Hallo zusammen,
ich bin Wahlvorstand und habe eine Frage zum Personenkreis der Wahlberechtigten:
einige meiner Kolleginnen und Kollegen (Kreisbedienstete) sind in der Kreispolizeibehörde tätig und erledigen dort Verwaltungsaufgaben für die Kreispolizeibehörde. Da auch bei der Kreispolizeibehörde die SBV-Wahl ansteht, ist meine Frage, ob ein Wahlrecht für die schwerbehinderten Kreisbediensteten bei beiden Behörden - also sowohl bei der Kreisverwaltung als auch bei der Kreispolizeibehörde - besteht? Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sind nicht abgeordnet. Unser Landrat ist auch gleichzeitig Leiter der Kreispolizeibehörde.
Vielen Dank im voraus und viele Grüße,
C.Thorissen
Wahlrecht in welcher Dienststelle?
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Wahlberechtigung bei Abordnungen zeitlich oder generell ausgeschlossen?
- »Beschäftigungsdienststelle«
Wahlrechtlich naheliegend ist jedenfalls aus meiner Sicht, dass aktives Wahlrecht besteht bei Kreispolizeibehörde, da dort ja tatsächlich voll beschäftigt. Hinzu kommt Sachnähe, das Weisungsrecht gemäß § 106 GewO sowie die Kenntnis der zu wählenden SBV der Arbeitsorganisation bzw. Ortskenntnisse der Dienststelle. Das gilt bereits ab dem ersten Tag der Arbeitsaufnahme. Darauf, dass kein Arbeitsvertrag mit der Kreispolizeibehörde besteht, kommt es nach dem Wortlaut des ➔ § 177 Abs. 2 SGB IX wahlrechtlich nicht an, wonach tatsächliche Beschäftigung ausreicht für aktives Wahlrecht für diese SBV-Wahlen. (vgl. zur "Beschäftigung" LAG München vom 28.05.2014, 8 TaBV 34/12 - II.2.1). Ich gehe mal davon aus, dass es bei dieser kommunalen "Kreisverwaltung" sowie bei der staatlichen "Kreispolizeibehörde" jeweils eigene örtliche Personalräte gibt, oder?C.Thorissen hat geschrieben:Da auch bei Kreispolizeibehörde SBV-Wahl ansteht
Ob jedoch auch ein SBV-Wahlrecht bei der "Kreisverwaltung“ besteht, da muss ich momentan passen. Evtl. weiß jemand Rat aus Baden-Württemberg bzw. NRW und hat damit evt schon Praxiserfahrungen. Vermutlich ja wie bei Leiharbeit beim Verleiher (Grundverhältnis) und Entleiher (Betriebsverhältnis) – da rechtliches Interesse an der Zusammensetzung beider Schwerbehindertenvertretungen, – jedenfalls solange arbeitsvertraglich mit dem Verleiher verbunden (LAG Stuttgart, 28.11.2017 - 9 TaBV 4/17). Dass hier beide Behörden womöglich im selben Haus untergebracht sind - und der Landrat in Personalunion „beide“ Behörden leitet, ist wahlrechtlich ohne Belang. Höchstrichterliche BAG-Rechtsprechung zu dieser Rechtsfrage zum SBV-Wahlrecht ist mir nicht bekannt.
Zum wahlrechtlichen Begriff des Beschäftigten i.S.d. § 94 SGB IX (nun § 177 SGB IX) vgl. den Charité-Beschluss des BAG vom 25.10.2017 – 7 ABR 2/16 – zu Gestellten mit Beitrag Prof. Dr. Kohte, B3-2018, auf reha-recht.de Der Fall ist deswegen so aufschlussreich – weil sowohl
• Beschäftigung bejaht lt. § 94 III 1 SGB IX a.F. als auch
• Zugehörigkeit bejaht. lt. § 94 III 1 SGB IX a.F. des Beteiligten zu 4. zu der GmbH - obgleich gar kein AN dieser GmbH, sondern Personalgestellung: Charité ➔ GmbH. In dem Sinne schon BVerwG, 21.11.1958, VII P 3.58, zur (organisatorischen) Dienststellenzugehörigkeit mit folgendem Leitsatz: „Die zur Teilnahme an der Personalratswahl erforderliche Zugehörigkeit zur Dienststelle wird maßgeblich durch das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis des Bediensteten bestimmt.“ (seither ständ. Rspr.)
Beschäftigter einer Dienststelle zu sein heißt, in dieser und für diese tätig zu sein. Für die Frage der Dienststellenzugehörigkeit eines Beschäftigten kommt es auf das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis und nicht auf die durch Ernennung oder Arbeitsvertrag begründete rechtliche Beziehung an - so das BVerwG seit 1958 in ständ. Rspr. für PR-Wahlen.
Hintergrund
Entscheidet der Landrat als „Kreisverwaltung“ über das Grundverhältnis (wie Teilzeitantrag), so hat er die kommunale SBV dieser Kreisbehörde zu beteiligen. Geht’s hingegen etwa um die Verteilung der Arbeitszeit auf bestimmte Wochentage, dann ist die „staatliche“ SBV der „Kreispolizeibehörde“ (Betriebsverhältnis) zu beteiligen, weil ja dort im staatlichen Bereich allein eingesetzt und dies ausschl. das staatl. Betriebsverhältnis betrifft. Bei einem derartigen TZ-Antrag wird sich eine verständige kommunale SBV gleichwohl an staatl. SBV der Beschäftigungsdienststelle wenden, orientiert am Rechtsgedanken des § 180 Absatz 6 Satz 3 letzter HS SGB IX – statt vom „Grünen Tisch“ zu agieren („Gelegenheit zur Äußerung“), da das zwangsläufig auf das staatliche Betriebsverhältnis ausstrahlt, mit dem dortige staatliche SBV näher vertraut sein sollte.
Was dann? Darauf kommt es nicht an, sagt Prof. Düwell in seinem DVfR-Fachbeitrag zum "Wahlrecht bei Abordnung" mit fundierter Begründung; a.A. jedoch wohl noch die BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 1.2.3, Seite 17/18, zu vermeintlichen und tatsächlichen "Besonderheiten im öffentlichen Dienst" – wonach z.B. der Beginn eines SBV-Wahlrechts bei Abordnung vom Landes-Personalvertretungsrecht abhängen soll, obgleich im § 177 Abs. 2 SGB IX nirgends darauf verwiesen wird. Gerade in den ersten drei Monaten kann der Beistand der SBV nach § 178 Absatz 1 SGB IX besonders bedeutsam sein, wohl trivial für jeden erfahrenen Personaler - damit der Start gelingt. So auch in Baden-Württemberg - wo ab dem ersten Tag der Abordnung aktiv. Wahlrecht für den Personalrat beginnt nach § 8 LPVG BW nF. Wahlberechtigt zum PR sind dort selbst Beschäftigte, die erst am Wahltag zur Dienststelle gehören auch ohne Rücksicht darauf, wie lange diese in der Dienststelle bleiben sollen - egal ob volle Abordnung oder nur Teilabordnung laut Innenministerium Ba-Wü.C.Thorissen hat geschrieben:Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen sind nicht abgeordnet. Unser Landrat ist auch gleichzeitig Leiter der Kreispolizeibehörde.
Zudem verweist die Norm des § 177 Abs. 6 Satz 2 SGB IX „im Übrigen“ lediglich auf die Rechtsvorschriften „über die Wahlanfechtung, den Wahlschutz und die Wahlkosten bei der Wahl des Betriebs-, Personal-, Richter-, Staatsanwalts- oder Präsidialrates“ – nicht jedoch auf das aktive Wahlrecht. Damit scheidet „wahlrechtlich“ (obligat) eine Übernahme der personalvertretungsrechtlichen Regeln zur Wahlberechtigung aus (Prof. Düwell Handbuch zur Wahl der SBV, Münster 2018, Abschnitt 6.1).
Abordnung / Zuweisung (vorübergehend)
Bei SBV-Wahl gilt bei Abordnung nach § 14 BeamtStG nichts anders als etwa bei Einstellung oder Versetzung gemäß dem § 15 BeamtStG, auch über Landesgrenzen hinweg – nämlich sofortiges aktives SBV-Wahlrecht „bei Eintritt“. Gleiches gilt zB auch für Beamte, sobald diese etwa in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen zum Einsatz kommen. Vgl auch § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG 2009 für BR-Wahlen.
