Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Buschist
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Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von Buschist »

Hallo Liebe Mitglieder,

Ich brauche mal dringend Eure Unterstützung!

Auf einer Wählerliste zur SBV-Wahl befinden sich viele Wahlberechtigte anderer Dienststellen, welche verselbständigt sind und einen eigenen Personalrat haben.

Diese Dienststellen haben jeweils über 15 Schwerbehinderte/Gleichgestellte auf der Wählerliste einer anderen Dienststelle.

Das heisst es wurden hier Wahlberechtigte mehrerer anderer Dienststellen auf der Wählerliste einer Dienststelle zusammengefasst.

Ist diese Vorgehensweise bei einer SBV-WAHL rechtlich so möglich?

Müssten die verselbständigten Dienststellen mit mindestens 5 Schwerbehinderte nicht eine eigene SBV wählen?

Gibt es dazu Rechtsgrundlagen o.a, wo man dieses nachlesen kann?

Liebe Grüße

Buschist :)
jada.wasi
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Zusammenfassung von Dienststellen für Wahl?

Beitrag von jada.wasi »

Buschist hat geschrieben: Auf einer Wählerliste zur SBV-Wahl befinden sich viele Wahlberechtigte anderer Dienststellen. Diese haben jeweils über 15 Schwerbehinderte/ Gleichgestellte auf der Wählerliste einer anderen Dienststelle. Müssten verselbständigte Dienst­stellen mit mindestens 5 Schwerbehinderten nicht eine eigene SBV wählen?
Hallo,

da läuft was völlig schief:

Eine Zusammenfassung von mehreren Dienststellen zur SBV-Wahl, von denen nur eine weniger als 5 sbM hat, ist grunds. zulässig. Pro Wahlbezirk darf also maximal eine Dienststelle mit 5 oder mehr sbM zusammengefasst werden, alle anderen Dienststellen müssen unter 5 sbM haben. Über Zusammenfassung muss Arbeitgeber vorab informieren z.B. durch Aushänge in allen zusammengefassten Dienststellen. Auch sollte ggf. aus dem „Wahlausschreiben“ hervorgehen, dass und welche Dienststellen zusammengefasst wurden zwecks Transparenz für diese SBV-Wahl.

2 Dienststellen mit jeweils 5 oder mehr sbM dürfen niemals zusammengefasst werden laut § 177 Abs. 1 Satz 4 SGB IX, sonst generell anfechtbar (vgl. BIH-Wahlbroschüre, Kapitel 4.4 (Seite 69-71). Eine Zusammenfassung von mehreren wahlfähigen Dienststellen mit jeweils 5 oder mehr sbM zu einem Wahlbezirk ist unzulässig laut Grundsatzbeschluss BVerwG vom 08.12.1999, 6 P 11.98. Danach dürfen auch Dienststellen im öffentlichen Dienst nur zusammengefasst werden, wenn und soweit räumliche Nähe. Integrations­amt ist zu beteiligen bei Zusammenfassung nach § 177 Abs. 1 Satz 5 SGB IX. FAZIT: Nur eine der zusammengefassten Dienststellen darf wahlfähig sein mit ≥ 5 sbM, aber keine weitere(n) laut BVerwG wie folgt:

Beispiele
3+1+2 = Zusammenfassung möglich (Bsp. 1)
7+2+0 = Zusammenfassung möglich (Bsp. 2)
8+5+1 = Zusammenfassung ist nicht möglich
Möglich wäre hier jedoch: 8+1 oder auch 5+1
MatthiasOtto
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Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von MatthiasOtto »

Hallo,

hierzu gibt die Wahlbroschüre der BIH (https://www.bih.de/fileadmin/user_uploa ... 022_ua.pdf) im Kapitel 4 ab Seite 55 Auskunft.

Für den Begriff der Dienststelle auf S. 58/59: "Gewählt wird grundsätzlich nur für den Bereich einer Dienststelle. Die Definition der Dienststelle bestimmt sich nach dem dem Personalvertretungsrecht (BPersVG bzw. der Personalvertretungsgesetze der Länder, § 170 Abs. 1 S. 2 SGBIX). Die Bildung der SBV knüpft an die Strukturen an, die in der Dienststelle vorhanden sind."

Die Rechtsprechung hierzu:
"Deshalb ist die Schwerbehindertenvertretung grundsätzlich für den Betrieb im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne zu wählen. Das ist die Organisationseinheit, in der auch der Betriebsrat besteht (BAG vom 10.11.2004 - 7 ABR 17/04 - juris Rn. 22 = ).(LAG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 15.1.2016 – 6 TaBV 1113/15, Rn. 15).

