Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

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mute

Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

Beitrag von mute »

Hallo ich habe da mal eine Frage,nein ein Problem! Ich arbeite in einem Betrieb mit im Schnitt so um die 90 Schwerbehinderten Mitarbeitern ( mal mehr, mal weniger ). Bin nicht freigestellt, aber leider als Vertrauensperson sehr auf mich alleine gestellt.Jetzt passiert es ab und zu dass ich mein Arbeitszeit nicht einhalten kann und es dann so ein bis zwei mal, da wir halt auch Schichtbetrieb haben, ich mehr als 10Stunden im Betrieb bin. Jetzt macht mir die Personalabteilung mit Arbeitsrechtlicher Androhung ganz schön Ärger! Sollte das noch malig vorkommen, dass ich länger als 10Stunden im Betrieb bin, gebe es eine Abmahnung! Ist diese Androhung rechtlich durch den Arbeitgeber durchführbar oder habe ich da in meinem Ehrenamt ein Schutz. Ehrlich gesagt weiss ich nicht wie ich meine Arbeit weiterhin zufriedenstellend erledigen kann. Wenn ich mit meinem Arbeitsplatz und den weit gefächerten Problemen meiner in allen Schichte verteilten Schwerbehinderten Menschen zusammen meine Pflichten erfüllen soll? Die ganzen letzten 4 Jahren hat man es meist geduldet,aber ohne Endgeld ( oder Freizeit ) zu zahlen, darüber von Arbeitgeberseite hinweg gesehen. Neue Geschäftsführung, neue Probleme! Kann mir jemand weiterhelfen
SchmeixFliege

Re: Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

Beitrag von SchmeixFliege »

Nun, der Arbeitgeber ist verpflichtet dafür zu sorgen, dass die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes eingehalten werden.
Er darf also nicht erlauben, dass an einem Tag mehr als 10 Stunden bzw. innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt mehr als acht Stunden werktäglich gearbeitet werden.
Das kann man ihm also nicht zum Vorwurf machen, wenn er dies nicht duldet.

Wenn die Zeit also nicht reicht, dann muss man hier Prioritäten setzen.
Die Tätigkeit als SBV besitzt hier einen Vorrang gemäß § 179 Abs. 4 SGB IX.
Das gilt aber nur für die Pflicht und nicht für die Kür, die man als engagierte SBV sicher gerne darüber hinaus leisten möchte. So schwer es einem fallen mag, aber was zeitlich nicht geht, geht halt dann nicht.
Weiterhin gibt es ja dann auch noch einen Stellvertreter, der einen bei einer Verhinderung vertreten kann.
Das Amt ist somit nicht verwaist, wenn man zeitlich nicht alle Termine und Tätigkeiten selbst wahrnehmen kann.

Da ab 100 Schwerbehinderten das Recht auf eine Vollfreistellung besteht, kann man wohl grob annehmen, dass bei ca. 90 Schwerbehinderten auch ungefähr 90 % der Arbeitszeit für das Amt der SBV aufgewendet werden müssen.
Dies kann natürlich in Abhängigkeit von den konkreten Umständen auch mehr oder weniger sein.
Somit würde bei 40 Wochenstunden grob davon auszugehen sein, dass noch ca. 4 Wochenstunden für die eigentliche Arbeit übrig bleiben.

Natürlich solltest Du Aufzeichnungen über den wirklichen zeitlichen Aufwand als SBV anfertigen und möglicherweise gelingt es dir damit dem Arbeitgeber klar zu machen, dass er womöglich mit einer pauschalen Teilfreistellung von x Prozent vielleicht wesentlich besser bedient ist, da für Dich die Tätigkeit als SBV ja immer vorgeht. Dabei kann auch aufgezeigt werden, welche Zeiten Du unbezahlt in der Vergangenheit geleistet hast und wenn er Dir unfair kommt, Du dann auch gezwungen bist Dich entsprechend zu wehren.
mute

