Hallo,
Demnächst findet in unserem Betrieb erstmalig eine SBV Wahl statt. Im vereinfachten Wahlverfahren, der Betrieb hat ca 70 Mitarbeitende und ca 7 Schwerbehinderte. Ich habe mich als Vertrauensperson aufstellen lassen, befinde mich aber seit September bis ca Sommer 2021 im Krankenstand. Es soll 1 Vertretung gewählt werden.
Der Klarheit halber würde ich in der Wahlversammlung due ungefähre Dauer meines Krankenstands bekannt geben und mich eventuell noch als Vertretung aufstellen lassen. Dennoch eine Frage:
Sollte ich als Vertrauensperson oder Vertretung gewählt werden, habe ich Möglichkeiten im Krankenstand ehrenamtlich eine Fortbildung zu machen (dessen Kosten der AG übernimmt) oder begrenzt und soweit mir möglich an Gesprächen oder Sitzungen der Mitarbeiter Vertretung teilzunehmen?
Oder sollte ich mich nun doch nur als Vertretung aufstellen lassen bzw im Falle einer Wahl der Vertrauensperson zunächst das Feld voll und ganz der Vertretung überlassen?
Hat das Unternehmen die Möglichkeit, mich während meines Krankenstandes komplett aus dem Betrieb auszuschliessen?
VG
Zita
Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Re: Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Hallo Zita,
während der AU kann und darf das Ehrenamt als Vertrauensperson nicht wahrgenommen werden. Dies gilt auch für die Teilnahme an Fortbildungen - zumal auf Kosten des Arbeitgebers. Im Falle der AU tritt der klassische Verhinderungsfall ein und ein Stellvertreter muss ran - wenn es denn im Unternehmen einen gibt und der nicht AU ist.
Viele Grüße
Christian Vedder
während der AU kann und darf das Ehrenamt als Vertrauensperson nicht wahrgenommen werden. Dies gilt auch für die Teilnahme an Fortbildungen - zumal auf Kosten des Arbeitgebers. Im Falle der AU tritt der klassische Verhinderungsfall ein und ein Stellvertreter muss ran - wenn es denn im Unternehmen einen gibt und der nicht AU ist.
Viele Grüße
Christian Vedder
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Re: Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Guten Tag Herr Vedder,
es tut mir leid, aber diese Aussage
Es gibt für eine SBV wie auch im BetrVG oder im Personalvertretungsrecht kein Verbot der Mandatstätigkeit während AU und auch kein zwingendes Nachrücken einer Stellvertretung.
Es kommt - wie bei AU sonst auch - auf die konkrete berufliche Tätigkeit und die Art der AU an.
Für den Bereich des BetrVG gilt seit Langem:
"Eine tatsächl. vorliegende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit eines BRmitglieds muss nicht zwangsläufig auch zur Amtsunfähigkeit führen (BAG 15.11.1984 NZA 1985, 367" (ErfK, Koch, § 25 BetrVG Rn 4)
es tut mir leid, aber diese Aussage
ist so pauschal falsch.während der AU kann und darf das Ehrenamt als Vertrauensperson nicht wahrgenommen werden.
Es gibt für eine SBV wie auch im BetrVG oder im Personalvertretungsrecht kein Verbot der Mandatstätigkeit während AU und auch kein zwingendes Nachrücken einer Stellvertretung.
Es kommt - wie bei AU sonst auch - auf die konkrete berufliche Tätigkeit und die Art der AU an.
Für den Bereich des BetrVG gilt seit Langem:
"Eine tatsächl. vorliegende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit eines BRmitglieds muss nicht zwangsläufig auch zur Amtsunfähigkeit führen (BAG 15.11.1984 NZA 1985, 367" (ErfK, Koch, § 25 BetrVG Rn 4)
&Tschüß
Wolfgang
Wolfgang
Re: Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Hallo zusammen,
dann will ich mich mal in die Diskussion einschalten und auch uralte Urteile heranziehen:
Im Krankheitsfall ist grundsätzlich von einer Verhinderung des Betriebsratsmitglieds auszugehen (BAG v. 15.11.1984 - 2 AZR 341/83). Dies gilt selbst dann, wenn sich später herausstellt, dass das Betriebsratsmitglied nicht arbeitsunfähig krank war und deshalb unberechtigt der Arbeit fernblieb (BAG v. 5.9.1986 - 7 AZR 175/85)
AU = Verhinderung und für diesen Fall gibt es die Stellvertreter. Der Nachweis, dass die Ausübung des Ehrenamtes während AU-Zeiten für den Gesundungsprozess förderlich ist, wird sehr schwierig sein.
