Hallo zusammen,
im neuen BIH-Wahlausschreiben für die "Wahl der Stufenvertretung" steht in der Wahlbroschüre geschrieben zur Wahlberechtigung auf Seite 105 in der Nr. 3: "Eine Vertretung bei der Stimmabgabe durch die stellvertretenden Mitglieder ist nicht zulässig." Wie ist das zu verstehen vor dem Hintergrund der gesetzlichen Verhinderungsvertretung nach § 177 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 180 Abs. 5 SGB IX? Darf trotz SGB IX der 1. Stellvertreter nicht vorschlagen bzw. nicht mitwählen, wenn seine wahlberechtigte Vertrauensperson nachweislich etwa länger verhindert ist, z.B. durch eine mehrwöchige Auslandsreise? Ginge dann das Wahlrecht ganz oder teilweise verloren für diese SBV? Dürfte dann die Stellvertretung ihre Vertrauensperson nicht vorschlagen und nicht wählen für die Stufenvertretung? Dürfte der Wahlvorstand den Wahlvorschlag der Stellvertretung einfach als unzulässig zurückweisen bzw. deren Stützunterschrift nicht akzeptieren bei Verhinderung ihrer Vertrauensperson?
Beste Grüße
Heidi Stuffer
Wahlausschreiben Stufenvertretung
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Re: Wahlausschreiben Stufenvertretung
Ich habe Zweifel, dass diese auf S. 105 der BIH-Broschüre "SBV-Wahl 2018" aufgestellte These Bestand haben kann und kenne keine Fachliteratur, welche sie stützt. Auch der Wortlaut des Gesetztes spricht eher gegen eine solche pauschale Annahme. Denn nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX besteht die SBV aus der Vertrauensperson und wenigstens einem stellvertretenden Mitglied, das die Vertrauensperson im Falle ihrer Verhinderung vertritt. Der Fall der Verhinderungsvertretung ist weder in § 180 SGB IX noch an anderer Stelle des Gesetzes für die Wahlen zur überörtlichen SBV ausgenommen, auch nicht für Wahlen im förmlichen Verfahren.BIH: Eine Vertretung bei der Stimmabgabe durch die stellvertretenden Mitglieder ist nicht zulässig.
Würde der Wahlvorstand z.B. die Stützunterschrift des ersten stellvertretenden Mitglieds, das die Vertrauensperson nachweislich für längere Zeit wegen Abwesenheit vertritt, auf einem Wahlvorschlag für ungültig erklären, könnte dies einen schweren Wahlfehler darstellen. Eine mehrfache Wahlbehinderung könnte in einem solchen Fall vorliegen, wenn der Wahlvorstand die Aufnahme des ersten stellvertretenden Mitglieds in die Liste der Wahlberechtigten ablehnt, ihm das Recht auf Einwendungen gegen die Wählerliste abspricht oder die Übersendung von Briefwahlunterlagen verweigert.
Beste Grüße
Dr. Michael Karpf
Re: Wahlausschreiben Stufenvertretung
Hallo zusammen,
der § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wurde zwar geändert durch das BTHG. Diese Änderung war aber keine Einschränkung der Vertretung. Sie erweiterte vielmehr die Verhinderungsvertretung. Vor allem aber betraf sie nicht das Wahlrecht nach der Begründung des Gesetzesentwurfs zum Bundesteilhabegesetz. Woraus soll sich denn die Unzulässigkeit und der Verlust dieses Stimmrechts ergeben bei langer 6-wöchiger Verhinderung, und warum?
Weshalb soll das bei Wahlversammlung gehn unter 50, aber nicht bei förmlichen Wahlen ab 50? Das verstehe ich nicht.
Gruß, Jada Wasi
der § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wurde zwar geändert durch das BTHG. Diese Änderung war aber keine Einschränkung der Vertretung. Sie erweiterte vielmehr die Verhinderungsvertretung. Vor allem aber betraf sie nicht das Wahlrecht nach der Begründung des Gesetzesentwurfs zum Bundesteilhabegesetz. Woraus soll sich denn die Unzulässigkeit und der Verlust dieses Stimmrechts ergeben bei langer 6-wöchiger Verhinderung, und warum?
Weshalb soll das bei Wahlversammlung gehn unter 50, aber nicht bei förmlichen Wahlen ab 50? Das verstehe ich nicht.
Gruß, Jada Wasi
Re: Wahlausschreiben Stufenvertretung
Ich auch! Wahlberechtigte sind nach § 180 SGB IX die Schwerbehindertenvertretungen und das sind nach § 177 Abs. 1 SGB IX die Vertrauensperson bzw. stellvertretende Mitglieder im Falle der Verhinderung.Ich habe Zweifel, dass diese auf S. 105 der BIH-Broschüre "SBV-Wahl 2018" aufgestellte These Bestand haben kann
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Re: Wahlausschreiben Stufenvertretung
Hallo,
Düwell hat das bisher auch so gesehen, daß die Wahlberechtigung für die Stufenvertretungen nicht personalisiert ist, sondern auf das Amt bezogen ist und somit auch amtierende Stellvertreter wahlberechtigt sind.
