Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes

Antworten
bereh

Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes

Beitrag von bereh »

Hallo,
im SchwbVWO ist nichts zu Ersatzmitgliedern des Wahlvorstandes definiert. Dennoch wird es wohl allgemein als sinnvoll erachtet, solche zu benennen. Meine Fragen:

1. Vertritt immer ein benanntes Ersatzmitglied genau eine benannte Person im Wahlvorstand oder wird einfach irgendein Ersatzmitglied genommen wenn im Wahlvorstand jemand Urlaub hat oder krank wird?

2. Müssen die Ersatzmitglieder im Wahlausschreiben (Aushang) bekannt gemacht werden?

3. Gibt es sonst irgendwelche Richtlinien für Ersatzmitglieder?

4. Können Ersatzmitgliedern einfach so Aufgaben des Wahlvorstandes übertragen werden.

5. Können Wahlbewerber ohne Wissen der Wählerinnen und Wähler Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes werden und Aufgaben beim Wahlverfahren übernehmen?

6. Wahlvorstand / Ersatzmitglieder dürfen sich zur Wahl bewerben, aber geht es nicht gegen die gebotene Neutralität, wenn sie einen Großteil der Wahlunterstützungen (viel mehr als benötigt) für sich abfischen?

Und schließlich noch ein Szenario:
Der (von der alten SBV aufgestellte?) Wahlvorstand stellt die alte SBV als seine Ersatzmitglieder auf. Im Wahlaushang wird davon nichts erwähnt. Die alte SBV will wieder kandidieren. Die Wählerliste wird in der SBV ausgelegt, weil dort die notwendige Verfügbarkeit an Personal gegeben sei. Kurz nach Wahlaushang versuchen andere Wahlbewerber, bei Kolleginnen und Kollegen ihre Listen zur Wahlunterstützung mit den notwendigen Stimmen zu füllen und merken, dass die meisten Leute bereits bei der alten SBV unterschrieben haben und deshalb kein zweites Mal unterschreiben können. Der Betrieb bzw. die Dienststelle ist über viele Standorte verteilt und in der Wählerliste steht nur ein Chiffre des Bereiches. Über Suchmaschinen kann nur ein Teil der betrieblichen Adressen bzw. Email ermittelt werden. Viele Wählerinnen und Wähler antworten nicht auf Email. Da werden 10 Werktage für die Sammlung der benötigten Unterschriften ganz schön knapp.
Was halten Sie / haltet Ihr davon?

Viele Grüße,
albarracin_01
Beiträge: 572
Registriert: Dienstag 25. Juni 2013, 10:43

Re: Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes

Beitrag von albarracin_01 »

Hallo,

1.
Beide Verfahrensweisen sind zulässig, die Art des "Nachrückens" muss bei Berufung von der berufenden SBV deutlich gemacht werden.

2.
Nein

3.
Nein, es gibt lediglich Einzelfallrechtsprechung

4.
Nur wenn sie als Stellvertreter amtieren

5.
Ja, Wahlbewerber können auch Mitglied im WV sein

6.
Der Gesetzgeber hat das nunmal so vorgesehen bzw. diese Konstellation nicht ausgeschlossen.

Das geschilderte Szenario krankt an einem wesentlichen Fehler:
dass die meisten Leute bereits bei der alten SBV unterschrieben haben und deshalb kein zweites Mal unterschreiben können.
Dem ist nicht so. Die Unterschriften unter mehreren Listen darf der WV nicht zwingend nach Datum gewichten. Vielmehr muß der WV zwingend in jedem Fall einer Mehrfachunterschrift den/die Unterschreibenden gem. § 6 Abs. 4 SchwbVWO
http://www.gesetze-im-internet.de/schwbwo/__6.html
anfragen, welche Unterschrift gilt.
Antwortet der-/diejenige, der/die die Unterschrift geleistet hat, nicht rechtzeitig, dann zählt die Unterschrift auf keinem Wahlvorschlag.
Der/die Unterschreibende kann aber sehr wohl erklären, daß die später geleistete Unterschrift gilt.
&Tschüß
Wolfgang
SchmeixFliege

Re: Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes

Beitrag von SchmeixFliege »

Hallo bereh,

Ihre Fragen treffen da wirklich ein paar sehr spannende Punkte.
Suche Sie doch mal in der Forumssuche nach "Ersatzmitglied", da werden Ihnen einige interessante Treffer geliefert.

