BEM-Akte und Abbruch BEM

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Lara Licht

BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von Lara Licht »

Hallo in die Runde, ich habe zwei Fragen:
> kann der BEM-Berechtigte die Herausgabe der BEM-Akte verlangen auch wenn in einer Betriebsvereinbarung geregelt ist, das diese Akte 3 Jahre aufbewahrt wird? Was ist hier höher wertiger: Die BV oder das Selbstbestimmungsrecht?
> kann ein BEM-Beauftragter das BEM-Verfahren gegen den Willen des BEM-Berechtigten beenden? Ich meine ja, denn es ist ja ein vom Arbeitgeber gesteuertes Verfahren.
beste Grüße
Lara Licht
matthias.günther
Beiträge: 288
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

AW: BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

der/die Betroffene bleibt während des gesamten BEM-Verfahrens "Herr über die erhobenen Daten". Vor diesem Hintergrund spricht nichts gegen eine Aushändigung der Unterlagen an den Betroffenen. Nach Ablauf des festgelegten Zeitraums sind die Unterlagen zu vernichten. Die drei Jahre erscheinen hier doch etwas starr und Fristen bis zum Maximum ausgereizt. Die Aufbewahrung sollte nur so lange wie nötig erfolgen. Da die BEM-Unterlagen nicht zur Personalakte gehören, sollte man eine BV immer so gestalten, dass man die Möglichkeit eröffnet, die Unterlagen dem Betroffenen auszuhändigen. Zur Wahrung des Datenschutzes sollten jedoch während des BEM-Verfahrens verwendete medizinische Unterlagen schnellstmöglich nach Ende des BEM-Verfahrens an den Betroffenen ausgehändigt werden. In die Personalakte gehören diese medizinischen Unterlagen sowieso nicht.
Eine Beendigung des BEM durch den AG dürfte dann in Betracht kommen, wenn alle in Frage kommenden Maßnahmen, auf die man sich im Rahmen des BEM verständigt hat, keinen Erfolg hatten. Der Beschäftigte kann hier aber jederzeit eigene Vorstellungen zu den aus seiner Sicht mögliche Maßnahmen entwickeln, auf die der AG idR einzugehen hat.
Wenn die entsprechenden Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, muss der AG feststellen, ob das BEM erfolgreich war oder nicht. Es ist dann zu dokumentieren, weshalb das BEM keinen Erfolg hatte (z. B. negative Prognose, Verschiebung von Maßnahmen, fehlende Mitwirkung des Betroffenen usw.). Aber ein grundloser Abbruch durch den AG ist im Gesetz nicht vorgesehen.
wadlbeisser

AW: BEM-Akte

Beitrag von wadlbeisser »

Hallo, wie gehe ich als SBV damit um?

Personalleitung (PL) gibt folgende Anweisung:

1; Einsichtnahme in die BEM-Akte erfolgt nur nach sachlicher begründeter Anfrage bei der Personalleitung mit Vorlage einer schriftlicher Einverständniserklärung des jeweiligen Mitarbeiters.
2; Die PL organisiert die Einsichtnahme.
3; Bei Einsichtnahme der BEM - Akte durch die SBV ist zudem die Anwesenheit des jeweiligen Mitarbeiters erforderlich.
4; Inhalte der BEM - Akte dürfen von der SBV nicht entnommen oder kopiert werden.

Zu Punkt 4; .... wenn die BEM-Akte nicht in der Personalabteilung aufbewahrt wird, sondern unter Verschluss bei der SBV, BR oder Betriebsarzt, kann ich damit leben.
Zu allen anderen Punkten sehe ich eine Einschränkung der Amtsausübung.

Wie seht Ihr das?

Grüße
Wadlbeisser
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

AW: BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

ist denn der Umgang mit der "BEM-Akte" nicht in der BV geregelt ?

Grundsätzlich besteht für die SBV kein eigenständiger Anspruch auf Einsichtnahme in Personalakten. Lediglich der betroffene AN hat ein Einsichtsrecht und kann dabei die SBV hinzuziehen oder diese beauftragen.
&Tschüß
Wolfgang
wadlbeisser

AW: BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von wadlbeisser »

Hallo,

die BV für BEM wird zur Zeit erarbeitet und die Parteien sind sich noch nicht einig, wo die BEM-Akte aufbewahrt wird.

