Clara hat geschrieben:So steht es jedenfalls im Schreiben der AfA zur Stellungnahme der SBV
Einen solchen Hinweis kann ich dem
Fragebogen der Bundesagentur für Arbeit nicht entnehmen.
Clara hat geschrieben:Heißt das nicht adäquat, dass die Zusicherung einer Gleichstellung der AfA auch gleichzeitig die Anwendung aller Bestimmungen des SGB IX... Anwendung finden, also auch die Beteiligung der SBV im Bewerberverfahren?
NEIN, das lässt sich gerade nicht aus der BAG-Rspr. ableiten, sondern das genaue Gegenteil wie folgt:
"Für eine Gleichstellung fehlt es im Falle der Klägerin an diesem konstitutiven Akt, obwohl sie mit 40 einen für eine Gleichstellung ausreichenden Grad der Behinderung aufweist. Die konstitutive Feststellung wird auch nicht durch die Zusicherung nach § 34 SGB X ersetzt. Die schriftliche Zusicherung der zuständigen Behörde, einen bestimmten Verwaltungsakt, hier die Gleichstellung, später zu erlassen, verpflichtet die Behörde zwar grundsätzlich zu einem entsprechenden Verwaltungshandeln, ersetzt aber den zugesicherten Verwaltungsakt als solchen gerade nicht"
BAG, 27.01.2011, 8 AZR 580/09, Rn. 33
Stellenbewerber müssen folglich nicht nach den Vorschriften des SGB IX behandelt werden jedenfalls nach dem Auslaufen der Übergangsrechtsprechung 2006, wenn ihnen nur eine Gleichstellung "zugesichert" statt bewilligt wurde. Damit fallen sie nicht (mehr) unter die Schutzvorschriften des SGB IX laut
Pressemitteilung des BAG, letzter Satz (LPK-SGB IX, § 81 Rn. 20).
Zusicherungen, teils als Gleichstellungen
2. Klasse bezeichnet, sind demnach einer Gleichstellung gerade
nicht gleichwertig. Solche Zusicherungen sichern z.B.
• keine Bewerbungs-Verfahrensrechte nach § 81 Abs. 1 SGB IX,
• keine nach § 95 Abs. 2 SGB IX und
• keine nach § 82 SGB IX. Gegenteilige im Internet kursierende Anwaltsauskünfte bzw. Merkblätter, wonach eine Zusicherung im gesamten Einstellungsverfahren ebenso wie eine Gleichstellung zu behandeln sei, sind unvereinbar mit dieser Rechtsprechung bzw. der Rechtslage seit 18.08.2006.
Harsche Kritik daher zur
"zunehmenden bedenklichen" Praxis von Arbeitsagenturen (Zusicherung statt Gleichstellung) z.B. in VdK-Fachzeitschrift S+P 9/2011, S. 595 - 600; Dau, LPK-SGB IX, § 68 Rn 17 m.w.N, sowie bei Haufe in Rz. 397 wie folgt:
"... sind die Nachteile des behinderten Antragstellers mit Zusicherung, aber ohne Gleichstellungsbescheid übersehen worden. Denn wer sich mit der bloßen Zusicherung um die Einstellung bewirbt, kann sich nicht auf die Eigenschaft eines gleichgestellten behinderten Menschen berufen. Damit entfallen für ihn alle angemessenen Vorkehrungen, die der Gesetzgeber zur Verbesserung der Bewerbungschancen gleichermaßen für schwerbehinderte und gleichgestellte behinderte Menschen geschaffen hat"
Auch die sozialgerichtliche Instanzenrechtsprechung hat wie die BA verkannt, dass entgegen deren
"Merkblatt" eine zugesicherte Gleichstellung keineswegs einer bewilligten Gleichstellung nach SchwbR gleichwertig ist und daher behinderte Bewerber durch eine bloße Zusicherung bei Einstellungen benachteiligt werden können, u.a. SBV-Ausschluss. Das
BSG hat bisher keine einzige Zusicherung statt Gleichstellung "durchgewunken":
Im
Revisionsverfahren B 11 AL 47/07 erkannte die Bundesagentur den Anspruch des dortigen Klägers auf Gleichstellung an und vermied damit ein Grundsatzurteil. Die Fehlurteile des SG Fulda, S 1 AL 102/05, und des Hessischen LSG, L 7 AL 61/06, sind durch das Bundessozialgericht nicht bestätigt worden.
Die Bundesagentur für Arbeit soll ihre Praxis inzwischen geändert haben und gleichstellen, wenn der behinderte Mensch sich mit bloßer Zusicherung ausdrücklich nicht zufrieden gebe (Beyer, in jurisPR-ArbR 35/2011 Anm 2). Darüber muss die Arbeitsverwaltung
aufklären (
Dau, RiBSG a.D., LPK-SGB IX, §
68 Rn. 17) sowie über sämtliche damit verbundenen rechtlichen
Nachteile im Bewerbungsverfahren, wenn die Agentur behinderte Antragsteller ungefragt unter Fristsetzung mit dieser Option konfrontiert.
Wer eine Gleichstellung beantragt, muss sich jedenfalls frei entscheiden können, ob er sich zunächst mit einer Zusicherung begnügt oder gleich eine Gleichstellung will. Wer gegen seinen Willen nur die Zusicherung erhält, sollte
Widerspruch einlegen (Düwell, LPK-SGB IX, § 81 Rn. 143). Darüber entscheidet dann jeweils der Widerspruchsausschuss.
Viele Grüße
Albin Göbel