Zuständigkeitsklärung

Das Verfahren der Zuständigkeitsklärung soll dafür sorgen, dass Anträge auf Leis­tun­gen für Teilhabe von Menschen mit Behinderungen auch bei Unklarheit über den zuständigen Rehabilitationsträger zeitnah entschieden werden.

Das SGB IX trifft einheitliche Verfahrensregeln für die Leistungen zur Rehabilitation und Teil­ha­be von Menschen mit Behinderung, die durch verschiedene Rehabilitationsträger er­bracht werden (§§ 12–24 SGB IX). Das Verfahren der Zuständigkeitsklärung (§§ 14–17 SGB IX) soll vermeiden, dass Unklarheiten über die Zuständigkeit eines Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­trä­gers zulasten der behinderten Menschen gehen. Zugleich soll das Ver­wal­tungs­ver­fah­ren im Rahmen der Rehabilitation deutlich verkürzt werden.

Fristen bei nur einem Rehabilitationsträger

Die Vorschrift des § 14 SGB IX enthält eine für Rehabilitationsträger abschließende Re­ge­lung über die Dauer des Verfahrens vom Antrag bis zur Entscheidung, soweit nur ein Rehabilitationsträger für die Leistung zuständig ist.

Regulärer Ablauf: Grundsätzlich hat der Rehabilitationsträger, bei dem Leistungen zur Teilhabe zuerst beantragt werden, die rechtlich möglichen Leistungen zu erbringen. Innerhalb von 2 Wochen stellt er fest, ob er für die beantragte Leistung zuständig ist. Wenn ja, stellt er den Bedarf fest und entscheidet über die erforderliche Hilfe,

  • wenn dies ohne Gutachten möglich ist, innerhalb von 3 Wochen nach Antragseingang;
  • wenn ein Gutachten erforderlich ist, macht er 3 Vorschläge für möglichst wohnortnahe und barrierefrei zugängliche Gutachter.
    Der Gutachter erstellt innerhalb von 2 Wochen das Gutachten, der Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­trä­ger trifft seine Entscheidung innerhalb von weiteren 2 Wochen nach Vorliegen des Gut­ach­tens.

Zuständigkeit nicht gegeben: Hält sich der zuerst angegangene Rehabilitationsträger für unzuständig, leitet er den Antrag unverzüglich weiter an den Träger, den er nach Prüfung für zuständig hält. Dieser Träger darf den Antrag nun nicht mehr weiterleiten, sondern muss eine Entscheidung über die beanspruchte Leistung treffen. Er trifft die Entscheidung auf allen nach dem Sozialgesetzbuch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen.

Fristen bei mehreren Rehabilitationsträgern

Soweit mehrere Rehabilitationsträger für die Leistung – jeweils teilweise – verantwortlich sind oder als Verantwortliche infrage kommen, regelt § 15 SGB IX zwei Fallkonstellationen:

Fall 1: Der leistende Rehabilitationsträger stellt fest, dass der Antrag auch Leistungen umfasst, für die ein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist. In Bezug auf diese anderen Leistungen leitet der leistende Träger den Antrag unverzüglich an den aus seiner Sicht zuständigen Träger weiter, ebenfalls mit der Wirkung, dass Letzterer den (Teil-)Antrag nicht weiterleiten darf und die Entscheidung auf allen nach dem Sozialgesetzbuch in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen trifft (§ 15 Absatz 1 SGB IX).

Fall 2: Der (zunächst allein zuständige) leistende Rehabilitationsträger hält für die umfassende Feststellung des Leistungsbedarfs entsprechende Feststellungen anderer Rehabilitationsträger für erforderlich. Soweit sich diese und der ursprünglich alleinige Rehabilitationsträger unter dessen Leitung im Rahmen eines Teilhabeplans entsprechend abstimmen und ihre jeweiligen Leistungen schriftlich zusammenstellen, erbringt nachfolgend jeder Rehabilitationsträger die Leistung im eigenen Namen, für die er Feststellungen getroffen hat. Erfolgt keine ent­spre­chen­de Abstimmung zwischen den beteiligten Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­trä­gern, erbringt der leistende Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­trä­ger die Leistung insgesamt in eigenem Namen (§ 15 Absatz 2 und 3, § 19 SGB IX).

