ist auch für TK verbindlich – und nicht nur unverbindliche Empfehlung ausweislich § 7 Abs. 1 AU-Richtlinie!
Völlig richtig! Und ohne eine eigene ärztl. Untersuchung (MD?) ist eine „eigenmächtige“ Änderung durch TK m.E. regelhaft ohnehin unzulässig laut § 7 Abs. 1 Satz 2 AU-Richtlinie: Gut, dass es (fachkundige) BEM-Beauftragte gibt,_die solche „Kassenpraxis“ kritisch hinterfragen Post-Covid und Long-Covid sowie Wiedereingliederung. Womöglich orientiert sich TK an „Durchnittswerten“ statt individuell laut AU-Richtlinie? („Laut einer Mitteilung der Techniker Krankenkasse sind das im Schnitt 105 Tage“)
Drei Prozent sollen vom Post Covid Syndrom betroffen sein_laut ÄrzteZeitung.
Die Kasse ist grundsätzlich an den Plan des Hausarztes gebunden; der Versicherte kann demnach Unterstützung dieses Planes verlangen laut Gagel, Seite 5 unten. Gruß Jada Wasi
Re: Änderung Plan stufenweise Wiedereingliederung durch Krankenkasse?
Guten Morgen jada.wasi,
vielen Dank für die schnelle und hilfreiche Antwort! Diese Infos gebe ich so gerne weiter.
Ja, eine Rechtsbehelfsbelehrung ist im Schreiben und die anderen Therapien sind von allesamt von Ärztin und Patientin initiiert, aber von der TK finanziert.
Eine gute Zeit und
viele Grüße
vielen Dank für die schnelle und hilfreiche Antwort! Diese Infos gebe ich so gerne weiter.
Ja, eine Rechtsbehelfsbelehrung ist im Schreiben und die anderen Therapien sind von allesamt von Ärztin und Patientin initiiert, aber von der TK finanziert.
Eine gute Zeit und
viele Grüße
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Änderung Plan stufenweise Wiedereingliederung durch Krankenkasse?
Hallo zusammen,Dr. Gagel 2006 hat geschrieben:Der Versicherte ist nicht verpflichtet, Vorschlägen der Krankenkasse zu folgen. Ferner besteht keine Bindung an einen von dem medizinischen Dienst der Krankenkasse vorgeschlagenen Plan. [III. Dispositionsfreiheit des Versicherten]
zur Rolle der Krankenkassen sowie des Kassenarztes bei stufenweiser Wiedereingliederung (StW) vgl Dr. Alexander Gagel, Fachbeitrag B16-2006, in den Abschnitten III und V.
Zur „Prüfkompetenz“ der Krankenkasse sowie des MD bei StW vergl. SG Dresden, 12.01.2006 - S 18 KR 440/03, mit Anmerkung Daniela Pick, Fachbeitrag B06-2007. Vgl.dazu auch die oben zitierte Feststellung von Gagel, vormaliger Vorsitzender Richter am BSG a.D. und z.B. HKK: „Der Arzt überprüft dabei regelmäßig, wie belastbar Sie sind und legt die zu arbeitende Stundenzahl in Absprache mit Ihnen fest.“
Ja – m.E. verpflichtend von Rechts wegen:
Wurde denn überhaupt der MD von dieser TK gutachtlich eingeschaltet nach § 6 der AU-Richtlinie bzw. lt. Nr. 2 der Anlage - und ggf. ein „Zweitgutachten“ beantragt gemäß § 6 Abs. 2 AU-Richtlinie – oder nichts dergleichen – und Entscheidung eines TK-Bediensteten nach „Bauchgefühl“ bzw. Schema F entgegen „zwingenden“ Vorgaben in AU-Richtlinie zu deren „Verbindlichkeit“ ?! Daher womöglich insoweit vorsätzliches Dienstvergehen?
Eine gesetzliche „Zeitbegrenzung“ von 6 Wochen gibt es nicht gemäß Betanet-Experten unter Nr. 4 zur „Dauer der stufenweisen Wiedereingliederung“. Manche Rehaträger machen (wie ich mal gelesen habe) das wohl gerne ganz schematisch mit zunächst i. d. R. vier Wochen (allenfalls sechs bis acht Wochen bei besond. medizin. Begründung) mit „bürokratischer“ Verlängerungsoption. Wichtig jedoch, ggf. unbedingt – vor – Ablauf der genehmigten StW einen Arzttermin zu haben zwecks rechtzeitigem Verlängerungsantrag!! Wer hat Erfahrung mit solchen „Rehaträgern“ bei welchen Versicherungen, die offenbar meinen, die Ausgestaltung einer StW einfach per Bescheid – diktieren – zu können mit „völlig abgewandeltem“ Stufenplan. Zur DRV-Praxis vergl Diskussion aus 2014 zum „aussagefähigen Befund“ des behandelnden Arztes
Beste Grüße
Heidi Stuffer
NEU: Darf GKV Stufenplan ändern?
