Illustration von Justitia

Öffentlichkeitsgebot bei Wahlen

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen hat entschieden, dass die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung in einem Betrieb unwirksam ist, wenn der Wahlvorstand nicht rechtzeitig über Zeit und Ort der Auszählung der schriftlich abgegebenen Stimmen informiert. Damit wird das Prinzip der Öffentlichkeit der Wahl verletzt.

Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Beschluss vom 27.03. 2024; 2 TaBV 44/23

Worum geht es?

In diesem Fall klagten mehrere wahlberechtigte Arbeitnehmer gegen die Gültigkeit der Wahl zur Schwerbehindertenvertretung und der Stellvertreter. Die Wahl fand im Oktober 2022 schriftlich statt, und die Stimmabgabe wurde zwar an einem öffentlichen Ort ausgezählt, aber ohne rechtzeitig Ort und Zeit für das Öffnen der Freiumschläge und die Prüfung der Wahlunterlagen bekanntzugeben. Diese Handlungen fanden im hinteren Bereich des Auszählungsraums statt, der für die Öffentlichkeit nicht einsehbar war.

Die Antragsteller sahen hierin einen Verstoß gegen das Öffentlichkeitsgebot der Wahl. Sie argumentierten, dass die ordnungsgemäße Erfassung der Stimmabgaben nicht kontrollierbar gewesen sei. Das Arbeitsgericht Hannover erklärte die Wahl wegen Verletzung dieses Öffentlichkeitsgrundsatzes für unwirksam, und das Landesarbeitsgericht Niedersachsen bestätigte diese Entscheidung.

„Nach § 12 Abs. 1 SchwbVWO müssen Zeit und Ort für das Öffnen der Briefwahlunterlagen rechtzeitig und öffentlich bekanntgegeben werden, um sicherzustellen, dass alle Wahlhandlungen transparent sind.“

Hintergrund des Beschlusses

Das LAG befand die Wahl für ungültig, da das Öffentlichkeitsgebot verletzt wurde. Nach § 12 Abs. 1 SchwbVWO müssen Zeit und Ort für das Öffnen der Briefwahlunterlagen rechtzeitig und öffentlich bekanntgegeben werden, um sicherzustellen, dass alle Wahlhandlungen transparent sind. Das LAG argumentierte, dass gerade die rechtzeitige Bekanntmachung für das Öffnen der Umschläge unabdingbar sei, um Transparenz zu gewährleisten.

Bedeutung für zukünftige Wahlen

Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, alle Schritte einer Wahl – einschließlich des Auszählens der schriftlich abgegebenen Stimmen – für die Betriebsöffentlichkeit zugänglich und nachvollziehbar zu machen. Wahlvorstände in Betrieben müssen also bei schriftlichen Verfahren besonders sorgfältig auf die Einhaltung von Zeit- und Ortsangaben achten, damit das Öffentlichkeitsprinzip nicht verletzt wird und die Wahlen gültig bleiben.

Rechtsgrundlage

§ 12 Abs. 1 SchwbVWO

Unmittelbar vor Abschluss der Wahl öffnet der Wahlvorstand in öffentlicher Sitzung die bis zu diesem Zeitpunkt eingegangenen Freiumschläge und entnimmt ihnen die Wahlumschläge sowie die vorgedruckten Erklärungen. Ist die schriftliche Stimmabgabe ordnungsgemäß erfolgt (§ 11), legt der Wahlvorstand die Wahlumschläge nach Vermerk der Stimmabgabe in der Liste der Wahlberechtigten ungeöffnet in die Wahlurne.

 

Ein Dankeschön

An dieser Stelle möchten wir uns sehr herzlich bei Frau Eva-Maria Jäger-Kuhlmann bedanken. Seit vielen Jahren formulierte sie für ZB die Entscheidungen der Gerichte in verständliche Sprache um und geht zum Ende des Jahres 2024 in den wohlverdienten Ruhestand. Herzlichen Dank und alles Gute für die neue Lebensphase!

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