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SBV-Wahl Beeinflussung/Behinderung

Verfasst: Donnerstag 18. Oktober 2018, 10:55
von wadlbeisser
Hallo,
der Arbeitgeber hält den zeitlichen Aufwand, den der Wahlvorstand für die Wahl der SBV betreib für deutlich überzogen und droht nun zum zweiten Mal mit einer Lohnkürzung bei der nächsten Gehaltsabrechnung.
Außerdem verlangt er, inhaltsbezogen mittzuteilen, welche Themen im Rahmen der Sitzungen des Wahlvorstandes behandelt wurden.
Unsere Wahl findet nächste Woche statt. Alle Treffen zur Vorbereitung waren erforderlich um die Wahl fehlerfrei und nach gesetzlichen Vorgaben ordnungsgemäß vorzubereiten und die Wahl durchführen zu können.
Ist dies als Beeinflussung oder als Wahlbehinderung zu definieren?
Welche rechtlichen Konsequenzen hat dies für den Arbeitgeber? Oder welche rechtliche Auswirkung bestehen hier?
Kann uns da jemand weiter helfen?
Für eine Rückmeldung sind wir Euch dankbar
Grüße Wadlbeißer

Re: SBV-Wahl Beeinflussung/Behinderung

Verfasst: Donnerstag 18. Oktober 2018, 13:12
von matthias.günther
Hallo,

gem. § 2 Abs. 6 SchwbVWO hat der Arbeitgeber den Wahlvorstand bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen.
Die Mitglieder des Wahlvorstandes und der Wahlleiter sind vom Arbeitgeber in dem Umfang, wie ihre Arbeitskraft für Wahlaufgaben beansprucht wird (was soll denn "deutlich überzogen" überhaupt sein?), von der Arbeit freizustellen (§ 177 Abs. 6 SGB IX i. V. m. § 20 Abs. 3 S. 2 BetrVG); vgl. unsere Broschüre „Wahl der Schwerbehindertenvertretung“, S. 75 ff. (https://www.integrationsaemter.de/wahl/484c/index.html). Hier gilt das Gleiche wie bei BR-Mitgliedern. eine stundenweise Begrenzung der Tätigkeit des Wahlvorstandes durch den Arbeitgeber ist unzulässig (LAG Schleswig-Holstein, NZA-RR 2005, 253 ff, Fitting, Kommentar zum BetrVG, S. 480, Rnr. 48 zu § 20). Die Tätigkeit des Wahlvorstandes findet grds. während der Arbeitszeit statt.
Diese Vorschrift hat den Schutz der SBV-Wahlen analog der BR-Wahl zum Ziel. Wahlschutz nach § 20 Abs. 1 BetrVG bedeutet, dass die Wahl von niemandem behindert oder in unerlaubter Weise beeinflusst werden darf. Die Behinderung oder unzulässige Beeinflussung der Wahl kann mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder Geldstrafe geahndet werden (§ 177 Abs. 6 SGB IX, § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Sie kann die Anfechtbarkeit, in besonders schweren Fällen Nichtigkeit der Wahl begründen. Eine dann erforderliche Neuwahl hätte für den Arbeitgeber wiederum Kosten zur Folge.
Der Wahlvorstand hat einen Unterlassungsanspruch bezüglich unzulässiger Wahlbehinderung. Dieser Unterlassungsanspruch kann auch im Wege der einstweiligen Verfügung im Eilverfahren arbeitsgerichtlich durchgesetzt werden.

Re: SBV-Wahl Beeinflussung/Behinderung

Verfasst: Donnerstag 18. Oktober 2018, 16:33
von wadlbeisser
Hallo Matthias,
recht herzlichen Dank für Deine sehr gute und genaue Ausführung.
Soweit bin ich ganz bei Dir, auch ich habe bisher diese Auffassung vertreten und die Wahlproschüre ist mir gut bekannt.
Nur wurde ich auf den Text vom Kommentar SGB IX Düwell hingewiesen, in dem es im § 117 , auf Seite 1127 steht, dass dies keine Straftat bei der SBV-Wahl darstellt. Was uns vollkommen verunsichert. Diese Info ist mir neu!
Von daher bringt uns ein Eilverfahren nichts, wir werden die Wahl durchführen aber die Behinderung bleibt.
Viele Grüße
Wadlbeißer

Re: SBV-Wahl Beeinflussung/Behinderung

Verfasst: Donnerstag 18. Oktober 2018, 17:50
von CVedder
Hallo,

Düwell hat seine Meinung, dass Schrifttum, zu welchem u.a. auch die Kommentierungen von Ernst/Baur/Jäger-Kuhlmann oder auch der gute alte Cramer gehören, eine andere.
Vermutlich ist der nun von Ihnen gewählte pragmatische Weg - die Wahl abwarten - zunächst der bessere. Nur wenn es tatsächlich zu Lohnkürzungen kommt, dann würde ich den Klageweg versuchen zu bestreiten. Vorausgesetzt natürlich, dass die Tätigkeiten und damit verbundenen Arbeitszeiten als Wahlvorstand nicht gänzlich überzogen waren (nicht aus Sicht des Arbeitgebers, sondern aus Sicht der Gewährleistung einer ordnungsgemäßen und rechtssicheren Wahl).

Grüße
Christian Vedder

Re: SBV-Wahl Beeinflussung/Behinderung

Verfasst: Freitag 19. Oktober 2018, 12:27
von albarracin_01
Hallo,

auch die Aufrechnung eines AG mit Arbeitsentgelt unterliegt bestimmten Regeln. Im Streitfall liegt die Darlegungs- und Beweislast allein beim AG.
Außerdem muß der AG natürlich auch die Pfändungsfreigrenzen beachten gem. § 394 Abs. 1 BGB:

https://www.gesetze-im-internet.de/bgb/__394.html