bno hat geschrieben:Ist zweiter Wahlvorgang zulässig?
JA - meint das
LAG München vom 27.09.2005, 8 TaBV 29/05 (wenn kein Wahlberechtigter
zuvor moniert habe).
NEIN laut Schrifttum (Düwell/Sachadae,
NZA 2014, 1241). Wäre hier rein theoretische Frage, wenn Wahlergebnis schon im Herbst 2018 ausgehängt wurde, da dann Anfechtungsfrist ja schon längst abgelaufen wäre!
Auch aus der BIH-
Niederschrift ergibt sich, dass stets ein Losentscheid statt einer sog. Wiederholungswahl wie hier durchzuführen ist bei Stimmengleichheit. Kritisch zu LAG München auch „Fachbeitrag B1/2011“ auf
reha.recht.de Soweit das LAG meinte, dass ein zweiter Wahlgang den
"Vorzug" verdiene, hat dieses LAG München damit seine eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen m.E. über die Wahlordnung gestellt, was wie hier Wiederholungswahl (nicht "Stichwahl") betrifft. Weder steht dem Wähler ein solches Antragsrecht noch der Wahlleitung eine solche Befugnis zu laut der Wahlordnung. Zudem sieht die SchwbVWO ohnehin keine „Wiederholungswahl“ vor, im Unterschied etwa zu BR-Wahlen – wie schon mehrfach
diskutiert. Ein weiterer Wahlgang dürfte im Ergebnis einem Abbruch der SBV-Wahl und einer echten Neuwahl gleichkommen. Ein Wahlabbruch wäre aber allenfalls bei Nichtigkeit zulässig laut ständiger Rspr. Von einer Nichtigkeit kann jedoch bei „Pattsituationen“ mitnichten die Rede sein. Die Rechtsbeschwerde wurde leider mit BAG vom 15.12.2006, 7 ABR 17/06, aus rein formalen Gründen eingestellt ohne Sachentscheidung wg. Ablauf Wahlperiode am 30.11.2006. Offen daher, ob die weitere Abstimmung als „nichtig“ hätte angesehen werden müssen, da es für Wiederholungswahl in allen denkbaren Konstellationen offenkundig keine Rechtsgrundlage gibt.
Frei erfunden 2005
Wie
LAG München dazu kommt, über ein Dutzend Mal höchst irreführend von einem "Wahlvorstand" statt von
Wahlleitung zu sprechen, ist für mich nicht ansatzweise nachvollziehbar, da es in der SBV-Wahlversammlung nie einen Wahlvorstand gibt gemäß § 20
Abs. 1 SchwbVWO. Insoweit sind die Arbeitsrichter irritierend, die mal so und mal so in ihrer Entscheidung 2005 vom Wahlvorstand, und an anderer Stelle
widersprüchlich vom Wahlleiter oder von Wahlleitung sprechen. Dieser vorgebliche
Wahlvorstand ist "reine Erfindung" dieser Kammer, an der Wahlordnung vorbei ... (vergl. Wiegand/ Hohmann, SchwbVWO, § 20 Rn. 17/19). Was diese Arbeitsrichter „geritten“ hat, entgegen der amtlichen BIH-
Niederschrift („Die Wahlversammlung wählte zur Wahlleitung ...“) und entgegen dem § 20
Absatz 1 SchwbVWO von einem Wahlvorstand statt von einer Wahlleitung auszugehen, erscheint unerfindlich: Es hätte insoweit eines rechtlichen Hinweises der Münchner Arbeitsrichter an die Anwälte bedurft statt deren haltlosen Vortrag zum vorgeblichen Wahlvorstand unkritisch „nachzuplappern“. In dem vom LAG München mehrfach zitierten Schreiben vom 24. Januar 2003 des damaligen Integrationsamts bei der Regierung von Oberbayern war entgegen der irrigen Annahme des LAG München gerade nicht von einem Wahlvorstand die Rede
!! Das Integrationsamt hat vielmehr den §
20 SchwbVWO zitiert, in dem bekanntlich 5x von einer „Wahlleitung“ die Rede ist.
BAG-Irrweg 2006
BAG: „Personalvertretungsrechtliche Vorschriften?“
Ebenso "erfinderisch" auch der Siebte Senat des
BAG mit rein diffus-nebulöser sowie haltloser Begründung, wonach vorgeblich ein Wahlvorstand
"nach personalvertretungsrechtlichen Vorschriften" zu bilden sei – an der Wahlordnung vorbei. An dieser verfehlten Rechtsprechung sollte sich keine Wahlversammlung und keine SBV unkritisch orientieren, da
wahlordnungsrechtlicher Irrweg nach h.M. (
Sachadae LPK-SGB IX, § 19 SchwbVWO Rn. 3, § 20 Rn 2;
Adlhoch, in: Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, § 94 Rn. 95; ferner schon Ministerialrat Dr.
Cramer, SchwbG, 5. Auflage von 1998, § 24 Rn. 13 m.w.N. unter Verweis auf die Gesetzesmaterialien zum SchwbG-ÄndG 1986, wonach seither eine „sinngemäße Anwendung der Vorschriften über das Wahlverfahren“ für PR-Wahlen „
nicht mehr vorgesehen“ und „unzulässig“ ist für SBV-Wahlen. Vergleiche dazu kritisch auch
Diskussion des BIH-Moderators Römer. Dieses mag früher mal anders gewesen sein, solange das SchwbG noch zeitweilig explizit auf das „Wahlverfahren“ für PR-Wahlen verwies: Dies ist aber längst Rechtsgeschichte – und allenfalls noch für den Rechtshistoriker bedeutsam, da uralter Rechtsstand lt. § 21 SchwbG 1974 – damals noch mit Vollverweisung in Abs. 5 auf die „Wahlverfahren“ für BR-/PR-Wahlen „sinngemäß“
(BGBl I 1974, Nr. 46, Seite 1005, 1012) vor Jahrzehnten:
§ 21 Abs.5 SchwbG 1974 hat geschrieben:2Im übrigen sind die Vorschriften über das
Wahlverfahren, den Wahlschutz und die Wahlkosten bel der Wahl des Betriebs, Personal- oder Richterrates sinngemäß anzuwenden.
[§ 21 Abs. 5 Satz 2 SchwbG 1974]
BAG, 24.5.2006, 7 ABR 40/05, auf dem Holzweg:
Da hat der Siebte Senat
doppelt und dreifach daneben gelegen, da es bei vereinfachter SBV-Wahl keinen Wahlvorstand (mehr) gibt, da bei förmlicher Wahl dieser nicht (mehr) laut „personalvertretungsrechtlichen Vorschriften" zu bilden ist, und da es im Übrigen diese von ihm mehrfach zitierte „SchwbWO“ nicht (mehr) gibt. Wurde schon vor Jahrzehnten abgeschafft – dennoch von Instanzengerichten teilweise ungeprüft bzw. unkritisch übernommen. Das ist grandioser unfassbar irreführender Quatsch für alle Praktiker – sowie höchstrichterlich frei erfundene Desinformation ohne jede Rechtsgrundlage …
Frei erfunden 2016
Falsch auch
LAG Stuttgart vom 04.05.2016, 10 TaBV 2/16, Rn. 30 – das eine Gruppe von drei Personen als Wahlleitung annimmt (Dr.
Sachadae, LPK-SGB IX, § 20 SchwbVWO Rn. 6 Fn. 9, wonach Ein-Personen-Organ). Falsch auch, dass Wahlleitung angeblich aktiv wahlberechtigt sein müsse lt. dieser haltlosen Einzelmeinung.
Viele Grüße
Albin Göbel