Ulrich Römer hat geschrieben:Zu beachten ist dabei, dass jeder Wahlvorschlag mit unterschiedlichen Stützunterschriften unterzeichnet sein muss.
NEIN: Auch gleiche Unterzeichner zulässig!
Bei einer Doppelkandidatur einer Person für die beiden Wahlgänge können auch die
gleichen Wahlberechtigten jeweils so oder so unterzeichnen!! Es müssen folglich nicht unterschiedliche sein, da jeder Wahlberechtigte das Vorschlagsrecht ja für beide Wahlgänge hat. Sonst Behinderung!
Ulrich Römer hat geschrieben:Ein Bewerber, der sowohl als SBV als auch als stellvertretendes Mitglied kandidieren will, muss auf zwei Wahlvorschlägen genannt sein.
NEIN: Immer freie Auswahl!
Bei einer Doppelkandidatur einer Person für die beiden Wahlgänge kann sich diese frei raussuchen, ob sie auf
einem oder auf zwei Wahlvorschlagszettel kandidiert!! Es müssen nicht zwei getrennte Formulare sein. Ich kenne jedenfalls keine Norm, die dem entgegenstünde! Ebenso zu Recht Prof. Düwell, LPK-SGB IX 2014, § 94 Rn. 59:
"Zulässig ist allerdings die Benennung in einem Wahlvorschlag als Vertrauensperson und in einem anderen Wahlvorschlag als stellvertretendes Mitglied." Düwell differenziert hier also weder danach, dass hier zwei unterschiedliche Vorschlagszettel oder dass jeweils gar unterschiedliche Stützunterschriften pro Zettel erforderlich wären. Dieser Auslegung ist klar zuzustimmen!
Die Punkte sind etwas kompliziert und nicht so einfach zu durchschauen. Dies besonders deshalb, da es sich um zwei Wahlen handelt, der Verordnungsgeber aber vielfach in der Einzahl formulierte (statt Mehrzahl), als ginge es nur um eine einzige Wahl. Diese verwirrende "Normtechnik" trägt nicht gerade zur Verständlichkeit der Wahlordnung bei und kann sehr schnell in die Irre führen bei der Auslegung einzelner Normen:
Beides ist zulässig, es besteht freie Wahl zwischen einem oder zwei Formularen: Wahlrechtlich ist es zulässig, einen Bewerber für beide Ämter entweder auf einem Einzelformular oder getrennt auf zwei Formularen vorzuschlagen. Ein und derselbe Wahlberechtigte kann einen Bewerber für beide Ämter unterstützen, sei es mit
einer Unterschrift auf einem Schriftstück oder mit
zwei Unterschriften auf zwei Schriftstücken. Dies besonders deshalb, da es sich bei der in
§ 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorgesehenen Wahl der Vertrauensperson und der Wahl ihrer Stellv. rechtlich um
"zwei voneinander unabhängige Wahlen" handelt (so auch
§ 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SchwbVWO und
BAG, 29.07.2009, 7 ABR 91/07).
1. Ein Formular ist zulässig:
Auch wenn beide Ämter
auf einem Schriftstück vorgeschlagen werden, handelt es sich um
zwei Wahlvorschläge im Rechtssinne, nämlich um einen Vorschlag für die eine Wahl der "Vertrauensperson" und einen weiteren Vorschlag für die andere Wahl der Stellvertretung nach der
Grundnorm des § 94 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Das wird aber in der Literatur teils übersehen, soweit der Rechtsbegriff "Wahlvorschlag" ganz pauschal bzw. undifferenziert mit Urkunde, Zettel, Dokument, Schriftstück, Formular, Vordruck u.a. begrifflich gleichgesetzt und sprachlich nicht auseinandergehalten wird.
