Sozialgesetzbuch (SGB)

Das Sozialgesetzbuch (SGB) fasst das Sozialrecht in einem einheitlichen Ge­set­zes­werk aus dreizehn eigenständigen Büchern überschaubar zusammen. Das SGB IX beispielsweise enthält die Gesetze zur Rehabilitation und Teilhabe von Men­schen mit Behinderung, das SGB XIV befasst sich mit dem Sozialen Entschädigungsrecht.

Im Sozialgesetzbuch ist das früher in vielen Gesetzen verstreut geregelte Sozialrecht in einem einheitlichen Gesetzeswerk zusammengefasst und überschaubar gemacht worden. Folgende eigenständige Bücher des Sozialgesetzbuches sind in Kraft:

SGB I (Allgemeiner Teil)

Das Sozialgesetzbuch I enthält unter anderem Vorschriften über Auskunfts- und Be­ra­tungs­pflich­ten der Leistungsträger gegenüber Ratsuchenden. Es zählt stichwortartig die wich­tigs­ten in den einzelnen Gesetzen geregelten Sozialleistungen auf, begründet allerdings selbst keine finanziellen Leistungsansprüche. Mit der Teilhabe von Menschen mit Be­hin­de­rung befasst sich § 10 SGB I. Danach haben Menschen mit körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung oder Menschen, die von einer solchen Behinderung bedroht sind, zur Förderung ihrer Selbstbestimmung und gleichberechtigten Teilhabe ein Recht auf bestimmte erforderliche Hilfen. Dabei geht es um verschiedene Ziele, unter anderem darum,

  • eine Behinderung abzuwenden oder ihre Folgen abzumildern,
  • Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden,
  • Menschen mit Behinderung einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern,
  • ihnen eine selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu ermöglichen,
  • Benachteiligungen aufgrund der Behinderung entgegenzuwirken.

In einer Übersicht zählt § 29 SGB I die zur Erreichung dieser Ziele vorgesehenen Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderung auf. Es sind die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben, zur sozialen Teilhabe sowie unterhaltssichernde und andere ergänzende Leistungen.

SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende)

Mit dem Zweiten Buch hat der Gesetzgeber das bisherige Nebeneinander der Für­sor­ge­sys­te­me von Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe beendet und mit dem Bürger­geld eine einheitliche Sozialleistung für erwerbsfähige Hilfe­bedürftige geschaffen. Im Sozialgesetzbuch II geht es um eine Grundsicherung, verbunden mit einer in­ten­si­ven Unterstützung der Leistungsberechtigten bei ihrer Eingliederung in Arbeit (§§ 1, 3, 4 sowie 16 und folgende SGB II). Das So­zi­al­ge­setz­buch II fordert dabei von den Leis­tungs­be­rech­tig­ten ausdrücklich, dass diese alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Ver­rin­ge­rung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen. Sie müssen aktiv an ihrer Eingliederung in Arbeit mitwirken (§ 2 SGB II). Maßgebliches Un­ter­schei­dungs­kri­te­ri­um zwischen der Grund­si­che­rung nach dem SGB II und der Sozialhilfe nach dem SGB XII ist, ob die Be­tref­fenden erwerbsfähig sind (§ 7 SGB II).

Träger der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II sind die Bundesagentur für Arbeit sowie die kreisfreien Städte und Kreise. Letztere sind gemäß § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 und § 16a SGB II zuständig für Leistungen für Unterkunft und Heizung, Kin­der­be­treu­ungs­leis­tun­gen, Leistungen für Bildung und Teilhabe am sozialen und kul­tu­rel­len Leben für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (§§ 28, 29 SGB II), Schuldner- und Suchtberatung, Leistungen für besonderen einmaligen Bedarf sowie die psychosoziale Betreuung der Arbeitsuchenden. Die Agentur für Arbeit ist für alle übrigen Leis­tun­gen der Grundsicherung zuständig. Dies sind insbesondere Leistungen zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt sowie Leistungen zur Sicherstellung des Lebensunterhalts mit Ausnahme der Wohn- und Heizkosten (§ 6 SGB II).

