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Fragen zur Wahl

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2014, 16:17
von susanne.seitz
Hallo,

ich habe doch noch einmal folgende Fragen zur Wahl:

1. Passiv wählbar sind ja auch nicht Schwerbehinderte. Dennoch müssen sie die Voraussetzung erfüllen mindestens 6 Monate im Betrieb beschäftigt zu sein. Richtig? Gibt es darüber hinaus noch weitere zwingende Voraussetzungen?

2. Wie sieht es mit AÜG Beschäftigten (Arbeitnehmerüberlassung) aus (nicht schwerbehindert). Sind die wählbar? Dürfen sie aktiv wählen?

3. Nehmen wir an (bei uns gilt das einfache Wahlverfahren) in der Wahlversammlung wird ein nicht schwerbehinderter Kandidat vorgeschlagen. Ich kann in der Wahlversammlung nicht prüfen, ob er wählbar ist. Wie sieht das weitere Prozedere aus, wenn er/sie z.B. gewählt wird, aber im Nachhinein festgestellt werden würde, dass die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind?

4. Ist der Nachweis der Schwerbehinderung durch Ausweis oder Feststellungsbescheid oder die Vorlage des Gleichstellungsbescheids zwingende Voraussetzung an der Wahlversammlung teilzunehmen. D.h. muss eine Person, die beispielsweise den Gleichstellungsbescheid "vergessen" hat, abgewiesen werden?

vielen Dank
Susanne

AW: Fragen zur Wahl

Verfasst: Mittwoch 8. Oktober 2014, 16:27
von CVedder
Hallo Susanne,

1. Sie müssen auch als Betriebsrat bzw. Personalrat wählbar sein. Sollten Sie dem öffentlichen Dienst angehören, dann können Länderregelungen von den 6 Monaten abweichen, so z.B, genügen in Baden-Württemberg 2 Monate. Hingegen bleibt es bei der Mindestfrist von 6 Monaten für die SBV, unabhängig von Länderregelungen.
2. Siehe Wahlbroschüre Tabelle Seite 30 "überlassene Arbeitnehmer, echte/unechte Leiharbeitnehmer" in Zeile 5.
3.In diesem Fall rückt der Kandidat mit den nächst meisten Stimmen ins Amt nach.
4. Nachweis ist erforderlich, da Wahl sonst anfechtbar, wenn nicht Wahlberechtigte mitgewählt haben.

Gruß Christian Vedder

AW: Fragen zur Nichtwählbarkeit

Verfasst: Freitag 29. Dezember 2017, 11:33
von albin.göbel
susanne.seitz hat geschrieben:3. Wie sieht Prozedere aus, wenn er/sie z.B. gewählt wird, aber im Nachhinein festgestellt werden würde, dass die Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind?
3.1 Dann wären diese Wahlen zumindest anfechtbar mit den dann üblichen Folgen einer für ungültig erklärten Wahl, d.h. u.U. komplette Neuwahl oder eine Nachwahl der Stellvertretung. Vergl. Hohmann in: Wiegand / Hohmann, SchwbVWO, § 6 Rdnr 11, wonach diese Wahlvorschläge "grund­sätz­lich unheilbar ungültig" seien, es sei denn, der Mangel liegt nicht mehr vor, etwa weil zwischenzeitlich volljährig. Das BAG hat offen gelassen, ob die Wahl einer nichtwählbaren Person zur Nichtigkeit der Wahl führt oder nur zur Anfechtung be­rech­tigt (BAG vom 25.10.2017, 7 ABR 2/16, B I 2 b aa, Rn. 17).

:idea: 3.2 Umstritten ist in Literatur, ob auch gerichtliches Verfahren zur Fest­stel­lung der Nichtwählbarkeit in Frage kommt (dafür zum Bsp. Wiegand/Hohmann, SchwbVWO, Einleitung Rn 68, § 5 Rn 103, § 22 Rn 49, sowie ferner Schimanski, GK-SGB IX, § 94 Rn. 174; a.A. VG Münster vom 20.06.1983 - PVL 16/81; Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, § 94 Rn. 121; BIH-Wahlbroschüre in Abschnitt 8.2 Wahl­an­fech­tung, Seite 94).

Ein derartiges Feststellungsverfahren zur Nichtwählbarkeit ist im Grunde ein auf ein "einzelnes Mitglied beschränktes, zeitlich nicht befristetes Anfechtungsverfahren", (BVerwG, 7.11.1975, VII P 11.74, Rn 21) d.h. sogenannte "kleine Wahlanfechtung". Demnach besteht zwischen diesem Ver­fah­ren und der Wahl ein ebenso enger Zusammenhang wie beim Wahl­an­fech­tungs­ver­fah­ren, so dass sich die Ver­wei­sung­ auch auf diese sog. „kleine Wahl­an­fech­tung“ be­zieht und diese daher sinngemäß anzuwenden ist gemäß Hohmann wie folgt:

Hohmann: "Dies folgt auch ohne aus­drück­li­che Ver­wei­sung des SGB IX auf diese Vorschriften*) aus Sach­zu­sam­men­hang mit den Wahlanfechtungsbestimmungen und der weitgehenden Bezugnahme in § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB IX auf die zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Wähl­bar­keits­vor­schrif­ten des Rechts der all­ge­mei­nen Interessenvertretungen." (Rn. 68)

VG Münster: „Schließlich enthält auch das Schwer­be­hin­der­tengesetz [jetzt SGB IX] selbst keine Vorschriften über ein Verfahren, mit dem die Nichtwählbarkeit des Ver­trau­ens­man­nes festgestellt werden könnte.“ Daher besteht klarer Regelungs- bzw. Klarstellungsbedarf durch den Gesetzgeber, da m.E. identische Interessenlage wie bei BR-/PR-Wahlen. Vergl. dazu auch Diskussion aus 2015 zu häufigen Praxisfehlern.

Viele Grüße
Albin Göbel

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*) § 24 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG
*) § 29 Abs. 1 Nr. 7 BPersVG

AW: Fragen zur Wahl

Verfasst: Dienstag 9. Januar 2018, 09:31
von ktnagel
zu 4. noch eine Nachfrage:

wenn es eine Wählerliste des Arbeitgebers gibt, reicht das als Nachweis aus?
Oder muss trotz Eintrag in die Wählerliste noch ein SB-Ausweis bzw. Gleichstellungsbescheid vorgelegt werden?

Danke,
Thomas Nagel

AW: Fragen zur Wahl

Verfasst: Dienstag 9. Januar 2018, 13:16
von albarracin_01
Hallo,

da der AG die nach § 80 (a.F.)/163 (n.F.) Abs. 1 Satz 1 laufend zu führende Liste zur Verfügung stellen muß, reicht diese Liste als Nachweis der Wahlberechtigung aus, solange nicht eine Eintragung während der Auslegung angezweifelt wird.