"Wir sind gesund, aber nicht reich"
Sie war 2001 das erste anerkannte Inklusionsunternehmen in Baden-Württemberg: Die Avanti Pforzheim gGmbh der Lebenshilfe. Nun wird sie, als gGmbH, 20 Jahre alt – und ging dabei immer mit der Zeit. Über einen leisen Pionier.
Gestartet sind sie zunächst als Inklusionsabteilung der Lebenshilfe Pforzheim Enzkreis e.V. mit sechs neuen Arbeitsplätzen, fünf davon waren mit schwerbehinderten Menschen besetzt. Heute hat Avanti 18 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit und ohne Behinderungen. Das Leistungsangebot in den Geschäftsfeldern Montage und Verpackung wurde über die Jahre immer weiter ausgebaut und angepasst. Den Stand der Dinge fasst Oliver Keppler, Lebenshilfe-Vorstand und einer der beiden Geschäftsführer von Avanti so zusammen: „Wir sind gesund, aber nicht reich.“
Avanti bietet seinen Beschäftigten Jobs mit Anspruch: Die Montage beispielsweise von Platinen, Halterungen für Dunstabzugshauben oder von medizinischen Behältern erfordert Können. Die Geschäftspartner der Inklusionsfirma sitzen meist im Umkreis von Pforzheim. „Sie schätzen an uns hohe Qualität, eine starke Endkontrolle, kurze Wege und faire Preise“, fasst Keppler zusammen. Dazu kommen treue Mitarbeiter. Ein paar waren schon vor zwanzig Jahren dabei.
Ruhe und Konzentration
Die Montage von Avanti ist in einem Industriegebiet am Rande Pforzheims untergebracht. Eine lichtdurchflutete, großzügige Werkstatt. Kein Lärm. Keine Geruchsbelästigung. Konzentration. Sie ist direkt angegliedert an das 400 Quadratmeter große Lager. Denn Lagerfläche braucht das Unternehmen. „Das Material zur Ausführung der Kundenaufträge besorgen wir zu 85 Prozent selbst“, sagt Bianca Hutzel. Hutzel, die zweite Geschäftsführerin, holt dafür weltweit Angebote ein.
Allein von den medizinischen Behältern für die Laboranalyse gibt es mehr als 30 verschiedene Varianten. Große und kleine, runde und eckige Plastikbehälter, Schläuche in verschiedenen Farben, Deckel mit unterschiedlichen Durchlässen, Pegelschalter, Füllstandsmesser, und und und. „Die Behälter werden im Labor nur einmal benutzt und dann weggeworfen“, erklärt Bianca Hutzel. Aber reinigen wäre noch teurer – und zu unsicher.
Coronakrise – aber anders
Die Coronakrise traf Avanti mit Wucht, aber völlig anders als andere Unternehmen. „Wir haben nicht einen Tag zugemacht. Und wir hatten durch unser Hygienekonzept nicht einen einzigen Krankheitsfall“, betont Bianca Hutzel. Die Labore arbeiteten nicht mehr zehn Stunden am Tag, sondern 24 Stunden. Entsprechend schnellte der Bedarf am Medizinprodukten in die Höhe. Innerhalb kurzer Zeit verzehnfachten sich bei Avanti die Aufträge. Über einen längeren Zeitraum wurde dann auch samstags gearbeitet. Außerdem gelang es dem Unternehmen, drei neue Stellen zu besetzen. Trotzdem wurde es eng. Aber nicht zu eng. Gerade so.
Heute ist die Integrationsfirma wieder in ruhigerem Fahrwasser unterwegs. „Im Moment haben wir eine Größe erreicht, die händelbar ist“, sagt Oliver Keppler. Denn bei Integrationsunternehmen ist nicht der Gewinn das wichtigste Geschäftsziel. Es ist die berufliche Integration derer, die es auf dem Arbeitsmarkt nicht leicht haben. Hier können sie beweisen, was in ihnen steckt. So wird Avanti wohl auch in den nächsten zwanzig Jahren gesund, aber nicht reich sein. Aber wer sagt, dass sich Reichtum allein in Geld bemisst.
Text und Fotos: Monika Kleusch
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Zur Sache - Die Expertinnenmeinung
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Ein Merkmal für das Inklusionsunternehmen ist, dass die Arbeitsabläufe dem angepasst werden, was die Menschen leisten können. Dadurch entsteht ein sehr angenehmes Arbeitsumfeld, das die Mitarbeiter schätzen, was sich in langen Betriebszugehörigkeiten widerspiegelt.
Obwohl die Mitarbeiter bei Avanti Pforzheim teilweise körperliche und auch geistige Behinderungen haben, verrichten sie teils hochkomplexe Arbeiten in den Bereichen Medizintechnik, Montage und Verpackung. Unterstützt werden sie durch Anleiter beziehungsweise Abteilungsleiter.
Evelin Schweichart ist als Fachberaterin beim KVJS-Integrationsamt zuständig für die Avanti gGmbH Pforzheim.
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