- Inhalte
- Einkommen- und Lohnsteuer
- Umfang der Pauschbeträge
- Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen
- Höhe des Behinderten-Pauschbetrages ab dem Jahr 2021
- Fahrtkosten
- Versicherung von Elektrorollstühlen
- Kfz-Gebühren
- Parken
- Wohngeld
- Sozialer Wohnungsbau
- Rundfunk- und Fernsehgebühren
- Telefonkosten
- Prüfungsmodifikationen
- Medien und Arbeitshilfen
- Nachteilsausgleiche
Nachteilsausgleiche
Für Menschen mit Schwerbehinderungen gibt es nach verschiedenen Gesetzen und Verordnungen eine Reihe an Nachteilsausgleichen, etwa Steuererleichterungen oder besondere Parkausweise. Diese Leistungen dienen dazu, die aufgrund der Behinderung bestehenden Einschränkungen und Mehrkosten abzufedern.
Das SGB IX sowie eine Vielzahl von Vorschriften in anderen Gesetzen, Verordnungen, Erlassen, Satzungen, Tarifen und so weiter bieten behinderten Menschen als Nachteilsausgleiche eine Reihe von Rechten und Hilfen.
Nachteilsausgleiche können überwiegend nur genutzt werden, wenn eine Schwerbehinderung und weitere Voraussetzungen durch einen Schwerbehindertenausweis nachgewiesen werden können. Nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel wenn offensichtlich eine Schwerbehinderung vorliegt, können Rechte auch ohne formellen Nachweis durchgesetzt werden.
Die folgende Darstellung beschränkt sich hier auf einen Überblick über die wichtigsten Nachteilsausgleiche.
Einkommen- und Lohnsteuer
Menschen mit Behinderung und insbesondere Schwerbehinderung wird bei der Einkommen- und Lohnsteuer ein pauschaler Freibetrag wegen der Behinderung eingeräumt. Dieser pauschale Freibetrag muss beim Finanzamt beantragt werden. Er wird dann in der elektronischen Lohnsteuerkarte eingetragen.
Umfang der Pauschbeträge
Durch das Gesetz zur Erhöhung der Behinderten-Pauschbeträge und zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen vom 9.12.2020 erfolgte eine wesentliche Vereinfachung der Geltendmachung von behinderungsbedingten Mehraufwendungen ab dem Jahr 2021.
Der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b Absatz 1 EstG dient der Vereinfachung im steuerlichen Massenverfahren. Der Pauschbetrag umfasst die Aufwendungen für die sogenannten Verrichtungen des täglichen Lebens, zum Beispiel
- Aufwendungen für die Körperpflege,
- Hygieneartikel oder
- Pflegeleistungen.
Für diese Aufwendungen kann anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 EstG der Behinderten-Pauschbetrag geltend gemacht werden. Das Sammeln und Vorhalten von Einzelbelegen ist dann nicht erforderlich. Der Pauschbetrag kommt unabhängig von der Höhe der tatsächlich entstandenen Aufwendungen zum Ansatz. Durch diesen Nachweisverzicht entfällt für Menschen mit Behinderungen Aufwand bei der Erstellung ihrer Einkommensteuererklärung sowie für das zuständige Finanzamt Aufwand bei der späteren Bearbeitung der Einkommensteuererklärung. Lediglich der Nachweis der Behinderung wird für den Behinderten-Pauschbetrag benötigt.
Berücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen
Für alle übrigen behinderungsbedingten Aufwendungen, die nicht vom Wahlrecht zum Behinderten-Pauschbetrag umfasst sind, gilt die allgemeine Vorschrift zur Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen nach § 33 EStG. Diese Aufwendungen führen zu einer Ermäßigung der Einkommensteuer, soweit die Aufwendungen für die außergewöhnlichen Belastungen insgesamt die Höhe der zumutbaren Belastung (§ 33 Absatz 3 Satz 1 EStG) übersteigen.
Neben dem Pauschbetrag können zum Beispiel angesetzt werden:
- Außerordentliche Krankheitskosten, die durch einen akuten Anlass verursacht werden, zum Beispiel Kosten einer Operation, einer Heilbehandlung, Arznei- und Arztkosten,
- Ausgaben für eine Heilkur, die aufgrund eines vor Kurantritt ausgestellten amtsärztlichen Attestes durchgeführt wird (die ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung steht dem amtsärztlichen Attest gleich),
- behinderungsbedingte Umrüstungskosten für ein Auto,
- behinderungsbedingte Umbaukosten der Wohnung.
