Seite 1 von 1

Anpassung des Stufenplans bei der stufenweisen Wiedereingliederung durch Betriebsarzt

Verfasst: Montag 15. August 2022, 13:47
von Sandro.Schneider
Liebes Forum,

ist es zulässig, dass der Betriebsarzt den Stufenplan für die stufenweisen Wiedereingliederung ohne Rücksprache mit dem Ersteller - behandelnder Arzt/Ärztin - Rücksprache zu halten, anpasst? In diesem Fall wurde der Stufenplan verkürzt.

Der Beschäftigte sollte nach langer schwerer Krankheit i.R.d. stufenweisen Wiedereingliederung zurück auf seine alte Arbeitsstelle.
Die Wiedereingliederung sollte langsam und behutsam erfolgen, da er noch nicht beschwerdefrei ist. Die Wiedereingliederung wurde auch bereits im BEM mit der Führungskraft besprochen und wird von dieser mit befürwortet.

Ich freue mich über Rückmeldungen :)

Re: Anpassung des Stufenplans bei der stufenweisen Wiedereingliederung durch Betriebsarzt

Verfasst: Montag 15. August 2022, 14:49
von CVedder
Hallo Herr Schneider,

schauen Sie mal in der Arbeitshilfe dazu https://www.bar-frankfurt.de/fileadmin/ ... g_2020.pdf nach. Diese kommt von der BAR in Frankfurt, in welcher alle Rehabilitationsträger Mitglied sind.

U.a. auf Seite 17 (Ziffer 1.4.4), Seite 27 und 31 (Ziffer 4.3.4) finden sich Ausführungen zur Anpassung des Wiedereingliederungsplans. Der Ablauf der stufenweisen Wiedereingliederung ist dabei in Absprache mit dem Betriebsarzt laufend medizinisch zu überprüfen.
Im Bedarfsfall ist der Wiedereingliederungsplan an die individuellen gesundheitlichen Erfordernisse des Versicherten anzupassen.

Viele Grüße
Christian Vedder

Re: Anpassung des Stufenplans bei der stufenweisen Wiedereingliederung durch Betriebsarzt

Verfasst: Dienstag 16. August 2022, 06:36
von Sandro.Schneider
Lieber Vedder,

herzlichen Dank für Ihre schnelle und hilfreiche Rückmeldung!

Der Arbeitshilfe und der Antwort entnehme ich, dass die Begleitung eng durch den Betriebsart begleitet werden sollte.
Die Anpassung sollte in Absprache mit der behandelnden Ärztin erfolgen.

4.6.4
Der Ablauf der stufenweisen Wiedereingliederung des weiterhin arbeitsunfähigen Versicherten ist
vom behandelnden Arzt in Absprache mit dem Betriebsarzt laufend medizinisch zu überprüfen. Im
Bedarfsfall werden Anpassungen an die individuellen gesundheitlichen Erfordernisse des Versicherten
vorgenommen.
Die Arbeitshilfe werde ich mir noch mal genauer angucken!

Vielen lieben DANK für ihr UNTERSTÜTZUNG :)

Re: Anpassung des Stufenplans bei der stufenweisen Wiedereingliederung durch Betriebsarzt

Verfasst: Dienstag 16. August 2022, 11:00
von albarracin
Hallo,

eine einseitige Anordnung zur Änderung des Wiedereingliederungsplans durch einen Betriebsarzt ist unzulässig. Dies steht auch in den verlinkten Grundsätzen eindeutig drin. So hat der Betriebsarzt nur eine beratende bzw. empfehlende Funktion, wenn es um die "Anpassung" eines WE-Planes geht (S. 31). Die Entscheidung über eine Anpassung trifft jedoch erst einmal der behandelnde Arzt.

Eine Verkürzung einer Wiedereingliederung einseitig durch einen Betriebsarzt stösst auch noch an eine andere gesetzliche Hürde. Denn ein Wiedereingliederungsplan beinhaltet auch immer die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit des wiedereinzugliedernden AN während der Wiedereingliederung (Düwell in LPK-SGB IX, § 164 Rn 219).
Betriebsärzten ist es aber gem. § 3 Abs. 3 ASiG generell und ausnahmslos untersagt, ärztliche AU-Bescheinigungen auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Für diese Überprüfung bei Zweifeln an der AU gibt es das Verfahren nach § 275 Abs. 1a Satz 3 SGB V (HK-ArbSchR/Kohte, §§ 2-7 ASiG Rn 28.
Ordnet ein Betriebsarzt daher die Verkürzung einer WE-Maßnahme (und damit der Dauer der AU) einseitig an, verstösst er auch gegen § 3 Abs. 3 ASiG.

Re: Anpassung des Stufenplans bei der stufenweisen Wiedereingliederung durch Betriebsarzt?

Verfasst: Samstag 20. August 2022, 17:07
von jada.wasi
Sandro.Schneider hat geschrieben: Montag 15. August 2022, 13:47 ist es zulässig, dass der Betriebsarzt den Stufenplan für die stufenweisen Wiedereingliederung ohne Rücksprache mit dem Ersteller - behandelnder Arzt/Ärztin - Rücksprache zu halten, anpasst? In diesem Fall wurde der Stufenplan verkürzt.
Hallo zusammen,

nur zur Ergänzung: Ohne „Einverständnis des Versicherten“ ist das ausweislich dieses amtlichen KBV-Formulars 20 von vornherein rechtlich ausgeschlossen. Dieses sollte wirklich jedem Betriebsarzt geläufig sein: Ein Betriebsarzt kann zwar empfehlen, er hat aber insoweit einseitig nichts anzuordnen, wie bereits geschrieben. Jede Änderung eines Stufenplans bedarf grds. eines eigenen Formulars, ggf auch wegen evt. Fahrkosten im Zusammenhang mit dieser StW. Vergleiche die Nr. 5 der verbindlichen „Empfehlungen zur Umsetzung der stufenweisen Wiedereingliederung“ des Gemeinsamen Bundesausschusses zu einer Anpassung nach „ärztlichen Untersuchungen“. Zur ärztlichen Haftung vgl OLG Kob­lenz vom 24.09.2012, 5 U 931/12. Zur Rolle des Betriebsarztes bei StW siehe Nr. 10 Eingliederungsplan. Gruß Jada Wasi