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Mir wurde gekündigt

Verfasst: Donnerstag 15. Oktober 2015, 09:13
von maybrit
Guten Tag,

2010 habe ich auf Anraten der DRV eine Umschulung absolviert. In dieser Zeit legte man mir nahe einen Schwerbehindertenausweis zu beantragen, welcher im Jahre 2012 auch ausgestellt worden war. Während der Umschulung habe ich an einer Tankstelle Aushilfsweise gearbeitet. Die Inhaber dieser Tankstelle waren über meinen Behinderungsgrad von 60% informiert und dennoch stellten sie mich 2013 als Festangestellte ein, da ich nach meiner Umschulung keinen Job in dem Beruf fand in dem ich umgeschult wurde.
Die DRV unterstützte den Betrieb 3 Monate lang in Form einer Eingliederungshilfe und bis heute bin ich in diesem Betrieb tätig gewesen. Nun jedoch wurde mir am 02.10.2015 mündlich mitgeteilt, dass man mir Kündigen wolle und am 13.10.2015 erhielt ich die Schriftliche Kündigung zum 30.10.2015.
Ich wurde darauf hingewiesen von einer Außenseite her, dass die Kündigungsfrist nicht korrekt eingehalten wurde und ferner der Arbeitgeber auch mit dem Integrationsdienst Kontakt aufnehmen hätte müssen. Nun bin ich ein wenig überfordert, was ich weiter unternehmen muss. Die Arbeitgeber sind zu einem Auslandaufenthalt abgereist am 05.10.2015 und werden vorraussichtlich erst wieder am 27.10.2015 in Deutschland sein, nur der 30.10. 2015 ist ja bald. Ferner waren die Arbeitgeber darüber informiert, dass ich für eine gewisse Zeit in eine Tagesklinik gehen würde und da ich extra ihren Urlaub mit bedacht habe, sollte es im November sein. Im Vorfeld jedoch bekam ich eine sehr schwere Grippe, welche mich für 3 Wochen leider außer Gefecht gesetzt hatte. Nun stellt sich mir die Frage, ob beides zusammen gezogen wird, wenn es darum geht Krankengeld zu bekommen oder ob jede Erkrankung für sch zählt. Der Antrittstermin wurde nun vorverlegt auf den 16.10.2015 und der Betrieb hatte mich vom 09.10.2015 bis zum 30.10.2015 beurlaubt.
Deswegen meine Überforderung, weil ich jetzt einfach nicht weis welchen Schritt ich unternehmen soll und auch nicht was für ein Geld ich ab Dezember erhalte, weil ich als allein lebende Person natürlich sehen muss, dass meine laufenden Kosten abgedeckt sind.

Über eine kleine Hilfe in Form von Anregungen wäre ich äußerst dankbar.
MFG Maybrit

AW: Mir wurde gekündigt

Verfasst: Donnerstag 15. Oktober 2015, 09:55
von matthias.günther
Hallo,

bezüglich der Kündigung bitte beachten, innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung kann Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht erhoben werden. Holt der Arbeitgeber bei einem schwerbehinderten Beschäftigten nicht vorher die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung ein, stehen die Chancen, erfolgreich gegen die Kündigung vorzugehen, wegen dieses Formfehlers erst einmal gut. Danach ist das zuständige Integrationsamt gefragt. Zu Rechtsmitteln im Kündigungsschutz siehe https://www.integrationsaemter.de/Fachl ... index.html" onclick="window.open(this.href);return false; und https://www.integrationsaemter.de/Fachl ... index.html" onclick="window.open(this.href);return false;.
Bezüglich des Krankengeldanspruchs sollte die Krankenkasse erste Anlaufstelle sein.

Mir wurde gekündigt ohne InA-Zustimmung

Verfasst: Donnerstag 15. Oktober 2015, 16:01
von albin.göbel
maybrit hat geschrieben:Die Inhaber dieser Tankstelle waren über meinen Behinderungsgrad von 60 informiert... und am 13.10.2015 erhielt ich die schriftliche Kündigung

Hallo Maybrit,

eine solche Kündigung ist von vornherein unwirksam, wenn Ihr AG nachweislich über Ihren Schwerbehindertenausweis informiert war. Da die Kündigung des Arbeitsvertrags dennoch ohne die Zustimmung Ihres Integrationsamtes erklärt wurde, ist Ihre Kündigung in diesem Sonderfall demnach zum einen null und nichtig gemäß § 85 SGB IX in Verbindung mit § 134 BGB. Die 3-wöchige Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG hat somit zum anderen bis zum heutigen Tag überhaupt nicht zu laufen begonnen. Das gilt m.E. auch für kleine Unternehmen. Beide Punkte haben die Bundesrichter bereits 2008 in folgendem Grundsatzurteil so geklärt, was aber teils selbst Anwälten nicht geläufig ist.
BAG vom 13.02.2008, 2 AZR 864/06