Und abschließend noch eine Frage:
dann will ich mich mal in die Diskussion einschalten und auch uralte Urteile heranziehen:
Im Krankheitsfall ist grundsätzlich von einer Verhinderung des Betriebsratsmitglieds auszugehen (BAG v. 15.11.1984 - 2 AZR 341/83). Dies gilt selbst dann, wenn sich später herausstellt, dass das Betriebsratsmitglied nicht arbeitsunfähig krank war und deshalb unberechtigt der Arbeit fernblieb (BAG v. 5.9.1986 - 7 AZR 175/85)
AU = Verhinderung und für diesen Fall gibt es die Stellvertreter. Der Nachweis, dass die Ausübung des Ehrenamtes während AU-Zeiten für den Gesundungsprozess förderlich ist, wird sehr schwierig sein.
Und abschließend noch eine Frage:
Wie geht das im vereinfachten Verfahren vor der Wahlversammlung?Ich habe mich als Vertrauensperson aufstellen lassen, befinde...
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Re: Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Guten Tag Herr Römer,
Ihr Zitat steht nicht im Widerspruch zu meiner Aussage.
Denn es gibt zwar die Annahme, daß ein BR-Mitglied bei AU (oder Urlaub) verhindert ist und nachgeladen werden darf, dem BR-Mitglied ist es aber nicht verwehrt, sein Amt auch während einer AU auszuüben und - im Fall des BetrVG - dies dem Betriebsratsvorsitzenden entsprechend positiv anzuzeigen.
Für die SBV hat die Fachkommentierung diese Möglichkeit der Weiterführung des Amtes übernommen - insbesondere nach der Neufassung des § 177 SGB IX (§ 94 aF) durch Art. 2 BTHG:
"Zwar beinhaltet die Abwesenheit wegen Urlaub, Arbeitsunfähigkeit oder Elternzeit noch nicht zwingend, dass die Vertrauensperson an der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte gehindert ist, die Rechtsprechung geht jedoch zu Recht im Betriebsverfassungsrecht von dem Erfahrungssatz aus, ein Betriebsratsmitgliedsei so lange als verhindert anzusehen, wie es dem Betriebsratsvorsitzenden nicht positiv angezeigt hat, dass es ungeachtet der Abwesenheitssituation seine Betriebsratstätigkeit durchführen möchte ...
Diese zur Betriebsverfassung aufgestellten Rechtssätze sind auf das Schwerbehindertenrecht übertragbar."
Auch mich interessiert allerdings, was das hier
Ihr Zitat steht nicht im Widerspruch zu meiner Aussage.
Denn es gibt zwar die Annahme, daß ein BR-Mitglied bei AU (oder Urlaub) verhindert ist und nachgeladen werden darf, dem BR-Mitglied ist es aber nicht verwehrt, sein Amt auch während einer AU auszuüben und - im Fall des BetrVG - dies dem Betriebsratsvorsitzenden entsprechend positiv anzuzeigen.
Für die SBV hat die Fachkommentierung diese Möglichkeit der Weiterführung des Amtes übernommen - insbesondere nach der Neufassung des § 177 SGB IX (§ 94 aF) durch Art. 2 BTHG:
"Zwar beinhaltet die Abwesenheit wegen Urlaub, Arbeitsunfähigkeit oder Elternzeit noch nicht zwingend, dass die Vertrauensperson an der Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte gehindert ist, die Rechtsprechung geht jedoch zu Recht im Betriebsverfassungsrecht von dem Erfahrungssatz aus, ein Betriebsratsmitgliedsei so lange als verhindert anzusehen, wie es dem Betriebsratsvorsitzenden nicht positiv angezeigt hat, dass es ungeachtet der Abwesenheitssituation seine Betriebsratstätigkeit durchführen möchte ...
Diese zur Betriebsverfassung aufgestellten Rechtssätze sind auf das Schwerbehindertenrecht übertragbar."
Auch mich interessiert allerdings, was das hier
bedeuten soll. Eine "Aufstellung" gibt es nicht beim vereinfachten Verfahren, es gibt lediglich Vorschläge auf der Versammlung durch die Wahlberechtigten, bei der sich jemand auch selbst vorschlagen kann. Bei Abwesenheit von der Versammlung kann dies auch formlos im Voraus erfolgen.Ich habe mich als Vertrauensperson aufstellen lassen
Das kommt auf die Gründe der AU an.Sollte ich als Vertrauensperson oder Vertretung gewählt werden, habe ich Möglichkeiten im Krankenstand ehrenamtlich eine Fortbildung zu machen (dessen Kosten der AG übernimmt) oder begrenzt und soweit mir möglich an Gesprächen oder Sitzungen der Mitarbeiter Vertretung teilzunehmen?