Bezüglich der Personalakte stimme ich zu und es besteht auch kein Interesse diese einzusehen wenn das der MA nicht wünscht.

Allerdings muss die SBV ungehindert die "BEM - Akte" bei sbMa einsehen können. Wie sonst kann sie ihrer Aufgabe nachkommen.
Sehe ich das falsch?

Danke für Deine Rückmeldung....

Viele Grüße
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

AW: BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von albarracin_01 »

Guten Tag,

Allerdings muss die SBV ungehindert die "BEM - Akte" bei sbMa einsehen können. Wie sonst kann sie ihrer Aufgabe nachkommen.
Sehe ich das falsch?

Ja, ohne ausdrückliche Regelung siehst Du das falsch. Eine BV-Regelung muß auch jeweils dem Betroffenen zur Kenntnis gegeben werden, damit dieser die Möglichkeit hat, der Aktenweitergabe zu widersprechen.
Die SBV ist kein Kindergärtner und auch kein "Big Brother".
&Tschüß
Wolfgang
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

AW: BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von albin.göbel »

wadlbeisser hat geschrieben:Die BV für BEM wird erarbeitet...
Hier finden Sie ein Gestaltungsraster mit anonymisierten Textauszügen bei Böckler aus 120 BEM-Betriebsvereinbarungen. Aber Achtung: Nicht einfach unkritisch übernehmen. Da sind einzelne Bausteine dabei, die mit neueren Urteilen zum BEM nicht vereinbar sind, wonach z.B. auf das Kalenderjahr abzustellen sei, dass Pflicht zur Teilnahme am Erstgespräch bestehe und dass die BEM-Unterlagen 10 Jahre zu archivieren seien, also insoweit nichtig! Das weit überzogene Vorhalten der Krankheitstage über einen Zeitraum von zehn Jahren hält z.B. auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht für unzulässig (6. Tätigkeitsbericht für 2014). Weitere Praxisbeispiele unter
integrationsamt.bayern.de

wadlbeisser hat geschrieben:... und die Parteien sind sich noch nicht einig, wo die BEM-Akte aufbewahrt wird.
Ja, da sprechen Sie einen "Schwachpunkt" an, der vordringlich regelungsbedürftig ist und bereits in der ZB-Archiv 4/2008 sowie in der Niehaus-Studie 2008 zur Umsetzung des BEM als "bedenklich" aufgegriffen wurde wie folgt:

"In der Mehrzahl der Betriebe scheint unklar zu sein, wo und wie die Daten überhaupt aufbewahrt werden."

wadlbeisser hat geschrieben:Anweisung: Einsichtnahme in die BEM-Akte erfolgt nur nach sachlicher begründeter Anfrage bei der Personalleitung...
Außerdem könnte in der BEM-BV zur Transparenz bzw. Klarstellung normiert werden, dass der BEM-Berechtige die BEM-Unterlagen jederzeit einsehen bzw. kopieren kann entsprechend dem EIBE-Datenschutzkonzept. Denn: Ohne ein Mindestmaß an Transparenz werden Sie beim BEM nie eine Akzeptanz erreichen. Wie Transparenz geht, hat die Eternit AG erfolgreich sowie "preisgekrönt" vorgemacht (ZB-Archiv 2/2016, Seite 13).

Speziell zum Einsichtsrecht in die BEM-Akte siehe Diskussion vom Juni 2015. Eine gesetzliche Norm, wonach eine Einsicht in die BEM-Akte gesondert begründet werden müsste, gibt es nicht. Hierzu sind weder ein besonderer Anlass noch eine spezielle Begründung des Arbeitnehmers erforderlich.
www.lto.de

Arbeitshilfen:
Datenschutz-Zentrum I
Datenschutz-Zentrum II

Viele Grüße
Albin Göbel
wadlbeisser

AW: BEM-Akte und Abbruch BEM

Beitrag von wadlbeisser »

Hallo,

.....vielen Dank für Ihre sachliche und hilfreiche Antwort Herr Göbel!!

Bei Böckler habe ich auch schon einige hilfreiche Informationen verwenden können und Sie haben recht, die Inhalte sollte man auf aktueller Rechtsprechung prüfen.

Packen wir´s an, es gibt noch viel zu tun ;))

Viele Grüße
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