Personalgestellung (auf Dauer angelegt*)
Das sofortige SBV-Wahlrecht gilt m.E. immer auch bei Personalgestellung gemäß § 4 Abs. 3 TVöD / TV-L in Beschäftigungsbetrieb „privatrechtlich organisierter Unternehmen“ ( so wohl auch zu Recht im Ergebnis BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 1.1 Seite 39 („vom ersten Tag der Beschäftigungsufnahme an“) Dem stehen nicht etwa die Fristenregelung in § 10 Abs. 2 LPVG in NRW entgegen („sobald die ... Personalgestellung länger als sechs Monate gedauert hat“) oder etwaige davon abweichende Gestellungsverträge - weil das aktive SBV-Wahlrecht abschließend bundesgesetzlich normiert ist und zwar ohne jede Öffnungsklausel: Begründung ist mE. entgegen BIH-Broschüre Seite 38/39, nicht § 5 Absatz 1 Satz 3 BetrVG i.d.F. von 2009 - sondern vielmehr der abschließend normierte § 177 Absatz 2 SGB IX laut Fachschrifttum. Dass das SBV-Wahlrecht nicht unbedingt einen Arbeitsvertrag mit Einsatzdienststelle oder Einsatzbetrieb erfordert, vgl. Diskussion vom Juni 2018 m.w.N.
Eine stichhaltige Begründung für die Gegenansicht, dass es bei einer SBV-Wahl unterschiedlichen Beginn des akt. Wahlrechts gebe oder gar keinen – ist mir nicht bekannt. Es lässt sich m.E. nicht begründen, wonach von drei sbM, die z.B. an einer Behörde am 01.10.2018 anfangen (einer eingestellt, einer hinversetzt, eine dorthin abgeordnet), lediglich zwei dieser drei ihre SBV mitwählen dürfen in der Beschäftigungsdienststelle. Dass tatsächliche weisungsabhängige Arbeitsaufnahme in der Beschäftigungsdienststelle eine Beschäftigung ist und damit die Beschäftigteneigenschaft dort erfüllt wird i.S.d. § 177 Absatz 2 SGB IX, bedarf keiner besonderen Begründung, da ständige langjährige Rspr.
Die in § 178 Absatz 1 Satz 1 SGB IX bundesgesetzlich angeordnete Förderung der „Eingliederung“ der „Neuen“ (sbM) in Beschäftigungsdienststelle einfach monatelang auszusetzen durch die SBV dieser Dienststelle oder gar ganz zu ignorieren wegen vermeintlich entgegenstehendem Landesrecht - dafür gibts keine sachliche Rechtfertigung, also rein willkürlich! Dieser Gesetzesbefehl kann nicht landesrechtlich ausgehebelt werden (Art. 31 GG) weder bei der Wahl der SBV noch bei deren Aufgaben, worüber die Länder nicht zu befinden haben laut Rspr. zur_(erstmaligen) Zuweisung nach PostPersRG.
Hätte der Bundesgesetzgeber des SGB IX was anderes gewollt, hätte er das in das SGB IX aufgenommen. Dies hat er nicht getan – auch niemals zuvor im SchwbG aus wohlerwogenen Gründen.
Viele Grüße
Albin Göbel
...........................
*) Zur str. Abgrenzung von Arbeitnehmerüberlassung und Personalgestellung vgl. LAG Mainz vom 06.02.2019, 7 Sa 515/17, Revision anhängig beim BAG, 10 AZR 144/19, mit Anmerkung Hamann, jurisPR-ArbR 19/2019 Anm. 3 – zu verfassungs- und europarechtlichen Bedenken m.w.N., zu § 1 Abs. 3 Nr. 2b AÜG (offen lassend: BAG, 18.07.2017 - 1 ABR 15/16 - Rn. 29).
Re: Wahlrecht in welcher Dienststelle?
In Baden-Württemberg sind die Kreispolizeibehörden bei den Landratsämtern und Stadtkreisen angesiedelt und wählen keine eigene SBV. Entscheidend für die Wahl ist nur, ob es sich um eine vertretungsrechtlich eigenständige Dienststelle innerhalb der Stadtverwaltung bzw. Landratsamt handelt. Bei den Stadtkreisen gibt es das häufig, bei den Landkreisen eher nicht.
Re: Wahlrecht in welcher Dienststelle?
Guten Morgen,
danke für die Rückmeldung.
Ja, sowohl die Kreispolizeibehörde als auch die Kreisverwaltungen haben sowohl eigene SBV-Vertretungen als auch eigene Personalräte. Für mich war eigentlich klar, dass die Mitarbeiter bei der Kreisverwaltung ein SBV-Wahlrecht haben, da sie ja weiterhin Bedienstete der Kreisverwaltung sind. Strittig fand ich eher die Frage, ob sie auch noch ein Wahlrecht bei der SBV-Vertretung der Kreispolizeibehörde haben.
Viele Grüße,
C.Thorissen
danke für die Rückmeldung.
Ja, sowohl die Kreispolizeibehörde als auch die Kreisverwaltungen haben sowohl eigene SBV-Vertretungen als auch eigene Personalräte. Für mich war eigentlich klar, dass die Mitarbeiter bei der Kreisverwaltung ein SBV-Wahlrecht haben, da sie ja weiterhin Bedienstete der Kreisverwaltung sind. Strittig fand ich eher die Frage, ob sie auch noch ein Wahlrecht bei der SBV-Vertretung der Kreispolizeibehörde haben.
Viele Grüße,
C.Thorissen
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Wahlrecht bei Abordnung in Baden-Württemberg, NRW, Berlin - und sonst?
Es besteht klares Wahlrecht nach BReg, BMAS, Dr.C.Thorissen hat geschrieben:Strittig fand ich eher die Frage, ob sie auch ein Wahlrecht bei der SBV der Kreispolizeibehörde haben.
Cramer, Prof. Düwell, Liebsch, Dr. Sachadae, DVfR.
Dies lässt sich auch aus der ständigen Rspr. ableiten
für Einsatzbetriebe bzw. fürs sog „Betriebsverhältnis“.
Ferner folgt dies aus dem Wortlaut der SchwbVWO,
sowie nach allen gängigen Auslegungsmethoden ab
Dienstantritt - entgegen Einzelmeinungen in Literatur:
Das ist hier deswegen so, da es, wie schon ausgiebig in letzter Zeit diskutiert, jedenfalls beim aktiven Wahlrecht gerade nicht auf einen Arbeitsvertrag ankommt mit der Einsatzdienststelle (so zu Recht die BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 1.2.3, Seite 14, wonach insoweit entscheidend „nur die tatsächliche Beschäftigung" sei). Die betroffenen Kreisbediensteten müssen daher in die Wählerliste der Kreispolizeibehörde eingetragen werden – also ab dem ersten Tag der Abordnung - nicht später oder gar nicht schon aus den „Gründen demokratischer Legitimation“ (vergleiche BAG, 27.06.2001 - 7 ABR 50/99 - Rn. 24). Es gilt nämlich hier der Grundsatz: „Wer repräsentiert wird, soll auch durch seine Wahl die SBV legitimieren“ können (Sachadae, Wahl der SBV, Diss. 2013 Seite 211 m.w.N.) Denn die SBV hat Interessen aller im Betrieb bzw in der Dienststelle abhängig beschäftigten sbM zu vertreten sowie ihnen dort beratend und helfend zur Seite zu stehen (Dr. H. Cramer, SchwbG, 5. Auflage 1998, § 24 Rn. 10). So schon zu Recht fundiert die Diskussion vom Mai 2017.
Hier ist der BIH in diesem entscheidenden Punkt
zuzustimmen - mit der herrschenden Meinung !!!
Die gegenteilige amtliche Verlautbarung von 2017 des LAGeSo-Integrationsamts Berlin, in der im Kern rein landesrechtlich argumentiert wird (Heranziehung von Landesrecht zum Auslegen von Bundesrecht, das offen lasse, ab „wann eine Dienstkraft als Beschäftigter der Dienststelle zu betrachten“ sei) und die sbM jegliches SBV-Wahlrecht in ihrer "aufnehmenden" Dienststelle apodiktisch abspricht – kann ich nicht nachvollziehen: Denn SGB IX hat den Beginn nicht offengelassen. Für verfehlt halte ich u.a. die Annahme einer bundesrechtlichen Gesetzeslücke (so jedoch InA Berlin und wohl so Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, Rn 44 zu § 94 a.F. mit der Begründung, dass zwar laut Schwerbehindertenrecht "die Wahlberechtigung grundsätzlich schon mit dem Tag der Arbeitsaufnahme" gegeben sei; hier sei es aber geboten, den "spezielleren Normen des Personalvertretungsrechts den Vorrang einzuräumen", da es "nicht um das aktive Wahlrecht der sbM an sich" ginge, sondern "lediglich um dessen zeitlichen Beginn") Der Berliner InA-Begründung, wonach Landesrecht SBV-Wahlrecht in Dienststelle, zu denen abgeordnet wird, auf Dauer ausschließen könne, steht ohnehin die Ansicht von Adlhoch diametral entgegen, wonach es nicht um das Wahlrecht "an sich" ginge: Genau darum und um nichts anderes geht's in Berlin zu 100 Prozent - und auch sonst, worauf auch § 4 Absatz 3 SchwbVWO*) mit den Worten „bei Eintritt“ klar hinweist. Entgegen dem eher mißverständlichen Normtext „kann“ (anstatt „darf“) handelt es sich nicht etwa um eine Kann-Vorschrift, sondern vielmehr um eine zwingende Muss-Vorschrift. Vergl. dazu ausführlich die Diskussion vom Sept. 2014 und 2016 sinngemäß und hier.
