Versetzung

Amaryllis

Versetzung

Beitrag von Amaryllis »

Hallo
ich bin scherbehinderter Mitarbeiter eines IT-Unternehmens, 25 Jahre Bbetriebszugehörigkeit, 60 Jahre alt.
Ich bin schwerbehindertenvertreter und Gesamt-Schwerbehindertenvertreter.
Mein Arbeitgeber möchte mich gegen meinen Willen aus meiner Tätigkeit Anwendungsentwicklerin im Bereich Datenbankanwendungen in die Hotline versetzen.
Das ist für meine Begriffe keine adäquate Arbeit, mein Gehalt soll ich allerdings behalten, aber meine Arbeitszeit soll sich gravierend ändern.
Ich habe bisher immer Gleitzeit ohne Kernzeit gehabt, arbeite in Teilzeit mit 32 Stunden von Mo. bis Do. durchschnittlich 8 Stunden. Bei dem neuen Arbeitsplatz hätte ich feste Arbeitszeit von 8:30 bis 17 Uhr,
Ich sehe die situation so, dass die Arbeitsbedingen so grundsätzlich unterschiedlich sind, dass es einer Änderungskündigung bedarf. Daraus folgt dass vorher die Schwerbehindertenvertretung zustimmen muss (in dem Fall mein Vertreter) und dass das Integrationsamt enizuschalten ist. Mein Arbeitgeber hat aber direkt einen Versetzungsantrag an den Betriebsrat gestellt und um Zustimmung gebeten. Diese hat der BR gemäß §99 (1) BetrVG nicht erteilt, , da die SBV nicht ordnungsgemäß schriftlich informiert worden ist.
(Jede Versetzung eines schwerbehinderten Menschen ist eine Entscheidung des Arbeitgebers, bei der gemäß § 95 Abs.2 SGB IX die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen ist.)"
Wie soll ich weiter verfahren?
Viele Grüße
Amaryllis
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 21:54, insgesamt 1-mal geändert.
CVedder
Beiträge: 347
Registriert: Dienstag 2. November 2010, 11:14

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Beitrag von CVedder »

Hallo Amaryllis,

es kommt zunächst einmal darauf an, ob die Maßnahme unter das Direktionsrecht des Arbeitgebers fällt oder die Arbeitsvertragsbedingungen geändert werden. Sprich, wenn die bisherige Arbeitszeitregelung und oder die Tätigkeit im Arbeitsvertrag sich wiederfinden, dann würden die Veränderungen erst über eine Änderungskündigung möglich werden (da Sie ja nicht einverstanden sind). Bedingt durch den Schutz nach § 96 Absatz 3 SGB IX auch nur außerordentlich, also aus wichtigem Grunde!

Bitte also in der Richtung recherchieren (Blick in den Arbeitsvertrag). Sollte es aber unter das Direktionsrecht fallen, dann wäre zu überlegen ob nicht ein Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung nach § 81 Absatz 4 Ziffer 4 (Arbeitszeit) durchgesetzt werden kann.

Grüße
Christian Vedder
valentin

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Beitrag von valentin »

Hallo,

§ 81 Abs 4 SGB IX bedingt aber, dass dieses aus den ANERKANNTEN Gründen der Behinderung so notwendig ist. Der neue Arbeitsplatz also aus Gründen der anerkannten Behinderung nicht so möglich ist.
CVedder
Beiträge: 347
Registriert: Dienstag 2. November 2010, 11:14

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Beitrag von CVedder »

Korrekt,
aber da kann man mutig sein!

