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vereinfachtes Wahlverfahren + Krankheit Wahlberechtigte

Verfasst: Samstag 13. Februar 2021, 11:39
von Tina
Hallo zusammen!

In unserem Unternehmen wird erstmalig eine Schwerbehindertenvertretung gewählt:
ca. 150 Beschäftigte mit 5 Wahlberechtigten (Schwerbehinderte/Gleichgestellte).
Also gilt bei uns nach § 18 SchwbVWO das vereinfachte Wahlverfahren:
Direkte Wahl auf der Wahlversammlung.
Der BR unterstützt die Wahl und würde sie auch initiieren.
Da einer unser Wahlberechtigten voraussichtlich aber erst Mitte d. J. nach längerer Krankheit wieder die Arbeit aufnehmen wird, favorisierte der BR, die Wahl zu verschieben, um auch diesem Mitarbeiter die Möglichkeit der Teilnahme zu geben.
Einer unserer Wahlberechtigten dringt nun auf die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung, ggf. mit Briefwahl.
Wenn ich das recht nachgelesen habe, kann aber doch der z. Z. noch kranke Mitarbeiter nur persönlich wählen auf der Wahlversammlung - und nicht per Briefwahl - ist das richtig?
Wie ist hier die rechtlich sichere Vorgehensweise für die Wahl?

Schon mal vorab vielen Dank für eure Anworten.

Gruß
Tina

Re: vereinfachtes Wahlverfahren + Krankheit Wahlberechtigte

Verfasst: Samstag 13. Februar 2021, 13:21
von albarracin_01
Hallo,

wegen einem Wahlberechtigten die Wahl zu verschieben, ist mit einem hohen Risiko behaftet. Was macht Ihr denn, wenn bis zur Wahl ein anderer wahlberechtigter AN erkrankt ? Und falls Euch bis zur verschobenen Wahl ein Wahlberechtigter "abhanden" kommt, könnt Ihr bei dann nur noch 4 Wahlberechtigten die Wahl in die Tonne treten.

Habt Ihr eigentlich mal Kontakt zum arbeitsunfähigen Wahlberechtigten aufgenommen? Arbeitsunfähigkeit bedeutet ja nicht zwingend Hausarrest und/oder Bewegungsunfähigkeit. Es sind viele Konstellationen denkbar, bei denen ein arbeitsunfähiger AN trotzdem an einer Wahlversammlung teilnehmen könnte, ohne irgendwelche Pflichten ggü. dem AG zu verletzen.

Und hat sich eigentlich der BR schon mal Gedanken gemacht, warum Eure Beschäftigtenquote so schlecht ist?

Re: vereinfachtes Wahlverfahren + Krankheit Wahlberechtigte

Verfasst: Samstag 13. Februar 2021, 15:54
von Tina
Vielen Dank erstmal für die schnelle Antwort.

Du hast recht - bei nur 4 Wahlberechtigten fällt die Wahl flach...
Und ja, wir haben/hatten Kontakt zu dem erkrankten AN.
Gegebenenfalls müssten wir aus verschiedenen Gründen die Örtlichkeiten entsprechend anpassen, damit auch dieser AN bei der Wahlversammlung dabei sein könnte - denn wenn ich das recht hier im Forum gelesen habe, sind die Gesetze noch nicht entsprechend geändert, dass in Zeiten von Corona nicht eine persönliche Wahlversammlung stattfinden muss. Oder hat sich diesbezüglich etwas geändert?

Da unser BR noch relativ neu im Amt ist, gilt es nach und nach "liegengebliebene" Themen aufzugreifen/-arbeiten.
Ja, die Quote ist miserabel - und auch das muss forciert werden.
Gerade deshalb muss auch die Wahl zur Schwerbehindertenvertretung rechtlich sicher sein.

Gruß
Tina

Re: vereinfachtes Wahlverfahren + Krankheit Wahlberechtigte

Verfasst: Samstag 13. Februar 2021, 16:54
von albarracin_01
Hallo,
Oder hat sich diesbezüglich etwas geändert?
nein, an den Wahlordnungen hat sich nichts geändert. Der Gesetzgeber hat bisher Arbeitnehmervertretungen ziemlich im Stich gelassen bei der Anpassung der Regularien an die Pandemie. Auch der geänderte § 129 BetrVG ist nach Meinung vieler Fachmenschen nur geschludert, da er im Widerspruch zu anderen Sitzungsvorschriften im BetrVG steht, die nicht angepasst wurden.