Wenn bei konkurrierender Gesetzgebung (wie hier) der Bundesgesetzgeber das Wahlrecht [1] abschließend und damit verbindlich an die bloße Beschäftigung knüpft ohne Einschränkungen zum Beginn und [2] nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig macht und nichts dergleichen zur Disposition der Länder bzw Tarifvertragsparteien stellt [3] durch Rechtsverweis und/oder Ermächtigung, dann bedeudet das schon nach allgemeinem Sprachgebrauch ab Beschäftigungsbeginn und nicht nie!
FAZIT Landesrecht – wie speziell dies auch immer sein mag, darf nicht angewendet werden, soweit darauf nicht verwiesen wird: Im § 177 Absatz 2 SGB IX gibt’s keinen Verweis auf irgendwelches Landesrecht - im Gegensatz zum § 177 Absatz 3 Satz 2 SGB IX: Dieser Unterschied darf eben „kraft Gesetzes“ nicht ignoriert und nicht durch Auslegung „wegdiskutiert“ werden, als gäbe es ihn nicht. Es ist nach alledem nicht „geboten“ - sondern strikt verboten - diesen "spezielleren Normen“ des Personslvertretungsrechts den „Vorrang einzuräumen". Abgesehen davon existiert auch keine Ermächtigung nach Art. 80 Abs. 4 Grundgesetz für die Länder zu einer (abweichenden) Regelung des aktiven SBV-Wahlrechts aus wohlerwogenen Gründen.
Die h.M. in der Literatur und Rspr. teilt diese pauschale Ansicht nicht nach dem weit gefassten Gesetzeswortlaut im § 177 Abs. 2 SGB IX („Wahlberechtigt sind alle in der Dienststelle beschäftigten schwerbehinderten Menschen“) Insoweit besteht zumindest für die Beschäftigungsdienststellen eine ausdrückliche präzise Regelung zum aktiven SBV-Wahlrecht von Verfassungs wegen – bundesweit. Alle bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch „alle“ und nicht „alle minus x“. Richtig ist zwar, dass bei Abordnung der Beginn des aktiven Wahlrechts bei PR-Wahlen teils anders geregelt ist als der Beginn bei SBV-Wahlen, nicht aber, dass eine beabsichtigte oder unbeabsichtigte Regelungslücke im Schwerbehindertenrecht bestehe zum Beginn des Wahlrechts - seit Jahrzehnten. Zur Gesetzeslücke bzw. Analogie vgl generell BVerwG vom 22.09.2015 - 5 P 12.14 - Rn. 34 zu PR-Wahlen. Zu den hier offensichtlich nicht vorliegenden Grundvoraussetzungen einer „Analogie“ vergleiche BAG, Urteil vom 25.01.2018, 8 AZR 309/16, B II 2 mit zahlreichen Nachweisen: Danach reicht die Existenz einer als lückenhaft empfundenen Regelung allein nicht aus für einen Analogieschluss, zumal mit unterschiedlichen Rechtsfolgen von Land zu Land.LAGeSo-InA hat geschrieben:Sie haben an mich ua die Frage herangetragen, in welcher Dienststelle die zu anderen Dienststellen des öffentlichen Dienstes abgeordneten Beschäftigten aktiv ... wahlberechtigt sind. Eine ausdrückliche Regelung zu dieser Fragestellung ist im Schwerbehindertenvertretungsrecht.. nicht getroffen worden
Juristischer Irrweg
Eine solche „analoge“ Auslegung würde unweigerlich zu Wertungswidersprüchen führen – weil gerade nicht eine Rechtsfolge („nach der gleichen Rechtsfolge verlangen“) sondern mehrere unterschiedliche je nach Landesrecht - entgegen BAG vom 25.01.2018 – 8 AZR 309/16 – B II 2, das von der gleichen Rechtsfolge (in der Einzahl!), und eben nicht von mehreren, sich widersprechenden unterschiedlichen Rechtsfolgen (in der Mehrzahl) spricht. Bei einer solchen „Analogie“ könnte es sich ohnehin nur um ein und dieselbe Rechtsfolge handeln gemäß BAG, mitnichten jedoch um x-beliebig viele, da m.E. klar verfassungswidrig,
da_unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz und daher willkürlich.
Naja, ein „unzulässiger Zirkelschluss“ ohne inhaltliches Argument ist das jedenfalls nicht zum aktiven Wahlrecht. Solche Zirkelschlüsse wären zum Beisp. folgende Aussagen:LAGeSo-InA hat geschrieben:Da eine ausdrückliche Regelung im Wahlrecht für die SBV fehlt, ist der Rückgriff auf die parallele Regelung des Personalvertretungsrechts zwingend. Die Antwort ist für die Frage nach dem akt. Wahlrecht für abgeordnete Dienstkräfte maßgeblich ... Insoweit besteht hier eine Regelungslücke, die durch den Rückgriff auf das Personalvertretungswahlrecht zu schließen ist. Eine Argumentation, wonach die tatsächliche Beschäftigung vor Ort auch dazu führen müsse, dass die betreffende Person als Beschäftigter dieser Dienststelle im Sinne des § 94 Absatz 2 und 3 SGB IX zu betrachten sei, wäre unzulässiger Zirkelschluss.
• „Die Rechnung muss falsch sein, weil sie inkorrekt ist“.
• „Kaffee regt an, weil er eine anregende Wirkung hat.“
Die pauschale LAGeSo-Ansicht zum vermeintlich „unzulässigen Zirkelschluss“ kann ich nicht ansatzweise nachvollziehen - jedenfalls soweit es dort um das aktive Wahlrecht nach § 94 Abs. 2 SGB IX a.F. geht. Aus „beschäftigt“ ➠ folgt wahlberechtigt, was sollte bei diesem Schluss „gezirkelt“ sein? Gleiches gilt vergleichsweise gleichermaßen so bspw. bei Leiharbeit ab dem ersten Einsatztag - trotz „speziellerer“ Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG entgegen weiten Teilen der (neueren) Literatur sowie entgegen der BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 3.1 zum aktiven Wahlrecht für Hessen (S. 39/42) und entgegen BIH ZB-Info 1| 2018 lt. Diskussion 6/2018. In diesem Sinne zuletzt auch LAG München, Grundsatzbeschluss v. 28.05.2014 - 8 TaBV 34/12, II.2.1: „Denn nach § 94 Absatz 2 SGB IX sind alle in dem Betrieb beschäftigten schwerbeh. Menschen wahlberechtigt“
Das ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut. Der § 177 Abs. 2 SGB IX knüpft nicht an den Arbeitnehmerbegriff an, sondern an den Begriff des „Beschäftigten“ und damit an die „Beschäftigung“ (vgl. BAG vom 25.10.2017 - 7 ABR 2/16, Rn. 21).
• Grundsätze der Personalvertretungswahl?
NEIN: So schon vor über 20 Jahren Ministerialrat a.D. Horst Cramer, Schwerbehindertengesetz (SchwbG) 5. Auflage 1998, § 24 Rn. 10: „auch zu der Dienststelle Abgeordnete“ haben dort „aktives Wahlrecht“ zur SBV. Nach alledem sind Rückgriffe auf das Personalvertretungsrecht nicht „zwingend“ - sondern insoweit strikt abzulehnen bzw. ausgeschlossen, da dies einer Behinderung des akt. Wahlrechts in Berlin gleichkäme, demnach die Wahlen ggf. angreifbar machen würde. Dieser von Meyer-Golling zitierte § 12 Abs 2 PersVG Berlin für das Wahlrecht für die PR-Wahlen ist nicht übertragbar auf‘s „aktive“ Wahlrecht für SBV-Wahlen. Bezüglich einer evtl. „gesplitteten“ SBV-Zuständigkeit vergleiche ua. die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung des VGH Bayern, 23.02.2018 - 6 CS 17.2556. Entgegen LAGeSo Bln. gelten hier nicht die Berliner „Grundsätze des Personalvertretungswahlrechts“ – sondern die von Sachadae systematisch herausgearbeiteten Wahlgrundsätze für SBV-Wahlen.
