Seite 1 von 1

Wahlberechtigung im Ruhestand

Verfasst: Donnerstag 14. Mai 2015, 12:44
von dpolg-bayer
Beamte, die wegen völliger Dienstunfähigkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand versetzt werden, können angeblich bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze reaktiviert werden, wenn die völlige Dienstunfähigkeit aus irgendwelchen Gründen nicht mehr besteht.

Obwohl mir ein derartiger Fall in meiner langjährigen Praxis noch nicht begegnet ist, stellt sich die Frage, ob dieser Personenkreis eine Wahlberechtigung haben könnte, auch wenn (noch) kein Reaktivierungsverfahren eingeleitet wurde. Da mit der Ruhestandsversetzung auch die Beziehung zur bisherigen Dienststelle gekappt wird (Ausscheiden aus der Dienststelle), würde sich die weitere Frage ergeben, bei welcher Dienststelle der (noch) nicht reaktivierte Beamte wahlberechtigt wäre :?:

Hat dazu jemand eine Idee???

AW: Wahlberechtigung im Ruhestand

Verfasst: Montag 18. Mai 2015, 13:54
von Ulrich.Römer
Hallo dpolg-bayer,
aktives Wahlrecht haben normalerweise alle, die ein berechtigtes Interesse an der betrieblichen Gestaltung haben, weil die Abwesenheitszeit nur vorübergehend und mit dem Ziel der Rückkehr an den Arbeitsplatz verbunden ist.
Deshalb dürfen auch die Altersteilzeitler in der Freistellungsphase nicht mehr mit wählen obwohl sie noch beschäftigt sind, aber nie wieder zurückkehren werden (und auch nicht zurückkehren wollen).
Ähnlich würde ich das auch beim Beamten sehen, der vorzeitig in Ruhestand geschickt wird - also kein Wahlrecht.

AW: Wahlberechtigung im Ruhestand

Verfasst: Mittwoch 20. Mai 2015, 05:49
von dpolg-bayer
Hallo Herr Römer,

vielen Dank für Ihre Antwort :) . Die wird uns bei der Wahlanfechtung sicherlich sehr hilfreich sein.

Grüße aus Bayern

AW: Wahlberechtigung im Ruhestand?

Verfasst: Samstag 5. Dezember 2015, 11:00
von albin.göbel
dpolg-bayer hat geschrieben:Wahlberechtigung, auch wenn (noch) kein Reaktivierungsverfahren eingeleitet wurde?
Hallo dpolg-bayer,

sollten hier zu viele nicht Wahlberechtigte (Stichtag: Erlass des Wahlausschreibens) in der Wählerliste gestanden haben und daher ggf. im Wahlausschreiben eine zu hohe Mindestzahl der Stützunterschriften gestanden haben (Wahlbroschüre, Seite 40 - Tabelle), dann dürften die Wahlen auch aus diesem Grund anfechtbar sein (LAG Kiel vom 21.03.1990, 5 TaBV 8/90).

Kausalität für eine Wahl ist regelmäßig anzunehmen, wenn im Wahlausschreiben eine zu hohe Zahl an Stützunterschriften verlangt wird, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass ansonsten weitere Vorschläge eingereicht worden wären. Im übrigen kommt es entgegen LAG Nürnberg nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG seit 1968/1980 bei Anfechtungen wegen falscher Wählerliste bei PR-Wahlen nicht darauf an, ob zuvor Einspruch gegen die Wählerliste eingelegt wurde.

Abgesehen davon erscheint es bei einem weitläufig ausgedehnten Wahlbezirk wie hier, der einen ganzen Regierungsbezirk mit über 7.000 qkm umfasst mit 50 Beschäftigungsstellen, den Beschäftigten regelmäßig nicht zumutbar, teils weit über 100 km ins Büro des Wahlvorstands zu fahren auf eigene Kosten, nur um die Wählerliste kurz zu sichten und ggf. Einspruch einzulegen, nur um das Recht zur Anfechtung wegen falscher Wählerliste nicht zu verlieren.

NB: Eine sogenannte „Reaktivierung“ setzt regelmäßig eine amtsärztliche Überprüfung voraus. Es kommt darauf an, was in dem Bescheid über die Ruhestandsversetzung steht. Wird zum Beispiel nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BBG in den Ruhestand versetzt, dann gibt es auch regelmäßig keine Überprüfung, wird aber nach Satz 2 versetzt, wird hingegen regelmäßig überprüft und sodann amtsärztlich untersucht.

Viele Grüße
Albin Göbel

AW: Wahlberechtigung im Ruhestand

Verfasst: Sonntag 6. Dezember 2015, 13:36
von dpolg-bayer
Hallo Herr Göbel,

nachdem der (bisher noch nicht rechtskräftig gewordene) Beschluss des Arbeitsgerichtes Nürnberg zu diesem Fall keine eindeutige Position enthält, kann ich diesbezüglich keine falsche Entscheidung des Wahlvorstandes unterstellen. In der mündlichen Verhandlung deutete der Richter an, dass in jedem Einzelfall eine Wahlberechtigung zu prüfen wäre und dies unterbleiben könne, weil weitere (eindeutige) schwerwiegende Verstöße gegen Wahlvorschriften vorliegen, die für sich allein bereits zur Ungültigkeit der Wahl führen.