Der Wahlvorstand wird von der amtierenden SBV bestellt, d.h. sie allein bestimmt, wer im Wahlvorstand sitzt.
Diese und auch viele andere Regelungen sind sicher nicht immer optimal, aber irgendwie muss der Gesetzgeber auch versuchen den betrieblichen Aufwand für den Arbeitgeber etwas in Grenzen zu halten.

Wer mit der Unterschrift für einen Wahlvorschlag überrumpelt wurde, der kann danach ruhig auch einen anderen Wahlvorschlag unterschreiben. Er muss sich nur dann gegenüber dem Wahlvorstand (proaktiv oder auch erst auf Nachfrage) erklären, welchen der beiden Wahlvorschläge er jetzt wirklich unterstützen möchte.
bereh

Re: Ersatzmitglieder des Wahlvorstandes

Beitrag von bereh »

Ja, im Szenario hatte ich geschrieben, dass Wahlberechtigte nicht mehrere Wahlbewerber unterstützen können. Das ist so natürlich nicht richtig. In der Praxis wollen sie keine zweite Unterschrift leisten weil sie sich loyal zur ersten Unterschrift verhalten möchten und/oder den Aufwand der Rückfrage durch den Wahlvorstand nicht möchten. Im Kern sind die Leute kaum engagiert, für die SBV-Wahl viel Aufwand zu treiben und wenn der neue Wahlbewerber in großen Unternehmen gar nicht persönlich bekannt ist fehlt für den Aufwand die Motivation.

Es ist vermutlich für Menschen ein besseres Gefühl, eine zweite Anfrage nicht zu unterstützen als eine zuerst gegebene Unterstützung zu widerrufen.
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

Ersatzmitglied des Wahlvorstands

Beitrag von albin.göbel »

bereh hat geschrieben:2. Müssen Ersatzmitglieder (Aus­hang­­) bekannt gemacht werden?
Im öffentlichen Dienst ist das geregelt im Personalvertretungsrecht. So müssen dort auch etwaige Ersatzmitglieder eines PR-Wahlvorstands bekanntgegeben werden und zwar unverzüglich nach Bestellung, z.B. nach § 1 Abs. 3 BPersVGWO oder nach § 1 Abs. 5 WO-BayPVG. So wird das dort auch verbreitet bei SBV-Wahlen ent­spre­chend­ praktiziert zwecks Transparenz per Aushang bzw. Intranet in Dienststellen und kein 'Ge­heim­nis'­­ daraus gemacht.

BR-Wahl
Warum das nun im Be­triebs­ver­fas­sungs­recht­ ungeregelt ist mit der Be­kannt­ma­chung­­­ von evtl. Er­satz­mit­glie­dern­­ nach § 16 Abs. 1 BetrVG, an dem sich ja das SBV-Wahlrecht orientiert, sollten die Ge­werk­schaf­ten­­­ wissen... Jedoch auch dort wird empfohlen und praktiziert, dass der Wahlvorstand die Belegschaft informiert durch einen Aushang über die Aufnahme seiner Arbeit und dabei die Namen und Erreichbarkeit aller Mitglieder sowie Er­satzmitglieder­­­­­­ bekanntgibt.

SBV-Wahl
In dem Fachschrifttum wird auch ein sol­cher­­ Aus­hang­­ für Betriebe und Dienst­stel­­len­­­ ausdrücklich empfohlen,­­ um "Trans­pa­­renz­­­ des Wahl­ver­­fah­rens­­" zu erhöhen (so Prof. Düwell, Wahl der SBV, 2. Auf­l. 2018, Seite 119/120). Grund für "Ge­heim­­nis­­­krä­me­­rei­­­­­­" besteht jedenfalls nicht, eher Grund dazu, über die "Nachjustierung" der Wahl­ord­­­­­­nung­­­­­­­­­­­­­­ im BMAS mal nachzudenken.

Viele Grüße
Albin Göbel
Antworten