FAZIT: Weder wahlordnungsrechtliche – noch wahlrechtliche Grundsätze, soweit nicht darauf verwiesen: Würde darauf hinauslaufen, dass man das aktive SBV-Wahlrecht von der PR-Wählbarkeit abhängig machen würde. Denn das aktive PR-Wahlrecht ist Tatbestandsmerkmal und folglich eine unverzichtbare Grundvoraussetzung für PR-Wählbarkeit. Genau dies widerspräche aber dem Regelungskonzept des akt. SBV-Wahlrechts, dieses befristet oder vollständig an PR-Wählbarkeit zu koppeln.
SchwbG-ÄndG 1986
Ebenso „daneben“ der Siebte Senat des BAG 2006 in anderem Zusammenhang, der damals meinte quasi ins Blaue hinein, dass Wahlvorstände nach personalvertretungsrechtlichen Vorschriften zu bilden seien. Vergl dazu bspw. auch Diskussion (am Ende) zu derartigen gerade nicht einschlägigen Wahl-Grundsätzen bzw Wahl-Normen betreffend SBV-Wahlen. Diese „Episode“, in der mal zeitweilig auf das Wahlverfahren der allgemeinen Interessenvertretungen verwiesen wurde – ist längst vorbei. Dieser seinerzeit wenig durchdachte Verweis wurde schon 1986 sehr schnell wieder aufgehoben und ist bereits seit Jahrzehnten Rechtsgeschichte. Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des SchwbG vom 24.07.1986, wurde Bezug auf‘s BR/PR-Wahlverfahren bewusst gekappt (Cramer SchwbG, § 24 SchwbG Rn 13 und § 1 SchwbWO Rn. 1 am Ende) und ist seither wahlordnungsrechtlich obsolet.
Da hat der Siebte Senat doppelt und dreifach daneben gelangt, da es bei vereinfachter SBV-Wahl keinen Wahlvorstand (mehr) gibt, da bei förmlicher Wahl dieser nicht (mehr) laut „personalvertretungsrechtlichen Vorschriften" zu bilden ist , und da es im Übrigen diese von ihm mehrfach zitierte „SchwbWO“ (statt “SchwbVWO“) nicht mehr gibt.
Wann genau beginnt nun SBV-Wahlrecht?carola.fischer hat geschrieben:Also...nach dem Bundespersonalvertretungsrecht verliert ein abgeordneter Beschäftigter nach 3 Monaten Abordnung sein Wahlrecht in der "alten" Dienststelle". Gleichzeitig erhält er das Wahlrecht in der "neuen" Dienststelle. Im Personalvertretungsrecht der Länder, z.B. in NRW, kann diese Frist auch 6 Monate betragen.
(sofort? nie? erst nach 3/6 Monaten oder später?)
Diese Frage hängt entgegen amtl. Velautbarungen und Teilen der Literatur bzw. einzelnen Beiträgen im BIH-Forum und BIH-Wahlbroschüre, Seiten 17/18, m.E. nicht etwa vom Personalvertretungsrecht ab, die vermeintliche Regelungslücke annehmen bzw. unterstellen und von fehlender "ausdrücklicher Regelung" ausgehen zum Beginn des Wahlrechts in § 177 Abs. 2 SGB IX; teils wird angenommen, dass "...den spezielleren Normen des Personalvertretungsrechts Vorrang einzuräumen" sei, obwohl schwerbehindertenrechtlich die akt. Wahlberechtigung grundsätzlich schon mit dem Tag der Arbeitsaufnahme gegeben sei; eine "Lücke" vermag ich nicht zu erkennen, die etwa landesrechtlich zu schließen sei. Folglich muss mE weder beim Bund noch in den 16 Bundesländern von den SBV-Wahlleitungen bei abgeordneten schwerbehinderten Beschäftigten akribisch geprüft werden, ob (schon) aktives Wahlrecht besteht oder (noch) nicht. Dieses gilt ebenso auch für sonstige „spezifische“ Beschränkungen des akt. Wahlrechts für PR-Wahlen wie etwa aktuell in Thüringen (vgl. z.B. unten „Rechtsvergleich Thüringen“) Der Gesetzgeber selbst (!) hat 2001 umfänglich die Wahlordnung geändert – aus guten Gründen jedoch nicht die Worte „bei Eintritt“ in § 4 Abs. 3 SchwbVWO. Bei Eintritt bedeutet nicht Monate später oder nie.
Dem steht auch nicht der Eilbeschluss des LAG Hamm vom 24.02.2012, 10 TaBVGa 1/12, B II 2 b cc, entgegen. Denn die Erwägungen zur Abordnung nach BPersVG in Rn 82/83 betrafen allein das passive Wahlrecht zur SBV der abgebenden Dienststelle.
MERKE: Die Frage der Dauer einer Abordnung spielt folglich keine Rolle beim aktiven SBV-Wahlrecht für die aufnehmende Dienststelle - und ist nur zu prüfen beim Bund und den Ländern beim passiven SBV-Wahlrecht; darum muss sich eine SBV-Wahlleitung beim aktiven Wahlrecht nicht kümmern und braucht nicht bei jedem einzelnen abgeordneten Wähler nachzurechnen bzw. braucht (auch) nicht bei der abgebenden Dienststelle nachzufragen, also deutlich einfacher als etwa bei PR-Wahlen des Bundes und einzelner Bundesländer.
Dieses Beispiel dürfte keiner arbeitsgerichtlichenBIH (Seite 18) hat geschrieben:Beispiel Abordnung vom 1. Oktober 2017 bis 30. September 2018: Das Wahlrecht entsteht am 1. Januar 2018 um 0 Uhr, weil die Abordnung länger als neun Monate verfügt ist.
Überprüfung für das SBV-Wahlrecht standhalten:
Maßgeblich ist Eintrittstag als tatsächliche Eingliederung in diese Dienststellenorganisation; vergleiche sinngemäß die Anmerkung von M. Liebsch im DVfR-Fachforum zum maßgeblichen tatsächl. Arbeitsantritt. So ferner die „ausdrückliche Regelung“ des Wahlordnungsrechts in § 4 Abs. 3 SchwbVWO*), wonach "bei Eintritt" des Wahlberechtigten der Vorstand die Liste der Wahlberechtigten bis zum Vortag der Wahl zu ergänzen hat. Daraus folgt, dass die Bundesregierung als Verordnungsgeber nebst BMAS und Bundesrat den „Eintritt“ generell und zwingend als maßgeblich und ausschlaggebend für den Beginn des aktiven Wahlrechts ansehen. Ferner zu Recht Prof. Düwell im DVfR-Fachbeitrageitrag zum "Wahlrecht bei Abordnung" sbM, wonach "Mindestdauer" der Abordnung irrelevant, weil eine derartige bundesrechtliche Voraussetzung bzw. solche Beschränkungen des Wahlrechts im SGB IX nicht vorgesehen. Die bundesrechtliche Norm des § 177 Abs. 2 SGB IX kann folglich nicht durch landesrechtliche Normen verdrängt werden - weder zeitweilig noch dauerhaft Dazu grundlegend Dr. Sachadae, Die Wahl der Schwerbehindertenvertretung, in einer über 50-seitigen systematisch-wissenschaftlichen Untersuchung – (Dissertation 2013, Seite 123 ff. zum wahlrechtlichen Beschäftigtenbegriff)
• Rechtsvergleich am Bsp. Thüringen
Zu welchen m.E. geradezu absurden Ergebnissen eine gegenteilige „Auslegung“ für SBV-Wahlen führen würde (per „an-sich“-Theorie mit unterstellter Regelungslücke) zeigt ein Blick etwa nach Thüringen: Denn gemäß § 13 Absatz 2 ThürPersVG 2018 darf nur einen PR wählen, dessen „Beschäftigung in der Dienststelle am Wahltag länger als drei Monate gedauert hat“. Diese Einschränkung zum aktiven Wahlrecht steht nun offenbar an zur Änderung laut LT-Drs. 6/5575 18.04.2018, Seite 1 von „länger als drei Monate“ auf sofort im Ergebnis. Würde man der Gegenansicht folgen, so bestünde derzeit bei SBV-Wahlen in allen Thüringer Behörden erst nach 3 Monaten Wahlberechtigung für Beschäftigte i.S.d. § 4 Absatz 2 ThürPersVG. Das ist m.E. klar abzulehnen!
Umfrage: Wie wird das in Thüringen gesehen?
§ 13 ThürPersVG 2018
(2) Wer Beschäftigter im Sinne des § 4 Abs. 2 ist, wird in der Dienststelle wahlberechtigt, sobald die Beschäftigung in der Dienststelle am Wahltag länger als drei Monate gedauert hat.
