Beteiligung SbV

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Legue
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Beteiligung SbV

Beitrag von Legue »

Als SbV im öffentlichen Dienst ( Sparkasse ) habe ich folgende Anforderung an die Personalabteilung gesandt :

Der Arbeitgeber hat die Schwerbehindertenvertretung in allen Angelegenheiten, die einen einzelnen oder die schwerbehinderten Menschen als Gruppe berühren, unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören (§ 178 Abs. 2 SGB IX). Das gilt etwa bei Stellenausschreibungen, Einstellungen, Umsetzungen, Versetzungen, Abordnungen und Kündigungen.
Auch im Bewerbungsverfahren ist die Schwerbehindertenvertretung bereits zu beteiligen. Sie hat zum Beispiel ein Recht auf Einsicht in die Bewerbungsunterlagen und die Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen.

Antwort Personalabteilung :

Vorstellungsgespräche: hier wurde eine Teilnahme für wenig zielführend gesehen. Wir führen eine Auswahl
der Kandidaten nach deren Fähigkeiten durch. Darüber hinaus laden wir schwerbehinderte Bewerber
grundsätzlich zu Gesprächen. Infos hierzu tauschen wir aus.
Azubi-Vorstellungsgespräche/Einstellung: hier haben wir eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit mit
dem Personalrat, welche sich für alle Beteiligten bestens bewährt hat. Die Personalabteilung gibt die
Zusagen/Absagen an die Bewerber sehr zeitnah raus. Der formelle Beschluss wird hier für alle Einstellungen
gesammelt gegen Ende des gesamten Verfahrens gefasst. Dies lässt sich zwischenzeitlich auch in der Praxis
nicht anderes sinnvoll realisieren
Stellenausschreibungen sind im Internet/intranet für alle ersichtlich, damit auch erledigt
MA-Einstellungen/ggf. Kündigungen laufen sowieso im rechtlich geforderten Rahmen
Grundsätzliche Unterrichtungsverpflichtungen: Die Pflicht zur Unterrichtung ist sicher auf alle
Angelegenheiten, die sich spezifisch auf schwerbehinderte Menschen auswirken. Die Unterrichtungspflicht
besteht dann aber nicht, wenn die Angelegenheit die Belange schwerbehinderter Menschen in keiner
anderen Weise berühre als nicht schwerbehinderte Beschäftigte
Umbesetzungen usw., auch hier sehe ich keine Notwendigkeit einen zusätzlichen Aufwand für die Masse an
Fälle zu generieren. Ein „Zwangsversetzung" kommt kaum vor (hier ist ggf. Pers.rat +
Schwerbehindertenvertretung einzubinden). Bei sonstigen Umbesetzungen bewirbt sich der MA auf die
Stelle. Ich hab hier bisher noch nie erlebt, dass ein MA eine Stelle nicht bekommen hat, weil er eine
Schwerbehinderung hat (1st hier i.d.R. eh keinem bekannt + kann somit zu keiner Benachteiligung führen)

Daraufhin neuer Antrag meinerseits :
in meiner Funktion als Schwerbehindertenvertretung beantrage ich gem. § 178 Abs.2 SGB IX und § 154,164 Abs.3 SGB IX sowie § 164 Abs.1 SGB IX die
Zurverfügungstellung der Bewerberliste incl. Stellenbewertung sowie der Beschlussvorlage bei Neueinstellungen , entsprechend der Zusendung an den
Personalratsvorsitzenden.

Antwort :

wie im SGB IX geregelt ist, stellen wir Dir gerne die Bewerbungsunterlagen zur Verfügung, sofern es sich um schwerbehinderte Menschen handelt (wie bereits bisher auch geschehen). In unserer Bewerbungsliste nehmen wir ab sofort auch eine Spalte auf, ob beim MA eine Schwerbehinderung vorliegt. Sofern sich hier schwerbehinderte MA bewerben, übermitteln wir Dir natürlich auch die Gesamtliste.

Sollte ein Bewerber/MA ist Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung ablehnen, können wir natürlich keine Beteiligung vornehmen.