Re: Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

Beitrag von mute »

Danke für die Antwort!
Das hab ich mir fast schon gedacht! Nach mehr als 8Jahren arbeit als Vertrauensperson der Schwerbehinderten, mit all seine Problemen als Einzelkämpfer, hat mir meine eigene Dummheit ( die ich nicht als Dummheit verstehen will ) sogar noch eine begründete Abmahnung eingebracht!
Super!
Ich hätte es wissen müssen, denn schon als Kind hat meine Oma gesagt, dass Gutmütigkeit der Anfang der Dummheit ist.
Aber keine Panik auch durch dieses Problem werde ich diese Lebenseinstellung nicht ändern!
Schade, dass die SBV im vielen Betrieben ein sehr, sehr schwieriges " Geschäft " ist.
mute

Re: Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

Beitrag von mute »

Ja, der Arbeitgeber ist verpflichtet, sich an Gesetze zu halten?
O.K. an die Gesetze die er befolgen muss und möchte?
Aber das war es dann auch schon!
Die Gesetze des SGB IX?
Die scheinen für meinen AG, nicht gross und wichtig zu sein ( die sind so wie es für mich aussieht nur störend)?
Das ist auch nach außen, alles schön und gut! Aber die Realität ist eine andere?????
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

Re: Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

wenn die Abmahnung wegen Arbeitszeitverstössen auch aufgrund SBV-Tätigkeit erfolgte, steht diese auf tönernen Füßen.
Denn SBV ist - genau wie BR/PR - Ehrenamt und unterliegt nicht dem Arbeitszeitgesetz. Auch wenn sich das BAG für den Bereich des BetrVG bisher vor der Entscheidung gedrückt hat, haben bereits mehrere LAGs in Übereinstimmung mit der überwiegenden Fachkommentierung dies klar entschieden, zB das LAG Niedersachsen:
http://www.rechtsprechung.niedersachsen ... wdoccase=1
oder das LAG Hamm
https://openjur.de/u/853172.html

Das BR-Mitglied (und somit auch die SBV im Rahmen der Betriebsverfassung) können die Einhaltung des ArbZG verlangen, müssen es aber nicht.
Eine Abmahnung wg. Arbeitszeitverstößen wäre somit eine (unzulässige) Abmahnung wegen Mandatsausübung
&Tschüß
Wolfgang
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: Arbeitszeit und Mandat

Beitrag von albin.göbel »

mute hat geschrieben:Bin nicht freigestellt, aber leider als VP sehr auf mich alleine gestellt.
Hallo, ­ hierfür ­ gibt's u.a. bewährte SBV-Arbeitskreis­e. Die treffen sich teils mehr­fach jährlich zum praktischen Er­fah­rungs­aus­tausch - als Hilfe zur Selbsthilfe, z.B. hier und in vielen anderen Regionen. Fra­gen Sie doch einfach mal bei ­ Ihrem InA oder in Seminaren oder etwa auch in die­sem ­ SBV-Forum ­ nach, ­ ob es derartige re­gio­na­le Netzwerke evt in Ihrer Nähe gibt. Siehe dazu B­IH-Broschüre "Die Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung", Seite 100, zur Bil­dung regionaler Netzwerke. Da kann man zuweilen Einzelfragen, die sich womöglich schon andernorts gestellt haben, ­ effizient und schnell klären - und viel Zeit sparen !!