§ 13 ThürPersVG 2019
(2) Wer Beschäftigter im Sinne des § 4 Abs. 2 ist, wird in der Dienststelle wahlberechtigt, sobald die Beschäftigung in der Dienststelle angetreten wird.
• Rechtsvergleich am Bsp. Niedersachsen
Da hat Beschäftigter im Sinne des § 4 Absatz 2 NPersVG nur dann PR-Wahlrecht, der „am Wahltag mindestens seit einem Monat in der Dienststelle tätig“ ist nach § 11 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG. Würde man der BIH-Gegenansicht folgen, so bestünde bei SBV-Wahlen in allen Niedersächsischen Behörden SBV-Wahlrecht nur dann, wenn etwa Ein-Euro-Jobber am Wahltag dort bereits mindestens einen Monat tätig gewesen wären. Auch das ist m.E. klar abzulehnen! Siehe dazu ausführlich Diskussion zu Ein-Euro-Jobbern.
Umfrage: Wie wird das in Niedersachsen gesehen?
Zusammengefasst
Diese „speziellen“ für den Beginn der Wahlberechtigung geschaffene Normen des aktiven Wahlrechts für die PR-Wahlen (von Land zu Land höchst uneinheitlich normiert) sind völlig belanglos für das in § 177 Absatz 2 SGB IX abschließend sowie einheitlich geregelte aktive SBV-Wahlrecht bundesweit (Düwell, Handbuch zur Wahl der SBV, 2018/2019, Abschnitt 6.1: „denn § 177 Abs. 2 SGB IX regelt das Recht der Wahlberechtigung zur SBV abschließend.“) Es gibt mitnichten 16x unterschiedliche SBV-Wahlberechtigung (mit 16x unterschiedlich. Beginn) in den Ländern. Das gilt so für alle Behörden seit jeher generell auch entgegen teils abweichendem Bundesrecht wie BPersVG. Es gilt auch so für alle Betriebe seit jeher entgegen dem bundesrechtlichen Beginn des „speziellen Wahlrechts“ etwa für ausgeliehene Leiharbeiter nach § 7 Satz 2 BetrVG; denn der Bundesgesetzgeber hat diese Beschränkung lediglich für die BR-Wahl angeordnet und für nichts sonst. Derartige Beschränkungen der aktiven Wahlberechtigung gelten einzig für die Wahlen zu diesen Vertretungen. Sie haben keine Bedeutung für die Wahl zur SBV (grdl. mit fundierter Begründung Düwell, LPK-SGB IX, § 177 Rn. 13 und 16 mit Fußnote 70; ferner nunmehr wohl BIH-Wahlbroschüre 2018, aber mit falscher Begründung, wonach dies für die Leiharbeit erst seit 2017 gelte. Es gibt keinen sachlichen Grund und leuchtet schlicht nicht ein, dass bei einer Leiharbeit (sofort „bei Eintritt“) wahlrechtlich etwas anderes gelten soll als z.B. bei Abordnung (erst nach drei Monaten oder mehr oder nicht). Diese Ausnahmen haben für die Wahlberechtigung zur SBV keine Bedeutung, da 177 II SGB IX als Bestandteil des Bundesrechts solche Ausnahmen nirgends zulässt. Ebenso steht nichts von einer Frist in der wahlordnungsrechtlichen Definition („Wahlberechtigte“) im § 1 Abs. 2 SchwbVWO. Für eine „analoge“ Anwendung des § 7 Absatz 2 BetrVG für das aktive Wahlrecht bei SBV-Wahlen (wie in Teilen des Schrifttums erwogen) gab‘s und gibt’s nach richtiger Ansicht von Düwell keine sachliche Rechtfertigung: Alles Andere wäre m.E. „willkürlich“ - aber
a.A. wohl noch FKS-SGB IX, § 177 Rn. 16, wonach die Beschränkung für Leiharbeit bei BR-Wahl auch für SBV-Wahlen gelte – aber ohne Begründung; Müller-Wenner SGB IX, 2. Auflage 2011 § 94 Rn. 22; Feldes/Rehwald, Basiskommentar SGB IX, 12. Auflage 2015 § 94 Rn 12; GK-SGB IX/Christians, 2013, § 94 Rn. 36; JurisPK-SGB IX 2018, § 177 Rn. 12. Dieser noch vorherrschenden Ansicht ist klar zu widersprechen - da sachlich durch nichts zu rechtfertigen. Durch Einfügung 2001 des § 7 Satz 2 BetrVG hat sich nichts geändert für das SBV-Wahlrecht. Dass ausgerechnet erstmalige Einführung eines aktiven Wahlrechts durch das BetrVerf-Reformgesetz 2001 für Leiharbeiter bei BR-Wahlen (Ziel: Heranführung dieser typ. „Randbelegschaft“ an die Stammbelegschaft) zum „Rückschritt“ beim aktiven Wahlrechts für SBV-Wahlen führen sollte, halte ich für haltlos und nicht begründbar. Wahlvorstände und Wahlleitung können sich folglich eigene Berechnungen oder Rückfragen bzw. Prognosen jedenfalls zum aktiven Wahlrecht gemäß § 177 Abs. 2 SGB IX m.E. insoweit ersparen entgegen einer verbreiteten (wohl noch immer vorherrschenden) Ansicht - welche klar abzulehnen ist!
Lediglich am Rande sei erwähnt - dass eine SBV, zu deren Dienststelle abgeordnet wurde, aus gleichem Grund natürlich nicht zu prüfen hat, ob sie einen abgeordneten sbM „schon“ zu vertreten hat (oder noch nicht). Hat SBV selbstverständlich, auch soweit diesen Wahlberechtigten ihr bundesgesetzlich verbürgtes SBV-Wahlrecht verwehrt worden sein sollte bei der letzten SBV-Regelwahl 2018 in Berlin oder andernorts.
Ein sachlicher Grund, geschweige denn Sinn, warum dem schwerbehinderten Beschäftigten bei einer Abordnung z.B.
in Baden-Wü. & Thüringen von Anfang an,
in Bayern frühestens nach drei Monaten,
in NRW aber erst nach sechs Monaten,
in Berlin niemals aktives SBV-Wahlrecht
in der aufnehmenden Dienststelle zustehen soll – und damit korrespondierend teils verspätetes oder kein SBV-Recht und keine Pflicht, diesen sbM in der aufnehmenden Dienststelle „beratend und helfend zur Seite“ zu stehen, sowie deren „Eingliederung“ zu fördern gemäß § 178 Abs. 1 SGB IX, erschließt sich mir nicht. Das erscheint sinnfrei und daher komplett unsinnige willkürliche Ergebnisse.
»Berlin fehlt Regelungskompetenz«
Der Bund hat 'Vollkompetenz' für das von ihm geregelte aktive SBV-Wahlrecht, hat diese auch voll ausgeschöpft. Davon hat er im SGB IX (wie schon zuvor in § 24 Abs 2 SchwbG) abschließend Gebrauch gemacht Landesrecht kann das nicht einschränken bzw sprengen. Es greift die Sperrwirkung des Bundesrechts nach Art. 31 GG. Dass der „Bund“ darüber „lediglich eine Grundaussage (habe) treffen“ wollen bzw. getroffen habe, wie in dem LAGeSo-Schreiben 2017 pauschal angenommen, dafür fehlt jeglicher Anhaltspunkt laut Gesetzeswortlaut, Gesetzesmaterialien, Fachschrifttum – und dem damals an diesen Gesetzgebungsverfahren 'beteiligten' BMAS–Fachpersonal fürs aktive SBV-Wahlrecht - seit jeher. So zu Recht auch Adlhoch – wonach der Beginn des akt. SBV-Wahlrechts bundesrechtlich geregelt ist, in Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, Rn. 44 zu § 94 Abs. 2 SGB IX a.F.
lex specialis?
Im Übrigen hat das aktive Wahlrecht für BR/PR-Wahlen bekanntermaßen ohnehin völlig andere Tatbestandsvoraussetzungen als das aktive Wahlrecht für SBV-Wahlen. Schon aus diesem Grunde „kein Anwendungsfall“ für „lex-specialis-Grundsatz“ (obwohl insoweit häufig, aber eben fälschlich gleichwohl genannt) als juristische Auslegungsregel, wonach lex specialis als spezielles Gesetz dem allgemeinen Gesetz (lex generalis) vorgeht: Dieses wäre wie Vergleich von Äpfel mit Birnen: nicht spezieller, sondern was ganz anderes laut Methodenlehre der Rechtswissenschaft. Vgl nur Prof. Dr. Zippelius, Juristische Methodenlehre, 11. Auflage 2012, Kapitel II § 7, zu „Konkurrenzen von Rechtsnormen“ – wonach „lex specialis“ nur bei (echter) Teilmenge**), nicht aber bloßer Schnittmenge der Tatbestandsvoraussetzungen (für das jeweils aktive SBV-Wahlrecht einerseits, und das aktive PR-Wahlrecht andererseits) wie hier. Ist offensichtlich nicht der Fall, weil z.B. nicht alle Tatbestände des § 177 Abs. 2 SGB IX (Beschäftigte) auch in dem Tatbestand des § 7 BetrVG (Arbeitnehmer), bzw. nicht in dem Tatbestand der §§ 13, 4_BPersVG vorkommen. Auch keine Ermächtigung laut Art. 80 Abs. 4 GG für die Länder zur ("spezielleren") Regelung des aktiv. SBV-Wahlrechts. Ich sehe daher den Abschn. 3.1 der BIH-Wahlbroschüre 2018 zum aktiven „Wahlrecht bei Abordnung“ auf Seite 38 kritisch gemäß Fachschrifttum.
