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individueller Datenschutz contra SB-Wahl mit Nennung in Wählerliste

Verfasst: Montag 24. Oktober 2022, 09:43
von inklusion2018
Hallo an alle im SBV-Forum,

eine schwerbehinderte Kollegin hat sich nach der Wahlbekanntmachung schriftlich dagegen gewehrt, dass sie in der Wählerliste genannt wird.
Sie beruft sich auf den Datenschutz. Sie will nicht, dass jemand im Team und schon gar nicht der Wahlvorstand weiß,
dass sie eine Schwerbehinderung hat.
Sie hat der Personalabteilung schriftlich untersagt, ihre Daten weiterzugeben. Sie will nicht in der Wählerliste erscheinen.
Sie verzichtet ausdrücklich auf ihr aktives und passives Wahlrecht .
Kann die Kollegin darauf bestehen?
Geht hier das Recht auf individuellen Datenschutz vor dem Recht der Wähler*innen zu prüfen, ob sie richtig im Wählerverzeichnis stehen?
Oder vor dem Recht der Wahlbewerber*innen zu sehen, wen sie für eine Stützunterschrift ansprechen könnten?

In der Personalabteilung und bei ihrer Vorgesetzten hat sie ihren Status als SB bekannt gemacht. Sie nimmt den Sonderurlaub wegen SB usw.
Wir sind ratlos, wie wir hier argumentieren sollen.
Unsere Wahl ist erst am 30.11.2022 ...
Danke für einen Rat und eine Einschätzung.
Gruß von Monika alias Inklusion2018

Re: individueller Datenschutz contra SB-Wahl mit Nennung in Wählerliste

Verfasst: Montag 24. Oktober 2022, 10:44
von albarracin
Hallo,

das Ansinnen der ANin ist aus meiner Sicht völlig aussichtslos.
Der Gesetzgeber hat mit den Regelungen zum Wählerverzeichnis in der SchwbVWO bewußte Ausnahmeregelungen zum Sozialdatenschutz geschaffen. Diese bewußten besonderen Ausnahmeregelungen gehen den allgemeinen Datenschutzvorschriften vor.

Auch ist eine "Streichung" aus dem Wählerverzeichnis bzw. ein "freiwilliger" Verzicht auf das Wahlrecht nicht möglich, da der AG dem WV eine vollständige Liste zu liefern hat und die SchwbVWO keine Ausnahme kennt.
Das derartige Spezialregelungen zur zweckgebundenen Durchbrechung des Datenschutzes zulässig sind, hat das BVerfG in mehreren ähnlich gelagerten Fällen mehrfach für rechtens erachtet.

Re: individueller Datenschutz contra SB-Wahl mit Nennung in Wählerliste

Verfasst: Montag 24. Oktober 2022, 11:15
von inklusion2018
Vielen Dank, Wolfgang, das hilft uns bei der Beantwortung der E-Mail der schwerbehinderten Kollegin.
Ich finde es sehr schade, dass sie ihre Schwerbehinderung unbedingt vor allen verbergen möchte.

Grüße von Monika

Re: individueller Datenschutz contra SB-Wahl mit Nennung in Wählerliste

Verfasst: Montag 24. Oktober 2022, 11:27
von MatthiasOtto
Hallo,

meine Einschätzung:
Die Übermittlung der Daten basiert auf §§ 2, 3 SchwbVWO.
Der Arbeitgeber unterliegt damit einer rechtlichen Verpflichtung (§ 183 SGB IX i.V.m. SchwbVWO), die eine Verarbeitung (hier: Übermittlung) der Daten gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. c) DGSVO zulässt.
Ein Widerspruchsrecht der Beschäftigten existiert meines Erachtens nicht, da die vorgenannte Verarbeitungsbefügnis aufgrund rechtlicher Verpflichtung nicht von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 DGSVO umfasst ist.

Dementsprechend die Zulässigkeit aus § 26 Abs. 1 BDSG.

Im Zweifel (sofern vorhanden) die oder den Datenschutzbeauftragte/n konsultieren.

Viele Grüße
Matthias

Re: individueller Datenschutz contra SBV-Wahl mit Nennung in Wählerliste

Verfasst: Sonntag 30. Oktober 2022, 15:25
von annette.rosenberg
inklusion2018 hat geschrieben: Montag 24. Oktober 2022, 09:43 ….. Sie hat der Personalabteilung schriftlich untersagt, ihre Daten weiterzugeben. Sie will nicht in der Wählerliste erscheinen. Kann die Kollegin darauf bestehen?
Hallo Monika,

nein! Denn das wäre im Ergebnis klare Aufforderung zum Rechtsbruch. Zu dem Datenschutz siehe auch hier diese gutachtliche datenschutzrechtl. Stellungnahme zu SBV-Wahlen eines Datenschutzbeauftragten für Niedersachsen sinngemäß. Das folgt aus dem § 2 Absatz 6 SchwbVWO „insbesondere“ für die „Liste der Wahlberechtigten“ kraft Wahlordnung, also von Rechts wegen. Auch hängt davon Zahl der Stützunterschriften ab. Demnach komplette Liste nötig, um der Wahl Fortgang zu geben.

Falls es sich um kirchliche Einrichtung handelt (MAVO), wäre ggf das kirchliche Datenschutzrecht einschlägig (und nicht staatliches Bundes- oder Landesrecht), zB das KDG; vgl. dazu Art. 91 EU-DSGVO und FAQ. Gruß Annette