Seite 1 von 1

Wahlwerbung

Verfasst: Donnerstag 16. August 2018, 15:41
von arcus
Darf der Wahlvorstand Wahlwerbung fördern oder behindern?
Was darf er in diesem Zusammenhang?
Danke

Re: Wahlwerbung

Verfasst: Donnerstag 16. August 2018, 17:11
von albarracin_01
Hallo,

meinst Du den WV als Gremium oder einzelne Mitglieder des WV ?

Re: Wahlwerbung

Verfasst: Donnerstag 16. August 2018, 18:06
von SchmeixFliege
Der Wahlvorstand unterliegt dem Neutralitätsgebot, d.h. er darf die Wahlwerbung "einzelner" Kandidaten weder fördern noch behindern. Beim förmlichen Wahlverfahren hat er spätestens eine Woche vor Stimmabgabe die Namen der Bewerber in gleicher Weise wie das Wahlausschreiben bekannt zu geben (§ 8 SchwbVWO). (Beim vereinfachten Wahlverfahren werden ja die zu wählenden Personen erst in der Wahlversammlung durch Vorschlag bestimmt und es gibt auch keinen Wahlvorstand sondern eine Wahlleitung, und die wird ebenfalls erst in dieser Versammlung gewählt.)

Eine Verpflichtung den Bewerbern ein Forum für ihre Wahlwerbung zu geben, kann ich der Wahlordnung nicht entnehmen, allerdings besteht meines Wissens auch kein Verbot dies zu machen, sofern nicht dabei gegen die Neutralität verstoßen wird.
In gewissen Fällen kann es für den Wahlvorstand sogar geboten sein eine bestehende Chancenungleichheit der Bewerber auszugleichen (siehe z.B. Urteil LAG Baden-Württemberg vom 28.11.2017).
Wird gegen diese Grundsätze verstoßen, bliebe nur die Möglichkeit vor dem Arbeitsgericht die Wahl anzufechten.

Re: Wahlwerbung - Vorstellung der Kandidaten in der Wahlversammlung

Verfasst: Freitag 17. August 2018, 09:56
von SchmeixFliege
Eine bereits bestehende Schwerbehindertenvertretung ist bei einer Wiederkandidatur gegenüber einem völlig unbekannten neuen Bewerber schon etwas im Vorteil.
Nachdem das BIH-Forum auch dem Austausch und der Diskussion der Handhabung in der Praxis dient, wäre es durchaus interessant zu erfahren, wie die Wahl in der Vergangenheit in den einzelnen Betrieben bzw. Dienststellen gehandhabt wurde.

Wie lief das in der Vergangenheit bei Ihnen ab?
a) Haben Sie erlebt, dass von der Wahlleitung bei einer vereinfachten Wahl in der Wahlversammlung den vorgeschlagenen Kandidaten schon mal die Möglichkeit eingeräumt wurde sich kurz vorzustellen?
b) Wurde in Ihrem Betrieb von dem Wahlvorstand bei einem förmlichen Wahlverfahren schon mal darauf hingewirkt, dass die Bewerber die Möglichkeit haben ihre Kandidatur per Aushang darzustellen?
c) Welche noch nicht thematisierten (rechtlichen?) Gesichtspunkte würden dem möglicherweise sogar entgegen stehen?

Wahlwerbung: Umfang & Inhalt?

Verfasst: Sonntag 19. August 2018, 12:05
von albin.göbel
arcus hat geschrieben:Darf der Wahlvorstand Wahl­wer­bung­ fördern oder behindern?
Hallo arcus, damit hatte sich letztes Jahr BAG, 25.10.2017 - 7 ABR 2/16, für SBV-Wahl (mit Anmerkung Prof. Dr. Kohte) sowie zehn Jahre zuvor BVerwG, Urteil 27.06.2007, 6 A 1.06, für Wahlen gemäß BGleiG (mit Verfahrensinfos) befasst zur Behinderung bei einer Wahlwerbung. Zu dem Umfang sowie Inhalten von Wahl­wer­bungs­ak­ti­vi­tä­ten vgl. sinngemäß BVerwG, Urteil vom 19.09.2012, 6 A 7.11, II.2.b.cc, Rn. 35-45, zur Personenwahl laut BGleiG.