Für die geschuldete berufliche Tätigkeit je nach Einzelfall evtl. ja, für die Mandatstätigkeit grundsätzlich nicht.Hat das Unternehmen die Möglichkeit, mich während meines Krankenstandes komplett aus dem Betrieb auszuschliessen?
Das ist ihre persönliche Entscheidung, die in einem I-Net-Forum ohne Kenntnis der konkreten Umstände niemand beurteilen kann. Diese Entscheidung wäre aber bindend bis zur nächsten Wahl - turnusmäßig im Herbst 2022.Oder sollte ich mich nun doch nur als Vertretung aufstellen lassen
Auch das ist eine individuelle Entscheidung - abhängig von den konkreten Einzelfallumständen.bzw im Falle einer Wahl der Vertrauensperson zunächst das Feld voll und ganz der Vertretung überlassen?
&Tschüß
Wolfgang
Wolfgang
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Wann ist SBV kraft Gesetzes verhindert?
I. Betriebsverfassungsrechtalbarracin_01 hat geschrieben: ↑Donnerstag 5. November 2020, 14:03 „Es gibt für eine SBV wie auch im BetrVG oder im Personalvertretungsrecht kein Verbot der Mandatstätigkeit während AU und auch kein zwingendes Nachrücken einer Stellvertretung.
Das ist so zu pauschal. Jedenfalls bei Vollfreistellung eines BR-Mitgliedes kann dieses sich nicht für „nicht verhindert“ erklären, wenn es zum Beispiel vom Arzt krankgeschrieben wurde. Ob und in welchem Umfang es sich (subjektiv) zur Wahrnehmung von BR-Amtspflichten in der Lage sieht, ist völlig unerheblich. So z.B. BAG, 28.07.2020 - 1 ABR 5/19:
Leitsatz: „Während der Dauer einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit ist ein nach § 38 Absatz 1 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied an der Wahrnehmung seines Amts verhindert“ - also wegen Arbeitsunfähigkeit unzuständig geworden. Es ist bspw. nicht befugt, an BR-Sitzung teilzunehmen. Dieses gilt (sinngemäß) auch für vollfreigestellte SBV.
Das mag schon sein – ist aber nicht unbedingt zwingend:albarracin_01 hat geschrieben: ↑Donnerstag 5. November 2020, 14:03 Eine tatsächl. vorliegende krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit eines BR-Mitglieds muss nicht zwangsläufig auch zur Amtsunfähigkeit führen (ErfK, Koch, § 25 BetrVG Rn 4)
Dieser Erste Senat des BAG vom 28.07.2020 ist demnach offenbar u.a. vom Zweiten Senat des BAG weit abgerückt, soweit Vollfreistellung (BAG, Urteil v. 15.11.1984 – 2 AZR 341/83, und BAG vom 08.09.2011, 2 AZR 388/10, Rn. 27; dem folgend BAG vom 25.05.2005 - 7 ABR 45/04, Rn. 16, zur Elternzeit und krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit, sowie wohl auch BGH, 13.02.2014, RiZ (R) 3/13, Rn. 55). Begründet hat dies der Erste Senat in seinem Beschl. von 2020 vor allem mit „Praktikabilität“ und „Rechtssicherheit“ (Rn. 33) als auch wörtlich mit „amtsunfähig“ (Rn. 37 am Ende). Das wurde im zit. ErfK (noch) nicht berücksichtigt.
Entscheidungsbesprechung
Selbst wenn der „vollständig freigestellte“ arbeitsunfähige BR-Vorsitzende als „Gast“ an Sitzungen teilnehmen sollte, wäre er rechtl. „stets verhindert“. Er ist während der Dauer seiner Arbeitsunfähigkeit „amtsunfähig“ und damit rechtlich verhindert im Sinne des § 25 Absatz 1 Satz 1 BetrVG. Der Verhinderungsfall hängt insoweit nicht von den jeweiligen „Umständen des Einzelfalls“ sowie insbesondere nicht von Wünschen bzw Vorstellungen einzelner Mandatsträger ab Unerheblich ist insoweit, dass es sich um ein „Ehrenamt“ handelt. Handlungen, die ein vollständig freigestellter BR-Vorsitzender während seiner Arbeitsunfähigkeit vornimmt, entfalten keine Wirksamkeit, da im ruhendem Mandat und nicht befugt zu „Amtshandlungen“. Sie sind unwirksam und damit nichtig. Dieser BAG-Beschluss ist mE. auch auf eine vollständig freigestellte SBV entsprechend übertragbar.
