Seite 1 von 1

Wählerverzeichnis per eMail verschicken?

Verfasst: Dienstag 17. Juni 2014, 18:49
von jada.wasi
Hallo zusammen,

darf eigentlich wegen des Gebots barrierefreier Wahlen z.B. Blinden und erheblich sehbehinderten Beschäftigten das Wählerverzeichnis nach § 3 SchwbVWO als Textdatei gemailt werden, damit es sich diese vorlesen lassen können?

Gruß,
Jada Wasi

AW: Wählerverzeichnis per eMail verschicken?

Verfasst: Dienstag 17. Juni 2014, 19:41
von albin.göbel
jada.wasi hat geschrieben:Darf Blinden... das Wäh­ler­ver­zeich­nis... als Textdatei gemailt werden?

Das halte ich datenschutzrechtlich für problematisch, weil grds. nicht nötig. Blinde Beschäftigte können aber zum Bsp. eine ­As­sis­tenz bzw. eine Hilfsperson ihres Ver­trau­ens bei der Einsichtnahme mitbringen zum Vorlesen. Das darf ihnen der Wahl­vor­stand nach dem auch hier anzuwendenden allg. Rechtsgedanken des § 10 Absatz 4 SchwbVWO als gebotene "angemessene Vorkehrung" nicht verwehren, da sonst die Zugänglichkeit zur SBV-Wahl, zu der ja auch das Einsichtsrecht gehört, nicht sichergestellt wäre, und dies eine Wahl­be­hin­de­rung bzw. Wahlbeschränkung wäre. Denn der Blinde könnte ja sonst be­hin­de­rungs­be­dingt die Liste der Wahl­be­rech­tig­ten alleine gar nicht überprüfen und sein wahlrechtlich verbürgtes Recht, evtl. Ein­spruch einzulegen, wäre vereitelt. Dieses folgt auch aus der UN-BRK.

Literatur:
Eine in der Rechtsliteratur zur SchwbVWO vertretene pau­schale Einzelmeinung, wonach zwar kein Anspruch auf Überlassung einer Kopie der Namensliste bestehe, es aber allein dem pflichtgemäßem Ermessen des Wahl­vor­stands obliegen soll, Kopien der Liste der Wahlberechtigten auszuhändigen oder per eMail zu versenden oder gar ins be­trieb­li­che oder behördliche Intranet zu stellen wie z.B. bei PR-Wahlen, auf das dann alle Be­schäf­tig­te vollumfänglich Zugriff haben (so aber Wiegand/Hohmann, SchwbVWO, § 3 Rn. 28/31), ist viel zu weitgehend und übersieht dabei den bei den SBV-Wah­len zu beachtenden Persönlichkeitsschutz. Ablehnend auch Prof. Kohte, Dr. Karpf und Prof. Düwell.

Weil diese Information niemanden im Betrieb so ohne Weiteres etwas angeht und niemand seinen Kollegen oder Vorgesetzten offenbaren muss, ob er schwerbehindert ist oder eben nicht, ist das Einsichtsrecht in die Wählerliste beschränkt – anders als bei der BR- oder PR-Wahl. Die Wählerliste darf folglich weder frei ausgehängt noch im Intranet veröffentlicht werden.

Das mag zwar für die Betriebs- und für Personalratswahlen angehen, nicht aber allgemein für die Wahl einer örtlichen SBV, da besonders schutzwürdige Sozialdaten, deren generelle Überlassung für einen rechtmäßigen Fortgang und die Durch­füh­rung der förmlichen Wahl jedenfalls für die Ausübung des aktiven Wahlrechts generell nicht notwendig und daher sachlich nicht gerechtfertigt ist.

Zwar mag laut Kirchenrecht (§ 15 Abs. 2 WahlO-MVG) teils etwas anderes gelten als nach der staatlichen Wahlordnung. Das ist jedoch bedeutungslos für Betriebe nach BetrVG und Dienststellen z.B. nach BPersVG, für die alleine staatliches Recht gilt und zu beachten ist.

Mit der "Auslegung" der Liste der Wahl­be­rech­tig­ten werden schützenswerte Da­ten­ über ein persönliches Merkmal (Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft oder Gleichstellung) betriebsöffentlich oder dienst­stel­len­öf­fent­lich gemacht. Insofern sind die Re­ge­lun­gen der §§ 67 ff SGB X zu beachten.

Kontextlink:
Diskussion vom 30.10.2014

Viele Grüße
Albin Göbel

Re: aushängen oder auslegen?

Verfasst: Freitag 23. März 2018, 20:50
von jada.wasi
Hallo zusammen,

in der neuen ZB INFO 1/2018 zur Wahl steht, dass die Wählerliste auszuhängen sei ("Aushang Wählerliste", "Wählerliste aushängen"), während an anderer Stelle steht, dass auszulegen sei. Was gilt denn nun? Hat sich hier gegenüber 2014 was geändert? EU-DSGVO?

Grüße
Jada Wasi

Re: aushängen oder auslegen?

Verfasst: Freitag 23. März 2018, 22:09
von Heidi Stuffer
Hallo Jada Wasi,

das darf nicht wahr sein! Wählerliste "aushängen" geht gar nicht nach der Wahlordnung - unter keinen Umständen. Das wäre kapitaler Fehler und würde jeden Datenschutzbeauftragten entsetzen. Der Wahlvorstand hat da kein Ermessen. Die Wählerliste ist an geeigneter Stelle nach § 3 Abs. 2 SchwbVWO zur Einsicht auszulegen, aber nie auszuhängen. Es muss im Wahlausschreiben auf die Auslegung hingewiesen werden. Daran hat sich nichts geändert gegenüber früher.

Die Liste der Wahlberechtigten darf keinesfalls in Betrieben, Dienststellen oder Gerichten ausgehängt werden laut herrschender Meinung (Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn. 58; Knittel, SGB IX, § 94 Rn. 102). Das ist wegen Datenschutz nicht erlaubt und verboten! Die abweichenden Angaben in der ZB Info-Broschüre sind nicht nachvollziehbar, vermutlich zwei redaktionelle Fehler.

Beste Grüße
Heidi Stuffer

Re: Wählerverzeichnis per eMail verschicken?

Verfasst: Montag 26. März 2018, 10:05
von Ulrich.Römer
Hallo,
das ist ein redaktioneller Fehler. Die Wählerliste darf keinesfalls am Schwarzen Brett ausgehängt werden!
In der aktuellen Wahlbroschüre steht es richtig auf Seite 49:
Auslegung bedeutet nicht Aushang der Wählerliste!

Re: Wählerverzeichnis per eMail verschicken?

Verfasst: Mittwoch 28. März 2018, 12:23
von Ulrich.Römer
Die PDF-Version der ZB INFO zur SBV-Wahl 2018 ist korrigiert.