Nichitgkeit der Wahl des Schwerbehindertenvertreters

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nisy

Nichitgkeit der Wahl des Schwerbehindertenvertreters

Beitrag von nisy »

Hallo zusammen,

bei uns fand Anfang Mai 18 die Wahl zum Schwerbehindertenvertreter statt, obwohl der "alte" noch bis November im Amt wäre.
Die Wahl wurde durch den Personalrat, dessen Vorsitzender sich als SBV aufstellen lassen hat, einberufen und der Wahlvorstand durch diesen bestimmt. Es wurde das förmliche Wahlverfahren durchgeführt, obwohl nur 10 SB beschäftigt sind und es keine weiteren Standorte gibt. Der PR-Vorsitzende wurde nun auch gewählt und der an sich noch im Amt befindliche SBV möchte nun über uns (den Arbeitgeber) Feststellungsklage erheben. Im Übrigen hat dieser den PR zuvor darauf hingewiesen, dass noch nicht gewählt werden darf bzw. das förmliche Wahlverfahren falsch ist. Wie ihr seht, strotzt die Vorgehensweise nur so von Fehlern, so dass die Begründung der Feststellungsklage beim AG kein Problem ist.
Ich stehe nur gerade auf dem Schlauch, gegen wen diese durch den Arbeitgeber zu stellen ist (PR?, Wahlvorstand?) oder muss hier bei Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Wahl keine Gegenpartei angeben werden?
Danke euch bereits im Voraus! LG!
Ulrich.Römer

Re: Nichitgkeit der Wahl des Schwerbehindertenvertreters

Beitrag von Ulrich.Römer »

Hallo nisy,
für Nichtigkeit und Anfechtung der Wahl sind die Arbeitsgerichte nach § 2a Absatz 1 Nr. 3a ArbGG im Beschlußverfahren zuständig. Geklagt wird gegen die Gewählten der fehlerhaften Wahl.
albin.göbel
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Die willkürliche "Wahl" im Mai: Nichtigkeitsfeststellungsantrag

Beitrag von albin.göbel »

  • »Wahl ohne Veranlassung«
nisy hat geschrieben:Die Wahl wurde durch Per­so­nal­rat einberufen und der Wahl­vor­stand durch diesen bestimmt.
Puuh! Hier kann jedermann, der ein recht­li­ches Interesse hat, also zB von jedem sbM (kann auch Einzelperson sein) zu jeder Zeit beim zust. Arbeitsgericht ein sogenanntes »Nichtigkeitsfeststellungsverfahren« beantragen (mehr in B­IH-Wahlbroschüre, Abschnitt 8.1, Seite 90). Dass ein Per­so­nal­rat eine SBV-Wahl "einberuft" außerhalb des Regelwahlzeitraums, obwohl eine SBV besteht, geht ja gar nicht in einem Rechts­staat, dem sich gerade PR-Vorsitzende verpflichtet fühlen sollten (Wahl­bro­schü­re, Abschnitt 2.2). Wenn eine SBV besteht für diesen Wahlbezirk, dürfen nie­mals Zwischenwahlen während ihrer Amtszeit für diesen Wahlbezirk oder Teile davon erfolgen, da ansonsten nichtig (so schon vor 40 Jahren BAG, 11.04.1978 – 6 ABR 22/77, unter Aufhebung aller Vorinstanzen für BR-Wahl in seinem Leitsatz – welcher glei­cher­ma­ßen für SBV-Wahlen gilt).
BAG hat geschrieben:Die Existenz eines rechtmäßig gewählten Betriebsrats läßt es somit nicht zu, für die Bezirksleitung München einen weiteren Betriebsrat zu wählen. Die notwendige Rechtsfolge daraus ist, die Januarwahl 1976 als nichtig und den daraus hervorgegangenen BR als rechtlich nicht existent anzusehen … Es fehlt an jeder rechtlichen Handhabe, ent­spre­chend dem Verlangen des Antragsgegners das rechtliche Bestehen des aus der Oktoberwahl 1974 gebildeten Betriebs­rats ab Januar 1976 für den Münchener Bezirk für beendet zu erklären. Ausgeschlossen ist ferner aus einleuchtenden Grün­den das gleichzeitige Bestehen zweier voneinander unabhän­giger Betriebsräte für denselben Betrieb; in jedem Einzel­falle wäre unklar, welcher Betriebsrat mitzuwirken bzw. mitzubestimmen hätte.
[BAG, 11.04.1978, 6 ABR 22/77, Gründe II.2]
Das wäre sonst insoweit ähnlich wie historisch bei einem oder mehreren Gegenpäpsten etwa im Römischen Reich oder im Ostgotenreich …

