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Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Montag 15. Mai 2017, 13:50
von downunder
Hallo,

wir hatten ein Bewerbungsverfahren bei dem sich eine externe schwerbehinderte Bewerberin beworben hat. Diese hatte nach den meiner Einschätzung die fachliche Eignung für die ausgeschriebene Stelle.

Nach Eingang der Bewerbung habe ich darum gebeten mich zu den Bewerbungsgesprächen einzuladen. Nun habe ich im Bewerbersystem die Mitteilung erhalten, die schwerbehinderte Bewerberin werde nicht berücksichtigt. Auf Nachfrage mir die Entscheidungsgründe mitzuteilen erhielt ich die Info, dass man sich für eine interne Bewerberin entschieden habe,

Zur Begründung des AG: Die Entscheidung für die interne Bewerberin sei eine gute und gewinnbringende Lösung. Im übrigen habe der BR bereits im Vorfeld seine Zustimmung signalisiert. Die Entscheidung sei bereits gefallen gewesen bevor die Bewerbung der schwerbehinderten Bewerberin eingegangen sei.

Bereits in der Vergangenheit sind externe schwerbehinderte Bewerber nicht zum Zuge gekommen, da die Einstellungsverfahren bereits abgeschlossen waren. Eine dreiwöchige Ausschreibungsfrist gibt es nur für innerbetriebliche Stellenausschreibungen (GBV)

Nun mich würde Eure Einschätzung zu diesem Vorgehen interessieren. Gibt es hier grundsätzliche Handlungsmöglichkeiten?

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Montag 15. Mai 2017, 14:25
von albarracin_01
Hallo,

mit korrekter Beteiligung der SBV am Bewerberverfahren hat das von Dir Geschilderte nicht viel zu tun.
Allerdings scheinst Du auch in der Vergangenheit Deine Rechte nicht ausdrücklich eingefordert zu haben. Das solltest Du ändern.

"Normal" wäre mindestens gewesen, daß dir der AG unaufgefordert sämtliche entscheidungsrelevanten Bewerberunterlagen hätte zukommen lassen zur eigenständigen Prüfung. Auch die Gründe, warum eine sb Bewerberin nicht zum Zuge kommen sollte, hätten Dir so rechtzeitig umfassend dargelegt werden müssen, daß Du noch hättest Einfluß nehmen können.
Auch Dein Verhältnis zum BR scheint nicht unbedingt produktiv zu sein. Mein BR würde es sich auch nicht ansatzweise trauen, eine Entscheidung in einem Bewerberverfahren mit sb Bewerbern zu treffen, die er nicht vorher mit mir besprochen hätte.

Hast du denn schon mal von Deinem Instrument der Aussetzung Gebrauch gemacht ?

Hast Du schon mal Deinem AG erklärt, daß der BR seine Zustimmung bei nicht ordnungsgemäßer Anhörung der SBV gem. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern kann ? (Weißt Du das überhaupt, daß der BR seine Zustimmung verweigern kann ?)

Hast Du Deinem AG mal erklärt, daß die Nichtbeteiligung der SBV bei Bewerbungen von sbM grundsätzlich den Anschein der Diskriminierung gem. § 7 AGG begründet ?

Ich glaube, Du brauchst zumindest in Sachen Bewerberverfahren einen kompletten "Neustart".

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Mittwoch 17. Mai 2017, 08:25
von downunder
Hallo,

danke für die klaren Worte!

In der Tat wird es Zeit, hier eine andere "Gangart" anzuwenden.

Leider verzichtet der BR grundsätzlich auf die Vorlage aller Bewerberunterlagen, so dass gar nicht bekannt ist, ob ein sb Bewerber im Bewerbungsverfahren ist.

In diesem Zusammenhang ist noch eine weitere Frage aufgetaucht:

In der GBV Interne Stellenausschreibung heißt es:

"Betriebsangehörige Bewerber sind bei gleicher Qualifikation und Eignung bevorzugt zu berücksichtigen, sofern nicht ausnahmsweise unter Berücksichtigung der Interessen des Bewerbers überwiegende betriebliche Interessen entgegenstehen. Vorrang gebührt dabei den bei der XXX tätigen Auszubildenden und Schwerbehinderten."

Bei gleicher Qualifikation und Eignung würde im internen Verfahren ein sb Bewerber den Vorzug erhalten.

Wie sähe die Situation aus, wenn wie hier ein externer sB Bewerber auf einen internen Bewerber trifft, wenn beide gleiche Qualifikation und Eignung haben?
Müsste auch hier dem externen sB Bewerber der Vorrang gegeben werden?

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 15:44
von Ulrich.Römer
Hallo downunder,
das ist eine spannende Frage. Der externe sb-Bewerber hat nur den Anspruch nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt zu werden. Wenn diese Benachteiligung nicht zu erkennen ist und der interne Bewerber tatsächlich "besser geeignet" ist, dann wäre eine Entscheidung gegen den sb-Bewerber völlig in Ordnung.

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Montag 22. Mai 2017, 16:07
von valentin
Hallo,

ergänzend zu Herrn Römer noch!

Kein AG ist verpflichtet externe AN einzustellen, also seinen Personalkörper zu vergrößern!

Wenn hier also nur eine Stelle besetzt werden soll, kann der AG sagen, ich stelle hier keinen externe AN ein. Er darf nur nicht sagen, dass er dieses so macht, weil der externe Bewerber ein Schwerbehinderte ist.

