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„Konnte den Fokus für das Thema Inklusion schärfen“

Said Frank Becker ist hauptamtlicher Inklusionsbeauftragter bei der Computacenter AG & Co oHG in Kerpen. Im Interview mit ZB berichtet er, was seine Arbeit auszeichnet und warum das Amt des Inklusionsbeauftragten so wichtig ist.

Herr Becker, Sie sind hauptamtlicher Inklusionsbeauftragter. Warum hat Ihr Arbeitgeber die Position als Vollzeitstelle ausgeschrieben und was hat Sie an der Aufgabe gereizt?
Said Frank Becker: Wir haben in Deutschland etwa 6.900 Mitarbeiter, davon rund 360 Beschäftigte mit einer Schwerbehinderung. Unsere Geschäftsleitung hat erkannt, dass es bei einem Unternehmen dieser Größe kaum möglich ist, die Aufgabe des Inklusionsbeauftragten mal eben nebenbei zu erledigen. Insbesondere wenn man die Stelle aufgrund der bestehenden Firmenkultur als wirkliche Hilfe und Notwendigkeit zur Inklusion betrachtet.

Ich war lange Betriebsrat und auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Da passte diese Aufgabe für mich hervorragend, denn ich kann weitgehend eigenverantwortlich und eigenständig arbeiten. Es erschien für mich sehr erfüllend, sowohl strukturell Einfluss auf die Firmenabläufe zum Wohle von Menschen mit Schwerbehinderung zu nehmen als auch einzelfallspezifisch Hilfe leisten zu können.

Was waren Ihre ersten Schritte als Inklusionsbeauftragter?
Zunächst habe ich mich mit der Rechtslage beschäftigt. Es ist aus meiner Sicht essenziell, die juristischen Hintergründe und das, was der Gesetzgeber damit erreichen möchte, zu verstehen. Als Inklusionsbeauftragter kann ich den Arbeitgeber nur wirksam auf seine Verpflichtungen hinweisen, wenn ich diese auch rechtssicher belegen kann. Und im Übrigen kommt es ja auch durchaus vor, dass dies gegenüber den betroffenen Beschäftigten nötig wird. Zum Glück brachte ich die meist viel wichtigeren Voraussetzungen für die Aufgabe aus meinen vorherigen Tätigkeiten bereits mit: Fähigkeit zur Mediation und zum Interessenausgleich, Pragmatismus und, ich hoffe, auch Empathie. Der Rest ist dann Erfahrung, die man zwangsläufig sammelt.

Was sind die größten Herausforderungen bei Ihrer Arbeit?
Hilfe im Einzelfall und für einzelne Menschen zu leisten ist meist wenig problematisch. Herausfordernd wird es immer dann, wenn Strukturen, administrative Abläufe oder systemseitige Dinge, zum Beispiel die Software, betroffen sind. Hier Veränderungen umzusetzen, gleicht aufgrund der vielen Betroffenen und somit am Prozess Beteiligten oft dem Umsteuern eines Tankers. Da braucht es Geduld.

Welche Erfolge konnten Sie als Inklusionsbeauftragter erzielen?
Jeder Einzelfall, in dem ich einen Beitrag leisten kann, dass ein Arbeitsplatz beziehungsweise die Arbeitsaufgabe so gestaltet wird, dass es der Gesundheit und bestenfalls sogar dem Wohlbefinden einer Kollegin oder eines Kollegen dient, ist ein Erfolg. Darüber hinaus ist es mir gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen verschiedener Abteilungen gelungen, dass wir heute von den Abläufen her und auch systemseitig so aufgestellt sind, dass wir insbesondere den Informations- und Anhörungsrechten der Schwerbehindertenvertretung besser gerecht werden können.

Und ich konnte mit darauf hinwirken, dass die Stelle eines Case-Managers geschaffen wurde. Dieser kümmert sich um die Suche nach einem geeigneteren Arbeitsplatz innerhalb unserer Firma, falls eine Kollegin oder ein Kollege die eigentliche Arbeit (trotz möglicher Anpassungen) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr machen kann. In Summe bleibt es eine tägliche Aufgabe, aber ich glaube, wir haben den Fokus vieler Menschen bei uns im Unternehmen für das Thema Inklusion bereits schärfen können.

Haben Sie noch einen Tipp für „neue“ Inklusionsbeauftragte?
Man sollte sich zuerst die Frage stellen, wie ernst es dem Arbeitgeber mit der Inklusion ist. Nimmt er das Thema ernst, so wird im gemeinsamen Bestreben vieles leicht möglich sein. Ansonsten kann man trotzdem viel Gutes tun, es wird dann nur etwas herausfordernder und dessen sollte man sich bewusst sein.

