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Haben Schwerbehinderte Vorrang bei Urlaub vor AN mit Kindern?

Verfasst: Dienstag 20. November 2018, 10:42
von HeikeM
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich hoffe, Sie können mir helfen. Ich habe im Vorfeld bereits im Internet
recherchiert, aber keine befriedigende Antwort gefunden.
Es werden jetzt bzgl. Arbeitsplatzumsetzungen Sozialauswahlen vorgenommen.
Ich habe nun erfahren, dass es bei schwerbehinderten Mitarbeitern/innen erst
gar nicht dazu kommen muss. Ich finde leider den dazugehörenden
Gesetzestext nicht zur Vorlage beim Arbeitgeber.

Bei der zweiten Frage geht es um die Berücksichtigung von Schwerbehinderten
bei der Urlaubsplanung. Auch hier finde ich keine Gesetzesgrundlage, dass
– wie im vorliegenden Fall – ein/e Arbeitnehmer/in mit schulpflichtigem
Kind (alleinerziehend) Vorrang gegenüber einem/ einer Schwerbehindert/en
hat. Ich habe lediglich herausgefunden, dass ein AN mit Kind kein Anrecht
auf alle Ferien hat und auch mal zu einer anderen Zeit Urlaub nehmen sollte.
Aber auch das ohne Gesetzesgrundlage.
Nur mit Argumenten komme ich leider nicht weiter.

Re: Haben Schwerbehinderte Vorrang bei Urlaub vor AN mit Kindern?

Verfasst: Dienstag 20. November 2018, 14:44
von matthias.günther
Hallo,

zu 1. Ohne nähere Angaben zum Sachverhalt kann hier nur allgemein auf den § 167 Abs. 1 SGB IX (Prävention) verwiesen werden. Falls eine Schwerbehindertenvertretung existiert, muss der Arbeitgeber diese rechtzeitig von einer geplanten Umsetzung informieren. Das Integrationsamt ist im Präventionsverfahren zu beteiligen. Evtl. wird eine solche "Umsetzung" (Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes) nicht mehr vom Direktionsrecht abgedeckt, bei einer Änderungskündigung muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamtes beantragen. Der Spielraum des Arbeitgebers bei der Ausübung des Direktionsrechts ist umso enger, je genauer der Aufgabenbereich des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag festgeschrieben ist. Bei einer Änderungskündigung finden die Grundsätze der Sozialauswahl Anwendung. Von einer geplanten Umsetzung betroffene Beschäftigte können sich auch direkt an das zuständige Integrationsamt wenden. Was sagt denn der Betriebsrat zu dem Sachverhalt? Siehe auch die Stichworte "Direktionsrecht" und "Änderungskündigung" im Fachlexikon "ABC Behinderung und Beruf".

zu 2. Da gibt es auch keine explizite Rechtsgrundlage. § 7 Abs. 2 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) sagt lediglich: "Der Urlaub ist zusammenhängend zu gewähren, es sei denn, daß dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen. Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden, und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muß einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinanderfolgende Werktage umfassen." Es muss hier eine Abwägung und Entscheidung im Einzelfall vorgenommen werden. Allerhöchstens aus § 164 Abs. 2, 4 SGB IX könnte bei einer Kollision mit Urlaubsbegehren anderer Arbeitnehmer eine bevorzugte Berücksichtigung schwerbehinderter Beschäftigter bei der Urlaubsgewährung resultieren, wenn wegen der Auswirkungen der Behinderung in dem vom schwerbehinderten Menschen gewünschten Zeitraum eine Urlaubsgewährung notwendig ist. Ansonsten gelten die allgemeinen Urlaubsgrundsätze. Bei Problemen wäre in dem Fall der Betriebsrat der richtige Ansprechpartner.
P.S. Wie soll denn ein/e (ggf. alleinerziehender) Arbeitnehmer/in die Kinderbetreuung sicherstellen, wenn eine Ganztagsbetreuung im Kindergarten oder in der Schule (Hort) nicht durchgehend gewährleistet werden kann? Auch diese Einrichtungen haben ja idR in den Ferien Schließzeiten. Evtl. kann ja in den Ferien auch mal Arbeitnehmern parallel Urlaub gewährt werden. Nicht immer liegen "dringende betriebliche" Gründe vor. Allgemeiner Personalmangel zählt nämlich nicht dazu!