Höhe des Behinderten-Pauschbetrages ab dem Jahr 2021
Grad der Behinderung von mindestens | Höhe des Pauschbetrages pro Jahr |
---|---|
20 | 384 Euro |
30 | 620 Euro |
40 | 860 Euro |
50 | 1.140 Euro |
60 | 1.440 Euro |
70 | 1.780 Euro |
80 | 2.120 Euro |
90 | 2.460 Euro |
100 | 2.840 Euro |
100 und Merkzeichen „Bl“ (Blindheit), „TBl“ (Taubblindheit) oder „H“ (Hilflosigkeit) | 7.400 Euro |
Quelle: Bundesministerium der Finanzen
Fahrtkosten
Für die Berücksichtigung behinderungsbedingter Fahrkosten wurde ebenfalls eine neue, nach Grad der Behinderung gestaffelte Pauschale eingeführt. Die aktuellen Sätze sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
Anspruchsvoraussetzungen und Höhe der behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale
Grad der Behinderung von mindestens | Merkzeichen | Höhe der behinderungsbedingten Fahrtkostenpauschale |
---|---|---|
70 | „G“ (erhebliche Gehbehinderung) | 900 Euro |
80 | — | 900 Euro |
— | „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung) „Bl“ (Blindheit) „TBl“ (Taubblindheit) „H“ (Hilflosigkeit) | 4.500 Euro |
Quelle: Bundesministerium der Finanzen
Die Pauschale hat abgeltende Wirkung, das heißt anstelle oder zusätzlich zu der Pauschale sind keine weiteren behinderungsbedingten Fahrtkosten als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig.
Die neue Pauschale können alle Steuerpflichtigen mit Behinderungen beantragen, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Sollten die Anspruchsvoraussetzungen für beide Pauschalbeträge erfüllt sein, wird die höhere Pauschale gewährt.
Die behinderungsbedingten Fahrtkosten sind Teil der allgemeinen außergewöhnlichen Belastungen. Von der Gesamtsumme der außergewöhnlichen Belastungen, wozu auch die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale hinzugerechnet wird, wird bei der Berechnung der Einkommensteuer noch die Minderung um die zumutbare Belastung vorgenommen.
Auskünfte über diese und weitere steuerliche Fragen (zum Beispiel Grundsteuer, Erbschafts- und Schenkungssteuer, Umsatz- und Vermögenssteuer) sowie über gegebenenfalls weitere Einzelfallregelungen, alternative und weitere Anrechnungsmöglichkeiten gibt das zuständige Finanzamt. Dort ist auch die aktuelle Höhe der verschiedenen Freibeträge zu erfahren.
Versicherung von Elektrorollstühlen
Rollstühle mit einer Geschwindigkeit bis circa 6 Kilometer pro Stunde können bei einigen Versicherern prämienfrei in die Privathaftpflichtversicherung eingeschlossen werden.
Kfz-Gebühren
Entstehen beim Technischen Überwachungsverein (TÜV) oder der Straßenverkehrsbehörde behinderungsbedingte zusätzliche Gebühren, wie zum Beispiel
- Eignungsgutachten,
- Eintragung besonderer Bedienungseinrichtungen oder
- Auflagen im Führerschein,
für die kein anderer Kostenträger aufkommt, so kann die für die Erhebung der Gebühren zuständige Stelle Gebührenermäßigung oder Gebührenbefreiung gewähren. Für Gebühren, die auch ohne die Behinderung zu entrichten wären, etwa für die regelmäßige Überprüfung des Fahrzeuges, ist keine Befreiung oder Ermäßigung möglich.
Parken
Außergewöhnlich gehbehinderte Menschen (Ausweismerkzeichen aG), blinde Menschen (Ausweismerkzeichen Bl) und Contergan-Geschädigte (beidseitige Amelie oder Phokomelie) oder Menschen mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen können vom Straßenverkehrsamt den blauen europäischen Parkausweis erhalten.
Außerdem können folgende Personen Parkerleichterungen durch Ausnahmegenehmigung bei der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde beantragen:
- schwerbehinderte Menschen mit den Merkzeichen G und B und einem GdB von wenigstens 70 allein für Funktionsstörungen an den unteren Gliedmaßen (und der Lendenwirbelsäule, soweit sich diese auf das Gehvermögen auswirken) und gleichzeitig einem GdB von wenigstens 50 für Funktionsstörungen des Herzens oder der Atmungsorgane (Rn 134),
- schwerbehinderte Menschen, die an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa erkrankt sind, wenn hierfür ein GdB von wenigstens 60 vorliegt (Rn 135),
- schwerbehinderte Menschen mit künstlichem Darmausgang und zugleich künstlicher Harnleitung, wenn hierfür ein GdB von wenigstens 70 vorliegt (Rn 136),
- eine Ausnahmegenehmigung kann auch denjenigen schwerbehinderten Menschen erteilt werden, die nach versorgungsärztlicher Feststellung dem Personenkreis nach den Randnummern 134 bis 136 gleichzustellen sind (Rn 137).
Ihnen wird dann für 5 Jahre ein bundeseinheitlicher orangefarbener Parkausweis ausgestellt, der stets widerrufen werden kann. Dieser Ausweis gilt, anders als der europaweit gültige Ausweis, lediglich für das Bundesgebiet.
Der orangefarbene Ausweis berechtigt nicht zur Nutzung von ausgewiesenen Behindertenparkplätzen. Dies ist bundesweit weiterhin nur mit dem blauen Parkausweis gestattet.