Und dass dieser Per­so­nal­rat bzw. PR-Vor­sit­zen­de einen Wahl­vor­stand "bestimmt", halte ich für eine Amts­an­ma­ßung bzw. gro­be vorsätzliche Amts­pflicht­ver­let­zung, da ein solcher PR-Beschluss von vorn­he­rein undenkbar und nie zulässig sowie reine will­kür­li­che Anmaßung (vergl. auch Prof. Düwell, LPK-SGB IX, § 93 Rn 20 f). Was hat den PR-Vorsitzenden denn eigentlich geritten zu einem solchen Gebaren ??? Das macht doch eigentlich niemand, der "bei Sinnen" ist. Stellt er sich über Gesetz und Wahlordnung? Hier wurde Rote Linie weit überschritten, sagt zu Recht die
B­IH: "Wird außerhalb eines regelmäßigen Wahlzeitraums gewählt, ohne dass die ge­setz­li­chen Voraussetzungen vor­lie­gen, ist die Wahl nichtig." (Seite 27)

Damit sind eigentlich schon alle beiden
Kernpunkte angesprochen und der Fall
gelöst. Daher nur folgende ergänzende
Hinweise am Rande:

"Wahlordnungsfreie Zone"?
Ein PR darf nie und nimmer einen Wahl­vor­stand für die Wahl der SBV bestellen - niemals: Das ist ausgeschlossen !! Auch diese Bestellung des Wahlvorstands ist nichtig, da nur eine SBV befugt ist, einen Wahlvorstand zu bestellen, sofern hierfür die Voraussetzungen vorliegen nach § 1 Abs. 1 SchwbVWO - und niemand sonst. Solche offensichtlichen und vorsätzlichen bzw. schweren Rechtsbrüche "be­ra­tungs­re­sis­ten­der" Personalräte mögen die Ar­beits­rich­ter gar nicht und werden da re­gel­mä­ßig sehr deutlich in ihren Beschlüssen, zumal wenn dem Arbeitgeber wie hier ein wohl vorsätzlicher Schaden durch ver­meid­ba­re Wahlkosten zugefügt wurde "aus Jux und Tollerei" nach Gutdünken, da alles of­fen­bar illegal, un­zu­läs­sig, gesetzlos. Die ge­setz­l. Re­gel­wah­len sind seit Jahr­zehn­ten­ nun mal im Okt/Nov und nicht im Mai Vgl. LAG München vom 25.09.2014, 4 TaBV 33/14, zu einer gleich­falls "obskur" an­mu­ten­den nichtigen "Wahl".

Dieser PR-Vorsitzende kann aus dieser "Wahl" keinerlei Rechte ableiten nach § 178 Abs. 2 SGB IX und auch sonst, und natürlich auch keinerlei Kosten geltend machen nach § 179 Abs. 8 SGB IX, da ja alles komplett rück­wir­kend (!) unwirksam (nichtig) ist. Gilt gleichermaßen auch für eine evt. "gewählte" SBV-Stellvertretung. Dies gilt alles bereits jetzt vor einer rein deklaratorischen Fest­stel­lung des ArbG. Solche "Wahlen" gelten als nicht erfolgt und die "Gewählten" als nicht gewählt (Adlhoch in Ernst/Adlhoch/Seel, SGB IX, Rn. 73 zu § 94 aF).

