Im Dezember habe ich als SBV auf meine Mitwirkung im Beurteilungsprozedere der sb/gs Mitarbeitenden hingewiesen. Diese Leistungsbeurteilungen sind u.a. Basis für Beförderung, Gehaltserhöhung und Aktienzuteilungen.
Der AG hat mir zugesichert, die Beurteilungen vor Bekanntgabe an die Mitarbeiter vorzulegen und meine Stellungnahme anzuhören.
Zwischenzeitlich hat der AG aktiv über die jeweiligen Vorgesetzten die betroffenen sb/gs Kollegen informiert, die SBV möchte ihre persönlichen Ziele und Beurteilungen sehen, das wäre aber nicht nötig, wenn sie nicht wollen könnten sie einfach schriftlich widersprechen.
Manche Kollegen haben mich angesprochen und nachgefragt, sie hatten den Eindruck unter Druck gesetzt zu werden, nämlich dass sie meine Beteiligung/ Mitwirkung unbedingt ablehnen sollten, um nicht schlechter bewertet zu werden.
Schlussendlich habe ich nun nur ca. 60% der Leistungsbeurteilungen zu sehen bekommen sowie eine Liste derjenigen Kollegen, die angeblich schriftlich widersprochen haben (ohne Vorlage der Widersprüche). Meine eigene (ich bin selbst gleichgestellt) wurde mir ebenfalls nicht vorgelegt, auch nicht ersatzweise meiner Stellvertretenden (falls man einen Interessenkonflikt annehmen würde).
Der AG weigert sich, die restlichen vorzulegen mit der Begründung, das persönliche Selbstbestimmungsrecht der Kollegen stünde über meinem Beteiligungs-/ Mitwirkungsrecht als SBV.
Was meint ihr?
Mitwirkung der SBV bei Leistungsbeurteilung: Ablehnung möglich?
-
- Beiträge: 5
- Registriert: Montag 22. April 2024, 03:57
-
- Beiträge: 292
- Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41
Re: Mitwirkung der SBV bei Leistungsbeurteilung: Ablehnung möglich?
Hallo,
wieder mal ein AG, der mit "rechtlichem Müll" die Rechte der SBV beschneiden will.
Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 24.02.2021, 7 ABR 9/20 zur Anwendung des § 178 Abs. 2 SGB IX hinsichtlich der Beteiligung der SBV bei Leistungsbeurteilungen schwerbehinderter/gleichgestellter Beschäftigter klargestellt, dass diese notwendig ist. Denn diese Beurteilungen können Folgen haben (Gehalt, disziplinarisch, …). Und das heißt:
o Unterrichtung: ja
o und Anhörung: ja
Die zwingende Beteiligung der SBV nach § 178 Abs. 2 SGB IX kann nicht durch Hinweis auf eine angebliche "Freiwilligkeit" ausgehebelt werden.
Mindestens bewegt sich hier der AG auf einem sehr schmalen Grat zur Mandatsbehinderung. Vor Gericht hätte man wohl gute Karten als SBV.
VG aus dem Integrationsamt
wieder mal ein AG, der mit "rechtlichem Müll" die Rechte der SBV beschneiden will.
Das BAG hat in seiner Entscheidung vom 24.02.2021, 7 ABR 9/20 zur Anwendung des § 178 Abs. 2 SGB IX hinsichtlich der Beteiligung der SBV bei Leistungsbeurteilungen schwerbehinderter/gleichgestellter Beschäftigter klargestellt, dass diese notwendig ist. Denn diese Beurteilungen können Folgen haben (Gehalt, disziplinarisch, …). Und das heißt:
o Unterrichtung: ja
o und Anhörung: ja
Die zwingende Beteiligung der SBV nach § 178 Abs. 2 SGB IX kann nicht durch Hinweis auf eine angebliche "Freiwilligkeit" ausgehebelt werden.
Mindestens bewegt sich hier der AG auf einem sehr schmalen Grat zur Mandatsbehinderung. Vor Gericht hätte man wohl gute Karten als SBV.
VG aus dem Integrationsamt
-
- Beiträge: 185
- Registriert: Freitag 21. Januar 2022, 08:47
Re: Mitwirkung der SBV bei Leistungsbeurteilung: Ablehnung möglich?
Hallo,
das SGB IX kennt nur eine einzige Ausnahme bei der Beteiligung der SBV, wenn dies Betroffene ablehnen: Nämlich die Teilnahme an Bewerbungsgesprächen gem. § 164 Abs. 1 Satz 10.
