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Beteiligung Bewerbungsverfahren nach § 81 (1)

Verfasst: Dienstag 21. Februar 2017, 14:38
von SBV-M
Ich hab hier mal eine Anfrage von der Arbeitgeberseite bekommen und bin nun mal gespannt, wie ihr auf darauf antworten würdet. Für mein Empfinden sind mindestens 2 Punkte in dieser Form nicht in Ordnung. Vielleicht seht ihr noch mehr, was ich nicht bedacht haben könnte? Allerdings war dies nun auch für mich das 1. mal, dass ich "frühzeitig" nach § 95 (2) unterrichtet wurde.

Was meint ihr dazu?
Wir haben eine befristete Teilzeitstelle als Fachangestellter für Bäderbetriebe für die Freibadsaison 2017 anzubieten.
Von Arbeitgeberseite kann in diesem Fall eine Öffnung der Ausschreibung auf schwerbehinderte Menschen nicht befürwortet werden.
Die Gründe hierfür wären:
- gute körperliche Konstitution für Badeaufsicht und ggf. Rettung von Badegästen
- Arbeiten in der sechs-Tage-Woche
- Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen
- Arbeiten über 8 Stunden tägl.
- evtl. Rufbereitschaft
- Arbeiten unter z.T. extremen Witterungsverhältnissen

Gemäß § 81 (1) i.V.m. § 95 SGB IX bitten wir diesbezüglich um Ihre Stellungnahme.

AW: Beteiligung Bewerbungsverfahren nach § 81 (1)

Verfasst: Mittwoch 22. Februar 2017, 08:50
von matthias.günther
Hallo,
wie will der AG denn verhindern, dass sich sbM bewerben? Wenn die Stellenausschreibung veröffentlicht wird hat er doch keine Möglichkeit. Abgesehen davon dass es diskrimnierend ist, wenn der AG von vornherein mangelnde Leistungsfähigkeit unterstellt. Das mag für genau diese Stelle für gewisse Behinderungen gelten - aber doch nicht pauschal für alle. Da wird sich der AG sicher bald über Klagen nach dem AGG "freuen" dürfen... Abgesehen davon, was macht der AG, wenn sich der sbM im Bewerbungsverfahren gar nicht "outet" ;-)?
Für sbM gilt ja auch nicht generell eine 5-Tage-Woche.
Ablehnung von Mehrarbeit wird auch schon unterstellt... Natürlich sieht das der AG naturgemäß bisweilen anders als der sbM. Aber es gibt nun mal dieses Recht nach § 124 SGB IX. Wobei hier auch bei TZ-Arbeit nach TzBfG erst nach 8 Stunden die Grenze zu ziehen ist. Wir hatten das Them Mehrarbeit ja schon umfangreich in vielen Diskussionssträngen hier.

:!: Meine Meinung: Besser als mit einer solchen Stellenausschreibung kann sich ein AG eigentlich nicht als unsozialer Knicker outen. Wer als Bewerber zwischen den Zeilen lesen kann, wird sich dort nicht bewerben. Gerade wenn ich nur TZ arbeiten soll, das eigentliche Arbeitsvolumen dann absehbar locker eine VZ-Stelle umfasst.

AW: Beteiligung Bewerbungsverfahren nach § 81 (1)

Verfasst: Mittwoch 22. Februar 2017, 15:40
von albin.göbel
SBV-M hat geschrieben:Die Gründe hierfür wären: gute körperliche Konstitution für Badeaufsicht und ggf. Rettung
Naja, wenn sich z.B. ein sbM mit aktuellem DLRG-Rettungsschwimmabzeichen*) etwa in Silber bewirbt, sollte jedenfalls idR. eine derartige DLRG-Bescheinigung neueren Datums auf eine aktuell gute körperliche Konstitution hinweisen.

Viele Grüße
Albin Göbel

Bild
*) DLRG-Abzeichen Silber

AW: Beteiligung Bewerbungsverfahren nach § 81 (1)

Verfasst: Montag 27. Februar 2017, 17:30
von CVedder
Hallo,

der Arbeitgeber versucht sich "frei" zu machen. Die frühzeitige Beteiligung ist natürlich lobenswert, aber sich von der SBV sozusagen das Mandat abzuholen, die Stelle für schwerbehinderte Bewerber zu verbieten, ist schon krass. Das AGG lässt grüßen. Ich würde kurz und knapp antworten, dass keine Gründe erkennbar sind, weshalb die Stelle nicht für Bewerber mit einem Schwerbehindertenausweis generell untauglich sei und mit Blick auf das AGG man hier keinen Sonderweg gehen darf.

Grüße
Christian Vedder

AW: Beteiligung Bewerbungsverfahren nach § 81 (1)

Verfasst: Donnerstag 2. März 2017, 10:44
von SBV-M
Hallo in die Runde und Danke für eure Antworten. Ich sehe, wir sind alle genau der gleichen Meinung und das finde ich gut.
Dementsprechend habe ich auch meine Stellungnahme formuliert und auf die Gesetzgebung hingewiesen, die ja eindeutig ist.
Was ich bei uns nicht verstehe ist, dass sich so viele gegen Schwerbehinderte sträuben. Und das, obwohl wir genug im Hause sind und unsere Arbeit genauso gut erledigen wie alle anderen auch. Selbst die Dienststellenleitung hausiert mit den üblichen Floskeln, dass sbM keine Überstunden machen wollen, häufiger krank sind, mehr Urlaub haben und Mitarbeiter alles auffangen müssten, usw.. Leider wurde dies mir gegenüber nicht direkt geäussert, dann hätte ich schon ein paar Worte darüber verloren, denn so geht es ja nicht. Eine Aussage war besonders bemerkenswert: Wir würden die gesunden Menschen / Bewerber diskriminieren weil wir uns für die Belange von sbM einsetzen.
Schöne Welt, sag ich da nur. Aber eines tröstet mich ein wenig, im anderen Bewerbungsverfahren wurde eine Bewerbung eines sbM sprichwörtlich versemmelt, und dieser Bewerber klagt nun, was sein gutes Recht ist. Und davor hat unser Haus ganz schön Angst. Mag schadenfreudig klingen, aber anders wird man manche nicht zum Umdenken bewegen können.


Beste Grüße



p.s. Ich hätte gern meine Stellungnahme 1:1 hier gepostet, da man aber nie sicher sein kann, wer wo mitliest, verkneife ich mir das lieber.