Re: vereinfachtes Wahlverfahren + Krankheit Wahlberechtigte

Verfasst: Montag 15. Februar 2021, 09:16
von Ulrich.Römer
Hallo zusammen,
nur um nochmal auf die Ursprungsfrage einzugehen:
Nein, Briefwahl ist im vereinfachten Wahlverfahren nicht vorgesehen und deshalb nicht zulässig. Die Durchführung der Wahlversammlung per Videokonferenz ist ebenfalls nicht möglich.
Für eine gültige Wahl gibt es keine Mindestbeteiligung. Es würde deshalb ausreichen, wenn ein Wahlberechtigter zum Wahltermin erscheint, sich selbst als Kandidat vorschlägt und sich dann mit seiner Stimme wählt. Klingt komisch, ist aber so!

Re: vereinfachtes Wahlverfahren + Krankheit Wahlberechtigte

Verfasst: Freitag 23. April 2021, 20:33
von Heidi Stuffer
wenn ich das recht hier im Forum gelesen habe, sind die Gesetze noch nicht entsprechend geändert, dass in Zeiten von Corona nicht eine persönliche Wahlversammlung stattfinden muss. Oder hat sich diesbezüglich etwas geändert?
Hallo Tina,

da scheint sich für das vereinfachte Wahlverfahren endlich demnächst was zu ändern nach dem Entwurf des Art. 13b Teilhabestärkungsgesetz, BT-Drs. 19/28834 v. 21.04.2021

Danach kann künftig die Wahlversammlung der SBV im vereinfachten Wahlverfahren auch „mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen“ nach § 28 Abs. 1 SchwbVWO. Der eigentliche Wahlakt darf aber nicht per Video- oder Telefonkonferenz erfolgen, sondern nur per Briefwahl laut § 11 SchwbVWO „entsprechend“.

Der § 28 Abs. 2 SchwbVWO ermöglicht während der COVID-19-Pandemie die schriftliche Stimmabgabe (Briefwahl) nach der Durchführung einer Wahlversammlung nach Absatz 1. Inkrafttreten erfolgt kurzfristig am Tag nach Verkündung des Gesetzes (Art. 14 Abs. 2 Teilhabestärkungsgesetz).
http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP ... 73808.html

Beste Grüße
Heidi Stuffer

Änderung der Wahlordnung

Verfasst: Freitag 11. Juni 2021, 23:44
von magdalena.mayer
Hallo zusammen,
§ 28 SchwbVWO neue Fassung wurde für das vereinfachte Wahlverfahren mit Wirkung vom 10.06.2021 nach Art. 13b Teilhabestärkungsgesetz vom 02.06.2021 wie folgt neu gefasst:

"§ 28 Sonderregelungen aus Anlass der COVID-19-Pandemie

(1) Bis zur Aufhebung der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wegen der dynamischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nach § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes durch den Deutschen Bundestag kann die Wahlversammlung der Schwerbehindertenvertretung im vereinfachten Wahlverfahren mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Eine Aufzeichnung ist unzulässig. Satz 1 gilt nicht für die Ausübung des Wahlrechts durch Stimmabgabe bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung und ihrer stellvertretenden Mitglieder.

(2) Bis zur Aufhebung der Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wegen der dynamischen Ausbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nach § 5 Absatz 1 Satz 2 des Infektionsschutzgesetzes durch den Deutschen Bundestag gilt § 11 für die Stimmabgabe bei der Wahl der Schwerbehindertenvertretung und ihrer stellvertretenden Mitglieder im vereinfachten Wahlverfahren entsprechend."

Die Feststellung einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite wurde vom Deutschen Bundestag am 11. Juni 2021 bis Ende September 2021 verlängert.

jurisPR-ArbR 22/2021 Anm. 1

Viele Grüße
Magdalena Mayer