Kostenerstattung

Für den Fall der nachträglichen Feststellung der Unzuständigkeit eines Rehabilitationsträgers wird in § 16 SGB IX die Kostenerstattung geregelt.

Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Fristen

Wenn der zuständige Rehabilitationsträger innerhalb einer Frist von 2 Monaten ab An­trags­ein­gang nicht rechtzeitig leistet und zudem dem Leistungsberechtigten vor Ablauf der Frist die Gründe hierfür nicht mitteilt, kann dieser sich die erforderlichen Leistungen selbst be­schaf­fen (§ 18 SGB IX). Dafür müssen die Leistungsvoraussetzungen und Mit­wir­kungs­pflich­ten vom Leistungsberechtigten erfüllt sein. Erfolgt keine begründete Mitteilung, gilt die beantragte Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Da der zuständige Träger allerdings nur verpflichtet ist, die erforderliche Leistung unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu erstatten, bleibt mit der Selbstbeschaffung für den Leistungsberechtigten ein gewisses Risiko verbunden.

Für die Träger der Eingliederungshilfe (§§ 90 und folgende SGB IX), der Jugendhilfe und der Kriegsopferfürsorge gilt die Erstattungspflicht nur, wenn sie als Rehabilitationsträger eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen können oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt haben.

Zur Beurteilung der Auswirkungen, insbesondere der Neuregelung der Eingliederungshilfe, werden Erhebungen über die Leistungsberechtigten und die Ausgaben und Einnahmen der Träger der Eingliederungshilfe als Bundesstatistik geführt (§ 143 SGB IX).

Besonderheiten für das Integrationsamt

Das Integrationsamt ist kein Rehabilitationsträger. Deshalb regelt § 185 Absatz 6 SGB IX die sinngemäße Anwendung der Vorschrift über die Zuständigkeitsklärung durch das In­te­gra­ti­ons­amt. Danach können Rehabilitationsträger Anträge nur gemäß § 16 Absatz 2 SGB I an das In­te­gra­ti­onsamt weiterleiten. Die Vorschrift hält dem Integrationsamt die Möglichkeit offen, den Antrag an den zuständigen Rehabilitationsträger weiterzuleiten. Dies kann auch die Rückgabe an den abgebenden Träger bedeuten. Hält sich das Integrationsamt für zuständig, gilt das durch § 14, § 15 Absatz 1, §§ 16–17 SGB IX vorgegebene Verfahren (siehe oben).

Geht ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach dem Schwer­be­hin­der­ten­recht (Teil 3 SGB IX) unmittelbar beim Integrationsamt ein, gelten die vor­ge­nann­ten Regelungen zur Zuständigkeit und Leistungsverantwortung der Re­ha­bi­li­ta­ti­ons­trä­ger sinngemäß und ohne Besonderheiten, das heißt, das Integrationsamt verfährt wie unter 1. beschrieben, wenn es sich für zuständig hält. Andernfalls leitet es den Antrag unverzüglich an den zuständigen Rehabilitationsträgerweiter (vergleiche 2.). Das Kos­ten­er­stat­tungs­ver­fah­ren nach § 16 SGB IX gilt in beiden Fällen entsprechend.

Die Vorschrift des § 18 SGB IX über die Erstattung selbst beschaffter Leistungen fin­det auf das Integrationsamt keine Anwendung.

Verwaltungsabsprache

Welcher Träger im Zweifelsfall zuständig ist, haben die Rehabilitationsträger und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) in einer Verwaltungsabsprache geregelt.

Stand: 30.09.2022

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