Inklusionsbeauftragte sind Schlüsselakteure

Für Arbeitgeber lohnt es sich, einen geeigneten Inklusionsbeauftragten zu bestellen und so die Inklusion in der Unternehmenskultur fest zu verankern. Das Wichtigste rund um die Bestellung eines Inklusionsbeauftragten im Überblick.

Gesetzliche Grundlagen

Die Benennung eines Inklusionsbeauftragten ist für jeden Arbeitgeber in Deutschland gemäß § 181 SGB IX verpflichtend. Der Gesetzgeber benennt an keiner Stelle Ausnahmen von dieser Bestellpflicht. Bestellt der Arbeitgeber keinen Inklusionsbeauftragten, sind jedoch keine Sanktionen zu erwarten. Vielmehr nimmt er selbst automatisch alle mit dem Amt verbundenen Rechte und Pflichten wahr.

Aufgaben des Inklusionsbeauftragten

Der Inklusionsbeauftragte vertritt den Arbeitgeber in Angelegenheiten von Menschen mit Schwerbehinderung und achtet vor allem darauf, dass der Arbeitgeber seinen gesetzlichen Verpflichtungen nachkommt. Als Vertreter der Arbeitgeberseite ist er der Ansprechpartner für die Schwerbehindertenvertretung, den Betriebsrat, den Personalrat oder die Mitarbeitervertretung. So soll sichergestellt werden, dass Beschäftigte mit Schwerbehinderung und ihnen Gleichgestellte auf Arbeitgeber- wie Arbeitnehmerseite eine Ansprechperson haben, die sich mit den Fragestellungen rund um Behinderung und Beruf auskennt.

Vorgaben für den Inklusionsbeauftragten

Das SGB IX enthält keine Vorgaben, wer zum Inklusionsbeauftragten bestellt werden kann. Die Bestellung eines Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung bzw. des Betriebs-/Personalrats scheidet allerdings aufgrund des praktisch vorprogrammierten Konflikts zwischen der Vertretung von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen aus. Der Gesetzgeber empfiehlt, dass der Inklusionsbeauftragte nach Möglichkeit selbst schwerbehindert sein sollte, da er sich dadurch ein besseres Verständnis für die Belange der betroffenen Beschäftigten erhofft. Eine Verpflichtung, ausschließlich Beschäftigte mit Schwerbehinderung zu Inklusionsbeauftragten zu bestellen, besteht aber nicht.

Fachliche und persönliche Eignung

Der Inklusionsbeauftragte erhält mit seiner Bestellung per Gesetz das Vertretungsrecht für den Betrieb/die Dienststelle. Entsprechend wird von ihm erwartet, dass er rechtsverbindliche Erklärungen für und gegen den Arbeitgeber zum Beispiel gegenüber dem Integrations‑ /Inklusionsamt oder der Arbeitsagentur abgeben kann. Das setzt eine hohe persönliche Zuverlässigkeit voraus. Hilfreich bei der Aufgabenwahrnehmung sind zudem Kenntnisse im Arbeitsrecht und in den einschlägigen Sozialgesetzbüchern. Die Schwerbehindertenvertretung ist über die Bestellung eines Inklusionsbeauftragten zu informieren. Sie kann zu der Personalie eine Einschätzung abgeben, Anspruch auf Berücksichtigung von eventuell vorhandenen Einsprüchen besteht aber nicht.

Ablauf der Bestellung

Der Gesetzgeber macht für den Ablauf der Bestellung keine Vorgaben. Gerade wegen dieser „Freiheit“ der Handhabung macht es Sinn, die Eckdaten der Beauftragung schriftlich festzuhalten. Das ist auch deshalb sinnvoll, weil der Arbeitgeber die Bestellung gemäß § 181 SGB IX unverzüglich der Arbeitsagentur und dem Integrations-/Inklusionsamt mitzuteilen hat. Die Bestellung zum Inklusionsbeauftragten ist an keine zeitliche Dauer gebunden. Der Arbeitgeber kann zudem jederzeit und ohne Angabe von Gründen den Inklusionsbeauftragten wieder abberufen.

Sie wollen mehr wissen?

Ausführliche Informationen finden Sie auch im ZB Ratgeber „Inklusionsbeauftragte des Arbeitgebers“, der kostenfrei als PDF heruntergeladen werden kann.

Einen kompakten Überblick zum Thema finden Sie im BIH-Fachlexikon.

Interaktive Informationen zur Rolle des Inklusionsbeauftragten bietet auch der kostenlose Online-Kurs „SGB IX im Personalmanagement“.

Sie haben einen Inklusionsbeauftragten benannt? Dann melden Sie ihn hier einfach und unkompliziert online dem Integrations-/Inklusionsamt.
 

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