Bewerbungsverfahren: Frage nach Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zulässig?

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jada.wasi
Beiträge: 418
Registriert: Freitag 30. März 2012, 16:30

Bewerbungsverfahren: Frage nach Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zulässig?

Beitrag von jada.wasi »

Liebe Alle,

ist bei Einstellungsverfahren überhaupt die Frage an die Bewerber/innen zulässig, ob die Beteiligung der SBV gewünscht ist?

Vielen Dank für schlag- und rechtskräftige Argumente!

Viele Grüße
da Wasi
anette.löhndorf1

Bewerbungsverfahren: Frage nach Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zulässig?

Beitrag von anette.löhndorf1 »

Liebe Alle,

ist bei Einstellungsverfahren überhaupt die Frage an die Bewerber/innen zulässig, ob die Beteiligung der SBV gewünscht ist?

Vielen Dank für schlag- und rechtskräftige Argumente!

Viele Grüße
da Wasi
Antwort:
Nach §81 Abs. 1 SGB ist der Arbeitgeber bei Bewerbungen von Schwerbehinerten verpflichtet, die SBV hinzuzuziehen (Abs. 1 S.6). Sobald der Arbeitgeber also erkennen kann, dass es sich bei einem Bewerber oder einer Bewerberin um einen schwerbehinderten Menschen handelt, muss die SBV beteiligt werden.
Eine Ausnahme hiervon ist nach § 81 Abs. 1 S. 10 SGB IX nur zu machen, wenn der schwerbehinderte Mensch die Beteiligung der SBV ausdrücklich ablehnt.
albin.göbel
Beiträge: 701
Registriert: Mittwoch 10. November 2010, 14:55

Bewerbungsverfahren: Frage nach Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung zulässig?

Beitrag von albin.göbel »

Hallo,

die nachfolgende Rechtsprechung des BVerwG stützt m.E. die Auffassung von Prof. Dr. Knittel, SGB IX, § 81 Rn. 74, wonach sbM nicht ausdrücklich befragt werden dürfen, ob sie eine Beteiligung der SBV etwa bei Vorstellungsgesprächen wünschen wg. des Suggestivcharakters der Frage. Eine ausdrückliche Be­fra­­gung ist demnach unzulässig, da sug­ges­­tiv. Gilt genauso für formblattmäßige Be­fra­­gung! Ebenso zu Recht Prof. Düwell in LPK-SGB IX, § 81 Rn. 152, wonach "Initiative" vom Bewerber ausgehen muss und wortwörtlich als "Ablehnung" (nicht „Verzicht“ oder Ähnliches) formuliert sein muss nach § 81 Abs. 1 Satz 10 SGB IX.

Knit­tel: Unzulässige Frage nach SBV-Beteiligung
"Die Ablehnung muss auf Initiative des schwerbehinderten Bewerbers zurückgehen. Der Arbeitgeber kann ihn zwar anlässlich der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch in allgemeiner Form auf dieses Ablehnungsrecht hinweisen. Unzulässig wäre aber die ausdrückliche Nachfrage, ob der Bewerber die Be­tei­li­gung der SBV wünsche. Dies könnte nämlich dem Betroffenen möglicherweise den Eindruck vermitteln, die als ge­setz­­li­cher Regelfall vorgesehene Ein­schal­­tung der SBV sei dem Arbeitgeber nicht will­kom­­men und eine Ablehnung ihrer Be­tei­li­gung durch den Bewerber erwünscht.“

„Es liegt auf der Hand, dass der auf den Erfolg seiner Bewerbung hoffende schwer-behinderte Mensch dann vielleicht aus sachfremden Gründen auf die zur Wahrung seiner Interessen vorgesehene Mitwirkung der SBV verzichten könnte. Damit liefe aber ein Verlangen des Arbeitgebers nach einer ausdrücklichen Entscheidung des Stellenbewerbers dem Sinn der gesetzlichen Regelung in § 81 Abs. 1 Satz 6 und 10 SGB IX zuwider, nämlich grundsätzlich durch die Be­tei­li­gung der SBV bereits dem Anschein einer Be­nach­tei­li­gung der schwerbehinderten Bewerber entgegenzuwirken und hiervon nur dann abzusehen, wenn dies der Bewerber selbst - aus von ihm subjektiv wohl erwogenen Gründen - bewusst ablehnt."

Knit­tel, SGB IX, § 81 Rn. 74

"Erschlichener 'Widerspruch' zählt nicht"
In dem vom BVerwG geurteilten Fall ging es zwar nicht um eine Vertrauensperson schwerbehinderter Menschen, sondern um eine Vertrauensperson nach § 27 Abs. 2 SBG, deren Anhörungsrechte höhere Kommandeure bei der Bundeswehr durch verbreitete "kreative" Trixereien jahrelang in größerer Zahl zu umgehen suchten bzw. so die Anhörung leerlaufen ließen. Dieses plumpe Getrixe verboten die Bundesrichter als gesetzeswidrigen Missbrauch. Die Interessenlage ist hier im Kern absolut vergleichbar, so dass die SBV bei ge­gen­tei­li­ger Praxis eine Änderung dieser teils gängigen grob rechtswidrigen bzw. dis­kri­mi­nie­ren­den "Unsitte" verlangen kann.
BVerwG vom 08.12.2010, 2 WD 24.09

Viele Grüße
Albin Göbel
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