So schreibt er zB im LPK-SGB IX, Düwell, § 97 Rn 8:
"Zur GSBV-Wahl ist ausschließlich die in einem Betrieb des Unternehmens gewählte und zur Zeit der Stimmabgabe noch amtierende Vertrauensperson wahlberechtigt. Ist sie zu diesem Zeitpunkt an der Wahrnehmung des Amtes verhindert (siehe Rn 13), geht das Wahlrecht auf das zur Vertretung berufene stellvertretende Mitglied der SBV über."
Düwell hat das bisher auch so gesehen, daß die Wahlberechtigung für die Stufenvertretungen nicht personalisiert ist, sondern auf das Amt bezogen ist und somit auch amtierende Stellvertreter wahlberechtigt sind.
So schreibt er zB im LPK-SGB IX, Düwell, § 97 Rn 8:
"Zur GSBV-Wahl ist ausschließlich die in einem Betrieb des Unternehmens gewählte und zur Zeit der Stimmabgabe noch amtierende Vertrauensperson wahlberechtigt. Ist sie zu diesem Zeitpunkt an der Wahrnehmung des Amtes verhindert (siehe Rn 13), geht das Wahlrecht auf das zur Vertretung berufene stellvertretende Mitglied der SBV über."
&Tschüß
Wolfgang
Wolfgang
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Formular Ausschreiben Stufe?
Nein - verloren geht nichts - aber Vertre-Heidi Stuffer hat geschrieben:Ginge dann Wahlrecht ganz oder
teilweise verloren für diese SBV?
tungsfall muss geltend gemacht werden
Dann jedoch uU. Splitting des Wahlrechts: Sollte die VP nur während der 2-wöchigen Vorschlagsfrist verhindert sein, nicht aber danach (oder umgekehrt), dann käme ggf. Splitting des aktiven Wahlrechts in Frage zwischen VP und Stellvertretung. In einem solchen Fall muss dann in der Wählerliste aber auch der jeweilige Zeitraum vermerkt werden zur Klarstellung und Transparenz, damit nachvollziehbar bei Einsicht, also stets aktuell zu halten lt. § 4 SchwbVWO. Darüber hat Wahlvorstand zu beschließen.
Das darf Wahlvorstand nicht einfach pauschal als "nicht zulässig" zurückweisen entgegen dem letzten Satz der Nr. 3 dieses BIH-Formulares. Dieses umfasst ggf. die Wählerliste, das Einspruchsrecht, das Vorschlagsrecht bzw. die Briefwahlunterlagen, wenn und soweit Verhinderungsvertretung, so zu Recht Dr. Karpf. Der Satz muss raus! So schon ➔ Diskussion aus 2011 für die Wahlversammlung. Für förmliche Wahlen gilt prinzipiell nichts anderes, wonach eine Stellvertretung niemals (!) generell ausgeschlossen werden darf.Heidi Stuffer hat geschrieben:Darf der Wahlvorstand den Wahlvorschlag der Stellvertretung einfach als unzulässig zurückweisen?
Ist nicht logisch zu verstehen: Diese Unterscheidung folgt keiner Logik. Nr. 3 des BIH-Formulars Seite 105 ist insoweit "missverständlich" (kritisch Prof. Düwell, Wahl der SBV, 2. Aufl. 2018, Abschnitt 15.3; so schon LPK-SGB IX, Rn. 19 zu § 97 SGB IX a.F, wonach "für den Verhinderungsfall deren Vertretungen einzutragen sind"), weil Verhinderungsvertretung auch für die SBV-Wahlen einschlägig ist, und es da weder gesetzliche Einschränkung für vereinfachte noch für förmliche Wahlen zur Stufenvertretung gibt nach § 177 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB IX. Der Wortlaut des § 180 Abs. 1 Satz 1 SGB IX besagt, dass die "Schwerbehindertenvertretungen" und nicht etwa nur die Vertrauenspersonen wählen. Und das ist laut dieser Legaldefinition die Vertrauensperson – und im Verhinderungsfall ihre erste Stellvertretung, was vom Wahlvorstand zu beachten ist (grundlegend Düwell in LPK-SGB IX, Rn. 6 zu § 94 SGB IX a.F.)Jada Wasi hat geschrieben:Weshalb soll das gehn bei unter 50, aber nicht bei förmlichen Wahlen ab 50? Das verstehe ich nicht.
Daher ist zum Beispiel auch die zuvor in Satz 3 der Nummer 3 dieses BIH-Wahlausschreibens verwendete Umschreibung Gesamtschwerbehindertenvertretern eher irreführend, ist nicht existent und so wahlrechtlich nirgends normiert – nicht im SGB IX und nicht in Wahlordnung!
