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Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Donnerstag 13. Februar 2025, 10:33
von gray_shark
Hallo zusammen.

Ich hoffe ihr könnt mir hier helfen.
Das Unternehmen (kein öffentlicher Arbeitgeber) in dem ich arbeite und als SBV tätig bin, wächst zur Zeit rasant. Es sollen sehr viele Mitarbeiter eingestellt werden. In der SBV sind wir zu zweit und begleiten im Moment 49 verschiedene Stellen im Bewerbungsprozess.

Damit wir sicher stellen können das gleichgestellte oder Schwerbehinderte Bewerber und Bewerberinnen nicht benachteiligt werden, behalten wir sie, sofern die Qualifikation auf die Stelle passt, bis zur endgültigen Entscheidung wer eingestellt werden soll, im Prozess um dann die fachlichen Kompetenzen vergleichen zu können und eventuell auch Einspruch gegen die Entscheidung einlegen zu können. Dieses Vorgehen ist entstanden weil es leider auch schon schlechte Erfahrungen gab. (SB Bewerber wurde wegen mangelder Qualifikation abgelehnt, später wurde jemand mit der selben mangelden Qualifikation eingestellt.)

Nun gibt es auch einige Stellen wo ein Bewerbungsverfahren mehrere Monate dauert, da die spezifischen Anforderungen sehr hoch sind und es schwer ist passende Kandidaten zu finden. Aus Angst auf einem Online Portal schlecht bewertet zu werden, weil die Zeit für die Rückmeldung so lange dauert, möchten sie mit der SBV eine Regelung treffen, die es ihnen erlaubt einem/r SB Bewerber/in nach zwei Wochen abzusagen, ohne das der Bewerbungsprozess abgeschlossen ist.

Ihr Vorschlag war, wir sollten uns die Daten der Betroffenen Person und den Namen der Stelle speichern, die betroffenen Person bekommet eine Absage, womit die SBV dann im weiteren Bewerbungsverlauf nicht mehr beteiligt wäre (Zugriff auf die Daten haben wir dann auch nicht mehr, auch nicht im Nachgang). Kurz bevor die Stelle entgültig besetzt wird soll uns vom HR mitgelteilt werden wer die Stelle erhalten soll und dann könnten wir noch einmal prüfen ob das in Ordnung geht. Allerdings nur noch aufgrund der Papierlage.
Und falls die vorher abgesagte Person doch besser geeignet wäre, könnte man sie ja anrufen und ihr die Stelle wieder anbieten.

Meine Frage: Kann man da einfach innerhalb der Firma mit HR und BR eine Regelungsabrede treffen? (Unser BR hat keinen Personalrat und vertraut darauf / bzw. verlangt das wir darauf achten das die Gesetze eingehalten werden.)
Nehmen wir uns damit das Teilnahmerecht nicht selbst aus der Hand? Und wenn wir einer Ablehnung zustimmen, haben wir rein Rechtlich gesehen, danach überhaupt noch die Möglichkeit Einspruch gegen die Entscheidung zu erheben?

Re: Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Donnerstag 13. Februar 2025, 14:00
von albarracin
Hallo,

die von Dir beschriebene Regelung wäre eine weitgehende Aufgabe der SBV-Rechte.

Denn die SBV hat vor allem zwei zentrale Aufgaben in einem Bewerberverfahren:

1. Sicherstellung eines durchgehend diskriminierungsfreien Auswahlverfahrens
2. Ggfs. Vorschläge bzw. Konzepte erarbeiten zum Ausgleich behinderungsbedingter Einschränkungen.

Die Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Verfahrens sowie die Erarbeitung von Vorschlägen/Konzepten kann aber nur von der SBV geleistet werden, wenn sie am gesamten Verfahren beteiligt war.

Was die SBV nicht hat, sind Mitbestimmungs-/Mitentscheidungsrechte.

Der AG versucht, sich auf Eure Kosten, aber mit Eurer Zustimmung
möchten sie mit der SBV eine Regelung treffen, die es ihnen erlaubt einem/r SB Bewerber/in nach zwei Wochen abzusagen, ohne das der Bewerbungsprozess abgeschlossen ist.
sich einen "schlanken" Fuß zu machen und hofft, damit AGG-konform absagen zu können.

Es ist Sache des AG, Bewerbungsverfahren zügig zu organisieren. Es ist Sache der SBV, die Beteiligung an Bewerberverfahren zu organisieren - ggfs. auch durch entsprechende Priorisierung.

