Seite 1 von 1

Verrat durch Schwerbehindertenvertreter

Verfasst: Dienstag 22. September 2015, 18:14
von Diskriminiert
Ich war in einer Kreisverwaltung befristet beschäftigt. Mein Beschäftigungsverhältnis wurde erst nicht verlängert wegen einer angeblichen unternehmerischen Entscheidung, dann plötzlich wegen meines Verhaltens, obwohl nie ein Personalgespräch durch den Arbeitgeber angestrengt wurde und bei einem von mir mit dem Landrat angestrebten Gespräch dazu nichts von seitens meines Arbeitgebers kam. Inzwischen weiss ich, dass man meine Bewerbungen aussortiert hat, weil ich meiner Pflicht nachgekommen bin, mich zu bewerben (Eingliederungsvereinbarung der Agentur für Arbeit) und dies vorrangig bei diesem Landkreis, bei dem ich mich wohlfühlte, tat.

Angefangen mit dem Ärger hat alles, weil ich es mir gewagt habe, in meine Personalakte zu schauen und nachzufragen, warum ich für die Stelle der Integrations- und Behindertenbeauftragten nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, obwohl ich in einer vorherigen Ausschreibung bereits eingeladen woren war und man sich für die Mitbewerberin entschieden hat. Die frühere Stelleninhaberin meinte, dass ich geeignet und befähigt war für diese Stelle.
Ich habe folgendes recherchiert:
1. Antrag auf Gleichstellung am 13.11.2013 - Anhörung ging am gleichen Tag an den Arbeitgeber. Nach Erinnerung haben Schwerbehindertenvertretung (alt) und Personalabteilung Stellung genommen, nicht jedoch der Personalrat. Widerspruch am 30.03.2014 eingelegt, Personalrat hat erst nach erneuter Erinnerung im Oktober 2014 Stellung genommen. Das Klageverfahren läuft noch.
2. Gleichstellungsantrag am 29.12.2014 gestellt und Gleichstellung gewährt. Über das Gleichstellungsverfahren wurde der Arbeitgeber in dem Bewerbungsschreiben zur 2. Bewerbung für die o.a. informiert. Die Gleichstellung erfolgte vor Abschluss des Stellenbesetzungsverfahrens. (Ausschreibungsende Fr. 16.01., Sichtung ab 19.01.) Bereits am 26.01. teilte man der BA in dem Gleichstellungsverfahren mit, dass die Stelle nicht an diese Bewerberin vergeben wurde, obwohl das Verfahren (siehe Daten des Bewerbungsverfahrens) nicht abgeschlossen sein konnte.
1. telefonische Aussage der Schwerbehindertenvertretung: man hat mich nicht eingeladen, weil ich beim ersten Mal den Zuschlag nicht erhalten habe. 2. Aussage, ich wurde nicht eingeladen, weil ich schon ein Bewerbungsgespräch hatte für diese Stelle und ich so einen ungerechtfertigten Vorteil hätte. Dass zwischen beiden Bewerbungen weitere Qualifikationen erworben wurden sowie erhebliche Rechtsänderungen eingetreten sind, die die Antworten aus dem ersten Bewerbergespräch falsch machten, spielt keine Rolle.
In einem weiteren Bewerberverfahren habe ich Kontakt mit dem Stellvertretenen Schwerbehindertenvertreter gehabt, der selbst angab, dass er nicht nachvollziehen kann, wie die Bewertung eines Excel-Tests erfolgte, der in diesem weiteren Bewerberverfahren entscheidend gewesen ein soll. Der Schwerbehindertenvertreter hat jedenfalls dieses Gespräch, in dem eine Meinungsäußerung über die Person des Landrates erfolgte (ich war wegen dieser Situation arbeitsunfähig und litt an Nervenzusammenbrüchen wegen des sich abzeichnenden Mobbings - es ist mir bewusst, wie schwer dies nachzuweisen ist). Eine Schweigepflichtentbildung habe ich nie erteilt, wurde auch nicht abgefragt.

Der Versuch einer Klärung mit der Schwerbehindertenvertretung scheiterte. Man erklärte, dass man erstmal in dem Verfahren, das am 16.01. endete, von meiner Behinderung erfahren hat, obwohl bereits ein Jahr zuvor eine Stellungnahme durch die damalige Schwerbehindertenvertreterin abgegeben worden war und durch die Personalabteilung. Da ich leider (vielleicht ist es auch Verfolgungswahn) davon ausgehen muss, dass der Inhalt dieses Gespräches mit dem stellvertretenden Schwerbehindertenvertreter weitergegeben wurde, um mir zu schaden, weil ich ja auch der Schwerbehindertenvertretung vorgeworfen habe, dass diese mich nicht unterstützt und damit eine Pflichtverletzung.

Einerseits möchte ich keine Schaden, andererseits fühle ich mich nicht nur in meinen Rechten verletzt, sondern denke, dass ich nicht die einzige bin,deres so geht. Einerseits nimmt die Schwrbehindertenvertretung ihre Rechte nicht wahr, andererseits schadet sie einem gleichgestellten Behinderten bewusst mit der Weitergabe vertraulicher Inhalte.

