Hallo Frau Rosenberg,
die Frage ist in der Fachliteratur und in der Instanzenrechtsprechung umstritten und bisher höchstrichterlich immer noch nicht geklärt. Rein am Wortlaut der SBV-Wahlordnung „klebend“ meint
ArbG Bonn, 04.05.2011, 5 BV 51/11, Rn. 40, dass es ausreichen soll, den Wahlberechtigten eine schriftliche persönliche Einladung zu schicken. Eine persönliche Einladung sei sogar die geeignetere Form, da der Wahlberechtigte konkret angesprochen werde und nicht nur
"beiläufig" Kenntnis erhalte. Dem pauschal und unkritisch folgend LAG Köln, 19.10.2011, 3 TaBV 51/11. Ebenso
Cramer, SchwbG, § 19 SchwbWO Rn. 1. Ferner auch
Pahlen in NPM-SGB IX, § 19 SchwbVWO Rn. 2. Gleichfalls
WahlNAVI. Zulässig und wohl die Regel ist die schriftliche Einladung zur Wahlversammlung des richterlichen Personals nach § 24
Abs. 1 SchwbVWO; ob diese wahlordnungsrechtliche Norm dem übergeordneten wahlübergreifenden sowie elementaren Wahlrechtsgrundsatz der allgemeinen Wahl entspricht, erscheint zweifelhaft.
Gegenansicht
Düwell sowie das
LAG Brandenburg vom 17.10.2003, 8 TaBV 7/03, vertreten hingegen die Auffassung, dass regelmäßig
betriebsöffentliche Einladung am "Schwarzen Brett" erforderlich sei. Aus meiner Sicht ist mit dem "Aushang" untrennbar der Begriff „betriebsöffentlich“ verbunden, was aber bei reiner persönlicher Einladung ganz offensichtlich gerade nicht gewahrt wäre! Dem Aushang ist m.E. klar der Vorzug zu geben (unabhängig von diesem jahrzehntelangen Expertenstreit) zumindest aus Gründen der Rechtssicherheit, der Zweckmäßigkeit und zur Erhöhung der Wahlbeteiligung aus folgenden drei Gesichtspunkten:
(
1) Anfechtungsminimierung für den Fall, dass das Namensverzeichnis der Wahlberechtigten - wie so oft - unvollständig sein sollte bzw. falls Wahlberechtigte behaupten, die schriftliche Einladung nie bekommen zu haben.
(
2) Wird
zweitens nur schriftlich eingeladen kann es vorkommen, dass Beschäftigte erst im Nachhinein als Schwerbehinderte anerkannt werden oder erst danach von der Arbeitsagentur gleichgestellt werden, z.B. kurz oder unmittelbar vor der Wahlversammlung, und diese daher von der Wahlversammlung nichts mitkriegen, da nicht betriebsöffentlich bekanntgemacht wurde durch Aushang, und auch Arbeitgeber dies nicht oder verspätet der Schwerbehindertenvertretung erst nach der Wahlversammlung nachmelden, was in der Praxis ja immer mal wieder vorkommt und auch bei Wahlanfechtungen teils zu Recht gerügt wird.
(
3) Dies gilt
drittens wohl auch für Beschäftigte, die (noch) nicht ihre Schwerbehinderung offenbart haben, aber ggf. mitwählen wollen, ohne betriebsöffentliche Bekanntmachung von der Wahl aber gar nichts mitbekommen und daher diese Wahlversammlung verpassen (vgl.
Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn
74/80; ferner auch
Hohmann in: Wiegand/Hohmann, SchwbVWO, § 19 Rn. 12/30). Das wäre demnach ggf. klarer Verstoß gegen den wahlübergreifenden
Grundsatz allgemeiner Wahlen. Zur Einladung durch Aushang siehe grdl.
Sachadae, Die Wahl der SBV, Dissertation 2013, Seite 346/348.
Würde man dem BIH-
WahlNAVI folgen, wonach den drei einladungswilligen sbM die Namen der Wahlberechtigten vorenthalten werden dürften bei erstmaliger Wahl gemäß § 19
Abs. 2 SchwbVWO, könnten diese schon mangels Kenntnis der Namen ohnehin nicht alle sbM persönlich einladen.
Zur Ausschaltung unnötiger Anfechtungsrisiken bzw. zum rechtssicheren Nachweis ordnungsgemäßer Ladung ist es daher nach der Fachliteratur
empfehlenswert bzw. ratsam und klug, zumindest auch durch einen Aushang zur Wahlversammlung einzuladen, bei mehreren Betriebsstätten sowie bei Zusammenfassung von Betrieben für diese Wahl entsprechend mehrfach aushängen zu lassen.
• Intranet
Zwar kann daneben oder anstelle des Aushangs auch im
Intranet betriebsöffentlich geladen werden, wenngleich der Verordnungsgeber zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Wahlordnung vom 23.04.1990 im letzten Jahrhundert daran wohl eher weniger gedacht haben dürfte. Eine Bekanntmachung alleine im Intranet ist aber nur dann geeignet und ausreichend, wenn auch wirklich alle Wahlberechtigten ausnahmslos einen vernetzten PC-Arbeitsplatz mit Intranetanschluss haben, sonst nicht. Vergessen werden da gerne mal schwerbehinderte Reinigungskräfte ohne Intranetanschluss, um nur ein Beispiel zu nennen. Und das alleine kann dann anfechtungsrelevant sein jedenfalls bei engen Wahlergebnissen mit nur einer Stimme Unterschied oder bei Stimmengleichheit bei der SBV-Wahl bzw. bei der Wahl der Stellvertreter. Mehr zur Veröffentlichung im Intranet vergl auch
Diskussion vom 07.11.2014.
• Ruhende Beschäftigung
Aber weder durch Intranet noch durch Aushang würden regelmäßig Wahlberechtigte mit vorübergehend ruhenden Beschäftigungsverhältnissen wie Mutterschutz oder Jahresurlaub erreicht. Hier würde nur eine
persönliche Einladung durch SBV helfen.
• Zeitarbeitsbetriebe
Gilt entsprechend in besonderem Maße speziell bei
Auswärtstätigkeit sbM etwa in Zeitarbeitsbetrieben, wenn diese i.d.R. in anderen Unternehmen zu der Leiharbeit eingesetzt werden, für die Einladung zur Versammlung laut § 1
Abs. 2 SchwbVWO zur Wahl des Wahlvorstands.
Viele Grüße
Albin Göbel