II. Personalvertretungsrechtalbarracin_01 hat geschrieben: ↑Donnerstag 5. November 2020, 14:03 Es gibt im Personalvertretungsrecht kein Verbot der Mandatstätigkeit während AU und auch kein zwingendes Nachrücken einer Stellvertretung.
Dass es hier kein Verbot bei AU gebe ist schlicht falsch:
Der Teilnahme eines erkrankten oder eines beurlaubten Personalrats an den Personalratssitzungen kann jedoch Personalvertretungsrecht sehr wohl zwingend entgegenstehen laut ständ. Rspr. der Verwaltungsgerichtsbarkeit, nachdem diese insoweit anders „tickt“ als z.B. BAG vom 15.11.1984 – 2 AZR 341/83, bei Erkrankung und Urlaub (VG Köln, 28.03.2014 – 33 K 5730/13.PVB, Rn. 20 - 25, mit_Verweis auf VGH Bayern 1988 und VG Münster) Die Verhinderung eines Personalratsmitglieds bestimmt sich nach objektiven Kriterien und nicht danach, ob es trotz fehlender Dienstleistungspflicht (z.B. wg. Krankheit oder Urlaub) an Sitzung des Personalrats teilnehmen möchte. Demnach ggf. wohl striktes „Verbot der Mandatstätigkeit während AU“ nach Personalvertretungsrecht – also kein „Wunschkonzert“ nach Lust und Laune. Bei Verhinderung wie_AU hat das PR-Mitglied das unverzüglich mitzuteilen nach § 36 Abs. 2 Satz 4 BPersVG n.F. – damit auch das Ersatzmitglied stets (rechtzeitig) geladen werden kann.
Einheitliche Rspr. wird wohl erst dann zu erwarten sein, sofern das BVerwG damit befasst werden sollte (vergl. § 11 Absatz 3 RsprEinhG) für die nicht vollfreigestellten Mandatsträger – ggf. über den Gemeinsamen Senat – darüber, ob „Auslegung“ von BAG-Senaten und BGH unzulässige „Rechtsfortbildung“ ist oder nicht.
VGH Bayern, 14.09.1988 – 17 P 88.02465 (Leitsatz)
Ein Personalratsmitglied ist während seines genehmigten Erholungsurlaubs durch das für diese Zeit kraft Gesetzes entstehende Teilnahmerecht des Ersatzmitglieds von der Teilnahme an Personalratssitzungen ausgeschlossen.
Vgl. bspw auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. vom 23.08.2018, OVG 60 PV 8.17, Rn. 36 und VGH Bayern, Beschluss vom 23.07.2003 - 17 P 03.18, wonach rechtl. Unmöglichkeit bei Arbeits- oder Dienstunfähigkeit: Seit letztem Jahrhundert gibt es also sehr wohl „Verbot der Mandatstätigkeit während AU“ und z.B. Urlaub für PR,
Zum Beispiel auch „Unzulässigkeit der Teilnahme eines Personalratsmitglieds an Sitzungen / Abstimmungen des Personalrats während der Dauer eines ihm genehmigten Erholungsurlaubes“ (so auch VG Köln, 29.10.2013 - 33 L 1415/13.PVB).
Beste Grüße
Heidi Stuffer
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- Registriert: Dienstag 1. November 2016, 18:50
Re: Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Hallo zusammen,Heidi Stuffer hat geschrieben: BAG, 28.07.2020 - 1 ABR 5/19.