Für die Wahlwerbung egal welcher Art gilt nach Kohte, Fußnote 17 mwN, der Grund­satz, "dass der Wahlvorstand neutral sein muss und sich nicht in die Wahlwerbung ein­schal­ten­ darf". Kommentar aus 2012 nicht nur für Frauen, wonach die Or­ga­ni­sat­ion von Vorstellungsveranstaltungen durch den Wahlvorstand "nicht zu seinen Aufgaben" gehöre lt. Wahlverordnung.

arcus hat geschrieben:Was darf er ...?
»The Best?« ♫♫♫
In ihrem Wahlflyer dürfen sich Kandidaten z.B. auch mit „simply the best“ bewerben – zu Deutsch: "einfach der/die, das Beste", so VGH München, 0­7.03.2017 - 17 P 16.2124 – jedoch nicht als "Kennwort" im SBV-Wahlvorschlag (Textfeld für Vertreter oder die Verteterin des Wahlvorschlags), weil Kennwörter nicht zugelassen auf den Stimmzetteln. Einen Flyer, Handzettel usw mit derartigen sub­jek­ti­ven Wertungen im Wahlkampf darf der Wahlvorstand hin­ge­gen nie­man­dem verwehren. Das ist keine unzulässige Herabwürdigung der Gegenkandidaten in Englisch!

Unzulässig wäre es, wenn ein parteilicher Wahlvorstand ungefragt die im Wahl­vor­schlag angegebene 'Art der Beschäftigung' ignoriert, teils weglässt oder eigenmächtig umtextet, abkürzt oder durch ganz andere (weniger aussagekräftige eher allgemeine) Bezeichnungen einfach ersetzt und diese statt der im eingereichten Wahlvorschlag angegebenen in den Stimmzettel einträgt, wie von einem Kandidaten hier in diesem Forum beklagt (zum Beispiel "Beamter" statt "Sach­be­ar­bei­ter Schwer­be­hin­der­ten­recht"). Das "verfälscht" bzw. verletzt das zwingende Neutralitätsgebot und täuscht alle Wähler zudem über die Angaben im Wahlvorschlag. Der Wahlvorstand darf keine solcherart "frisierten" Daten in den Stimm­zet­tel eintragen. Zu diesem schon zig-fach dis­ku­tier­ten "Dauerbrenner" der Wahlwerbung in diesem Forum ab 2014 vergl. auch hier.

Viele Grüße
Albin Göbel

Re: Wahlwerbung

Verfasst: Montag 20. August 2018, 10:31
von SchmeixFliege
An der Wahlversammlung zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung können generell nur die Wahlberechtigten teilnehmen. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang vielleicht auch noch der Hinweis der BIH in ihren FAQs zur Wahl, dass Personen, die bei der Wahlversammlung als Kandidat vorgeschlagen werden, ab diesem Zeitpunkt auch ohne Stimmrecht ein Teilnahmerecht haben.

Wahlen sind das wesentliche Grundelement von demokratischen Systemen.
Hierzu ist auch die Wahlwerbung von großer Bedeutung, da die Wähler sich für ihre Wahlentscheidung von den Bewerbern ein Bild machen können müssen.

Das Amt der Schwerbehindertenvertretung ist kein leichtes (Ehren-)Amt und es erfordert vom Amtsinhaber sehr viel Enthusiasmus und Engagement. Nicht immer wird dieses Engagement auch von allen angemessen geschätzt und gewürdigt.
Das Amt der Schwerbehindertenvertretung ist jedoch auch kein Selbstzweck für den Amtsinhaber, sondern alle vom Gesetzgeber eingerichteten Privilegien haben sind einzig und allein an den Interessen der schwerbehinderten Beschäftigten auszurichten.
Hierzu gehört auch die regelmäßige (demokratische) Neuwahl der Schwerbehindertenvertretung.
Deshalb ist es natürlich auch richtig seine bisher im Amt geleistete Arbeit durch Wahlwerbung gut darzustellen. Die Durchführung einer Wahlwerbung ist dabei von der Tätigkeit als SBV zu trennen.
Es entspricht nicht einem demokratischen Selbstverständnis die Wahl bzw. die Wahlwerbung von anderen Bewerbern zu erschweren bzw. zu verhindern.

Re: Wahlwerbung

Verfasst: Montag 20. August 2018, 14:42
von albarracin_01
Hallo,

natürlich hat der WV als Gremium absolute Neutralität zu wahren.
Allerdings hat das einzelne WV-Mitglied außerhalb seines Ehrenamtes keine Neutralitätspflicht und kann sehr wohl Wahlwerbung machen.