Auch das Wort "Ministerium" in Satz 6 muss ggf. durch gesetzl. Rechtsbegriff "oberste Dienstbehörde" ausgetauscht werden laut § 180 Absatz 3 SGB IX, weil es ja auch solche gibt, die kein Ministerium sind, z.B. Bundesagentur, Bundesbank, DRV, aber teilweise auch auf der Landesebene wie etwa die "HSBV des Landes Berlin"; dann ist zu ändern, sonst Desinformation. Daran hat sich auch insoweit wahlrechtlich durchs BTHG definitiv nichts geändert laut Literatur und BTHG-Gesetzesmaterialien. Ebenso Düwell, LPK-SGB IX, § 180 Rn. 67/68
Viele Grüße
Albin Göbel
Re: Wahlausschreiben Stufenvertretung
Vorlagen zum Herunterladen, Ausfüllen und Ausdrucken unter Online-Formulare sind geändert!
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Re: Wahlausschreiben Stufenvertretung
Liebe Redaktion,
im neuen Formular zur Ausschreibung für die SBV-Stufenvertretung steht in der Nr. 7 der folgende Satz auf der Seite 106 der BIH-Wahlbroschüre: "Der Wahlvorstand hat generelle schriftliche Stimmabgabe beschlossen".
Im Kapitel 7.1 steht jedoch auf Seite 84:
"§ 22 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO sieht die schriftliche Stimmabgabe vor." Diese Aussage interpretiere ich so, dass nur per Briefwahl gewählt werden darf. Muss nun der Wahlvorstand trotzdem so einen Beschluss zur Briefwahl fassen oder ist das nicht vielmehr überflüssig?
Beste Grüße
Heidi Stuffer
im neuen Formular zur Ausschreibung für die SBV-Stufenvertretung steht in der Nr. 7 der folgende Satz auf der Seite 106 der BIH-Wahlbroschüre: "Der Wahlvorstand hat generelle schriftliche Stimmabgabe beschlossen".
Im Kapitel 7.1 steht jedoch auf Seite 84:
"§ 22 Abs. 1 Satz 1 SchwbVWO sieht die schriftliche Stimmabgabe vor." Diese Aussage interpretiere ich so, dass nur per Briefwahl gewählt werden darf. Muss nun der Wahlvorstand trotzdem so einen Beschluss zur Briefwahl fassen oder ist das nicht vielmehr überflüssig?
Beste Grüße
Heidi Stuffer
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Formular Ausschreiben Stufe?
NEIN Muss er nicht entgegen BIH-Muster, da komplett überflüssig. Hier gibt es nichts zu beschließen, weil so oder so zwingend die Briefwahl angesagt ist kraft Wahlordnung (ebenso dazu Prof. Düwell, Wahl der SBV, 2. Auflage 2018, Abschnitt 15.3, zur Verkennung dieser "Besonderheit"). Die Vorschriften für die förmlichen Wahlen dürfen nicht direkt, sondern diese müssen sinngemäß angewendet werden: (1) Daher ist das Wort "sinngemäß" einzufügen, da sonst sinnfrei bzw. sinnentstellt. (2) Daher ist auch am Ende vom Formular rechts der § 22 Abs. 1 SchwbVWO neben § 5 SchwbVWO anzugeben. Zu informieren ist entgegen dem "Verteiler" natürlich hier nicht der BR/PR, sondern vielmehr "sinngemäß" etwa GBR/GPR. Vergl. zur sinngemäßen Anwendung wahlordnungsrechtlicher Normen Diskussion aus 2015.Heidi Stuffer hat geschrieben:Muss nun Wahlvorstand trotzdem Beschluss zur Briefwahl fassen oder ist das nicht vielmehr überflüssig?
Es fehlt Hinweis auf unaufgeforderte Zusendung der Briefwahlunterlagen nach dem Fachschrifttum (Wiegand/Hohmann, SchwbVWO, § 5 Rn. 66) wg. § 11 II Satz 2 SchwbVWO). Das BIH-Wahlausschreiben für die Stufe muss daher mehrfach nachoptimiert und aus meiner Sicht in Nr. 7 etwa sinngemäß wie folgt wahlrechtskonform umgetextet sowie ergänzt werden an drei Stellen:
7. Die Wahlen der Stufenvertretung werden sinngemäß den Vorschriften des förmlichen Wahlverfahrens durchgeführt. Die Wahlen erfolgen ausschließlich per Briefwahl (generelle schriftliche Stimmabgabe) von Rechts wegen laut § 22 Abs. 1 Satz 1 der SchwbVWO. Ihre Briefwahlunterlagen erhalten Sie daher unaufgefordert vom Wahlvorstand. Die schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) endet am ___ um ___ Uhr. Bis zu diesem Zeitpunkt muss Ihr Freiumschlag (Wahlbrief) spätestens dem Wahlvorstand zugegangen sein."
Zur Hinweispflicht zur Öffnung der Wahlbriefe siehe kürzliche Diskussion hier in diesem Wahlforum mit Fachbeitrag von Prof. Dr. Kohte.
Viele Grüße
Albin Göbel