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BEM-Gespräch Einladung trotz Kündigung des Arbeitnehmers?

Verfasst: Montag 26. Juni 2017, 13:10
von helferlein 2.0.
Hallo zusammen,

ich hätte eine Frage zu dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement. So wie
ich es verstanden habe, ist der Arbeitgeber verpflichtet ein BEM Gespräch
anzubieten, wenn sein Mitarbeiter länger als 6 Wochen im Jahr krank ist.
Nun stellt sich meine Frage, muss der Arbeitgeber immer noch ein BEM
Gespräch anbieten, auch wenn der Arbeitnehmer kurz nach den 6 Wochen
kündigt? Also nehmen wir an, der Arbeitnehmer ist 6 Wochen lang z.B. am Stück krank und
kündigt in der 7. Woche das Arbeitsverhältnis.
Falls ja, gibt es Fristen, bis wann man spätestens ein BEM Gespräch anbieten muss nach der
Kündigung des Arbeitnehmers? Muss man das BEM Gespräch noch während der
Kündigungsfrist durchführen?
Ich habe leider zu diesem Fall, nichts gefunden bei meinen Recherchen.

Ich würde mich um zahlreiche Antworten freuen. :)

AW: BEM-Gespräch Einladung trotz Kündigung des Arbeitnehmers?

Verfasst: Dienstag 27. Juni 2017, 08:41
von elschwoabos
Guten Morgen,

im §84.2 SGB IX steht:
"Sind Beschäftigte innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig, klärt der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung im Sinne des § 93, bei schwerbehinderten Menschen außerdem mit der Schwerbehindertenvertretung, mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann..."

Da der Arbeitnehmer durch seine Kündigung Kund tut, dass ihm nichts am Erhalt des Arbeitsplatzes liegt, sehe ich hier keine Grundlage für die Durchführung eines BEM.
Aber ich bin kein Anwalt.

Gleichwohl würde ich es als sinnvoll erachten als betrieblicher Interessensvertreter und/ oder Schwerbehindertenvertretung mit dem Betreffenden Kontakt aufzunehmen um ihm Beratung anzubieten.

Elschwoabos

AW: BEM-Gespräch Einladung trotz Kündigung des Arbeitnehmers?

Verfasst: Dienstag 27. Juni 2017, 11:05
von albarracin_01
Hallo,

es stellt sich erst mal die Frage, was denn die Konsequenzen eines unterlassenen BEM wären.

Die vom BAG fortlaufend ausgearbeiteten Grundsätze zu BEM und krankheitsbedingter Kündigung sind unbeachtlich, weil ja eine AG-Kündigung gar nicht erfolgt ist.

Dann bliebe ggfs. noch ein Schadensersatzanspruch für entgangene Vergütung gem. 280 Abs. 1 BGB, falls der AN weiterhin AU ist, weil ihm der AG zumindest bis zum Ablaufen der Kündigungsfrist keinen leidensgerechten Arbeitsplatz zuweist (LPK-SGB IX, Düwell, § 84 Rn 119).
Hier muß dann die Zumutbarkeit eines Aufwands für BEM und die Umsetzung der Ergebnisse für den AG geprüft werden, wenn dies alles nur noch für eine sehr begrenzte Zeit geschehen soll. Evtl. wäre in diesem Fall eine analoge Heranziehung des BAG-Urteils vom 12.7.2007, 2 AZR 716/07 möglich, daß ja grundsätzlich dann ein BEM für entbehrlich hält, wenn es "offensichtlich" unnötig ist, weil eine Kündigung dadurch nicht vermieden werden könne.
https://openjur.de/u/172196.html" onclick="window.open(this.href);return false; (Rn 45)


Arbeitet der AN aber wieder, würde auch diese Anspruchsgrundlage wegfallen. Ein unterbliebenes BEM hätte keinerlei Rechtsfolgen für den AG.