TIPP: Zu den Rechtsfolgen (ex tunc) einer nich­ti­gen SBV-Wahl vgl. die Hinweise des OVG NRW, 06.04.2004, 1 A 4778/03.PVL, ab Rn. 40 (fundiert & lesenswert!). Zwar wäre schon damals die Ar­beits­ge­richts­bar­keit wie hier zuständig gewesen. Das ArbG E. hat aber die Rechtsänderungen im Jahr 2000 wohl "ver­schla­fen" und an die Ver­wal­tungs­ge­richts­bar­keit verwiesen (Rn. 21).
nisy hat geschrieben:Im Übrigen hat dieser den PR zuvor darauf hingewiesen, dass noch nicht gewählt werden darf bzw. das förm­li­che­ Wahlverfahren falsch ist.
Bin entsetzt über so viel Ignoranz im ÖD!
Eine solche "Wahl" hätte man natürlich schon beim Arbeitsgericht im Vorfeld per Eilantrag untersagen lassen können (B­IH-Wahl­bro­schü­re, Abschnitt 8.3). Auch die förmliche Wahl statt Wahlversammlung macht diese Wahlen anfechtbar (Düwell, LPK-SGB IX, § 94 Rn. 90 Nr. 4).
nisy hat geschrieben:... strotzt nur so von Fehlern
Auf die Anzahl von Fehlern kommt es bei die­ser Frage der Nichtigkeit nicht an, egal ob zwanzig, vierzig oder sechzig, sondern al­lein darauf, ob davon mindestens ein ein­zel­ner krasser Fehler allein zur Nichtigkeit führt. Das ist hier zweifach der Fall, weil
(1) willkürliche vorzeitige "Wahl" und weil
(2) unau­to­ri­sier­tes Organ den Wahl­vor­stand bestellte, ob­wohl von vornherein in keiner theoretisch-abstrakten Kon­stel­lat­i­onen befugt, also rein logisch un­denk­bar. Und genau dieser Punkt ist für die Frage der Nichtigkeit von ausschlaggebender Be­deu­tung, da damit unwiderlegbar fest­steht, dass die Be­stel­lung des "Wahl­vor­stands" durch ein evident unbefugtes Or­gan er­folg­te, m.E. objektiv schwerer "Amtsmissbrauch". (LAG Köln, 10.03.2000, 13 TaBV 9/00, wonach ein Wahl­vor­stand, der oh­ne ge­setz­li­che Grund­la­ge be­stellt wird, nich­tig sei und folg­lich auch die von die­sem ­Vor­stand durch­geführ­te Wahl). Das LAG Köln hatte einem solchen "Organ" untersagt, sich als Wahlvorstand auszugeben bzw. als solcher zu agieren. Der PR ist ­nie­mals zuständige Stelle für Bestellung des Wahl­vor­stands, ­son­dern nur die SBV – präzise normiert laut § 1 SchwbVWO im ersten Satz der Wahlordnung.

Das zu erkennen genügt bereits ein Blick in den verständlich gefassten Wortlaut des § 1 SchwbVWO, den der PR aber ignorierte. Das zu erkennen genügt auch ein Blick in das amtliche Formular zur Bestellung des Wahlvorstands, in dem eben nichts vom PR steht. Auch das hat der PR ignoriert, missachtet und sich darüber hin­weg­ge­setzt nach Lust und Laune – trotz Intervention der SBV !!! Eine solche Ignoranz erscheint nicht nachvollziehbar und unerträglich bzw. höchst verwerflich. Mir sind zwar schon vie­le Wahlfehler untergekommen - aber die­ses höchst
[­­­­­ironie­=ein]kreative[/ironie] Vorgehen hier toppt alles um Längen. Für mich bewusste, vorsätzliche bzw. ver­werf­liche "Wahl­ma­ni­pu­lat­i­on" mit wohl hoher krimineller Energie, für die sich die Beteiligten zu verantworten haben.

So wenig wie der Personalrat bzw. sein Vorsitzender eine Wahlleitung für eine Wahlversammlung bestellen kann - von Rechts wegen, so wenig kann er einen Wahlvorstand für die förmliche SBV-Wahl bestellen - nämlich nie! Das darf sich kein Personalrat herausnehmen. Vergl. dazu auch Diskussion aus 2014.

