Unbefristete Erwerbsminderungsrente

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downunder
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Registriert: Sonntag 26. April 2015, 08:28

Unbefristete Erwerbsminderungsrente

Beitrag von downunder »

Hallo,

eine schwerbehinderter Mitarbeiter kommt aus einer medizinischen Reha zurück. Dort wurde sie arbeitsunfähig entlassen mit dem Vermerk

< 3 Stunden in der jetzigen Tätigkeit, sofern keine Anpassung der Arbeitstätigkeit erfolgt
3 - 6 Stunden auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt

Unter Hinweis auf § 116 SGB VI wurde das Rentenantragsverfahren eingeleitet.

Im Rahmen des laufenden BEM Verfahrens wurde mit dem AG eine Anpassung der Tätigkeit in der von der Rehaeinrichtung vorgeschlagenen Weise vereinbart. Mitte November soll die stufenweise Wiedereinglieferung beginnen. Die Prognose wird von allen Beteiligten positiv eingeschätzt.

Nun wurde rückwirkend zum 01.03.2016 ein Rentenbescheid über eine unbefristete Erwerbsminderungsrente erlassen.

Nach dem Tarifvertrag endet das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Bewilligung der Erwerbsminderungsrente. Der Mitarbeiter ist verpflichtet dies unverzüglich dem AG mitzuteilen

Die Mitarbeiterin will gegen den Bescheid Einspruch einzulegen mit dem Ziel der Umwandlung in eine Teilerwerbsminderungsrente.

Unklar ist nun welche Wirkung der Einspruch auf die laufende Situation hat:

- Tritt die auflösende Bedingung des TV ein, obwohl der Bescheid nicht bestandskräftig ist?
- Besteht eine Informationspflicht gegenüber dem Arbeitgeber?
- Sollte im Falle einer Mitteilungspflicht die Mitteilung mit einem Antrag auf Weiterbeschäftigung unter Hinweis auf den eigelegten Widerspruch verbunden werden?
- Kann hier das Integrationsamt unterstützen? Der § 92 SGB IX greift meines Erachten hier nicht


Habe der Mitarbeiterin dringend empfohlen sich rechtliche Beratung einzuholen, allerdings bekommt sie erst einen tag vor Ablauf der Frist einen Termin beim VdK

Bin gespannt!

Bin offengestanden auch etwas irritiert über diese Entscheidung.

Unklar ist nun, welche Wirkung der Einspruch auf die gesamte Situation hat.
jada.wasi
Beiträge: 352
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

AW: Unbefristete Erwerbsminderungsrente

Beitrag von jada.wasi »

Unter Hinweis auf § 116 SGB VI wurde das Rentenantragsverfahren eingeleitet.
Hallo, Kommentar zu § 116 SGB VI sowie "Grundsätze der Rentenversicherung zum Dispositionsrecht des Versicherten" sind auszugsweise veröffentlicht bei haufe.de
Mitte November soll die stufenweise Wiedereinglieferung beginnen. Die Prognose wird von allen Beteiligten positiv eingeschätzt.
Es gilt der Grundsatz: "Reha vor Rente". Und die stufenweise Wiedereingliederung ist eine Maßnahme der Medizinischen Rehabilitation. Tipp: Ich würde daher die Zeit nutzen und evtl. beim Bürgertelefon des BMAS anrufen. Dies vor allem dann, wenn auch der Betriebsarzt beim BEM hinzugezogen worden sein sollte bzw. von ihm die Eingliederung der Mitarbeiterin nach Anpassung ihrer Tätigkeit empfohlen wurde. Auch bei einer vollen Zeitrente ist ein BEM nicht von vornherein entbehrlich (BAG, 13.05.2015 - 2 AZR 565/14)

Hinweis: Würde die Wiedereingliederung innerhalb von 4 Wochen nach Entlassung aus einer Reha-Klinik angetreten, dürfte Rentenversicherung Kostenträger sein.
Die Mitarbeiterin will gegen den Bescheid Einspruch einzulegen mit dem Ziel der Umwandlung in eine Teilerwerbsminderungsrente.
In bestimmten Konstellationen müsste je nach Tarifvertrag aber auch bei teilweiser Erwerbsminderungsrente auf Zeit ggf. eine extrem kurze 2-Wochen-Frist unbedingt beachtet werden, z.B. nach TVöD-AT, da sonst das Arbeitsverhältnis ruht (BAG, 17.03.2016 - 6 AZR 221/15).

Fazit: Für viele AN gelten Tarifverträge oder arbeitsvertragliche Regelungen, wonach eine (befristete oder unbefristete oder teilweise oder volle) Rente wegen Erwerbsminderung zum automatischen Ende oder Ruhen des Arbeitsverhältnisses führt. Manche solcher Regelungen mögen nach aktueller Rechtsprechung unwirksam sein, andere sind hingegen zu beachten. Arbeitnehmern ist grundsätzlich zu raten, sich schon VOR Stellung eines Antrags auf Erwerbsminderungsrente arbeitsrechtlich beraten zu lassen. Näheres unter hensche.de

Dieser Arbeitnehmerin sollte daher dringend geraten werden, sich von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht arbeitsrechtlich beraten zu lassen, möglichst sofort.
Unklar ist nun, welche Wirkung der Einspruch hat. Tritt die auflösende Bedingung des TV ein, obwohl der Bescheid nicht bestandskräftig ist?
Siehe zur Wirkung eines Widerspruchs gegen einen bewilligten Rentenbescheid zum Beispiel nach den AVR-Richtlinien
LAG Mainz, 15.01.2013 - 1 Sa 363/12

Gruß,
Jada Wasi
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