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Ausgleichsabgabe und Aufträge an Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

Verfasst: Freitag 10. Februar 2012, 08:40
von hilmer.warming1
Nicht nur die DAX-Unternehmen stehen im Glauben, dass schwerbehinderte Menschen den Belastungen am Arbeitsplatz nicht standhalten können. Daraus schließe ich, dass es sich hierbei nicht nur um ein rein Beschäftigten Problem handelt, sondern um ein gesellschaftliches. Wir trauen unseren schwerbehinderten Mitmenschen nicht viel zu. Das ist schade, sie leisten mit ihren Möglichkeiten genauso viel wie die nicht behinderten Menschen.
Es überrascht nicht, dass die beiden ehemaligen Staatsunternehmen, Post und Telecom, eine sehr gute BeschäftigungsQuote von schwerbehinderten Arbeitnehmern aufzeigen, da die öffentliche Hand schon immer eine bessere Beschäftigtenquote erzielte als die Privatwirtschaft. Das sind bei diesen beiden Unternehmen sicherlich Relikte aus der Vergangenheit. Da dürfen wir gespannt sein, wie sich die Quote in den nächsten Jahren weiter entwickelt.
Dass die Wirtschaft durch Aufträge an die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen die Ausgleichsabgabe für sich günstig beeinflussen können, ist m.E. der größte Fehler und für die Wirtschaft ein großes Schlupfloch.
Bei Auftragsvergabe werden die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen genau so gemessen wie sonstige Zulieferer der Privatwirtschaft: Fristgerechte Bearbeitung, pünktliche Lieferung, günstigste Preise. Hier geht es ums knallharte Geschäft und nicht um ein soziales Engagement.
Wenn die Politik will, dass sich die Quote der Ausgleichsabgabe erhöht, muss schleunigst die Verrechnung mit den Umsätzen an die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vom Tisch.
Das hat überhaupt nicht zur Folge, dass die Umsätze mit den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen rückläufig sein werden, denn sie sind heute schon als verlängerte Werkbank in den Produktionsprozess der Privatwirtschaft integriert. Außerdem geniest die Privatwirtschaft günstige Preise, da die dort Beschäftigten wesentlich weniger verdienen als ihre Kollegen in der Privatswirtschaft.

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Ausgleichsabgabe und Aufträge an WfbM

Verfasst: Montag 12. März 2012, 18:40
von albin.göbel
hilmer.warming hat geschrieben:...muss schleunigst die Verrechnung mit den Umsätzen an die Werkstätten für Menschen mit Behinderungen vom Tisch.
Hallo Herr Warming,

es ist nicht ganz zutreffend, dass es eine "Verrechnung mit den Umsätze" an anerkannte Werkstätten (berufliche Rehabilitationseinrichtung) gäbe. Es ist vielmehr so, dass lediglich der Bruchteil, der auf die reine Arbeitsleistung der behinderten Menschen in anerkannten gemeinnützigen WfbM und Blindenwerkstätten entfällt und der jeweils - abzüglich der Materialkosten - gesondert in der Werkstattrechnung auszuweisen ist , absetzbar ist - und dies auch nur zur Hälfte. Dabei wird auch die Arbeitsleistung des Fachpersonals zur Arbeits- und Berufsförderung berücksichtigt, nicht hingegen die Arbeitsleistung sonstiger nichtbehinderter Beschäftigter (§ 140 SGB IX).

Und dass Aufträge von Industriekunden an WfbM überaus krisenanfällig sind, das haben gerade die letzten Jahre gezeigt.

Viele Grüße
Albin Göbel