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Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Dienstag 8. August 2017, 10:13
von vanadis
Liebe Mitleser,

ich bein seit nahezu 30 Jahren im öffentlichen Dienst. Im Arbeitsvertrag steht nichts explizit zu einer Teilnahme an Veranstaltungen im Ausland. Ich habe es in der Vergangenheit gerne gemacht, das mal vorab.

Mittlerweile bin ich vor einigen Jahren an Multipler Sklerose erkrankt und habe einen Schwerbehindertenausweis, außerdem beziehe ich eine teilweise Erwerbsminderungsrente wegen Berufsunfähigkeit.

Ich habe mittlerweile Panik wenn ich an ein nächstes Event im Ausland denke, bei dem meine Teilnahme erwartet bzw. vorausgesetzt wird.

Frage: wenn im Arbeitsvertrag nichts explizit dazu steht, kann ich mich dann da ausklinkgen, auch mit Verweis auf SbA, chron. Erkrankung, EM Rente?

Vielen Dank

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Dienstag 8. August 2017, 18:33
von CVedder
Hallo Vanadis,

da würde ich handeln und nicht abwarten und die Panik in einem aufsteigen lassen. Der Paragraph 81 Absatz 4 Nummer 4 SGB IX ist die Lösung. Arbeitsumfeld und Arbeitszeit die Stichworte. Wenn es behinderungsbedingt begründet werden kann, dann sehe ich hier eine Chance.

Grüße
Christian Vedder

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 11:35
von valentin
Hallo,

es könnte dann aber zu berechtigten Nachfragen usw. des AG kommen, wenn man aber Auslandsurlaube ohne Probleme macht. Denn die Arbeit selbst vor Ort und ggf Reisen im Inland machen wohl keine Probleme, zu mundest schreibst Du dieses nicht. Damit kann es nur das Thema Reisen ins Ausland sein. Da erkenne ich aber keinen Unterschied zwischen Reisen wegen Arbeit und Urlaubsreisen.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 11:42
von matthias.günther
Die möglichen Auswirkungen der vom TE genannten Erkrankung sind Dir bekannt?! Der Unterschied ist, das "Event" liegt hinsichtlich Organisation und Rahmenbedingungen nicht in der Sphäre des AN und kann sehr wohl dazu führen, dass hier wegen § 81 Abs. 4 Nr. 4 SGB IX eine Teilnahme nicht möglich sein kann. Im Gegensatz dazu liegt ein evtl. geplanter Auslandsurlaub (von dem der TE gar nichts geschrieben hat) in der Sphäre des Beschäftigten, hier kann man sich vorher drum kümmern, dass das Reiseziel, die erforderliche Reisezeit/Anfahrt und die Unterkunft usw. trotz der Behinderung machbar sind und vor allem hat man im Urlaub den Tagesablauf zur freien Disposition, was bei einer dienstlich angeordneten Veranstaltung eben nicht der Fall ist.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 13:43
von valentin
Hallo Matthias,

sowohl meine wie auch Deine Antwort beinhaltet viele "kann"! Daher KANN es im Ergebnis so oder so ausgehen.

Letztlich müsste ggf hier somit ein ArbG entscheiden.

Weiter, wenn diese Auslandsreisen zwingender Bestandteil für DIESEN Arbeitsplatz sind, KANN es ein weiteres KANN geben. Nämlich KANN der Beschäftigte diesen Arbeitsplatz noch ausfüllen!

Klar ist nur, auch solche Dienstreisen/Events fallen unter den § 81, Abs. 4 SGB IX. Es ist aber nicht zwingend besagt, dass die Beachtung hier nicht möglich ist. Also Dienstreisen die Anforderungen des § 81 Abs. 4 SGB IX nicht erfüllen. Denn auch viele Schwerbehinderte können und nehmen ohne Probleme an solchen DR/Events sowohl im Inland wie im Ausland teil.

Fakt ist, es gibt KEINE GRUNDSÄTZLICHE BEFREIFUNG von solchen DR/Events und das private Verhalten kann nicht konträr zum beanspruchten dienstl. stehen.

