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Abweisung eines Antrages zur Zustimmung nach § 168 SGB IX

Verfasst: Sonntag 6. November 2022, 18:25
von Sternenman
Hallo,

ich bin neu hier im Forum und hätte gleich einen interessanten Fall, den ich zur Diskussion stellen möchte:

Person A hat mit Unternehmen B einen sogeannten Qualifizierungsvertrag mit dem Ziel der beruflichen Umschulung in einen bestimmten Beruf abgeschlossen. Person A wird im Qualifizierungsvertrag als Vertragspartei mit der Begrifflichkeit "Qualifikant" genannt.

A hat einen GdB von 30 und hat Gleichstellung gemäß § 2 Abs. 3 SGB IX.

A länger als ein halbes Jahr bei B im Rahmen des Qualifizierungsvertrages beschäftigt und erkrankt.

B stellt beim Intergrationsamt einen Antrag auf Zustimmung zur Kündiung nach § 168 SGB IX.

Das Intergrationsamt leitet ein Verwaltungsverfahren ein und fordert zunächst A auf, zum Zustimmungsantrag von B Stellung zu nehmen.

A teilt dem Integrationsamt zunächst mit, dass B kein BEM-Verfahren durchgeführt hat.

Nachdem über 7 Wochen seit dem Zustimmungsantrag von B vergangen sind, erlässt das Integrationsamt einen Bescheid mit dem Hinweis, dass der Antrag von B als unzulässig zurückgewiesen wird. Begründung:

"Nach den Feststellungen, des Intergrationsamtes gehört das Vertragsverhältnis zwischen A und B nicht zu den Arbeitsverhältnissen im Sinne des § 168 SGB IX. Es handelt sich weder um ein Arbeitsverhältnis noch um ein Ausbildungsverhältnis im Sinne des BBiG. Es geht lediglich um eine Qualifzierung. Deshalb bedarf es zur Kündigung nicht der vorherigen Zustimmung durch das Inklusionamt"

Nachdem B den Bescheid vom Intergrationsamt erhalten hat, kündigt B das Qualifizierungsverhältnis mit A mit Ordentlicher Kündigung innerhalb von 4 Wochen.

In der Präambel das Qualifizierungsvertrages wird ausdrücklich und eindeutig benannt, dass es sich bei der Qualifizierung um eine berufliche Umschulung handelt.

A ist schleierhaft, dass der Sachbearbeiter im Intergrationsamt die einfachsten gesetzlichen Regelungen und höchstrichterliche Rechtssprechung des BAG offenbar nicht kennt.

Diesbezüglich greifen entgegen der Auffassung eindeutig die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes (§ 1 Abs.5 BBiG i. V. m. § 58 BBiG).
Hierzu hatte das BAG bereits höchstrichterlich entschieden (BAG Urteil vom 12.2.2013, 3 AZR 120/11).

Demnach dürfte das Widerspruchsverfahren gegen den fehlerhaften Bescheid des Integrationsamtes reine Formsache sein, ebenso die erhobene Kündigungsschutzklage.

Beste Grüße

Sternenman

Re: Abweisung eines Antrages zur Zustimmung nach § 168 SGB IX

Verfasst: Dienstag 8. November 2022, 18:50
von Geschädigter
Hallo,

in meinem Verfahren war Parteiverrat § 356 Abs. 2 StGB meiner Anwälte im Spiel, weswegen die Zustimmung erteilt und auch das Widerspruchsverfahren und die verwaltungsgerichtliche Klage zur Aufhebung der Kündigungszustimmung scheiterte.

Dies obwohl das IA nach Ablauf der Antragsfrist auf Kündigungszustimmung zu einer außerordentlichen Kündigung, gem. §174 Abs. 2 SGB IX, den Antrag meines AG annahm.
Das IA hätte den Antrag wegen Fristablauf abweisen müssen (BVerwG 2. Mai 1996 - 5 B 186.95 -) und hätte sich somit viel Arbeit erspart, was ja Ämter bzw. Behörden gerne machen.
Das IA hat dann auch noch einen von zwei Schriftsätzen im Anhörungsverfahren unterschlagen.
Ein dritter Schriftsatz wurde im Widerspruchsverfahren unterschlagen, da im abweisenden Widerspruchsbescheid mit keinem Wort auf diesen Schriftsatz eingegangen worden war.

Vor den Arbeitsgerichten war ich auch bis zum BAG erfolglos, trotz Anwaltswechsel in jeder Instanz.

Vor diesem Hintergrund, kann ich Dir nur raten, nichts als reine Formsache anzusehen, und alles nachweisbar zu machen und auch keinem Anwalt blind zu vertrauen, da dein AG finanzkräftiger als Du sein dürfte und Anwälte Geld verdienen wollen und ja auch müssen.
Überprüfe alles gewissenhaft, anwendbare Urteile des BAG hast dur ja schon gefunden.
Gehe auch nicht gutgläubig davon aus, das Du vor Gericht schon Recht bekommen wirst. Dort sitzen auch nur Menschen als Richter und nicht umsonst gibt es drei Gerichtsinstanzen und Urteile der ersten Instanz oder auch zweiten Instanz werden von der Dritten manchmal aufgehoben.
Wenn wie in meinem Fall Parteiverrat mit im Spiel ist, hast Du schlechte Karten.

Das klingt zwar alles unglaublich, entspricht aber der Realität und aktuell bin ich immer noch daran meinen Schadensersatzanspruch gegen meinen AG gerichtlich einzufordern.

Viel Erfolg

Re: Abweisung eines Antrages zur Zustimmung nach § 168 SGB IX

Verfasst: Dienstag 15. November 2022, 14:53
von Sternenman
Hallo,

vielen vielen Dank für die rasche Rückinfo. Das klingt ja echt übel, was Sie erlebt haben. Mit Parteiverrat habe ich mich ehrlich gesagt noch nie beschäftigt....werde ich aber schnellstens nachholen. Im Moment ist das Ganze Prozedere ja noch im Anfangsstadium.

Nun bin ich mal gespannt ob das IA die beantragte vollständige Akteneinsicht gewährt und ob da auch Unterlagen womöglich unterschlagen werden. Holzauge sei wachsam sag ich nur. Ich hoffe mit meiner gewerkschaftlichen Vertretung zur Wahrung meiner rechtlichen Interessen gut aufgestellt zu sein. Aber fakt is hier nun schon mal Eins. Der BR und auch die SBV des Unternehmens sind offenbar vom Arbeitgeber gekauft. So würde ich das mal formulieren. Jetzt bin ich wirklich mal gespannt, was das Arbeitsgericht zu der Kündigung sagt.

Es bleibt spannend und ich werde berichten.

P.S. Konnten Sie zumindest den/die Verräter (Stichwort: Parteiverrat) zur Rechenschaft ziehen? Also wurden die bestraft und mussten auch Schadensersatz leisten. Ich gehe davon aus, dass sie beides mit Nein beantworten??? Bin gespannt...