Grüße
Amaryllis

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Beitrag von Amaryllis »

Danke für die Antworten.
Hier noch ein paar Informationen:
„Die monatliche Arbeitszeit beträgt 8 Stunden multipliziert mit der Anzahl der üblichen Arbeitstage. Mit Zustimmung des Betriebsrats kann auch eine reduzierte monatliche Regelarbeitszeit als vorstehend vereinbart werden.
Jeder Mitarbeiter ist verpflichtet, seine Arbeitszeit den Erfordernissen seiner Tätigkeit anzupassen.
Für die Erbringung der täglichen Arbeitszeit besteht eine Gleitzeitmöglichkeit, die jedem Arbeitnehmer zur selbstverantwortlichen Gestaltung in der Zeit von 6:00 bis 20:00 Uhr zur Verfügung steht.
Es besteht keine generelle tägliche Mindestanwesenheitszeit. Die Arbeitszeit ist aber so einzurichten, dass den arbeitstechnischen Erfordernissen und sonstigen betrieblichen Belangen, insbesondere im Rahmen der Teamarbeit, Rechnung getragen wird. Dazu gehört auch die Erreichbarkeit für Kunden. Dem Grundsatz nach hat jeder Arbeitnehmer seine Arbeitszeit so einzurichten, dass er die monatliche Regelarbeitszeit einhält.“

An meinem bisherigen Arbeitsplatz habe ich seit 25 Jahren so gut wie keine Einschränkungen, weil es für mich sehr wenige Kundentermine gibt. In meinem Arbeitsvertrag ist eine Arbeitszeit von wöchentlich 32 Stunden vereinbart. In einem Zusatz zum Vertrag ist festgelegt, dass diese Arbeitszeit von Mo. bis Do. durchschnittlich 8 Stunden beträgt.
Der Arbeitsplatz, auf den ich versetzt werden soll muss täglich von 8:30 bis 17:00 Uhr besetzt sein. Es handelt sich dabei um eine Hotline. Der freie Freitag ist für den Arbeitgeber unstrittig, da will er für Ersatz sorgen, und an den anderen Tagen soll es aber nur in Ausnahmefällen möglich sein von der festen Arbeitszeit abzuweichen.
Ich habe einen Anfahrtsweg von 50 km und aufgrund der Verkehrsdichte verdoppelt sich meine Fahrzeit, wenn ich diese Arbeitszeiten einhalten muss. Bisher komme ich entweder morgens schon um 7 Uhr oder erst gegen 10 Uhr und richte die Heimfahrt dann auch so ein, dass ich nicht zur Hauptverkehrszeit fahre.

Viele Grüße
Amaryllis
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 21:56, insgesamt 1-mal geändert.
Amaryllis

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Beitrag von Amaryllis »

Hier noch ein Nachtrag:
In meinem Arbeitsvertrag ist keine bestimmte Tätigkeit definiert:

"Sehr geehrte .....,
wir werden Sie zum 01.01.1991 als ]vtitarbeiterin für unsere Betriebsstätte
.... einstellen.
Sie erhalten für Ihre Tätigkeit eine npnatliche Bmttovergütung von ...
Ihre Arbeitszeit beträgt wöchentlich 32 Stunden.
Die weiteren arbeitsverbraglichen Regelungen ergeben sich aus unseren Betriebsvereinbarungen in der jeweils geltenden Fassung.
..."

Im Jahr 2000 gab es einen Betriebsübergang zu meinem jetzigen Arbeitgeber zu gleichen Bedingungen.

Die Infos aus dem vorigen Eintrag sind aus der aktuellen Betriebsvereinbarung Arbeitszeit entnommen.

Viele Grüße
Amaryllis
Zuletzt geändert von Amaryllis am Dienstag 9. Februar 2016, 22:46, insgesamt 3-mal geändert.
valentin

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Beitrag von valentin »

Hallo,

also, ganz klar NUR eine Versetzung! Der Fahrtweg, die Fahrtzeit ist das Thema des AN. Einzig, wenn aus den ANERKANTEN GRÜNDEN der Behinderung diese Fahrtzeit nicht möglich wäre, könnte es ein Grund für den § 81 Abs 4 SGB IX sein. Dieses müsste durch ein ärztl. Attest bestätigt werden, dann müsste der AG ggf prüfen, ob durch veränderte Arbeitszeiten hier ein Lösung möglich wäre. Wäre aber kein Grund die Versetzung nicht doch umzusetzen, nur Anpassung der Arbeitszeit.
matthias.günther
Beiträge: 288
Registriert: Mittwoch 2. Mai 2012, 14:41

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Beitrag von matthias.günther »