Auf den Punkt gebracht: Wer beim aktiven SBV-Wahlrecht (teils) auf das aktive PR-Wahlrecht abstellt – der stellt im Ergebnis auf Teile des Tatbestands für die PR-Wählbarkeit ab gemäß § 14 Absatz 1 BPersVG. Denn genau dies ist ja Tatbestandsmerkmal der PR-Wählbarkeit. Genau dies verbietet sich bei SBV-Wahlen jedoch von selbst - da nirgends normiert im SGB IX für Dienststellen, an die abgeordnet wird: Das geht gar nicht!
Ferner hat das akt. Wahlrecht für BR/PR-Wahlen einen völlig anderen Zweck als das aktive Wahlrecht für SBV-Wahlen. Denn bei BR/PR-Wahlen wird bekanntlich über die spezielle Wahlberechtigung immer Wählbarkeit gesteuert. Dort ist nämlich dieses aktive Wahlrecht stets Grundvoraussetzung für die Wählbarkeit („Wählbar sind alle Wahlberechtigten...“) im Gegensatz zu SBV-Wahlen, bei denen es eine solche Verzahnung gerade nicht gibt beim aktiven SBV-Wahlrecht. D.h. für PR-Wahlen: Wer nicht aktiv wahlberechtigt ist, der ist auch nicht wählbar (Ballerstedt/Schleicher/Faber, BayPVG, Art. 14 Rn. 24b, wonach zum Personalrat nur wählbar ist, wer gleichzeitig auch wahlberechtigt ist; ebenso das VG Saarlouis vom 04.02.2013, 9 L 341/13, dass „vom Grundsatz her nur die aktiv Wahlberechtigten einer Dienststelle zu dem dort zu bildenden Personalrat auch passiv wahlberechtigt sind“). Bei PR-Wahlen sind also nur die in der Wählerliste Eingetragenen wählbar (bei Vorliegen der sonstigen Wählbarkeitsvoraussetzungen), bei SBV-Wahlen jedoch ungleich mehr, als dort in die Wählerliste gemäß § 3 SchwbVWO eingetragen. Das dennoch zu „vermengen“ (also aktives SBV-Wahlrecht mit einzelnen „ausgewählten“ Tatbeständen der PR-Wählbarkeit) führt unweigerlich in die Irre: Da drängt sich die weitere Frage auf, warum das aktive SBV-Wahlrecht nur von diesen „speziellen“ Einschränkungen des aktiven PR-Wahlrechts abhängen soll, aber nicht von den zahlreichen weiteren (uneinheitlichen) „spezielleren“ Einschränkungen des PR-Wahlrechts in einzelnen oder allen Ländern.
Davon getrennt werden muß aber Rechtsfrage der Wählbarkeit bzw. eines vorzeitigen Verlusts des SBV-Mandats bei Abordnung. Vergl. dazu Adlhoch in Behindertenrecht, br 4/2016 „Vertrauenspersonen fragen“.
Viele Grüße
Albin Göbel
——————
*) Demnach tritt die Wahlberechtigung ein, sobald
Beschäftigung in der Dienststelle angetreten wird,
da ja nichts Gegenteiliges angeordnet im SGB IX.
.
**) A ist eine (echte) Teilmenge von B
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Wahlrecht bei Abordnungen?
NACHTRAG
zum Wahlrecht bei Abordnungen
Zeitweiliger oder permanenter Ausschluss abgeordneter
sbM vom SBV-Wahlrecht in Beschäftigungsdienststelle?
Vergl. hierzu auch DVfR-Fachbeitrag D34-2018 vom 12.09.2018 auf reha-recht.de - "Fragen zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung" - wie folgt:
„Ähnliches gelte für behinderte oder gleichgestellte Bedienstete, die vorübergehend zu einer anderen Dienstelle abgeordnet wurden unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle. Beschäftigt sei jede Person, die aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung in der Dienststelle arbeite und dem Weisungsrecht der Dienststellenleitung unterliege:
Zusammenfassend: Wer als schwerbehinderter Mensch am Wahltag in einer Dienststelle beschäftigt ist, ist wahlberechtigt. Das gilt auch für alle abgeordneten Bediensteten, ohne dass eine Mindestdauer der Abordnung erfüllt sein muss. Dieses Bundesrecht ist anzuwenden, gleich ob in Behörden des Landes Baden-Württemberg oder anderer Bundesländer oder in Behörden des Bundes. (Franz Josef Düwell)"
Das aktive SBV-Wahlrecht hängt bei Abordnungen entgegen der BIH-Entscheidungstabelle zu dem aktiven Wahlrecht auf Seite 43: „Abordnung (abhängig von der Dauer)“ generell nicht von der „Einsatzdauer“ ab. So bereits Dr. Cramer 1998, langj. Referatsleiter Schwerbehindertenrecht im BMAS und maßgebl. mit Normierung des SchwbR befasst: Cramer hat SBV-Wahlrecht ohne jede (zeitliche) Einschränkung den zu einer Dienststelle abgeordneten sbM zu Recht zugestanden laut § 24 Absatz 2 SchwbG, der gleichlautenden Vorgängervorschrift zum § 94 Absatz 2 SGB IX (jetzt § 177 Absatz 2 SGB IX). Das macht ja auch Sinn, wenn es etwa um Fragen der behinderungsgerechten Beschäftigung in der aufnehmenden Dienststelle geht, um nur ein Beispiel aus der verwaltungsgerichtlichen Rspr. zu nennen – oder bspw. etwa Behinderten-WC für Rollstuhlfahrer:
Soweit es um das Grundverhältnis geht, ist die SBV der abordnenden Dienststelle zuständig. Soweit es aber um das sog. „Betriebsverhältnis“ geht, ist hingegen die SBV der Dienststelle gefragt – zu der abgeordnet wird; denn nur diese kann aus ihrer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse der Beschäftigungsdienststelle dort sachgerecht Stellung nehmen - nicht aber i.d.R. die SBV der abordnenden Dienststelle. Nichts anderes hat zu gelten bei Abordnung bundesweit - egal ob Beamte oder Richter oder Abordnung innerhalb LPersVG oder nicht - oder Abordnung zu einer (anderen) Dienststelle desselben Arbeitgebers oder zu ganz anderem Dienstherrn:
• Praxisbeispiel
Wird bspw. eine schwerbehinderte Arbeitsrichterin (aus welchem Bundesland auch immer) als wissenschaftliche Mitarbeiterin etwa für vier Jahre ans BAG abgeordnet, dann hat sie dort in Erfurt selbstverständlich aktiv. SBV-Wahlrecht und zwar für die gesamte Dauer ihrer Abordnung - sowie unabhängig von einer Rückkehrprognose und ferner auch unabhängig vom jeweilig. Landesrecht (SBV-Wahl dann allerdings dort zwingend zusammen gemeinsam mit nichtrichterlichen BAG-Bediensteten!). Ohne einen sachlichen Grund ganze Gruppe sbM von vornherein von einer SBV-Wahl ausschließen und damit von angemessenen Vorkehrungen nach Art. 2 UN-BRK dürfte im Übrigen als diskriminierend angesehen werden können (vgl. auch BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 8.1, S. 90 zum „Ausschluss bestimmter Gruppen“ von Wahlen, sowie ABC-Fachlekikon, Stichwort UN-BRK, Abschnitt „Fakultativprotokoll“ (am Ende). Vom Schwerbehindertenrecht abweichendes Personalvertretungsrecht einzelner Länder ist jedenfalls kein sachlicher Grund, der das oder gar den Totalausschluss rechtfertigen würde.
Diese sind daher stets auch teilnahmeberechtigt an der dortigen “Versammlung schwerbehinderter Menschen“ gemäß § 178 Abs. 6 SGB IX wegen ihres gesetzlichen SBV-Wahlrechts in der aufnehmenden Dienststelle.