BSG, 16.05.2024, B 1 KR 4/23 R
BSG, 16.05.2024, B 1 KR 7/23 R
dem sehr fundierten obigen Beitrag vom 11.04.2024 von_Heidi Stuffer mit Quellen ist voll zuzustimmen - nach_neuester Rechtsprechung – wonach natürlich medizinische Reha-Träger die „Ausgestaltung“ einer stufenweisen Wiedereingliederug (StW) gerade nicht hoheitlich per Bescheid diktieren könne, da insoweit sozialrechtlich überhaupt „nicht beteiligt“ laut BSG.
BSG, 16.05.2024, B 1 KR 7/23 R
Hallo zusammen,
dem sehr fundierten obigen Beitrag vom 11.04.2024 von_Heidi Stuffer mit Quellen ist voll zuzustimmen - nach_neuester Rechtsprechung – wonach natürlich medizinische Reha-Träger die „Ausgestaltung“ einer stufenweisen Wiedereingliederug (StW) gerade nicht hoheitlich per Bescheid diktieren könne, da insoweit sozialrechtlich überhaupt „nicht beteiligt“ laut BSG.
Die Praxis der Techniker erscheint mir daher schlicht „übergriffig“. Diese TK soll zu den elf Krankenkassen gehören, die von Rechtsaufsicht abgemahnt wurden wg. teils „system.“ Rechtsbrüche ihren Versicherten gegenüber lt. „Auswertung der Arbeitsanweisungen“ ausweislich Prüfbericht des BAS 2022 – twitter und Presseberichten 2023. Gruß Jada WasiBSG hat geschrieben:Eine Genehmigung der stufenweisen Wiedereingliederung durch die KK ist nicht vorgesehen.
[BSG, 16.05.2024, B 1 KR 7/23 R, Rn. 28]
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- Beiträge: 97
- Registriert: Montag 6. Februar 2012, 14:36
Dauer Stufenweise Wiedereingliederung?
Zur Dauer einer StW vergl. zur aktuellen Praxis anderer Rehaträger auch dieses DRV-Forum.
Diese DRV geht offenbar davon aus, dass alle Änderungen des Stufenplans mit DRV stets „abzustimmen“ sei entgegen der BSG-Rechtsprechung, wonach eine Genehmigung der stufenweisen Wiedereingliederung durch den zuständigen Rehaträger nicht vorgesehen ist, „so dass der Reha-Träger auch nicht über Bedingungen und Auflagen Einfluss auf das Ob und Wie der stufenweisen Wiedereingliederung nehmen kann“ laut BSG, 16.05.2024, Rn. 28 und Rn. 42 am Ende.
Viele Grüße
Annette
Diese DRV geht offenbar davon aus, dass alle Änderungen des Stufenplans mit DRV stets „abzustimmen“ sei entgegen der BSG-Rechtsprechung, wonach eine Genehmigung der stufenweisen Wiedereingliederung durch den zuständigen Rehaträger nicht vorgesehen ist, „so dass der Reha-Träger auch nicht über Bedingungen und Auflagen Einfluss auf das Ob und Wie der stufenweisen Wiedereingliederung nehmen kann“ laut BSG, 16.05.2024, Rn. 28 und Rn. 42 am Ende.
Auch das Ministerium teilt die Ansicht der DRV nicht: Denn BMAS spricht von Information des Reha-Trägers und eben nicht von „Abstimmung“ mit dem medizinischen Rehaträger. Die Verlautbarungen der DRV widersprechen m.E. insoweit höchstrichterlicher Rspr. 2024 und Fachschrifttum 2006.BSG hat geschrieben:Leistungen an den Arbeitgeber, wie Zuschüsse oder Kostenerstattung, sind nicht vorgesehen, so dass der Reha-Träger auch nicht über Bedingungen oder Auflagen Einfluss auf das Ob und Wie der StW nehmen kann.
Viele Grüße
Annette
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- Beiträge: 3
- Registriert: Dienstag 12. November 2024, 22:49
Re: Dauer Stufenweise Wiedereingliederung?
Danke schön!annette.rosenberg hat geschrieben: ↑Mittwoch 25. September 2024, 17:15 Zur Dauer einer StW vergl. zur aktuellen Praxis anderer Rehaträger auch dieses DRV-Forum.
Diese DRV geht offenbar davon aus, dass alle Änderungen des Stufenplans mit DRV stets „abzustimmen“ sei entgegen der BSG-Rechtsprechung, wonach eine Genehmigung der stufenweisen Wiedereingliederung durch den zuständigen Rehaträger nicht vorgesehen ist, „so dass der Reha-Träger auch nicht über Bedingungen und Auflagen Einfluss auf das Ob und Wie der stufenweisen Wiedereingliederung nehmen kann“ laut BSG, 16.05.2024, Rn. 28 und Rn. 42 am Ende.Auch das Ministerium teilt die Ansicht der DRV nicht: Denn BMAS spricht von Information des Reha-Trägers und eben nicht von „Abstimmung“ mit dem medizinischen Rehaträger. Die Verlautbarungen der DRV widersprechen m.E. insoweit höchstrichterlicher Rspr. 2024 und Fachschrifttum 2006.BSG hat geschrieben:Leistungen an den Arbeitgeber, wie Zuschüsse oder Kostenerstattung, sind nicht vorgesehen, so dass der Reha-Träger auch nicht über Bedingungen oder Auflagen Einfluss auf das Ob und Wie der StW nehmen kann.
Viele Grüße
Annette