Hallo,

ergänzend dazu, hier wäre eingangs zu prüfen: handelt es sich um eine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn (-> § 95 Abs. 3 BetrVG) und greift damit der Versetzungsschutz nach § 96 Abs. 3 S. 1 SGB IX i. V. m. § 103 Abs. 3 S. 1 BetrVG?
Der Arbeitgeber hätte hier die Zustimmung der SBV einholen müssen (auch wenn in eigener Sache) und hätte bei fehlender Zustimmung via Arbeitsgericht eine Zustimmungsersetzung einholen müssen, wenn er die Versetzung durchziehen will.
Über den Fall Änderungskündigung reden wir hier nicht (und dagegen sind die Funktionsträger bereits durch § 102 Abs. 1, 2 BetrVG grds. geschützt.
Die bloße Änderung der Verteilung der arbeitsvertraglich vereinbarten Arbeitszeit ist aus meiner Sicht jedenfalls keine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn, da dort auf eine Versetzung abgezielt wird, welche zum Verlust der Wählbarkeit oder des Amtes des betrieblichen Funktionsträgers führen würde. In der Praxis also vor allem Versetzung in einen anderen Betrieb. Eine Versetzung innerhalb des Betriebs begründet keinen Amtsverlust.
Bezüglich § 81 Abs. 4 SGB IX hat ja valentin schon geklärt.
Interessant wäre natürlich, ob der Arbeitgeber bei der Zuweisung der neuen Arbeitsaufgabe mit daraus folgender Änderung der Arbeitszeit / Einschränkung der Gleitzeit sein billiges Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat (warum trifft es gerade diesen Arbeitnehmer...?), sowie Beachtung des Rücksichtnahmegebotes auf bestehende (bekannte) Behinderungen des Arbeitnehmers.
valentin

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Beitrag von valentin »

Hallo,

§ 96 Abs 3 SGB IX greift hier nicht, da durch diese Versetzung ja nicht das Mandat verloren geht, also die Wählbarkeit, was aber der Inhalt des § 96, 3 ist. Hier ist es eine Versetzung im gleichen Betrieb, ohne Mandatsverlust. Selbst bei Versetzungen vom Tag in Nachtschicht oder innen in Aussendienst geht dieses nicht verloren, u.a. weil Mandatsarbeit Vorrang hat. Auch gibt es sofern gewählt Mandatsträger in diesen Bereichen.

Matthias, betreffend Versetzung gem. § 99 BetrVG, um dieses handelt es sich hier, empfehle ich einen Blick ist BetrVG

Nach § 95 Abs. 3 BetrVG ist Versetzung im Sinne dieses Gesetztes

die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs
für voraussichtlich länger als einen Monat oder
die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist.
(Ausnahme: § 95 Abs. 3 S. 2 BetrVG)
Also, klare 99 Versetzung. Auch das Thema Billigkeit dürfte hier nicht greifen, nur weil statt Gleitzeit nun feste Arbeitszeiten gelten. Auch die Zeit des Fahrtweges ist kein Hindernis, da normal und lt. Gerichtssprechung weit unter der Zumutbarkeit.
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

AW: Versetzung

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

sofern die angebotene bzw. zugewiesene Tätigkeit geringwertiger ist, kann dies sehr wohl eine ungerechtfertigte Benachteiligung iSd § 96 Abs. 2 SGB IX sein. So zB Dau/Düwell/Joussen, SGB IX, Düwell, § 96 Rn 24.

Und das ein vollständiger Wechsel der Arbeitsinhalte und auch wesentliche Änderungen der Arbeitszeit wie zB der Wechsel von Gleitzeit zu Festzeit grundsätzlich einer Änderungskündigung bedürfen, ist in der mir bekannten Literatur unumstritten.
So zB ErfK, Oetker, § 2 KSchG Rn 53 (Änderung des Tätigkeitsbereichs) sowie Rn 56 (Änderung der Arbeitszeit).

Ich sehe genug Ansatzpunkte, daß diese "Versetzung" rechtswidrig ist und angefochten werden kann.
&Tschüß
Wolfgang
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