Alle anderen Informations-, Anhörungs- und sonstigen Beteiligungsrechte gelten auch dann, wenn dies die Betroffenen nicht wollen. So schreibt Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 156 zu dieser Ausnahme:
"Eine Ausweitung des Ablehnungsrechts auf weitere Beteiligungstatbestände kommt nicht in Betracht."
Im Übrigen hat der AG quasi doppelt falsch gehandelt. Denn eine aktive Abfrage des AG wegen einer Ablehnung der SBV wäre auch bei der Ausnahme des § 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX absolut unzulässig gewesen.
Zu dieser Option schreibt Düwell a.a.O.: " Die Initiative dazu muss vom Betroffenen ausgehen und ausdrücklich als Ablehnung formuliert sein."
das SGB IX kennt nur eine einzige Ausnahme bei der Beteiligung der SBV, wenn dies Betroffene ablehnen: Nämlich die Teilnahme an Bewerbungsgesprächen gem. § 164 Abs. 1 Satz 10.
Alle anderen Informations-, Anhörungs- und sonstigen Beteiligungsrechte gelten auch dann, wenn dies die Betroffenen nicht wollen. So schreibt Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 156 zu dieser Ausnahme:
"Eine Ausweitung des Ablehnungsrechts auf weitere Beteiligungstatbestände kommt nicht in Betracht."
Im Übrigen hat der AG quasi doppelt falsch gehandelt. Denn eine aktive Abfrage des AG wegen einer Ablehnung der SBV wäre auch bei der Ausnahme des § 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX absolut unzulässig gewesen.
Zu dieser Option schreibt Düwell a.a.O.: " Die Initiative dazu muss vom Betroffenen ausgehen und ausdrücklich als Ablehnung formuliert sein."
Leider gibt es diesen generellen Tatbestand nicht im SGB IX. Deswegen bliebe nur für die Zukunft die Möglichkeit, dem AG gerichtlich aufzugeben, diese Handlungsweise zu unterlassen. Ein Vorgehen gem. § 238 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX erscheint angesichts des Desinteresses der Arbeitsagenturen nicht empfehelnswert.Mindestens bewegt sich hier der AG auf einem sehr schmalen Grat zur Mandatsbehinderung. Vor Gericht hätte man wohl gute Karten als SBV.
&tschüß
Wolfgang
Wolfgang
-
- Beiträge: 5
- Registriert: Montag 22. April 2024, 03:57
Re: Mitwirkung der SBV bei Leistungsbeurteilung: Ablehnung möglich?
Herzlichen Dank für Eure schnelle Rückmeldung, das hilft mir sehr!
Re: Mitwirkung der SBV bei Leistungsbeurteilung: Ablehnung möglich?
Zur Frage der Vorlage der Beurteilung an eine SBV vgl. sinngemäß VGH Bayern, 30. 11. 2015 – 6 ZB 15.2148 (Verweis auf BVerwG, 04.06.2014, 2 B 108.13, Rn. 11)Ravenmedicin hat geschrieben: ↑Montag 10. Februar 2025, 01:04 … Der AG weigert sich, die restlichen [ERA-Leistungsbeurteilungen] vorzulegen mit der Begründung, das Selbstbestimmungsrecht der Kollegen stünde über SBV-Beteiligungsrecht.
Leitsatz:
Der Dienstherr eines Schwerbehinderten hat die SBV zwar über bevorstehende Beurteilung eines Schwerbehinderten zu unterrichten und Gelegenheit zu geben, Gesichtspunkte des Schwerbehindertenrechts zum Einzelfall des Schwerbehinderten vorzutragen, er ist aber nicht verpflichtet, der SBV auch das Ergebnis der Beurteilung mitzuteilen.
ERA-Leistungsbeurteilung:
Zur Abgrenzung von dienstlicher Beurteilung und ERA-Leistungsbeurteilung vgl. aber das oben von Matthias Günther zitierte BAG, 24.02.2021, 7 ABR 9/20, Rn. 32. Demnach ist diese Leistungsbeurteilung „sowohl eine Angelegenheit als auch Entscheidung“ im Sinne von § 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (Rn. 31), also zwingende Anhörung der SBV. Demnach wohl SBV-Anspruch.
Die SBV-Beteiligung hängt nicht etwa von einer Zustimmung des sbM ab, wie schon geschrieben. Soweit VP betroffen, ist Stellvertretung zu beteiligen lt. BTHG 2016 und nicht die VP wegen Rechtsänderung ab 30.12.2016. Gruß Jada Wasi