Nun bin ich ein wenig überfordert, was ich weiter unternehmen muss

Matthias Günther hat ja schon darauf hingewiesen, möglichst noch heute vor Antritt Ihres morgigen Klinikaufenthalts beim ArbG Kündigungsschutzklage erheben zu lassen und zwar am Besten durch Ihre Gewerkschaft oder per Anwalt für Arbeitsrecht u.a. natürlich mit der Begründung, dass die Kündigung ohne die Zustimmung des Integrationsamts (nicht "Integrationsdienst") erfolgte. Ein Forum kann eine anwaltliche Beratung nicht ersetzen.

:idea: Die richtige Anwaltskanzlei zu finden ist nicht immer so leicht. Eine Reihe von Rechtsanwaltskammern haben daher auf ihrer Homepage eine Rechtsanwaltssuche oder Datenbanken für „Fachanwaltschaften“ eingerichtet bzw. teils sogar Namenslisten z.B. von "Fachanwälten für Arbeitsrecht" ihres Kammerbezirks veröffentlicht als Bürgerservice.

Sollten Sie jedoch die Kosten für einen solchen Anwalt nachweislich nicht bestreiten können, so kann Ihnen u.U. von Ihrem Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe auf Antrag bewilligt werden! Auch dazu kann Sie Ihr Fachanwalt beraten. Das Online-Formular zum Antrag auf Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe finden Sie im gemeinsamen Justizportal des Bundes und der Länder zum Herunterladen unter www.justiz.de

Nun wurde mir am 02.10.2015 mündlich mitgeteilt, dass man mir kündigen wolle und am 13.10.2015 erhielt ich die schriftliche Kündigung zum 30.10.2015... hingewiesen, dass die Kündigungsfrist nicht korrekt eingehalten wurde
Da hat sich der Arbeitgeber aber viel Zeit gelassen, denn die Kündigungsfrist beträgt von Gesetzes wegen "mindestens vier Wochen" (§ 86 SGB IX) und nicht weniger, wie Sie ja schon selbst ganz richtig erkannt haben (Düwell, LPK-SGB IX, § 86 Rn. 10). Demnach offensichtlicher Doppelfehler, da ohne Zustimmung des Integrationsamts gekündigt sowie ohne Einhaltung der Mindestkündigungsfrist gekündigt. Auch das wird den Arbeitsrichtern gar nicht gefallen...

Ferner waren die Arbeitgeber darüber informiert, dass ich für eine gewisse Zeit in eine Tagesklinik gehen würde
Sofort auffallend ist hier der zeitliche Zusammenhang mit Ihrer Grippe bzw. Tagesklinik. Sollten hier Anhaltspunkte für eine Maßregelung nach "Gutsherrenart" unmittelbar vor Antritt vorliegen, käme u.U. sogar der Beschluss des LAG Thüringen vom 19.06.2007, 5 Ta 55/07, zum Tragen wegen unzulässiger Rechtsausübung. Vordergründig ging es dabei zwar nur um die Prozesskostenhilfe wegen eines Kündigungsverfahrens – im Mittelpunkt des Beschlusses stand aber die Kündigung selbst.

Entschädigung
Eine solche Kündigung am Integrationsamt vorbei ist klar diskriminierend laut Fachliteratur und der Rechtsprechung, sofern die Schwerbehinderung dem Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung bekannt war. Das kann Ent­schädigung nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG auslösen. Das ist kein Kavaliersdelikt. Der Verstoß wiegt schwer. Weil § 15 Absatz 2 Satz 1 AGG gerade keine Kappungsgrenze vorsieht, ist jedenfalls die Grenze von drei Monatsgehältern i.S.d. § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG nicht maßgeblich. Das folgt u.a. schon aus BAG vom 12.12.2013 – 8 AZR 838/12, Rn. 34, wie folgt: „V. Rechts­feh­ler des Berufungsgerichts bei der Bestimmung der Höhe der ausgeurteilten Ent­schädigung sind nicht erkennbar.­ Ent­ge­gen der mit der Revision vertretenen Meinung liegt auch kein Anwendungsfall des § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG vor.“ Dazu der Kommentar einer Doktorandin.

Viele Grüße
Albin Göbel

AW: Mir wurde gekündigt

Verfasst: Donnerstag 15. Oktober 2015, 16:29
von Interessierter
Hallo,

hier sollte man SOFORT zum Anwalt gehen, der veranlasst dann sofort alles notwendige!!

Bitte hier nun nicht selbst den "Rechtgelehrten" sein wollen.