Zu dem Rahmen bei Euch gibt es aber in Deinen Aussagen eine Unklarheit:
(Unser BR hat keinen Personalrat und vertraut darauf / bzw. verlangt das wir darauf achten das die Gesetze eingehalten werden.)
Meinst Du vielleicht, daß der BR keinen Personalausschuss hat?

Re: Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Sonntag 16. Februar 2025, 17:04
von gray_shark
Hallo,

Danke für deine Antwort!
Ja ich meinte den Personalausschuss. Sry.

Re: Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Sonntag 16. Februar 2025, 17:27
von albarracin
Hallo,

das hier
Ja ich meinte den Personalausschuss. Sry.
hat aber nichts damit zu tun, ob der BR seinen Aufgaben nachkommt.

Re: Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Dienstag 18. Februar 2025, 00:52
von liebadu
Es muss nicht bekannt gegeben werden wen schon hinlänglich bekannt ist das eine sb besteht.
Wohl aber hat der Arbeitgeber die Pflicht eine Sb zu einem Beterbungsgespräch ein zu Laden.
Entziehen sich dieser Verantwortung kann es Teuer werden.

Re: Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Dienstag 18. Februar 2025, 16:05
von holzverdreht
Hallo gray_shark,

zu Deiner Frage: Kann man da einfach innerhalb der Firma mit HR und BR eine Regelungsabrede treffen?

Es macht m. E. durchaus Sinn, einen Regelablauf zwischen SBV, BR und HR zu vereinbaren.
Jedoch aber im Sinne eines ordentlichen Auswahlverfahrens ohne Benachteiligung des schwerbehinderten Bewerbers.

Wir haben dazu bei uns in der Firma einen Kurzleitfaden mit 5 Schritten:

Schritt 1: Bewerbungseingang mit Angabe der Schwerbehinderung (oder einer „Gleichstellung“)
Bewerber erhalten aus den HR-Vorlagen ein Schreiben, in dem das Angebot
unterbreitet wird, die SBV im Bewerbungsverfahren hinzu zu ziehen (§164 Abs. 1, S. 10 SGB IX).
Auszug aus dem Schreiben: „ … Sie haben jedoch gem. § 164 Abs. 1 Satz 10 SGB IX das Recht die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung abzulehnen … “

Schritt 2: Weiterleitung der Bewerbung
Bewerbung inkl. Bewerbungsunterlagen und Informationen zur Bedarfsmeldung sowie einer Stellenbeschreibung an die jeweilige SBV
weiterleiten. Den zuständigen BR darüber informieren, dass die Unterlagen an die SBV weitergeleitet wurden.

Schritt 3: Auswahlverfahren Bewerbungsgespräch
SBV in das interne Auswahlverfahren einbeziehen. Kommt es bei entsprechend fachlicher Qualifikation zum
Bewerbungsgespräch, ist eine Teilnahme der SBV möglich, wenn nicht vom der Bewerber vorher ausdrücklich abgelehnt

Schritt 4: Einstellungsentscheidung
Entscheidung zur Einstellung oder zur Absage der SBV und dem BR mit Begründung und der Bitte um Stellungnahme vorlegen.
Sind BR oder SBV mit der Entscheidung nicht einverstanden, ist die Entscheidung unter Darlegung der Gründe mit ihnen zu erörtern
(gem. §164 Abs. 1, S. 7-9 SGB IX). Dabei ist der betroffene Bewerber anzuhören.

Schritt 5: Zu- oder Absage
Zu- oder Absage an den Bewerber muss mit entsprechender Begründung erfolgen.

Nach der Zu- oder Absage ist die Stellenausschreibung zu schließen.
Die einzelnen Schritte sind zu dokumentieren.
Die Dokumentation ist für ein halbes Jahr zu archivieren und anschließend zu vernichten.

LG holzverdreht

Re: Sb im Bewerbungsprozess

Verfasst: Dienstag 18. Februar 2025, 21:21
von Heidi Stuffer
liebadu hat geschrieben: Dienstag 18. Februar 2025, 00:52 Wohl aber hat der Arbeitgeber die Pflicht eine Sb zu einem Bewerbungsgespräch einzuladen.
Die Aussage ist eindeutig falsch, da es sich hier um keine „Dienststelle öffentlicher Arbeitgeber“ nach § 165 SGB IX handelt, sondern vielmehr Unternehmer (kein öffentlicher Arbeitgeber) laut Aussage des Fragestellers.

Beste Grüße
Heidi Stuffer