Leitsatz: Während der Dauer einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit ist ein nach § 38 Abs. 1 BetrVG freigestelltes Betriebsratsmitglied an der Wahrnehmung seines Amts verhindert.
ich möchte den zitierten BAG-Leitsatz aus einem anderen Blickwinkel betrachten und etwas einschränken. Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gilt uneingeschränkt auch gegenüber vollständig freigestellten Mitgliedern von betrieblichen Interessenvertretungen. Von daher dürfte ein Tätigwerden trotz mitgeteilter Arbeitsunfähigkeit auch davon abhängen, dass der Arbeitgeber dies mitträgt, und ein freigestellter Beschäftigter oder eine freigestellte Beschäftigte sich selbst und andere Betriebsangehörige durch das Tätigwerden keinen gesundheitlichen Risiken aussetzt. Ein gutes Beispiel für ein einvernehmliches Tätigwerden ist m.E. eine Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung nach § 74 SGB V eines vollständig freigestellten, arbeitsunfähigen Mitglieds der betrieblichen Interessenvertretung. Im Umfang der ärztlich festgestellten Belastbarkeitsstufen können in diesem Rahmen Aufgaben aus dem betrieblichen Wahlamt wahrgenommen werden, soweit alle drei Beteiligten (Krankenkasse, Arbeitgeber, freigestelltes Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung) dem vorgelegten Eingliederungsplan zugestimmt haben. Es ist kein Grund zu erkennen, warum vollständig freigestellte, arbeitsunfähige Mitglieder der betrieblichen Interessenvertretung vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sein sollten. Ebenso dürfte auch § 44 SGB IX (weitere Rehabiltationsträger) für eine derartige stufenweise Wiedereingliederung vollumfänglich anwendbar sein.
Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
Re: Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Sehr geehrter Herr Dr. Karpf,
ich hätte eine Frage zu ihrer Antwort:
Wie sieht das Ihres Erachtens bei einer teilfreigestellten VP aus? Dürfte die dann im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung anteilig auch Aufgaben aus dem betrieblichen Wahlamt wahrnehmen?
Und darf man eine VP während einer AU auch von ihren "passiven" Rechten, z.B. auf Information bzw. informellen Austausch mit ihren Stellvertretern, komplett ausschließen? Ihr z.B. den Zugang zum SBV-Postfach entziehen usw.?
Für eine Einschätzung wäre ich dankbar.
Freundliche Grüße.
ich hätte eine Frage zu ihrer Antwort:
Michael Karpf hat geschrieben: ↑Montag 26. Juli 2021, 12:55
(...) Ein gutes Beispiel für ein einvernehmliches Tätigwerden ist m.E. eine Maßnahme der stufenweisen Wiedereingliederung nach § 74 SGB V eines vollständig freigestellten, arbeitsunfähigen Mitglieds der betrieblichen Interessenvertretung. Im Umfang der ärztlich festgestellten Belastbarkeitsstufen können in diesem Rahmen Aufgaben aus dem betrieblichen Wahlamt wahrgenommen werden, soweit alle drei Beteiligten (Krankenkasse, Arbeitgeber, freigestelltes Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung) dem vorgelegten Eingliederungsplan zugestimmt haben. Es ist kein Grund zu erkennen, warum vollständig freigestellte, arbeitsunfähige Mitglieder der betrieblichen Interessenvertretung vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen sein sollten. (...)
Wie sieht das Ihres Erachtens bei einer teilfreigestellten VP aus? Dürfte die dann im Rahmen der stufenweisen Wiedereingliederung anteilig auch Aufgaben aus dem betrieblichen Wahlamt wahrnehmen?
Und darf man eine VP während einer AU auch von ihren "passiven" Rechten, z.B. auf Information bzw. informellen Austausch mit ihren Stellvertretern, komplett ausschließen? Ihr z.B. den Zugang zum SBV-Postfach entziehen usw.?
Für eine Einschätzung wäre ich dankbar.
Freundliche Grüße.
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Wahl der SBV während Krankenstand von SB
Nach meiner Einschätzung können einer teilweise freigestellten Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen diese SBV-Rechte während einer Stufenweisen Wiedereingliederung (StW) durchaus zustehen. Denn in dieser Phase ist die Vertrauensperson bereits im Betrieb präsent. Auf die AU-Richtlinie für die StW wurde im o.g. Beschluss des BAG, 28.07.2020 – 1 ABR 5/19 – ja auch eigens hingewiesen in Rn. 40.
Voraussetzung ist aber, dass der die StW vorschlagende Arzt Kenntnis hatte, dass der Patient oder die Patientin im Betrieb als SBV gewählt ist (siehe "ausgeübte Tätigkeit" auf dem StW-Formular) und die Wahrnehmung der Aufgaben als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen in seinem StW-Plan unter "Art der Tätigkeit" zumindest nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat. Denn die Arbeit als SBV kann – insbesondere bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber – oftmals inhaltlich sehr anspruchsvoll, seelisch belastend und wegen der Termindichte mit hohem Arbeitsdruck vebunden sein.
Viele Grüße
Dr. Michael Karpf