Viele Grüße
Albin Göbel
zum Wahlrecht bei Abordnungen
Zeitweiliger oder permanenter Ausschluss abgeordneter
sbM vom SBV-Wahlrecht in Beschäftigungsdienststelle?
Vergl. hierzu auch DVfR-Fachbeitrag D34-2018 vom 12.09.2018 auf reha-recht.de - "Fragen zur Wahl der Schwerbehindertenvertretung" - wie folgt:
„Ähnliches gelte für behinderte oder gleichgestellte Bedienstete, die vorübergehend zu einer anderen Dienstelle abgeordnet wurden unter Beibehaltung der Zugehörigkeit zur bisherigen Dienststelle. Beschäftigt sei jede Person, die aufgrund einer rechtlichen Verpflichtung in der Dienststelle arbeite und dem Weisungsrecht der Dienststellenleitung unterliege:
Zusammenfassend: Wer als schwerbehinderter Mensch am Wahltag in einer Dienststelle beschäftigt ist, ist wahlberechtigt. Das gilt auch für alle abgeordneten Bediensteten, ohne dass eine Mindestdauer der Abordnung erfüllt sein muss. Dieses Bundesrecht ist anzuwenden, gleich ob in Behörden des Landes Baden-Württemberg oder anderer Bundesländer oder in Behörden des Bundes. (Franz Josef Düwell)"
Das aktive SBV-Wahlrecht hängt bei Abordnungen entgegen der BIH-Entscheidungstabelle zu dem aktiven Wahlrecht auf Seite 43: „Abordnung (abhängig von der Dauer)“ generell nicht von der „Einsatzdauer“ ab. So bereits Dr. Cramer 1998, langj. Referatsleiter Schwerbehindertenrecht im BMAS und maßgebl. mit Normierung des SchwbR befasst: Cramer hat SBV-Wahlrecht ohne jede (zeitliche) Einschränkung den zu einer Dienststelle abgeordneten sbM zu Recht zugestanden laut § 24 Absatz 2 SchwbG, der gleichlautenden Vorgängervorschrift zum § 94 Absatz 2 SGB IX (jetzt § 177 Absatz 2 SGB IX). Das macht ja auch Sinn, wenn es etwa um Fragen der behinderungsgerechten Beschäftigung in der aufnehmenden Dienststelle geht, um nur ein Beispiel aus der verwaltungsgerichtlichen Rspr. zu nennen – oder bspw. etwa Behinderten-WC für Rollstuhlfahrer:
Soweit es um das Grundverhältnis geht, ist die SBV der abordnenden Dienststelle zuständig. Soweit es aber um das sog. „Betriebsverhältnis“ geht, ist hingegen die SBV der Dienststelle gefragt – zu der abgeordnet wird; denn nur diese kann aus ihrer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse der Beschäftigungsdienststelle dort sachgerecht Stellung nehmen - nicht aber i.d.R. die SBV der abordnenden Dienststelle. Nichts anderes hat zu gelten bei Abordnung bundesweit - egal ob Beamte oder Richter oder Abordnung innerhalb LPersVG oder nicht - oder Abordnung zu einer (anderen) Dienststelle desselben Arbeitgebers oder zu ganz anderem Dienstherrn:
• Praxisbeispiel
Wird bspw. eine schwerbehinderte Arbeitsrichterin (aus welchem Bundesland auch immer) als wissenschaftliche Mitarbeiterin etwa für vier Jahre ans BAG abgeordnet, dann hat sie dort in Erfurt selbstverständlich aktiv. SBV-Wahlrecht und zwar für die gesamte Dauer ihrer Abordnung - sowie unabhängig von einer Rückkehrprognose und ferner auch unabhängig vom jeweilig. Landesrecht (SBV-Wahl dann allerdings dort zwingend zusammen gemeinsam mit nichtrichterlichen BAG-Bediensteten!). Ohne einen sachlichen Grund ganze Gruppe sbM von vornherein von einer SBV-Wahl ausschließen und damit von angemessenen Vorkehrungen nach Art. 2 UN-BRK dürfte im Übrigen als diskriminierend angesehen werden können (vgl. auch BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 8.1, S. 90 zum „Ausschluss bestimmter Gruppen“ von Wahlen, sowie ABC-Fachlekikon, Stichwort UN-BRK, Abschnitt „Fakultativprotokoll“ (am Ende). Vom Schwerbehindertenrecht abweichendes Personalvertretungsrecht einzelner Länder ist jedenfalls kein sachlicher Grund, der das oder gar den Totalausschluss rechtfertigen würde.
Diese sind daher stets auch teilnahmeberechtigt an der dortigen “Versammlung schwerbehinderter Menschen“ gemäß § 178 Abs. 6 SGB IX wegen ihres gesetzlichen SBV-Wahlrechts in der aufnehmenden Dienststelle.
Viele Grüße
Albin Göbel
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Re: Wahlrecht in welcher Dienststelle?
Hallo zusammen,
gilt dieses sofortige Wahlrecht bei SBV-Wahlen auch bei einer sogenannten befristeten Zuweisung entsprechend?
Danke! Magdalena
gilt dieses sofortige Wahlrecht bei SBV-Wahlen auch bei einer sogenannten befristeten Zuweisung entsprechend?
Danke! Magdalena
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Wahlrecht bei Zuweisungen gemäß Beamtenrecht bzw. gemäß Sozialrecht?
Zuweisung laut Beamtenrecht?magdalena.mayer hat geschrieben:"Gilt dieses sofortige Wahlrecht bei SBV-Wahlen bei einer befristeten Zuweisung entsprechend?"
Dieses gilt klar von Anfang an auch bei Zuweisung nach § 29 BBG und nicht erst, sobald die „Zuweisung länger als drei Monate gedauert hat“. Eine solche Vorschrift gibts nicht. Nicht im BPersVG, nicht im BetrVG, nicht im SGB IX oder sonst. Teile nicht die a.A. in BIH-Wahlbrochüre 2018, Abschnitt 3.1, Seite 38, Stichwort „Zuweisung“, da dem u.a. gleichfalls (alle) schon oben genannten Gründe für Abordnung diametral entgegenstehen.
NEIN Dieses Wahlrecht beginnt nicht erst nach drei Monaten, nicht bei der BR-Wahl und nicht bei der SBV-Wahl. Zuweisungen erfolgen m.E. auch nicht an andere Dienststellen*) Auch dürfte für den Beginn des BR-Wahlrechts im zugewiesen Betrieb, (nicht „neue Dienststelle“) § 13 Abs. 2 BPersVG „nicht entsprechend!“ anwendbar sein ausweislich des Wortlauts des § 13 Absatz 2 Satz 4 BPersVG - der ja nur von „der alten Dienststelle“ spricht, sondern vielmehr das BetrVG. Und in dem BetrVG steht auch nichts von drei Monaten: Und stünde dort eine solche Einschränkung für Betriebsratswahl – so würde sie nicht für SBV-Wahlen gelten! Vergl. nur Kloppenburg, in: HaKo-BetrVG § 5 Rn. 23 - mit zahlreichen Nachweisen zur Rechtsänderung 2009 für BR-Wahlen sowie Düwell, jurisPR-ArbR 33/209 Anm. 6BIH (Seite 38) hat geschrieben:BIH: Ein Beamter oder Beschäftigter im Geltungsbereich des BPersVG ist wahlberechtigt in der neuen Dienststelle, sobald die Zuweisung länger als drei Monate gedauert hat (§ 13 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 1 BPersVG); im Gegenzug verliert er das Wahlrecht bei der alten Dienststelle (§ 13 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 2 BPersVG).
Für die SBV-Wahlen gilt vielmehr in Einrichtungen*) bei Zuweisung laut § 20 BeamtStG bspw. nichts anders als etwa bei Abordnung in Dienststellen lt. § 14 BeamtStG, nichts anders als bei Versetzung in Dienststellen gemäß § 15 BeamtStG, auch über Ländergrenzen hinweg - nämlich ein sofortiges aktives SBV-Wahlrecht bei Eintritt. Vgl hierzu auch Diskussion vom 5. Juli 2018 (am Ende) zum § 5 Abs. 1 Satz 3 BetrVG, welcher bereits 2009 vor zehn Jahren angefügt wurde – als Reaktion bzw. zur Korrektur der geänderten Rspr. des Siebten Senats des BAG.
Zuweisung gemäß Sozialrecht?