Eine Zusammenfassung von Betrieben oder Dienststellen sieht § 177 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nur für den Fall vor, dass in einem Betrieb/einer Dienststelle der Schwellenwert von fünf schwerbehinderten Menschen nicht erreicht wird.

Edit: Das wichtige Wort "nicht" eingefügt.
Zuletzt geändert von MatthiasOtto am Mittwoch 26. Juli 2023, 10:08, insgesamt 1-mal geändert.
Michael Karpf
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Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von Michael Karpf »

MatthiasOtto hat geschrieben: Dienstag 25. Juli 2023, 11:06
dass in einem Betrieb/einer Dienststelle der Schwellenwert von fünf schwerbehinderten Menschen erreicht wird.
Der zitierte letzte Absatz ist etwas missverständlich formuliert. Am Wortlaut der Norm orientiert, können Betriebe/Dienststellen, welche die Voraussetzungen (5 sbM) nicht erfüllen, mit räumlich nahe liegenden Betrieben/Dienststellen derselben Verwaltungsstufe zusammengefasst werden. Dass diese selbst die Voraussetzung 5 sbM erfüllen müssen, ergibt sich aus § 177 Absatz 1 Satz 4 SGB IX nicht. Daran anknüpfend, ist auch laut der BIH-Wahlbroschüre 2022, Seite 69 (Beispiel 1), und vorliegender Rechtsprechung eine Zusammenfassung zulässig, wenn keiner der Betriebe bzw. keine der Dienststellen den Schwellenwert 5 sbM erreicht, also z.B. 4+4 oder 3+4 = zulässig!

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
Buschist
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Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von Buschist »

Guten Morgen,

vielen herzlichen Dank für Eure schnelle und hilfreiche Unterstützung :).

Wünsche Euch noch einen schönen Tag.

Grüße Buschist
MatthiasOtto
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Registriert: Freitag 25. März 2022, 16:14

Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von MatthiasOtto »

Michael Karpf hat geschrieben: Mittwoch 26. Juli 2023, 00:11
MatthiasOtto hat geschrieben: Dienstag 25. Juli 2023, 11:06
dass in einem Betrieb/einer Dienststelle der Schwellenwert von fünf schwerbehinderten Menschen erreicht wird.
Der zitierte letzte Absatz ist etwas missverständlich formuliert. Am Wortlaut der Norm orientiert, können Betriebe/Dienststellen, welche die Voraussetzungen (5 sbM) nicht erfüllen, mit räumlich nahe liegenden Betrieben/Dienststellen derselben Verwaltungsstufe zusammengefasst werden. Dass diese selbst die Voraussetzung 5 sbM erfüllen müssen, ergibt sich aus § 177 Absatz 1 Satz 4 SGB IX nicht. Daran anknüpfend, ist auch laut der BIH-Wahlbroschüre 2022, Seite 69 (Beispiel 1), und vorliegender Rechtsprechung eine Zusammenfassung zulässig, wenn keiner der Betriebe bzw. keine der Dienststellen den Schwellenwert 5 sbM erreicht, also z.B. 4+4 oder 3+4 = zulässig!

Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
Vielen Dank für den Hinweis - mir ist das wichtige "nicht" durchgerutscht!
jada.wasi
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Zusammenfassung für die Wahl

Beitrag von jada.wasi »

MatthiasOtto hat geschrieben: Dienstag 25. Juli 2023, 11:06 Eine Zusammenfassung von Dienststellen sieht § 177 Abs. 1 Satz 4 SGB IX nur für den Fall vor, dass in einer Dienststelle der Schwellenwert von fünf schwerbeh. Menschen nicht erreicht wird.
Das ist so nicht richtig, auch wenn das so in vielen älteren Kommentaren leider so steht: Das ist viel zu weitgehend:
Das lässt sich so nicht aus BVerwG ableiten, wonach nur „eine“ dieser Dienststellen nicht wahlfähig sein müsse, je­denfalls ab drei Dienststellen.