Dieser blaue europäische Parkausweis für Behindertenparkplätze ist zusätzlich bei der örtlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde zu beantragen. Er wird in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) anerkannt und ist mit einem Lichtbild zu versehen. Damit können Parkerleichterungen genutzt werden, die im jeweiligen Mitgliedsstaat eingeräumt werden. Der Ausweisinhaber erhält eine von der Europäischen Union herausgegebene Broschüre, die die Nutzungsmöglichkeiten in den einzelnen Ländern beschreibt.
Mit diesem blauen Parkausweis hinter der Windschutzscheibe darf man zum einen im eingeschränkten Halteverbot und auf für Anwohner reservierten Parkplätzen bis zu 3 Stunden parken (Parkscheibe erforderlich).
Weiter darf mit dem blauen Parkausweis im Zonenhalteverbot und auf gekennzeichneten öffentlichen Parkflächen die zugelassene Parkdauer überschritten und in Fußgängerzonen während der Ladezeiten geparkt werden.
Inhaber dürfen sowohl an Parkuhren und bei Parkscheinautomaten ohne Gebühr und zeitliche Begrenzung parken, ferner auf reservierten Parkplätzen, die durch ein Schild mit dem Rollstuhlfahrersymbol gekennzeichnet sind.
Zudem darf in verkehrsberuhigten Bereichen außerhalb der gekennzeichneten Flächen geparkt werden, wenn der Durchgangsverkehr dadurch nicht behindert wird.
Das Straßenverkehrsamt kann für einzelne Menschen mit Schwerbehinderung mit außergewöhnlicher Gehbehinderung (Ausweismerkzeichen aG) und blinde Menschen (Ausweismerkzeichen Bl) einen einzelnen Parkplatz, zum Beispiel vor der Wohnung oder in der Nähe der Arbeitsstätte, reservieren.
Für andere körperbehinderte Menschen (zum Beispiel ohne Hände) gibt es zusätzliche Erleichterungen, über die die Straßenverkehrsbehörden informieren.
Den Ausweis können auch schwerbehinderte Menschen, die selbst nicht fahren können, mit Merkzeichen aG und blinde Menschen mit Merkzeichen Bl erhalten. In diesen Fällen ist den behinderten Menschen eine Ausnahmegenehmigung auszustellen, die besagt, dass der sie jeweils befördernde Kraftfahrzeugführer von den entsprechenden Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit ist.
Handelt es sich jedoch um eine Besorgungsfahrt, bei der der Ausweisinhaber nicht anwesend ist, darf weder ein Behindertenparkplatz genutzt noch die Sonderregelungen angewandt werden. Wird dennoch von diesen Gebrauch gemacht oder auf einem gekennzeichneten Behindertenparkplatz geparkt und ein Behindertenparkausweis ausgelegt, handelt es sich um Missbrauch von Ausweispapieren. Dies ist strafbar und kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Wohngeld
Hier gelten für schwerbehinderte Menschen (Grad der Behinderung 100 oder unter bestimmten Umständen auch mit einem geringeren Grad, wenn häusliche Pflegebedürftigkeit besteht) Sonderregelungen. Auskünfte erteilen die Wohngeldstellen der Gemeinden.
Sozialer Wohnungsbau
Zu Sonderregelungen für schwerbehinderte Menschen im sozialen Wohnungsbau informieren die Ämter für Wohnungswesen der Kreis- und Stadtverwaltungen. In diesem Bereich sind bei den Gerichtskosten und Notariatsgebühren Nachlässe möglich.
Rundfunk- und Fernsehgebühren
Mit dem Schwerbehindertenausweis (Ausweismerkzeichen RF) können schwerbehinderte Menschen bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) eine Ermäßigung von der Rundfunk- und Fernsehgebührenpflicht beantragen. Taubblinde Menschen mit dem Ausweismerkzeichen TBl sind von der Rundfunkbeitragspflicht befreit.
Telefonkosten
Blinde, gehörlose, sprachbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 90 und schwerbehinderte Menschen mit Ausweismerkzeichen RF im Schwerbehindertenausweis können bei der Deutschen Telekom Telefonanschlüsse zu einem reduzierten Grundpreis (Sozialanschlüsse) beantragen. Im Handel sind zahlreiche Spezialtelefone und Zusatzgeräte für Menschen mit Behinderung erhältlich.
Prüfungsmodifikationen
Nach Empfehlung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) sind von den Kammern bei der Durchführung von Abschluss- beziehungsweise Gesellenprüfungen die besonderen Belange von Menschen mit körperlicher, geistiger und seelischer Behinderung bei der Prüfung zu berücksichtigen.
Die meisten Prüfungsordnungen für Staatsexamina sowie Bachelor- und Masterstudiengänge sehen ausdrücklich Maßnahmen zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile vor (beispielsweise gesonderte mündliche Prüfungen). Der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 13.10.2000 regelt Nachteilsausgleiche für behinderte Studierende für Prüfungen an Hochschulen. Im Rahmen der üblichen Vorlesungen ist es wichtig, auf die Lehrenden zuzugehen und sie auf die besondere persönliche Situation hinzuweisen.
Stand: 30.09.2022