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Ablehnung BEM ?

Verfasst: Freitag 19. Mai 2017, 09:48
von tom.
Ich bin erschüttert - folgenden Satz hat ein Kollege, befindet sich noch im Krankenstand, im Einladungsschreiben von unserem tollen Arbeitgeber zum BEM zu lesen bekommen:

Vorsorglich möchten wir Sie darauf hinweisen, dass die Ablehnung des BEM nachteilige Auswirkungen für den Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses haben kann.

Im Moment fehlen mir noch die Worte ....................

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Freitag 19. Mai 2017, 10:31
von valentin
Hallo,

die Aussage des AG ist so NICHT falsch, entspricht der Rechtslage.

Denn ein AG muss sofern die Fakten des § 84,2 SGB IX zutreffen ein BEM anbieten. Ohne dieser Anbietung wäre ein Kündigung aus Gesundheitsgründen gehemmt. Lehnt der AN das BEM ab, hat der AG seine Pflicht erfüllt und die Hemmung besteht nicht mehr.

Lese hier: http://www.arbeitsrecht-weltweit.de/201 ... -umsetzen/

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Freitag 19. Mai 2017, 15:17
von albin.göbel
Einladungsschreiben...
Siehe zum Thema auch Diskussion im
B­IH-Forum vom Januar/Februar 2017.

Viele Grüße
Albin Göbel

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 06:52
von tom.
nein nein nein - da gehe ich mit Euch nicht mit -

Wo steht geschrieben, dass ein kranker Mitarbeiter zu einem Gespräch ( Personalgespräch - BEM Gespräch - oder wie man das auch immer nennen will und mag ) beim Arbeitgeber erscheinen muss ..?..

Für arbeitsunfähige Arbeitnehmer bestehe eine derartige Verpflichtung nicht.

Schließlich sei der erkrankte Arbeitnehmer von der Erbringung der Arbeitsleistung befreit. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer trotz seiner Erkrankung in der Lage ist, an einem derartigen Gespräch teilzunehmen. LAG Nürnberg, Urteil vom 01.09.2015 Az.: 7 Sa 592/14
Hinweis: In der Zwischenzeit hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Auffassung des LAG Nürnberg in dieser Rechtsfrage bestätigt.

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 08:16
von elschwoabos
Unsere gelebte Praxis sieht so aus:

Wir laden die Betreffenden durchaus schon ein, auch wenn sie sich offiziell im Krankenstand befinden. Das macht in meinen Augen auch durchaus Sinn. So lassen sich notwendige Änderungen am Arbeitsplatz ableiten und installieren, bis der Beschäftigte wieder seine Arbeit aufnehmen kann.
Genauso hat der Betreffende die Möglichkeit sich zu melden, dass er sich derzeit nicht in der Lage sieht zu einem Gespräch zu erscheinen. Dann wird das Gespräch eben verschoben, z. B. bis er sich meldet und sagt, man könne sich jetzt zusammensetzen. Das war dann aber keine Ablehnung. Gerade bei Erkrankungen aus dem psychischen Formenkreis Gang und Gebe.

Eine Ablehnung ist es, wenn er keine Bereitschaft zeigt am BEM-Verfahren teilzunehmen. Und hier den genannten Verweis hinzuzufügen, finde ich dann eher ehrlich.
Aber das Problem ist, dass der Satz auch eine abschreckende Wirkung haben kann und damit dem BEM-Verfahren als solches eher schadet.

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 09:40
von albarracin_01
Hallo Tom,

Wo steht geschrieben, dass ein kranker Mitarbeiter zu einem Gespräch ( Personalgespräch - BEM Gespräch - oder wie man das auch immer nennen will und mag ) beim Arbeitgeber erscheinen muss ..?..

Für arbeitsunfähige Arbeitnehmer bestehe eine derartige Verpflichtung nicht.
Da hast Du natürlich recht. Deswegen sollte in einer guten Vereinbarung zum BEM auch immer die Möglichkeit vorgegeben sein, ein BEM-Verfahren verschieben zu können - zB bis Klarheit besteht, wie lange eine AU dauert und/oder ob Therapieen wirken.
Wenn allerdings klar ist, daß ein Ersatzarbeitsplatz benötigt wird, ist es idR kontraproduktiv, wenn sich der AN nicht schon während der AU auf ein BEM einläßt. Und wie elschwoabos richtig geschrieben hat, kann es noch sehr viel mehr Gründe geben, sich als AN auch schon während der AU am BEM teilzunehmen.

Im Übrigen belegt die von Dir zitierte Passage eindrucksvoll, daß die Arbeitnehmervertretungen sich nicht nur um das BEM als solches kümmern, sondern auch die Gestaltung des "Umfeldes" wie zB Information, Einladung etc. im Auge haben und BR/PR auch hier aktiv mitbestimmen.

Bei uns zB sind Form und Inhalt von Einladungsschreiben genauso in der BV geregelt wie die Informationen zum Verfahren einschl. Ansprechpartnern, die der betreffende AN mit dem Einladungsschreiben bekommt.
Auch der Ablauf des Erstgespräches ist standardisiert und in der BV festgeschrieben.

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 16:17
von valentin
Hallo Wolfgang,

das sieht Dr. Till Hoffmann-Remy, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Counsel
aber zu Recht ganz anders. Siehe die verlinkte Webseite oben. Denn das BEM hier ist eben keine Arbeitsleistung.

So stellt er hier zu recht fest:
"Die Befreiung von der Pflicht zur Arbeitsleistung hat nichts mit der Frage zu tun, ob der Arbeitnehmer zu einem Gespräch hinsichtlich der Vermeidung zukünftiger Fehlzeiten erscheinen kann – solange ihn die Erkrankung nicht tatsächlich am Erscheinen hindert. Eine Ausnahme von der „BEM-Obliegenheit“ bei Krankheit kennt das SGB IX nicht."

Es geht hier nur um die Frage: ist er aus gesundheitlichen Gründen hier verhindert, es aus gesundheitliche Gründen nicht möglich.

Dann muss er dem AG mitteilen, dass es aus gesundheitlichen Gründen z.Zt nicht geht, er aber das BEM in Anspruch nimmt sofern er gesundheitlich dazu in der Lage ist.

AW: Ablehnung BEM ?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 16:29
von Ulrich.Römer
Hallo tom,
ein BEM-Gespräch darf natürlich auch während der AU stattfinden. Dabei soll ja gerade geklärt werden, wie eine Wiederaufnahme der Tätigkeit am besten vorbereitet werden kann. BEM_Gespräch nach Beendiugung der AU ist im Regelfall viel zu spät!
Zur Ausgangsfrage: Ich finde die Formulierung ebenfalls ziemlich daneben obwohl es rein rechtlich betrachtet nicht verkehrt ist. Die Androhung "nachteilige Auswirkungen für den Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses " macht natürlich eher Angst als Lust auf ein BEM.