Sozialraum

In einem Sozialraum begegnen sich Menschen unter Berücksichtigung ihres sozialen Umfelds und der lokalen Besonderheiten. Insbesondere für die Eingliederungshilfe und soziale Teilhabe sind Leistungsanbieter gefordert, flächen- und bedarfsdeckende, am Sozialraum orientierte Angebote zu entwickeln.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Fachdiskussion zur Umsetzung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen gewinnt die Ent­wick­lung von inklusiven Sozialräumen und inklusivem Gemeinwesen (Inklusion), also die bar­ri­e­re­freie Gestaltung von Orten und Situationen, an zentraler Bedeutung.

Definition Sozialraum

Je nach Anwendungsfeld werden unterschiedliche Definitionen von Sozialraum genutzt. Die Bezeichnung Sozialraum setzt sich aus den Begriffen „Sozial“ und „Raum“ zusammen. Der Sozialraum zielt somit auf Wechselwirkungen von räumlich-geografischen und sozial-gesellschaftlichen Aspekten von Orten. In Sozialräumen begegnen sich Menschen und wirken unter Berücksichtigung des sozialen Umfeldes und der lokalen wie (infra-)strukturellen Besonderheiten zusammen.

Fachkonzept Sozialraumorientierung

In der sozialen Arbeit wird das Fachkonzept Sozialraumorientierung angewandt. Im Mittelpunkt sozialräumlichen Denkens und Handelns steht der Wille des leis­tungs­be­rech­tig­ten Menschen. Der individuelle Sozialraum des Einzelnen ist dabei de­fi­niert durch Bezugspunkte, Personen und Orte, die für die Person relevant sind. In der politisch-administrativen Planung werden Sozialräume definiert als geografische Räume, die sich durch spezifische Wechselwirkungen zwischen sozialen und materiellen Verhältnissen und Strukturen auszeichnen. Die Handlungsnotwendigkeiten für die Planung, Gestaltung und Bereitstellung von Unterstützungsleistungen für Menschen mit Behinderungen und die Entwicklung inklusiver Gemeinwesen werden aus den gesammelten individuellen Bedarfen und Zugangsbarrieren vor Ort abgeleitet.

Sozialraum im SGB IX

Für die Eingliederungshilfe wird in verschiedenen Paragrafen eine Orientierung an So­zi­al­räu­men vorgegeben. So ist in § 94 Absatz 3 SGB IX festgelegt, dass die Länder auf flä­chen­de­cken­de, be­darfs­de­cken­de, am Sozialraum orientierte und inklusiv ausgerichtete Angebote von Leistungsanbietern hinzuwirken haben. Zudem sollen gemäß § 97 Absatz 2 SGB IX die Fachkräfte der Träger der Eingliederungshilfe umfassende Kenntnisse über den regionalen Sozialraum haben und wissen, welche Möglichkeiten zur Durchführung von Leis­tun­gen der Eingliederungshilfe bestehen. Der Sozialraum ist per Gesetz bei der Be­stim­mung von Leis­tun­gen der Eingliederungshilfe für jeden Einzelfall gezielt zu be­rück­sich­ti­gen (§ 104 Absatz 1 SGB IX). In der Beratung sollen Hinweise auf Leis­tungs­an­bie­ter und andere Hilfsmöglichkeiten im Sozialraum sowie Hinweise auf andere Beratungsangebote im Sozialraum gegeben werden (§ 106 Absatz 2 Nummer 5 SGB IX). Auch beim Gesamtplanverfahren ist das Kriterium Sozialraumorientierung zu berücksichtigen (§ 117 Absatz 1 Nummer 3 SGB IX). Die Bedeutung des Sozialraums wird speziell bei Leis­tun­gen zur sozialen Teilhabe noch einmal besonders hervorgehoben. Nach § 76 Absatz 1 SGB IX und § 113 Absatz 1 SGB IX sollen Leistungsberechtigte zu einer möglichst selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Lebensführung in ihrem Sozialraum befähigt werden.

Inklusive Sozialräume

Die Entwicklung inklusiver Sozialräume ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Alle Ak­teu­re vor Ort – öffentliche wie private – sind aufgefordert, sich daran zu beteiligen. Die Federführung der Planung und Gestaltung von Sozialräumen liegt bei den Kommunen. Ihnen unterliegt auch grundsätzlich die Definition der jeweiligen Sozial(planungs-)räume. Zur Bewältigung der oben skizzierten Herausforderungen muss der Blick nicht nur auf das Gesamtgebiet einer Körperschaft als Sozialraum gelenkt werden, sondern auch auf klein­räu­mi­ge Gebiete und Planungseinheiten.

Stand: 30.09.2022

Zum Fachlexikon