Briefwahl
Bei den Vorschriften in § 11 Absatz 1 Nummer 4 SchwbVWO handelt es sich um eine wesentliche und zwingende Vorschrift über das Wahlverfahren, die zur Verhinderung von Manipulationen eng auszulegen ist (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 3. Mai 2022, AZ: 2022-7 Ta BV 1697/21).
Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit der Wahl der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen. Der Wahlvorstand übersandte den Wahlberechtigten für eine außerplanmäßige Wahl die Briefwahlunterlagen. Dabei versah er die den Unterlagen beigefügten Rückumschläge versehentlich nicht mit den Namen und Anschriften der wahlberechtigten Personen. Noch am gleichen Tag wurden neue Rückumschläge, diesmal mit dem Namen und der Anschrift versehen, verschickt. Im Begleitschreiben wurde darauf hingewiesen, dass die zuvor verwendeten Umschläge aufgrund eines Druckfehlers nicht zu verwenden seien und darum gebeten, den Rückumschlag aus diesem Schreiben zu verwenden.
Eng auszulegende Vorschrift
Die zurückgesandten Umschläge wurden dem Wahlvorstand nach Eingang übergeben, der sie ungeöffnet in die bereitgestellte versiegelte Wahlurne warf. Der Eingang der Rückumschläge wurden nicht dokumentiert. Unter ihnen waren auch solche ohne Absenderangaben. Bei der Auszählung wurden die Rückumschläge ohne Absender zunächst aussortiert. Später stellte man fest, dass neun dieser Rückbriefe nicht zugeordnet werden konnten und erklärte die Stimmen für ungültig. Die Auszählung der gültigen Stimmen ergab eine Stimmengleichheit für den Beteiligten zu 1 und zu 10. Der Wahlanfechtungsklage gab das Arbeitsgericht statt und erklärte die Wahl für unwirksam. In den Gründen wird ausgeführt, es handele sich bei den Vorschriften in § 11 Absatz 1 Nummer 4 SchwbVWO um eine wesentliche, zwingende zur Vermeidung von Manipulationen eng auszulegende Vorschrift.
Fehler nicht heilbar
Der Verstoß gegen diese Vorschrift sei nicht geheilt worden, weil mindestens 9 Wahlberechtigte die 1. Umschläge verwendet hätten. Deren Stimme sei für ungültig erklärt worden, weil der Absender nicht festgestellt werden konnte. Der Fehler sei auch deshalb nicht heilbar gewesen, weil sich nicht feststellen lasse, ob nicht bereits bei Zugang der neuen Umschläge Wahlberechtigte ihre Stimme abgegeben und zurückgesandt hätten. Der Verfahrensverstoß sei geeignet, das Wahlergebnis zu beeinflussen. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Wahlergebnis anders ausgefallen wäre, wenn der Wahlvorstand von vornherein den Briefwahlunterlagen einen korrekten Freiumschlag beigefügt hätte.