Zur einheitlichen Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die beiden oben genannten Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers eine gemeinsame Einrichtung (§ 44b SGB II).

Kommunale Träger, die die gesamten Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch II, das heißt ohne Beteiligung der Agentur für Arbeit, wahrnehmen wollen, können vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Soziales dafür auf Antrag zugelassen werden (zu­ge­las­se­ne kommunale Träger oder Optionskommunen, § 6a SGB II).

Die gemeinsamen Einrichtungen und die zugelassenen kommunalen Träger führen die Be­zeich­nung Jobcenter (§ 6d SGB II).

SGB III (Arbeitsförderung)

Inhalt des Sozialgesetzbuches III sind die Aufgaben der Bundesagentur für Arbeit im Bereich der Arbeitsförderung. Es beinhaltet vor allem die leistungsrechtlichen Grundlagen für die För­de­rung der Arbeitsvermittlung, der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und die Ent­gelt­er­satz­leis­tun­gen, insbesondere das Arbeitslosengeld I (Arbeitslosenversicherung). Auch die Förderung der beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderung ist Teil des Sozialgesetzbuches III (§§ 19, 112 und folgende SGB III).

SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung)

Das Sozialgesetzbuch IV enthält gemeinsame Vorschriften für die gesetzliche So­zi­al­ver­si­che­rung (Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie Pflegeversicherung), zum Beispiel über die versicherten Personen, die Beiträge und die Selbstverwaltung der Träger.

SGB V (Gesetzliche Krankenversicherung)

Im Sozialgesetzbuch V sind die rechtlichen Grundlagen der gesetzlichen Kran­ken­ver­si­che­rung geregelt. Aufgabe der Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Ver­si­cher­ten zu erhalten, wie­der­her­zu­stel­len oder ihren Gesundheitszustand zu ver­bes­sern. Dazu sieht das So­zi­al­ge­setz­buch V Leistungen zur Verhütung von Krankheiten, zu ihrer Früherkennung sowie zu ihrer Be­hand­lung vor. Ziel der Krankenversicherung ist es unter anderem, durch Prävention den Eintritt dauerhafter Behinderungen zu vermeiden. Daher haben Ver­si­cher­te auch Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie auf un­ter­halts­si­chern­de und andere ergänzende Leistungen, die erforderlich sind, um eine Behinderung oder Pfle­ge­be­dürf­tig­keit abzuwenden, zu beseitigen, zu mindern, eine Verschlimmerung zu verhüten oder ihre Folgen abzumildern (§ 11 Absatz 2 SGB V).

SGB VI (Gesetzliche Rentenversicherung)

Das Sozialgesetzbuch VI enthält die Regelung der Rentenversicherung. Nach dem Grund­satz „Prävention und Rehabilitation vor Rente“ stellt die Rentenversicherung den Ver­si­cher­ten um­fang­rei­che Leistungen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation zur Verfügung. Ferner regelt das SGB VI das Recht der Erwerbsminderungsrenten sowie der Renten wegen Alters einschließlich der Altersrente für Menschen mit Schwerbehinderung (§ 37 SGB VI).

SGB VII (Gesetzliche Unfallversicherung)

Im Sozialgesetzbuch VII finden sich die Regelungen zur gesetzlichen Unfallversicherung, hinter der die Berufsgenossenschaften (BG) stehen. Sie befasst sich mit der Verhütung und den Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten, sogenannten Versicherungsfällen. Geregelt sind im SGB VII die medizinische und berufliche Rehabilitation nach Arbeitsunfällen und bei Berufskrankheiten sowie die Rentenleistungen bei verminderter Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalles.

SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe)

Das Sozialgesetzbuch VIII enthält unter anderem Regelungen zu den Leistungen der Ju­gend­hil­fe wie zum Beispiel Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit, erzieherischer Kinder- und Jugendschutz sowie Förderung der Erziehung in der Familie. Dazu gehören auch Ansprüche auf Ein­glie­de­rungs­hil­fe für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen (§ 35a SGB VIII), Maßnahmen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen (zum Beispiel deren In­ob­hut­nah­me) und die Bestimmungen über Pflegschaft und Vormundschaft für Kinder und Jugendliche.

SGB IX (Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen)

Das SGB IX (siehe Medien und Arbeitshilfen) umfasst alle gesetzlichen Regelungen zur Re­ha­bi­li­ta­ti­on und Teilhabe von Menschen mit Behinderung. Als sozialpolitisches Ziel aller Teil­ha­be­leis­tun­gen nennt § 1 des SGB IX die Selbstbestimmung von Menschen mit Be­hin­de­rung und ihre volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft. Das SGB IX definiert in § 2 die Begriffe Behinderung, Schwerbehinderung und Gleichstellung. Es beschreibt, was die verschiedenen Leistungen zur Teilhabe konkret bewirken sollen, welche Leistungsinhalte sie haben und wer der dafür zuständige Träger ist. Das Sozialgesetzbuch IX enthält außerdem Bestimmungen zur Zusammenarbeit der ver­schie­de­nen Leistungsträger untereinander sowie mit den Leistungserbringern und regelt die hierzu erforderlichen Verfahrensweisen.

Mit der Reform des „Bundesteilhabegesetzes“ wurden mit Inkrafttreten zum 1.1.2017 die Leistungen der Eingliederungshilfe aus der Sozialhilfe (SGB XII) in das SGB IX überführt. Sie bilden seitdem den zweiten Teil dieses Sozialgesetzbuches. Die Leistungen der Ein­glie­de­rungs­hil­fe umfassen medizinische Rehabilitation, Teilhabe am Arbeitsleben, unter anderem Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM), Teilhabe an Bildung und soziale Teil­ha­be. Nach § 99 SGB IX erhalten Menschen mit einer „wesentlichen Behinderung“ Leistungen der Eingliederungshilfe.

Das Schwerbehindertenrecht ist als Teil 3 in das Sozialgesetzbuch IX integriert. Das Schwer­be­hin­der­ten­recht umfasst die „Besonderen Regelungen zur Teilhabe ‚schwer­be­hin­der­ter Men­schen‘ am Arbeitsleben“ und die Inanspruchnahme von (beruflichen) Nachteilsausgleichen. Hier sind vor allen Dingen auch die Aufgaben der Integrationsämter (§ 185 SGB IX) und die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Schwerbehindertenvertretungen (SGB IX, 3. Teil Kapitel 5 SGB IX) sowie Inklusionsbeauftragten der Arbeitgeber (§ 181 SGB IX) geregelt.

SGB X (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz)

Gegenstand des Sozialgesetzbuches X sind vor allem umfassende, für alle So­zi­al­leis­tungs­trä­ger geltende Regelungen des Verwaltungsverfahrens. Es stärkt die ver­fah­rens­recht­li­che Position der Bürger (zum Beispiel durch den Anspruch auf rechtliches Gehör und Akteneinsicht), begründet aber auch ihre Mitwirkungspflichten gegenüber dem Sozialleistungsträger. Wichtig für die Emp­fän­ger von Sozialleistungen ist auch der umfassende, strenge Datenschutz, den das Sozialgesetzbuch X in den § 67 und folgende gewährleistet.

SGB XI (Soziale Pflegeversicherung)

Das Sozialgesetzbuch XI enthält als eigenständigen Zweig der Sozialversicherung die Pfle­ge­ver­si­che­rung zur Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit. Das SGB XI bestimmt dabei die Grundsätze, nach denen pflegebedürftige Menschen Hilfe erhalten, die wegen der Schwere der Pflegebedürftigkeit auf solidarische Unterstützung angewiesen sind. Danach hat zum Beispiel die häusliche Pflege Vorrang vor der Pflege in stationären Einrichtungen. Betont wird auch der Vorrang von Prävention und medizinischer Rehabilitation, um den Eintritt von Pflegebedürftigkeit zu vermeiden (§ 5 SGB XI). Außerdem enthält das SGB XI einen Anspruch auf sogenannte Pflegeberatung (§ 7a).