Ich würde als AG ggf hier bedtimmte Forderungen/Ansprüch/Verhalten hinterfragen und notfalls rechtlich prüfen lassen.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 15:00
von matthias.günther
Wenn er den Anspruch nach § 81 Abs. 4 geltend macht, muss der AG darlegen, dass dessen Erfüllung ihm unzumutbar wäre. Natürlich muss es der Beschäftigte gut begründen. Dazu haben wir hier keine weiteren Informationen. Evtl. hilft eine Kontaktaufnahme mit der örtlichen SBV falls vorhanden oder mit dem Integrationsamt bzw. Integrationsfachdienst.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 15:11
von valentin
Hallo,
Wenn er den Anspruch nach § 81 Abs. 4 geltend macht, muss der AG darlegen, dass dessen Erfüllung ihm unzumutbar wäre. Natürlich muss es der Beschäftigte gut begründen. Dazu haben wir hier keine weiteren Informationen. Evtl. hilft eine Kontaktaufnahme mit der örtlichen SBV falls vorhanden oder mit dem Integrationsamt bzw. Integrationsfachdienst
Stimmt! Wenn dann aber ein NEIN geht nicht sich ergibt kann er auch dann aber feststellen, dass da diese Teilnahme zwingend für diesen Arbeitsplatz erforderlich ist, weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen prüfen und ggf auch umsetzen.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 15:15
von matthias.günther
... und dann wäre das Direktionsrecht insoweit eingeschränkt. An die Unzumtbarkeit für den AG werden sehr hohe Anforderungen gestellt.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Donnerstag 10. August 2017, 19:36
von valentin
Hallo,
... und dann wäre das Direktionsrecht insoweit eingeschränkt. An die Unzumtbarkeit für den AG werden sehr hohe Anforderungen gestellt.
??????

Ja Anforderungen an AG sind ggf besonders, aber auch diese haben Grenzen!

Wieso was ??? Sofern ein AN, auch Schwerbehinderte an einem Arbeitsplatz zwingende Tätigkeiten nicht, nicht mehr erfüllen können und dieses auch nicht durch Einsatz von Hilfsmitteln ausgleichbar ist oder weil kein anderer AN diese die Übernehmen kann der AG arbeitsrechtliche Maßnahmen (alle) ggf auch Versetzungen prüfen und umsetzen.

AW: Verpflichtung zur Teilnahme an Veranstaltung im Ausland

Verfasst: Freitag 11. August 2017, 09:10
von matthias.günther
Der Sachverhalt gibt hier eben zu wenig her für konkretere Aussagen.

Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers aufgrund der Behinderung ist der Arbeitgeber nach § 106 S. 3 GewO sogar verpflichtet, im Rahmen der Ausübung des Direktionsrechts auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Er muss das Direktionsrecht also neu ausüben. Der Arbeitnehmer bietet ja hier dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft mit einer bestimmten behinderungsbedingten Einschränkung an. Es geht wohl nur um eine Veranstaltung. Es wird hier auch kündigungsrechtlich sehr schwierig für den Arbeitgeber. Er müsste darlegen, wenn er behauptet in dem Fall unzumutbar belastet zu sein, ob und wie andere Mitarbeiter unzumutbar belastet werden oder für ihn unverhältnismäßig hohe Kosten entstehen. Kann der Arbeitnehmer tatsächlich wegen der Auswirkungen der Behinderung dieses Event nicht mit absichern und bietet er dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft mit Ausnahme dieser Veranstaltung an, muss der AG das erforderliche Personal anderweitig organisieren. Dieses kann, wenn er nicht intern die Möglichkeit hat, z. B. über Eventagenturen erfolgen, die sich auch um die Personalbeschaffung kümmern. Bei Messen ist das ja auch regelmäßig der Fall. Vielleicht wäre auch eine Kompromisslösung unter Berücksichtigung der behinderungsbedingten Einschränkungen möglich, z. B. kürzere Einsatzzeiten usw., damit es im schlimmsten Fall eben nicht "nach hinten losgeht".