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SBV Nachwahl Stellvertreter

Verfasst: Mittwoch 5. Oktober 2016, 21:24
von Amaryllis
ich habe eine Frage zum Thema Nachwahl einer stellvertretenden Vertrauensperson der Schwerbehinderten:
Es gibt es eine gewählte Vertrauensperson der Schwerbehinderten und eine gewählte Stellvertreterin. Die Vertrauensperson beabsichtigt, ihr Amt niederzulegen, d.h. die Stellvertreterin rückt nach und ist für den Rest der Amtszeit die neue Vertrauensperson. Weitere Stellvertreter gibt es nicht.. Da bedeutet, dass für den Rest der Amtszeit die Neuwahl eines Stellvertreters/Stellvertreterin durchgeführt werden muss. Zur Zeit gibt es aber nicht mindestens 5 Wahlberechtigte Schwerbehinderte Mitarbeiter in dem Betrieb. Bzw. es gibt 5 schwerbehinderte, von denen einer aber am Jahresende ausscheidet.

Meine Frage ist nun:
Ist es richtig, dass die Amtszeit der nachgerückten Vertrauensperson trotzdem weiter besteht und es daher notwendig und korrekt ist, eine Nachwahl eines Stellvertreters/Stellvertreterin durchzuführen. Oder darf diese Wahl nicht mehr stattfinden, weil es nicht genug Wahlberechtigte gibt?

AW: SBV Nachwahl Stellvertreter

Verfasst: Donnerstag 6. Oktober 2016, 10:32
von Ulrich.Römer
Hallo Amaryllis,
die Amtszeit der SBV ist unabhängig von der Anzahl der aktuell beschäftigten schwerbehinderten Menschen. Sie läuft selbst dann weiter, wenn es keinen einzigen schwerbehinderten Arbeitnehmer mehr im Betrieb gibt. Das macht Sinn, denn Aufgabe der SBV ist es u.a. dafür zu sorgen, dass schwerbehinderte Menschen in den Betrieb eingegliedert werden. Dieser Auftrag geht bis zum Ende der Amtsperiode. Zum Ende der regulären Amtsperiode (spätestens zum 30.11.2018) endet die Amtszeit und es darf dann nicht mehr neu gewählt werden, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen nicht vorliegen.

AW: SBV Nachwahl Stellvertreter

Verfasst: Donnerstag 6. Oktober 2016, 10:43
von rolf.gollnick
Hallo Frau Amaryllis,
und weil die Amtszeit der SBV bis zum Ende der regulären Amtsperiode weiter andauert, kann auch eine stellv. SBV nachgewählt werden, denn die Amtszeit der stellv. SBV ist "gekoppelt" an die Amtszeit der SBV (beginnt und endet gleichzeitig).
Rolf Gollnick

AW: SBV Nachwahl Stellvertreter?

Verfasst: Donnerstag 6. Oktober 2016, 14:12
von albin.göbel
Amaryllis hat geschrieben:Die Vertrauensperson beabsichtigt, ihr Amt niederzulegen, d.h. die Stellvertreterin rückt nach und ist für den Rest der Amtszeit die neue Vertrauensperson.
Die bloße Absicht allein bewirkt nichts, demnach kein Nachrücken sowie keine Nachwahl nach der Literatur. Eine reine Absichtserklärung wäre wahlrechtlich bedeutungslos.

Amaryllis hat geschrieben:Es gibt 5 schwerbehinderte, von denen einer aber am Jahresende ausscheidet.
Sinkt die Zahl der sbM unter fünf, bleibt eine gewählte SBV idR. trotzdem im Amt (Neumann/Pahlen, SGB IX, § 94 Rn. 43; a.A. einschränkend LAG Niedersachsen, 20.08.2008 – 15 TaBV 145/07: Untergang der SBV wegen Verlusts der Organ­fähigkeit des Betriebs). Vgl. auch hier Diskussion.

Rechtsvergleich
Diese rechtsvergleichende pauschale Argumentation des LAG Niedersachsen zur betriebsverfassungsrechtlichen „Organfähigkeit“ ist weder schlüssig noch zwingend. Das LAG Niedersachsen verkennt, dass die Wahl der SBV nach § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX gerade nicht davon abhängt, ob ein Betrieb betriebsratsfähig ist „mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind“, nach § 1 Abs. 1 BetrVG.

Vielmehr geht es in § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bekanntlich bei der Wahl der SBV um „Beschäftigte“, also gerade nicht zwingend um „wahlberechtigte Arbeitnehmer“ für den ört­li­chen Betriebsrat i.S.d. Betriebsverfassungsrechts oder zB bei Dienststellen um aktive/passive Wahlberechtigung zum Personalrat i.S.d. Personalvertretungsrechts.

Vor allem aber hat der Gesetzgeber die Wahl einer örtl. SBV nicht von der Existenz eines örtl. BR/PR abhängig gemacht. Hätte er das gewollt, dann hätte er das normiert wie etwa für die GSBV entspr. der Regelung in § 97 Abs. 1 Satz 1 SGB IX Das hat er aber nicht getan. Auch hat er insoweit nicht auf § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verwiesen oder das Per­so­nal­ver­tre­tungs­recht. Hinzu kommt, dass bestimmte schwerbehinderte Wahlberechtigte für die SBV in einem Bundesland für den PR wahlberechtigt sind nach novelliertem modernisierten Per­so­nalvertretungsrecht wie etwa im LPVG Baden-Württemberg, andernorts hingegen nicht. Diese viel zu weitgehende Aus­le­gung des Gerichts könnte im Ergebnis ggf. darauf hi­naus­lau­fen, dass in der Dienststelle eines Bundeslands das SBV-Amt vorzeitig enden würde, in einem anderen Bundesland aber nicht bei sonst „identischer“ Konstellation. Dann würde das Mandat von Landesrecht statt Bundesrecht abhängen, eine mE sehr abenteuerliche Vorstellung. Hier haben sich Arbeitsrichter als Gesetzgeber versucht. Das steht diesen nicht zu. Mit den „Grundsätzen“ des BetrVG kann bei den Dienststellen sowie Gerichten jedenfalls nicht argumentiert werden, oder?

rolf.gollnick hat geschrieben:kann auch eine stellv. SBV nachgewählt werden
Stelli-Nachwahl ist jedoch ausgeschlossen, sobald deren Anzahl solcher sbM unter fünf absinkt (§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Kenne jedenfalls keine Fachliteratur, die eine Nachwahl bei unter fünf sbM, die "nicht nur vorübergehend beschäftigt sind", d.h. wenigstens acht Wochen (vgl. Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rdnr. 23), für zulässig erachten würde: Das Gesetz steht einer solchen Nachwahl m.E. entgegen.

Amaryllis hat geschrieben:Oder darf diese Wahl nicht mehr stattfinden, weil es nicht genug Wahlberechtigte gibt?
Jetzt schon, weil noch fünf sbM, sofern die VP ggü. ihrer Stellvertreterin den Rücktritt verbindlich erklären sollte, nicht aber 2017 nach derzeitigem Stand.

NACHTRAG
Geht man aber von „alsbaldigem Ausscheiden“ aus, dann darf wohl keine Nachwahl erfolgen laut Literatur und BAG-Rechtsprechung. Vgl. dazu zum Meinungsstreit aber auch hier die Diskussion.

Viele Grüße
Albin Göbel