Das ist etwas zu weitgehend: Bis auf max. einer einzigen Dienststelle müssen alle zusammengefassten Dienststellen nicht wahlfähig sein mit unter 5 sbM (nicht ledigl. „in einer“). Allenfalls eine einzige der zusammengefassten Dienststellen darf wahlfähig sein mit ≥ 5 sbM lt. Auslegung BVerwG, also z.B. 7+2+1 = zulässig, niemals aber 8+5+1. Vgl. dazu auch Diskussion 2018 von Ulrich Römer. Ebenso auch die BIH-Wahlbroschüre, Kapitel 4.4 auf der Seite 70/71 wie folgt:
„Wenn bspw. in wenigstens zwei der zusammengefassten Dienststellen inzwischen jeweils so viele sbM beschäftigt werden, dass nun mehrere SBVen gewählt werden können, dürfen diese Dienststellen nicht mehr zusammengefasst werden.“ FAZIT: Eine wahl­fä­hi­ge Dienststelle kann nur mit nicht wahlfähigen Dienststellen zusammengefasst werden Dieser BIH-Auslegung ist m.E. voll zuzustimmen.

Ebenso Prof. Düwell, LPK-SGB IX, Rn. 41 zu § 177 SGB IX – Zu­sam­men­fas­sung auch mit "einem wahlfähigen Be­trieb", wonach Zusammenfassung von zwei wahl­fä­hi­gen Betrieben von vornherein ausgeschlossen: Denn durch eine derartige Zusammenfassung von zwei schon wahlfähigen Betrieben würde gerade nicht die Mindestzahl erreicht (weil ja schon jeweils vorhanden), sondern lediglich nur – unzulässige – Reduzierung der Zahl der Wahlbezirke, daher eine glatte Wahlbehinderung. Gruß Jada Wasi
Buschist
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Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von Buschist »

Was für ein Glück, dass es Euch Fachleute hier gibt....🤙😊

Also ist unsere voll zogene Wahl mit 3 eigenständigen Dienststellen, alle mit mehr als 5 Schwerbehinderte, definitiv anfechtbar!?

Auf der Liste zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung und der Vertreter der Vertrauensperson waren alle Schwerbehinderten der 3 Dienststellen zusammengefasst aufgeführt. Und diese haben eine gemeinsame SBV gewählt.

Gruß Buschist
jada.wasi
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Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von jada.wasi »

Buschist hat geschrieben: Donnerstag 27. Juli 2023, 12:45 Also ist unsere vollzogene Wahl mit 3 eigen­ständigen Dienststellen, alle mit mehr als 5 Schwerbehinderte, definitiv anfechtbar!?
Ja - zweifellos anfechtbar beim Arbeitsgericht von mind 3 Wahlberechtigten. Es muss aber fristgerecht angefochten werden und zwar beide Wahlen – also Vertrauensperson sowie Stellvertretungen!! Unbedingt sofort Einsicht in die Wahlakte nehmen. Mehr zur Anfechtung im Kapitel: „8.3 Wahlanfechtung“ der BIH-Wahlbroschüre.

SBV hat versagt
Jedes Arbeitsgericht, welches sich auch nur halbwegs im Wahlrecht auskennt, wird eine solche Wahl unbedingt für unwirksam erklären laut ständ. Rspr. Da gibt’s überhaupt keine Zweifel! Das ist unfassbar ungeschickt von diesem Wahlvorstand. Hier hat (wohl) diese SBV schwer versagt, nachdem diese offenbar einen Wahlvorstand für mehrere selbst wahlfähige Dienststellen unbefugt bestellte – also offenkundig grob illegal.

Räumliche Nähe?
Im Übrigen dürfen von Gesetzes wegen natürlich auch niemals Dienststellen zusammengefasst werden mit < 5 Wahlberechtigten, sofern und soweit keine räuml. Nähe bestehen sollte laut § 177 Abs. 1 Satz 4 SGB IX lt. BIH-Experten, Fachschrifttum und ständ. Rspr. Also doppelt angreifbar ‼️

Wurde denn Integrationsamt beteiligt? Kann ich mir nicht vorstellen bei so einer Konstellation. Und was ist mit der räumlichen Nähe? Und wer hat denn den Wahlvorstand bestellt? Oder wurde der gewählt? Wie viele „Personen“ standen denn in der Wählerliste? Welches Personal­ver­tretungsrecht gilt für diese Behörde? Gruß Jada Wasi
Buschist
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Re: Wahlberechtigte anderer Dienststellen auf Wählerliste

Beitrag von Buschist »

Ob das Integrationsamt beteiligt wurde, ist mir nicht bekannt.

Die räumliche Nähe dürfte nicht gegeben sein:
90 km und 100 km!

Der Wahlvorstand wurde von der amtierenden SBV bestellt.

In der Wählerliste standen über 150.
Die beiden zusätzlichen (eigenen) Dienststellen/Arbeitsstellen hatten ca.20 und 30

BPersVG

Gruß Buschist
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