Weiterbildung für die Vertreter der Arbeitgeber
Mit Präsenz- und Online-Angeboten vermitteln die Integrations- und Inklusionsämter die wichtigsten Inhalte des neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX) für Personalverantwortliche.
Arbeit ist gerade für Menschen mit Behinderung eine wichtige Voraussetzung für eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Deshalb setzt das SGB IX hier einen Schwerpunkt. Ziel ist es, die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderung oder von Behinderung bedrohten Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen. Dabei soll ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst dauerhaft gesichert werden. Damit setzt das SGB IX im Sozialrecht das im Grundgesetz verankerte Benachteiligungsverbot um.
Doch welche Pflichten leiten sich aus dem SGB IX für Arbeitgeber ab? Und auch andersrum: Welche Unterstützungsleistungen können Arbeitgeber erhalten, wenn sie einen Menschen mit Behinderung beschäftigen? Und was bedeuten die gesetzlichen Regelungen konkret in der Praxis? Diese und ähnliche Fragen beantworten Manuela Landmann und Harald Kill vom LVR-Inklusionsamt in ihrem Seminar „SGB IX im Personalmanagement“.
"Im öffentlichen Dienst steht man Inklusion sehr offen gegenüber, in der privaten Wirtschaft gibt es manchmal noch größere Vorbehalte“
Inklusionsbeauftragte nehmen zentrale Rolle ein
„Wir spannen in dem Seminar einen inhaltlichen Bogen von den Themen Einstellung über Beschäftigung, Prävention und Betriebliches Eingliederungsmanagement bis hin zum besonderen Kündigungsschutz“, umreißt LVR-Referent Kill die Themenbreite des SGB IX.
Ein Hauptaugenmerk des Seminars liegt auf den Inklusionsbeauftragten der Arbeitgeber. Diese stellen auch den Großteil der Seminarteilnehmer. Entsprechend stehen Fragen rund um die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Inklusionsbeauftragten im Vordergrund. „Die Aufgabenbeschreibung eines Inklusionsbeauftragten ist im Gesetzestext nicht detailliert festgehalten. Deshalb erläutern wir den Teilnehmern erst mal, was das Gesetz hier eigentlich will. Also welche Funktion der Inklusionsbeauftragte einnimmt und welche Aufgaben sich daraus ableiten“, erläutert Manuela Landmann, die seit 2015 zusammen mit Harald Kill durch das Seminar führt.
Gerade neu ernannte Inklusionsbeauftragte würden häufig die haftungsrechtlichen Aspekte des Amtes schrecken, aber diese Sorgen könnten sie im Seminar in der Regel ausräumen. Vielmehr mache man die Inklusionsbeauftragten mit ihrer (neuen) Funktion erst mal bekannt. „Ganz grob gesagt, gilt die Faustregel: Als Inklusionsbeauftragter vertritt man den Arbeitgeber. Entsprechend ist man immer dann beteiligt, wenn im SGB IX von Arbeitgebern die Rede ist“, sagt Kill. (Mehr zum Thema Inklusionsbeauftragte der Arbeitgeber finden Sie hier.)
Weitere wichtige Themen für die Teilnehmenden seien Prävention und das Verfahren zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM). „Es gibt bei Arbeitgebern eine größere Sensibilität dafür, dass viele Behinderungen erst im Laufe des Berufslebens entstehen. Entsprechend ist das Interesse groß, durch Prävention dieses Risiko für die Beschäftigten zu minimieren“, stellt Kill fest. Kommt es bei einem Beschäftigten zu einer Langzeiterkrankung oder sogar einer Behinderung, dann regelt das SGB IX, welche Pflichten sich daraus für den Arbeitgeber ergeben, etwa indem er ein BEM anbieten muss.
Interesse an Inklusion nimmt bei Arbeitgebern zu
Insgesamt stellen die beiden Referenten fest, dass das Interesse am Thema Inklusion bei den Arbeitgebern in den vergangenen Jahren größer geworden ist. „Im öffentlichen Dienst steht man Inklusion sehr offen gegenüber, in der privaten Wirtschaft gibt es manchmal noch etwas größere Vorbehalte“, sagt Landmann. Viele Sorgen der Arbeitgeber könnten sie im Seminar aber entkräften, wie beispielsweise, dass Beschäftigte mit Behinderung nicht kündbar seien. „Es gibt den besonderen Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung, aber das heißt nicht, dass sie unkündbar sind“, erklärt Landmann. Welche gesetzlichen Vorgaben es beim besonderen Kündigungsschutz gibt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, aber auch wie man beispielsweise mit dem Präventionsverfahren eine Kündigung verhindern kann, ist deshalb ebenfalls Inhalt des Seminars.