Viele Grüße
Albin Göbel
albin.göbel
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Re: Nichitgkeit der Wahl des Schwerbehindertenvertreters

Beitrag von albin.göbel »

nisy hat geschrieben:Feststellungsklage gegen wen (PR? Wahlvorstand?) oder muss hier bei Antrag auf Feststellung der Nich­tig­keit der Wahl keine Gegenpartei angeben werden?
Es gibt hier eigentlich keinen Kläger und keinen Beklagten, sondern Antragsteller und Beteiligte. Dieser inexistente "Wahl­vor­stand", der wahlrechtlich nie einer war, ist nicht Beteiligter laut BAG – je­doch die vermeintlich "Gewählten". Dies sind wohl die im Formular Wahlergebnis als gewählt Eingetragen, jedenfalls diese vermeintlich gewählte "Vertrauensperson", für die sich der PR-Vorsitzende ausgibt, als "An­trags­geg­ner". Zu den Beteiligten gehören wo­mög­lich auch evtl. gewählte Stellvertreter, da es gleichzeitig auch um deren nichtige Wahl geht (vgl BAG, 29.07.2009, 7 ABR 91/07, B.IV, u. BAG, 23.07.2014, 7 ABR 23/12, B.I). Auch hat er der amtierenden SBV die kom­plet­te Wahlakte he­raus­zu­ge­ben und zwar un­ver­züg­lich laut dem § 16 SchwbVWO (vgl Düwell Handbuch "Wahl der Schwer­be­hin­der­ten­ver­tre­tung", 2. Aufl. 2018, Abschnitt 13.7).

B­IH: "Auch wenn Nichtigkeit keiner förm­li­chen­ gerichtlichen Feststellung be­darf­­, ist es aus Gründen der Rechts­si­cher­heit zu empfehlen, eine Feststellungsklage beim Arbeitsgericht einzureichen." (Seite 90)
nisy hat geschrieben:obwohl der "alte" noch bis Nov. im Amt wäre.
Warum "wäre"? Ist er doch noch immer ...

Wenn ein "Rechtsbrecher" illegale Wahlen anzettelt bzw. dafür kandidiert, so erlischt durch ein derartiges "Delikt" nicht vorzeitig das Mandat der amtierenden SBV, sondern nur in den Fällen des § 177 Abs. 7 SGB IX. Hier ist Klage geboten, wobei zu hoffen ist, dass Sie an verständige Arbeitsrichter ge­ra­ten, welche die entscheidungsreife Sa­che nicht bis November liegen lassen. Das schon deswegen, da nur ein solches Be­schluss­ver­fah­ren in Rechtskraft ggü. je­der­mann erwächst. Natürlich könnte diese ins­ze­nier­te "Zwischenwahl" auch angefochten werden; auch dann hätte das ArbG über die Wahlnichtigkeit zu befinden (so schon BAG, 24.01.1964, 1 ABR 14/63). Der PR hat mehrheitlich schwer versagt bzw zwei­fel­los­ seine Befugnisse weit überschritten. Das, was der PR hier illegal veranstaltete, läuft letztlich auf "Abwahl" während einer Wahlperiode hinaus, und genau das sieht das Ge­setz nun mal definitiv nicht vor.

Wäre schön, wenn Sie uns über den Fort­gang berichten könnten – und welche Ein­las­sun­gen sich der Personalrat einfallen lässt bzw. ausdenkt für die Arbeitsrichter für seine sog. "Wahl" – meilenweit am Gesetz vorbei, ob dieser PR-Vor­sit­zen­de jetzt vorgibt, die gewählte Ver­trau­ens­per­son zu sein, und welchen ver­meint­li­chen Beginn der Amtszeit das Organ, das sich als "Wahlvorstand" ausgab, in der Be­kannt­ma­chung "Wahlergebnis" unterstellte.

Viele Grüße
Albin Göbel
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