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Mittwoch 24. Mai 2017, 09:52
von albarracin_01
Hallo,

das hier
Wenn hier also nur eine Stelle besetzt werden soll, kann der AG sagen, ich stelle hier keinen externe AN ein. Er darf nur nicht sagen, dass er dieses so macht, weil der externe Bewerber ein Schwerbehinderte ist.
ist so pauschal nicht ganz richtig.

Es gibt zwar schon seit langem (1974) keinen automatischen "Kontrahierungszwang".
Allerdings gibt es von der allgemeinen Prüfpflicht "keine Ausnahme bei beabsichtigter interner Stellenbesetzung" (LPK-SGB IX, Düwell, §81 Rn 113 mit zahlreichen weiteren Literaturverweisen).

Auch dann, wenn eine interne Besetzung beabsichtigt ist, muß der AG eingehende Bewerbungen externer sbM gem. dem "Prüfschema" des § 81 SGB IX ernsthaft prüfen.

Lehnt der AG den externen Bewerber aus sachlichen/fachlichen Gründen ab, müssen diese Gründe schon den Kriterien zB der §§ 8-10 AGG standhalten.
Soziale Gründe, die zB eine interne Stellenbesetzung begründen könnten, müßten in Ihrer Wichtigkeit in der Einzelfallabwägung durchaus ein zumindest vergleichbares Gewicht haben wie die Schwerbehinderung des externen Bewerbers. Zumindest muß der AG belegen können, daß er eine derartige Abwägung nach bestem Wissen und Gewissen vorgenommen hat.

Kommt der AG seiner Prüfpflicht im geschilderten Fall mit dem alleinigen Argument der gewünschten internen Stellenbesetzung nicht nach oder trifft er eine grob ermessensfehlerhafte Abwägung, kann dadurch zumindest der Tatbestand des § 7 AGG erfüllt sein.

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Mittwoch 24. Mai 2017, 19:44
von valentin
Hallo,

ja Prüfpflicht ob Stelle zur Besetzung mit einem Schwerbehinderten geeignet ist. Doch auch daraus und der BAG Entscheidungen ergibt sich bei geplanter/Ausschließlicher Interner Besetzung KEIN Zwang nun doch eine externe Einstellung mit der damit verbundenen Vergrößerung des Personalbestandes. Denn dieses würde im Umkehrschluss ggf bedeuten, dass der AG dann einen AN betriebsbedingt kündigen müsste.

Die Prüfpflicht bezieht sich nur auf die Frage: "Wäre die Stelle zur Besetzung mit einem Schwerbehinderten geeignet". In dem Fall einer geplanten internen Besetzung, dann wäre ggf eine Besetzung mit einem bereit beschäftigten Schwerbehinderten möglich ggf auch durch Umsetzung um so dem Betroffenen Schwerbehinderten eine geeignetere Stelle anzubieten.

Der AG müsste in diesem Falle die eingegangene Bewerbung gar nicht bewerten/prüfen. Er müsste nur die SBV über den Eingang informieren. Die SBV könnte dann versuchen den AG davon zu überzeugen doch eine ungeplante externe Einstellung vorzunehmen. Doch der AG kann dann auch ganz einfach NEIN sagen.

Fazit: Weder aus § 81 noch § 82 ergibt sich eine Pflicht für AG den Personalbestand zu vergrößern. Die Besetzung der Stelle erfolgt dann ggf nur durch Umsetzung. Ob die dann freiwerdende Stelle erneut besetzt wird ist dem AG überlassen.

Es reicht hier also wenn der AG dem Bewerber ggf mitteilt, dass er KEINE externe Besetzung dieser Stelle vornimmt.

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Montag 29. Mai 2017, 09:50
von albarracin_01
Hallo Valentin,

wo siehst Du bei einer freien, neu zu besetzenden Stelle die Notwendigkeit
dass der AG dann einen AN betriebsbedingt kündigen müsste.
:?:

Und wo siehst Du
eine Pflicht für AG den Personalbestand zu vergrößern.
wenn es darum geht, lediglich eine Wiederbesetzung vorzunehmen ?

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Montag 29. Mai 2017, 23:12
von valentin
Hallo,

ist doch ganz einfach! AG hat eine freie zu besetzende Stelle, welche er aber nur intern besetzen möchte, da er KEINE externe Einstellung / Besetzung vornehmen möchte. Auch weil er den Personalbestand nicht erhöhen möchte und es auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht ksnn, möchte.

Überzeugt nun die SBV/BR den AG doch eine Einstellung vorzunehmen, müsste er um den Personalbestand nicht um einen AN zu erhöhen einen AN kündigen.

AW: Korrektes Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Dienstag 30. Mai 2017, 08:50
von albarracin_01
Hallo,

Deine Logik springt leider zu kurz.
Denn bei einer internen Besetzung wird idR ein anderer Arbeitsplatz frei, der auch wieder besetzt werden müßte.

Und will der AG auf den frei werdenden Arbeitsplatz einen AN setzen, dessen bisheriger Arbeitsplatz wegfällt, kann er dies als sozialen Gesichtspunkt im Stellenbesetzungsverfahren einbringen. Dieser Gesichtspunkt kann dann in der Abwägung im Einzelfall durchaus stärker wiegen als die Ansprüche von internen oder externen sb Bewerbern. Aber abwägen muß er !