Einzelfälle können besprochen und diskutiert werden
Ein großer Vorteil der Präsenzseminare ist die Möglichkeit, dass konkrete Einzelfälle, mit denen die Teilnehmer in ihren Betrieben oder Dienststellen konfrontiert sind, besprochen werden können. Denn jeder Einzelfall hat individuelle Aspekte, die es zu beachten gilt. Patentlösungen, die für alle Beschäftigten mit Behinderung passen, gibt es nicht. „Da ist es ein großer Mehrwert, wenn die individuellen Aspekte eines Falls mit uns und den anderen Teilnehmern besprochen werden können“, sagt Kill. Und Landmann ergänzt: „Oft gibt es kein Richtig oder Falsch, sondern lediglich unterschiedliche Möglichkeiten, wie ein Arbeitgeber im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben in einem konkreten Fall vorgehen kann.
„Es ist ein großer Mehrwert, dass im Seminar konkrete Einzelfälle besprochen werden können.“
Unterschiedliche Regelungen in den Ländern
Da profitieren die Teilnehmenden vom Erfahrungsaustausch untereinander.“ Neben den konkreten Lösungen, wie beispielsweise ein Arbeitsplatz behinderungsgerecht gestaltet werden kann, kommt auch immer wieder die Frage auf, welcher Leistungsträger für die Finanzierung bestimmter Maßnahmen zuständig ist, berichtet Kill: „Das ist in Deutschland einfach sehr kompliziert geregelt und muss wirklich im Einzelfall geprüft werden. Ich spreche hier deshalb auch gerne vom Kostenträger-Dschungel.“ Und: Was im Rheinland gilt, gilt nicht automatisch in den anderen Bundesländern. „So legt jedes Integrations-/Inklusionsamt die Förderhöhen für sich fest. Das ist auch abhängig von der Finanzlage der einzelnen Ämter“, erklärt Landmann. Deshalb gelten alle Inhalte des Seminars nur für Betriebe und Dienststellen im Gebiet des LVR-Inklusionsamts.
Online-Seminar der BIH für einen ersten Überblick
Einen ersten Einstieg in das große Thema „SGB IX“ bietet Personalverantwortlichen auch das gleichnamige Online-Seminar der BIH. Videos mit anschaulichen Beispielen, interaktive Lerneinheiten und informative Übersichten zeigen, welche Aspekte für Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung rechtlich relevant sind und was sie beachten müssen. Das Online-Seminar kann jederzeit absolviert und bei Bedarf auch unterbrochen werden, was Inklusionsbeauftragten, Arbeitgebern und Personalverantwortlichen größtmögliche Flexibilität beim Lernen bietet.
Und egal, ob im Präsenz- oder im Online-Seminar: Wichtig ist, dass Arbeitgeber mögliche Berührungsängste bei dem Thema Behinderung und Beschäftigung verlieren und in der Inklusion eine Chance für das Unternehmen und die Mitarbeiter erkennen. Dazu kann die Teilnahme an einem der Seminarformate ein erster Schritt sein.
Weitere Artikel dieser Ausgabe
- Editorial von BIH-Vorstandsvorsitzendem Christoph Beyer
- Titelthema: Eine physiotherapeutische Praxis aus Chemnitz zeigt, welche Förderleistungen Arbeitgeber für die Beschäftigung von Menschen mit Behinderung erhalten
- Überblick und Checkliste: Personalprozesse inklusiv gestalten
- Gut geschult: Weiterbildung für die Vertreter der Arbeitgeber
- Interview und Übersicht: Was macht eigentlich ein Inklusionsbeauftragter des Arbeitgebers?
- Erstes Fazit: Zwei Jahre Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber
- Erstes Netzwerktreffen der EAA-Fachberaterinnen und Fachberater: ein Bericht
- Die Ausgleichsabgabe steigt, ZB erklärt, warum das gut ist.
- News: Neues aus der Welt der beruflichen Teilhabe
- Rechtssicher: Aktuelle Urteile rund um die berufliche Teilhabe
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