Was soll ich nun tun ? Ist das korrekt ?
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

Re: Beteiligung SbV

Beitrag von albarracin_01 »

Guten Tag,

die Beteilungsrechte der SBV bei Bewerberverfahren (Vorlage aller Unterlagen sowie Beteiligung an allen Bewerbergesprächen, wenn sich schwerbehinderte/gleichgestellte Menschen beworben haben, sind keine Verhandlungsmasse, sondern gesetzliche unabdingbare Pflichten, die der AG einzuhalten hat.
In diesem Zusammenhang spielen auch Absprachen mit BR/PR zum Verfahren keine Rolle.
Auch bezieht sich das Ablehnungsrecht von bewerbern ausdrücklich nur auf die Beteiligung am Bewerbergespräch, nicht aber auf die weiteren Informationspflichten des AG.

Das ist auch in der einschlägigen Fachliteratur unstrittig und auch eindeutig nachlesbar.

Deswegen war dieses Schreiben
in meiner Funktion als Schwerbehindertenvertretung beantrage ich gem. § 178 Abs.2 SGB IX und § 154,164 Abs.3 SGB IX sowie § 164 Abs.1 SGB IX die
Zurverfügungstellung der Bewerberliste incl. Stellenbewertung sowie der Beschlussvorlage bei Neueinstellungen , entsprechend der Zusendung an den
Personalratsvorsitzenden.
wahrscheinlich schon ein Fehler, da es Nachgiebigkeit zB bei Bewerbergesprächen suggerieren könnte. Ggfs. müssen diese Rechte eben gerichtlich eingeklagt werden - und für Rechte aus dem § 178, 179 gilt auch für Dienststellen der Rechtsweg zum Arbeitsgericht, nicht zum (idR viel obrigkeitshörigen) Verwaltungsgericht.
&Tschüß
Wolfgang
CVedder
Beiträge: 344
Registriert: Dienstag 2. November 2010, 11:14

Re: Beteiligung SbV

Beitrag von CVedder »

Hallo Legue,

ich schließe mich albarracin an und möchte noch ergänzen.

1. § 178 Absatz 2 SGB IX regelt eindeutig - "das Recht auf Einsicht in die entscheidungsrelevanten Teile der Bewerbungsunterlagen und Teilnahme an Vorstellungsgesprächen". Da gibt es nichts zu verhandeln oder auszulegen. Die SBV hat die entscheidungsrelevanten Unterlagen zu bekommen. Der Personaler kann sich die Mühe machen und alles in Auszügen bereit zu stellen oder er handelt pragmatisch und vor allem wirtschaftlich und händigt die kompletten Unterlagen aus. Wenn er dies verweigert, wie soll eine SBV dann zur Überzeugung gelangen, dass es nicht zu einer Diskriminierung in Sinne des AGG kommt. Auch ein Gericht könnte schnell zu einer solchen Auffassung kommen. Fazit - Bewerbungsunterlagen einsehen und Teilnahme an den Vorstellungsgesprächen ansonsten braucht es nur eines mutigen unterlegenen Bewerbers und der Schadenersatzanspruch kann entstehen. 3 Monatsgehälter, bei einem findigen Rechtsbeistand kann das auch deutlich mehr werden. Gerade wenn die Bank nämlich keine schlechte Presse will und dann Schweigegeld drauf packt. Das wäre an sich dann von dem Personaler aus der Privatschatulle zu zahlen, falls sein Dienstherr dies versucht und der Personaler sich nicht exculpieren kann.

2. § 178 Absatz 2 SGB IX regelt natürlich auch die Unterrichtspflicht. Da spielt es keine Rolle ob nur die schwerbehinderten Menschen oder die gesamte Belegschaft betroffen ist. Die SBV ist einzubeziehen. Genau dafür gibt es dieses Amt und der Personalrat kann dies nicht ersetzen. Der Spaß kann den Dienstherrn via Ordnungsgeld bis zu 250.000,- € kosten. Dazu Auszug aus dem Behindertenrecht 2017, Heft 2 Seite 32 noch zu alten §§ aus der Feder von Herrn Michael Karpf:

"Wenn die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 95 Abs. 2 Satz l des Neunten Buches Sozialgesetzbuch
(SGB DC) vom Arbeitgeber nicht beteiligt wird, ist die Durchführung oder Vollziehung der Maßnahme
auszusetzen; die Beteiligung ist innerhalb von sieben Tagen nachzuholen, sodann ist endgültig zu entscheiden (§ 95 Abs. 2 Satz 2 SGB IX). Zur Durchsetzung dieses Beteiligungsanspruchs kann die Schwerbehindertenvertretung das Arbeitsgericht anrufen (vergleiche §2 a Abs. l Nummer 3 a Ajbeitsgerichtsgesetz). Dort kann sie - gegebenenfalls im Wege der einstweiligen Verfügung - geltend machen, die Durchführung oder Vollziehung der Entscheidung auszusetzen, bis die Beteiligung
nachgeholt ist. Ein entsprechender Beschluss des Arbeitsgerichts kann Grundlage für eine gerichtliche
Vollstreckung sein. Zuwiderhandlungen seitens des Arbeitgebers können Ordnungsgelder von bis zu 250000 Euro nach sich ziehen (§85 Abs. l Arbeitsgerichtsgesetz in Verbindung mit § 890 Abs. l Zivilprozessordnung."

Viele Grüße
Christian Vedder
matthias.günther
Beiträge: 279
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

Re: Beteiligung SbV

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

die rechtlichen Vorschriften sind hier gewiss auf der Seite der SBV.
Dass sich die SBV hier übergangen und vielleicht auch verletzt fühlt, ist verständlich und das Handeln des Arbeitgebers einer Problemlösung eher abträglich. Unabhängig von der Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung wie in diesem Thread bereits dargelegt, habe ich den Eindruck, dass hier ein bereits eskalierender Konflikt vorliegt, der auf einem falschen oder unvollständigen Verständnis des AG von der Rolle der SBV beruht. Für eine erfolgreiche Konfliktlösungsstrategie stellt sich aus meiner Sicht die Frage, ob man mit einer gerichtlichen Klärung wirklich dauerhaft Konsensfähigkeit herstellen kann. Die Gefahr bei diese Konfliktlösungsstrategie ist doch, dass man der Dienststelle bzw. dem AG zwar einen "Denkzettel" verpassen kann, aber man strebt eine Konfliktlösung nach dem Schema von "Sieg und Niederlage" durch Entscheidung eines unparteiischen Dritten (Arbeitsgericht) an. Damit ist der Konflikt bereits auf einer ziemlich hohen Eskalationsstufe! Einer Lösung nach dem "Win-win-Prinzip" ist damit der Weg versperrt. Die SBV kann damit in ein komplexes Konfliktgeschehen aus Niederlage des AG und dessen Wunsch nach Vergeltung geraten, der sich auf dem nächsten "Spielfeld" sofort wieder entwickeln kann. Für die zukünftige SBV-Arbeit alles andere als hilfreich.
Rechtlich mag das alles so machbar sein und die SBV als "Beschwerdeführer" vor Gericht obsiegen, aber die handelnden Personen auf der AG-Seite verlieren dadurch ihr Gesicht. Was spricht dagegen, vor einem solchen "nächsten Zug im Spiel" das Gespräch mit dem AG zu suchen? Und den Konflikt in Richtung Verständigung, ggf. Kompromiss zu steuern? Das wäre auch eine Gelegenheit, dem AG darzulegen, dass eine Verletzung der Mitwirkungsrechte der SBV einem Kläger in die Hände spielt, der wegen Diskriminierung aufgrund der Behinderung nach dem AGG auf Schadensersatz klagt. In einer späteren Konfliktstufe ist es durchaus fraglich, ob man noch intern den Konflikt lösen kann. Für die SBV-Arbeit schafft das neue Probleme.
Für eine "gesichtswahrende" Konfliktlösung wäre so ein Gespräch auch gut, um herauszufinden, warum der AG so reagiert. Ist es nur Unwissen, eine grundsätzliche Ablehnungshaltung, Angst vor nicht mehr beherrschbarem Zusatzaufwand, ...? Dabei kann man dem AG dessen Widerstand sehr wohl spiegeln und gleichzeitig die Notwendigkeit der eigenen Aktionen und Sinn der rechtlichen Regelungen aus Sicht der SBV begründen.
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