Sollte man hier eine Strafanzeige machen? Meine Frist endet am 25.09.2015. Es wäre nett, wenn mir jemand bei meiner Entscheidung helfen würde, der Erfahrungen hat. Leider finde ich immer nur, wie gut und wie toll Schwerbehindertenvertretungen sind. Was aber, wenn diese nicht nur ihren Pflichten nicht nachkommen, sondern denen, die sie unterstützen sollen, schaden?

AW: Verrat durch Schwerbehindertenvertreter

Verfasst: Mittwoch 23. September 2015, 07:32
von matthias.günther
Hallo,

nach § 94 Abs. 7 S. 5 SGB IX besteht die Möglichkeit, dass auf Antrag eines Viertels der wahlberechtigten schwerbehinderten Menschen der Widerspruchsausschuss beim Integrationsamt das Erlöschen des Amtes einer Vertrauensperson (SBV) wegen grober Verletzung ihrer Pflichten beschließt. Also eine ziemlich große Hürde. Funktioniert eigentlich nur bei Verstößen gegen den Datenschutz. Diese müssen beweisbar sein.
Da das Arbeitsverhältnis ja offenbar bereits beendet ist, könnte man als abgelehnter Bewerber ggf. eine Klage nach dem AGG wegen Diskriminierung aufgrund der Behinderung in Betracht ziehen. Dazu müsste der Arbeitgeber aber Indizien liefern, z. B. Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch.
Für den vorliegenden Sachverhalt stellt sich das mMn nicht ganz so eindeutig dar.

AW: Verrat durch Schwerbehindertenvertreter

Verfasst: Mittwoch 23. September 2015, 10:33
von matthias.günther
Eine (persönliche) Haftung der Schwerbehindertenvertretung (SBV) kommt darüber hinaus nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit hinsichtlich einer Beratung in Betracht:

Nach § 96 Abs. 3 S. 1 SGB IX besitzt die Vertrauensperson die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied des Betriebsrates (BR). Dies bedeutet, dass hinsichtlich der Haftung für Auskünfte, welche die SBV im Rahmen ihrer Mandatsausübung gegenüber schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten, im Rahmen der Beratung nach § 95 Abs. 1 S. 3 SGB IX sowie gegenüber dem Arbeitgeber erteilt, die gleichen Maßstäbe wie für ein BR – Mitglied gelten.
BR – Mitglieder haften für Auskünfte, die sie in den von Ihnen abgehaltenen Sprechstunden erteilen, nur bei unerlaubter Handlung nach §§ 823 ff BGB. Somit haftet die SBV nach dem gleichen Maßstab, jedoch nicht als Kollektivorgan, sondern als natürliche Person. Eine Haftung des Arbeitgebers scheidet aus, da die SBV nicht als dessen Erfüllungsgehilfen (fehlende Weisungsgebundenheit, § 96 Abs. 1 SGB IX) im Rahmen des Arbeitsverhältnisses tätig wird, sondern in eigener Verantwortung als Funktionsträger handelt (vgl. Fitting, S. 775 f., 2014).
Dies bedeutet, dass eine Haftung nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit in Betracht kommt. Bei falscher Auskunftserteilung kommt aber allenfalls ein Vermögensschaden in Betracht (§ 826 BGB, bei einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung).

AW: Verrat durch Schwerbehindertenvertreter

Verfasst: Donnerstag 1. Oktober 2015, 15:43
von katjamaus
Hallo Diskriminiert,
aus dem ersten Beitrag ist nicht zu erkennen, wann und ob der Arbeitgeber den Gleichstellungsbescheid bekommen hat.
Falls der Arbeitgeber den Gleichstellungsbescheid nicht rechtzeitig vorgelegt bekam, kann man sich nicht darauf berufen, dass die Behörde eine Stellungnahme im Gleichstellungsverfahren gegenüber der BA abgab, also vom Gleichstellungsverfahren wusste. Das Antragsverfahren allein besagt gar nichts über das Ergebnis. Und nach dem Ergebnis darf der Arbeitgeber im Einstellungsverfahren nicht fragen, denn das wäre eine unzulässige Frage nach dem Schwerbehindertenstatus!

AW: Frage nach einer Gleichstellung im Bewerbungsverfahren?

Verfasst: Mittwoch 21. Oktober 2015, 17:23
von albin.göbel
katjamaus hat geschrieben:... das wäre unzulässige Frage nach dem Schwerbehindertenstatus!
Hallo katjamaus,

ja, die ständige Rechtsprechung und herrschende Meinung sieht das ganz genauso, wonach der Arbeitgeber "Nachforschungen" zu unterlassen hat. Demnach ist die tätigkeitsneutrale Frage an Stellenbewerber, ob sie gleichgestellt oder schwerbehindert sind, regelmäßig unzulässig (Düwell in LPK-SGB IX, § 85 Rn. 27; Knittel, SGB IX, § 68 Rn. 43) nach § 28 Abs.6 BDSG.



Viele Grüße
Albin Göbel