Netzwerk-Management
Einen aktuellen "Handlungsleitfaden für Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tun­gen in Netz­wer­ken" 2019, mit Beispielen und prak­ti­schen Tipps für eine gelingende Zu­sam­men­ar­beit mit in­ter­nen & externen Ak­teu­ren, um die konkrete Zu­sam­men­ar­beit in Netzwerken zu unterstützen, gibt es bei www.boekler.de
albarracin hat geschrieben:Denn SBV ist - genau wie BR/PR - Ehrenamt, unterliegt nicht ArbZG.
albarracin ist da klar zuzustimmen! Hierzu passt rechtsvergleichend auch die über 30-jährige BAG-Rechtsprechung, ­ wonach et­wa eine ­­ Teilnahme ­­ an einer Be­triebs­ver­samm­lung keine Arbeitszeit iSd ArbZG ist ­ - entgegen Einzelmeinungen teils auch in diesem Forum. ­ Gleiches gilt für Wahl­ver­samm­lung. ­ Vergl. Diskussion aus 2014 (am Ende). Zum Meinungsstreit BAG, Ur­teil v. 18.01.2017, 7 AZR 224/15, Rn. 25. Vgl. dazu auch "Hinweise für die Praxis", die aufzeigen, zu welch abwegigen und systemfremden Er­geb­nis­sen die Ge­gen­ansicht führen würde:

Sonst müsste ja z.B. ein BR-Mitglied die BR-Sitzung, oder etwa ein Wahlleiter die Wahlversammlung, ­ oder eine ­ SBV ­ ihre Schwerbehindertenversammlung oder ein Mitglied des Wahlvorstands die Ver­samm­lung zur Auszählung der Stimmen vorzeitig verlassen mit allen daraus folgenden "Ver­wer­fun­gen", sobald die Höchstgrenze laut dem ArbZG erreicht ist.

Viele Grüße
Albin Göbel
SchmeixFliege

Re: Leider langt die Arbeitszeit mal wieder nicht

Beitrag von SchmeixFliege »

Es ist nicht unbedingt schlüssig, wenn der Betriebsrat für sich gegenüber dem Arbeitgeber die Einhaltung von Ruhezeiten und Höchstarbeitszeiten nach dem ArbZG einfordern kann, er selbst aber nicht an dieses Gesetz gebunden ist.
Da scheiden sich wohl auch ein wenig die Geister. Aber die Urteile des LAG Hamm und des LAG Hannover, dass die Betriebsratsarbeit und somit auch die SBV-Tätigkeit jetzt nicht als Arbeitszeit im Sinne des ArbZG anzusehen ist, können hier "hoffentlich" weiterhelfen.

Wer jetzt als Vertrauensperson eine Abmahnung erhalten hat, dem würde ich DRINGEND raten sich von einem Fachanwalt beraten zu lassen.

Der Arbeitgeber hat die Vertrauensperson für die erforderliche Durchführung ihrer Aufgaben von der beruflichen Tätigkeit freizustellen (§ 179 Abs. 4 SGB IX). Für Tätigkeiten, die außerhalb der (regulären) Arbeitszeit aus betriebsbedingten Gründen erforderlich sind, besteht Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung (Freizeitausgleich) mit Fortzahlung des Arbeitsentgelts. (§ 179 Abs. 6 SGB IX). Aus der Tätigkeit als Vertrauensperson kann somit von der Vertrauensperson selbst also keine zusätzliche Vergütung über die reguläre Entlohnung hinaus generiert werden.
Insofern sind darüber hinausgehende Tätigkeitszeiten als soziale Freizeitbeschäftigung anzusehen und eventuell würde der Stellvertreter ja vielleicht doch auch hin und wieder gerne ein wenig mit Vertretungsaufgaben einbezogen werden wollen … und dann ist bzw. fühlt man sich auch etwas weniger allein.

Wenn die Überschreitung der Höchstarbeitszeit jetzt nicht "ausschließlich" aufgrund von Tätigkeiten als Vertrauensperson und dazu noch aus betriebsbedingten Gründen entstanden ist, sondern an diesen Tagen auch noch reguläre Arbeitszeiten enthalten sind, dann wird es allerdings schon etwas problematisch sein, wenn man durch eine entsprechende Reduzierung seiner regulären Arbeit eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit hätte vermeiden können.
Für die Ausübung seiner arbeitsvertraglichen Tätigkeiten unterliegt man der Weisungsbefugnis des Arbeitgebers.
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