Auch wenn auf einem Formular mit einem Bewerber für beide Ämter nur von einem Wahlberechtigten eine Unterschrift geleistet wird, werden mit dieser einen Unterschrift beide Ämter unterstützt, weil sich diese eine Unterschrift auf beide Ämter bezieht (ebenso im Ergebnis
Hohmann in Wiegand/Hohmann, 2. Aufl., Rdnr. 48 zu § 6 SchwbVWO).
2. Zwei Formulare zulässig:
Da ein Wahlberechtigter Wahlvorschläge für beide Ämter unterstützen kann, ist dieser Wahlberechtigte auch befugt, ein Wahlvorschlagsformular, auf dem nur für die "Vertrauensperson" kandidiert wird, und ein anderes Formular, auf dem nur für die Stellvertretung kandidiert wird, jeweils zu unterstützen, also jedes der beiden Formulare zu unterschreiben. Hieraus folgt, dass ein Bewerber, der für beide Ämter kandidiert, regelmäßig 5 Prozent der Wahlberechtigten als Unterstützer benötigt (und nicht mindestens 10 Prozent), also beispielsweise bei 100 Wahlberechtigten fünf Wahlberechtigte ausreichen (ebenso zu Recht
Pahlen in Neumann/Pahlen/ Majerski-Pahlen, SGB IX,
Rdnr. 3 zu § 6 SchwbVWO). Beispiel: Bei nur fünf Wahlberechtigten würden für eine Doppelkandidatur
120 Prozent benötigt (sechs Unterstützer), also mehr Stützunterschriften, als es überhaupt Wahlberechtigte gibt. Eine solch unrealistisch hohe Quote für eine Person, die für beide Ämter kandidieren möchte, wäre natürlich niemals erreichbar...
Zwar sprechen z.B. die ersten zwei Abschnittsüberschriften der Wahlordnung verkürzt von "der Wahl“ (in der Einzahl) statt von "Wahlen" (in der Mehrzahl), was zunächst irritiert bzw. auf dem ersten Blick den falschen Eindruck erweckt, als handle es sich nur um eine Wahl. Gleichwohl handelt es sich (im Gegensatz etwa zur BR-Wahl) wahlrechtlich um zwei Wahlen nach
BAG, 29.07.2009, 7 ABR 91/07 - und zu zwei Wahlen gehören definitiv nicht nur die
Stimmrechte für beide Wahlen, sondern im Gleichklang auch die (vorgelagerten)
Vorschlagsrechte, wonach
ein und derselbe Wahlberechtigte einen Bewerber für beide Wahlen vorschlagen kann, d.h. für beide Ämter (so schon zur alten Wahlordnung
Cramer, Ministerialrat a.D. im BMAS, Schwerbehindertengesetz,
5. Aufl. 1998, Rn. 4 zu § 6 Wahlordnung SchwbG). Eine derartige Einschränkung des Vorschlagsrechts wäre sinnfrei.
Rechtsvergleich:
Rechtsvergleichend gibts insoweit auch keinen prinzipiellen Unterschied zum einfachen Wahlverfahren, bei dem jeder Wahlberechtigte in der Wahlversammlung gleichfalls für jeden der zwei Wahlgänge die
gleiche Person vorschlagen kann und nicht nur für einen Wahlgang. Eine Unterscheidung wäre daher sachlich durch nichts zu rechtfertigen und daher willkürlich, widersprüchlich bzw. völlig sinnfrei.
Laut Literatur sowie h.M. ist folglich das Muster-Wahlausschreiben der BIH-Wahlbroschüre und das in Wiegand/Hohmann, SchwbVWO, Seite 309,
kritisch zu sehen, soweit dort jeweils in der Nummer 6 Satz 5 vom
“Wahlvorschlagszettel“ anstatt vom „Wahlvorschlag“ die Rede ist beim Doppel-Wahlvorschlag für einen Bewerber. Daher ist dieses nirgends in der Wahlordnung enthaltene Wort „Wahlvorschlagszettel“ zwingend zu ersetzen durch „Wahlvorschlag“.
Kontextlink:
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Diskussion vom 18.06.2014
Viele Grüße
Albin Göbel