(per Verwaltungsakt bzw. öffentlich-rechtlich. Vertrag)
Gilt klar auch bei „Zuweisung“ von Anfang an z.B. ➔Ein-Euro-Jobber – a.A. jedoch BIH-Wahlbroschüre, Abschn. 3.1, Seite 36/44, welche generell aktives SBV-Wahlrecht ablehnt entgegen der h.M. Die haben sogar aktives PR-Wahlrecht z.B. in Baden-Württemberg und Thüringen als Beschäftigte – ab dem ersten Tag dieses „Sozialrechtsverhältnisses“! Selbst die PR-Wählbarkeit scheint nicht per se ausgeschlossen zu sein. (so wohl Baden-Württemberg mit PR-Wählbarkeit). Dem steht auch_nicht BAG Urteil vom 26.09.2007, 5 AZR 857/06, Rn. 10, zum „Status von Ein-Euro-Jobbern“ entgegen - und zwar schon deshalb nicht, da es wahlrechtlich nicht auf‘s „Arbeitsverhältnis“ ankommt. also gerade nicht den Abschluss eines Arbeitsvertrags erfordert im Sinne des Paragraphen 611a Absatz 1 BGB. Vergleiche dazu auch kontroverse Diskussion aus 2018 zum SBV-Wahlrecht; ebenso Düwell, Handbuch zur „Wahl der SBV“ 2018, Abschnitt 4.14, zu diesem „Sozialrechtsverhältnis“. So ferner Dr. Sachadae in seiner Definition schon 2013:
Vermittlung Probebeschäftigung?Dr. Sachadae hat geschrieben:Im Sinne des § 94 SGB IX beschäftigt ist, wer auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags, auf Grund eines freiwillig eingegangenen Sonderstatusverhältnisses oder auf Grund eines diesen beiden Formen gleichgestellten Rechtsverhältnisses verpflichtet ist, persönlich abhängige, fremdbestimmte Dienste zu erbringen. (Dissertation 2013, Seite 171) rehadat-forschung.de
Offen gelassen aber (trotz m.E. klarer Rechtslage) LAG Hamm 02.09.2016 - 13 TaBV 94/15, B II 2 d, für ➔Probebeschäftigung**) – Anm. Sachadae, jurisPR-ArbR 2/2017 Anm. 6; ebenso Liebsch zum „zentralen Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, der fürs aktive Wahlrecht maßgeblich“ sei – wonach bei einem Probearbeitsverhältnis gemäß § 46 Absatz. 2 SGB III ein SBV-Wahlrecht besteht (DVfR-Fachbeitrag B1-2019, unter: reha-recht). „Zudem gilt die aktive Wahlberechtigung, also das Recht zu wählen, unabhängig davon, ob_ein Vollzeit-, Teilzeit- oder Probearbeitsverhältnis gemäß § 46 Abs. 2 SGB III“ besteht. „Eine Probebeschäftigung ist innerhalb eines befristeten oder unbefristeten Arbeitsverhältnisses möglich“, so das BMAS unter der URL www.bitv-lotse.de Vgl. auch Faltblatt Jobcenter MSE 7/2018, wonach Probebeschäftigung gemäß § 46 SGB III einen Arbeitsvertrag voraussetzt („Antragstellung im Jobcenter... vor Abschluss des Arbeitsvertrags“). Ebenfalls jurisPK-SGB IX, 2019, § 50, wo_explizit für die Probebeschäftigung von „Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung“ in Rn. 84, und von „Arbeitsverhältnis“ sowie „Arbeitsvertrag“ in Rn. 86 die Rede ist. Ferner Vw.-Dir. Sauer, Zentrale der BA Nürnberg, SGB III, § 46 Rz. 5 (online), der gleichfalls im Zusammenhang mit Probebeschäftigung lt. § 46 SGB III auf_den „Abschluss des Probearbeitsvertrages“ als Erfordernis hinweist.
a.A. aber jedoch noch die BIH-Wahlbroschüre 2018, Abschnitt 1.2.1, auf Seite 13 – dass wahlrechtlich mit diesem sozialversicherungspflichtigen „Rechtsverhältnis“ dennoch „kein Beschäftigungsverhältnis begründet“ werde im Sinne des Wahlrechts: Dies folge aus_BAG vom 19.03.2008 – 5 AZR 435/07 – zu der betrieblichen Praxiserprobung nach § 16 SGB II a.F. (damaliger Stand von 2005 - seither 15x geändert). Im Unterschied zu dem in der BIH-Broschüre, Endnote 22) zitiertem BAG-Urteil vom 19.03.2008 – 5 AZR 435/07 – („Praxiserprobung laut § 16 SGB II“) handelt es sich bei der (arbeitsvertraglich befristeten) „Probebeschäftigung laut § 46 SGB III“ um einen Arbeitsvertrag lt. Literatur.
Arbeitnehmerstatus ➔§ 611a BGB neu?
(Der „Arbeitsvertrag“ als eigener Vertragstyp 2017
ges. erstmals geregelt nach nahezu 120 Jahren)
Das mag schon sein, dass es sich damals (BAG Urteil vom 19.03.2008 in Rn. 10) um „kein Arbeitsverhältnis“ gehandelt hat; aber darauf kommt es wahlrechtlich ohnehin nicht an laut BAG und h.M. zum SBV-Wahlrecht. Vgl. exemplarisch nur BIH-Diskussion vom Juni 2018 sowie diese BIH-Diskussion 2018 m.w.N.
Viele Grüße
Albin Göbel
———————
*) „Einrichtung“ ≠ Dienststelle im Sinne des PersVR
(BIH-Wahlbroschüre 2018 Abschnitt 1.2.3 Seite 19)
**) Gerügt wird zu Recht - dass Probebeschäftigter
nicht in die Wählerliste aufgenommen wurde.Arbeit-
geber hatten „Nachmeldungen“ an WV „versäumt“.
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Re: Wahlrecht in welcher Dienststelle?
Nach dem im Jahr 2013 novellierten Landespersonalvertretungsgesetz Baden-Württemberg (LPVG BW) ist der Beschäftigtenbegriff nun so weit gefasst, dass es für das aktive PR-Wahlrecht nur noch auf die Zugehörigkeit zur Dienststelle, d.h. zur weisungsgebundenen Eingliederung in die Arbeitsorganisation am Wahltag ankommt
(§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 LPVG BW).
Das bedeutet konkret: Wer Beschäftigter oder Beschäftigte ist, richtet sich nicht mehr allein danach, ob ein Dienst-, Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis zur Dienststelle besteht. Vielmehr sind darüber hinaus alle Personen, die weisungsabhängig in der Dienststelle tätig sind und in die Dienststelle eingegliedert sind oder in der Dienststelle ausgebildet werden, Beschäftigte.
Viele Grüße
Michael Karpf
(§ 8 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 LPVG BW).
Das bedeutet konkret: Wer Beschäftigter oder Beschäftigte ist, richtet sich nicht mehr allein danach, ob ein Dienst-, Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis zur Dienststelle besteht. Vielmehr sind darüber hinaus alle Personen, die weisungsabhängig in der Dienststelle tätig sind und in die Dienststelle eingegliedert sind oder in der Dienststelle ausgebildet werden, Beschäftigte.
Viele Grüße
Michael Karpf
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Re: Wahlrecht in welcher Dienststelle?
Herbst in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB III, 2. Aufl. 2019, § 46 Rn. 64
„Voraussetzung für eine Förderung nach § 46 Abs. 1 SGB III ist zunächst ein (wirksam) befristetes Probebeschäftigungsverhältnis mit einem behinderten Menschen.Voraussetzung einer wirksamen Befristung ist der schriftliche Abschluss eines befristeten Probearbeitsvertrages – die Schriftform bestimmt § 14 Abs. 4 TzBfG. Durch das Probebeschäftigungs- resp. Probearbeitsverhältnis werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die Lage versetzt, Erkenntnisse dazuzugewinnen, ob, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der behinderte Mensch in Anbetracht der Art und Schwere der Behinderung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann. Gleichfalls kann während der Probebeschäftigung geprüft bzw. festgestellt werden, ob und inwieweit Arbeitshilfen nach § 64 Abs. 2 SGB III oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX erforderlich sind.“
„Voraussetzung für eine Förderung nach § 46 Abs. 1 SGB III ist zunächst ein (wirksam) befristetes Probebeschäftigungsverhältnis mit einem behinderten Menschen.Voraussetzung einer wirksamen Befristung ist der schriftliche Abschluss eines befristeten Probearbeitsvertrages – die Schriftform bestimmt § 14 Abs. 4 TzBfG. Durch das Probebeschäftigungs- resp. Probearbeitsverhältnis werden Arbeitgeber und Arbeitnehmer in die Lage versetzt, Erkenntnisse dazuzugewinnen, ob, in welchem Umfang und zu welchen Bedingungen der behinderte Mensch in Anbetracht der Art und Schwere der Behinderung einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nachgehen kann. Gleichfalls kann während der Probebeschäftigung geprüft bzw. festgestellt werden, ob und inwieweit Arbeitshilfen nach § 64 Abs. 2 SGB III oder Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 49 SGB IX erforderlich sind.“