SGB XII (Eingliederungshilfe)

Das SGB XII beinhaltet die Regelungen der Sozialhilfe. Es löste in 2005 das Bun­des­so­zi­al­hil­fe­ge­setz (BSHG) ab.

Aufgabe der Sozialhilfe ist es, grundsätzlich allen, die sich in der Bundesrepublik Deutsch­land aufhalten und sich nicht selbst helfen können beziehungsweise die er­for­der­li­chen Hilfen nicht von anderen erhalten, aus öffentlichen Mitteln die erforderlichen Hilfen zu gewähren. Für ausländische Staatsangehörige gilt dies unter Beachtung spezieller Regelungen. Unter sehr restriktiven Voraussetzungen kann in ganz besonderen Fällen auch Sozialhilfe für Deutsche im Ausland gewährt werden.

Nach § 1 SGB XII ist es Aufgabe der Sozialhilfe, den Leis­tungs­be­rech­tig­ten eine Le­bens­füh­rung zu ermöglichen, die der Würde des Menschen entspricht. Die Leistung soll sie so weit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr zu leben. Sozialhilfe erhält nicht, wer sich vor allem durch Einsatz seiner Arbeitskraft, seines Einkommens und seines Vermögens selbst helfen kann oder wer die erforderliche Leistung von anderen erhält, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen (§ 2 Absatz 1 SGB XII).

Bis zum Jahr 2017 war auch die Eingliederungshilfe für Menschen mit einer wesentlichen Be­hin­de­rung Aufgabe der Sozialhilfe. Im Zuge der Verabschiedung des Bun­des­teil­ha­be­ge­set­zes wurde sie jedoch aus dem System der Sozialhilfe in das SGB IX überführt.

SGB XIV (Soziales Entschädigungsrecht)

Die Bundesrepublik lässt Menschen, die unverschuldet einen Gesundheitsschaden erlitten haben, nicht allein. Voraussetzung für die sogenannte Soziale Entschädigung ist, dass die staatliche Gemeinschaft eine besondere Verantwortung für das schädigende Ereignis trägt. Das kann zum Beispiel bei Terroranschlägen, Gewaltanwendung oder Impfkomplikationen der Fall sein.
Die gesetzlichen Regelungen dazu wurden erweitert und im neuen Sozialgesetzbuch XIV zusammengefasst, das am 1. Januar 2024 in Kraft trat.

Eine Neuerung ist, dass nicht nur Opfer physischer, sondern auch psychischer Gewalt und von Sexualstraftaten Leistungen des Sozialen Entschädigungsrechts erhalten können.

Um unabhängig vom meist länger dauernden Antragsverfahren unterstützen zu können, wurden außerdem Schnelle Hilfen eingeführt. Dazu zählt zum einen die Soforthilfe in einer Traumaambulanz. Zum anderen werden Berechtigte bei der Antragstellung für Leistungen der Sozialen Entschädigung und im weiteren Verwaltungsverfahren auf Wunsch durch ein Fallmanagement unterstützt.

Weitere Informationen zum Sozialen Entschädigungsrecht bietet die BIH unter:
 

bih.de/ser

Medien und Arbeitshilfen

Cover der ZB Info zum Thema Das neue SGB IX.
Downloads und Arbeitshilfen

Schwerbehindertenrecht (SGB IX)

Neben dem SGB IX fasst die Broschüre ZB Recht „Sozialgesetzbuch IX” in einem kompakten Dokument verschiedene Gesetze zusammen, die für die berufliche Teilhabe und Rehabilitation von Menschen mit Behinderung relevant sind.

Stand: 30.09.2022

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