darko hat geschrieben:Mein Betriebsrat sagt, das ginge nur, wenn ich die Stützstimme der 1. Schwerbehindertenvertreterin bekomme. Stimmt das?
• Wahlversammlung
Eine örtliche SBV ist nur ausnahmsweise vorschlags- und wahlberechtigt für KSBV-Wahlen in den Fällen des § 180 Absatz 1 Satz
2 SGB IX
und § 180 Absatz 2 Satz
2 SGB IX, sonst nur GSBVen. Diesen aktiv Wahlberechtigten steht frei, ob sie einen Bewerber unterstützen oder nicht. Bei unter 50 muss immer in einer Wahlversammlung gewählt werden; dieses gilt auch bei der erstmaligen Wahl der Konzern-SBV (Prof. Düwell, Wahl der SBV, Abschnitt 15.4 KSBV). Dann genügt es immer, wenn
ein Wahlberechtigter zu der KSBV vorschlägt. Sog. "Stützunterschriften" (Stützstimmen) gibt es nicht bei KSBV-Wahlversammlung. Ein stellv. Mitglied einer SBV/GSBV kann sich regelmäßig
nicht selbst vorschlagen, falls keine Verhinderungsvertretung laut § 177 Abs. 1 Satz
1, § 180 Abs.
5 SGB IX. Ihr BR liegt folglich (teilweise) richtig. Siehe dazu auch
Diskussion vom Jan. 2019.
• Förmliche Wahl
Förmliche KSBV-Wahlen mit Stützunterschriften sind nur zulässig ab 50 Wahlberechtigten nach § 177 Abs. 6 Satz
3 SGB IX
entsprechend. Dann wären mind.
drei Unterstützer oder mehr (ein Zwanzigstel) erforderlich für einen Wahlvorschlag.
Soweit in dem § 22 Abs. 1 Satz
4 SchwbVWO davon die Rede ist, dass bei
"weniger als fünf Wahlberechtigten" die Unterzeichnung eines Wahlvorschlages durch einen Wahlberechtigten ausreiche, läuft diese Bestimmung leer, da kraft Gesetzes nur ab 50 Wahlberechtigten eine förmliche Wahl zulässig ist (LPK-SGB IX, Prof.
Düwell,, § 180 Rn. 21 mwN, und Dr.
Sachadae, § 22 SchwbVWO Rn. 17-20;
a.A. noch BIH-Wahlbroschüre, Abschnitt 7.1 S. 83). Folglich kommen bei unter 50 denklogisch allenfalls bei örtlichen Vertretungen förmliche Wahlen in Frage, nicht aber bei überörtlichen Vertretungen kraft Gesetzes. Der Gesetzesvorrang wurde beim BTHG (u.a. vom BMAS) offenbar verkannt – trotz klarer Ansage des BAG 23.07.2014 - 7 ABR 61/12, II 2 b, in
Rn. 27 unter Verweis auf's BVerfG 1958:
"... ist "Wahlordnung Schwerbehindertenvertretungen" eine gegenüber dem Gesetz niederrangige Rechtsnorm (vgl. BVerfG 6. Mai 1958 – 2 BvL 37/56 ua.). Schon deshalb kann ihr der Regelungswille, etwas abweichend vom Gesetz zu regeln, nicht entnommen werden. (Rn. 27)
• Denkfehler?
Das ist mE
kapitaler Denkfehler des BMAS: Während die Wahlordnung davon ausgeht, dass bei
unter fünf oder bei
unter fünfzig Wahlberechtigten förmliche Wahl durchaus in Betracht komme, schließt dies das Gesetz kategorisch aus. Das beißt sich, weil klar widersprüchlich und kraft Gesetzes ausgeschlossen für Wahl
„überörtlicher Vertretungen“ gemäß Wortlaut des § 180 Absatz 7 letzter HS i.V..m. § 177 Absatz 6
Satz 3 HS 1 SGB IX bei
„weniger als 50“. Wegen dieser wohl bis in die 80-er Jahre zurückreichenden etwas
„chaotischen“ Normierung erscheint (insoweit) rechtliche Klarstellung und gesetzliche Nachbesserung geboten. Fraglich ist, ob die Rspr. dies als bloßes offensichtliches Redaktionsversagen des Normgebers und damit als belanglos ansieht – oder eben nicht?
Kann das nicht nachvollziehen unter keinem Gesichtspunkt, da insoweit offensichtlich höchst widersprüchlich, oder? Die ministerielle äußerst verwirrende „Normtechnik“ dieses Verordnungsgebers in dieser Wahlordnung halte ich in diesem Punkt eher für "unterirdisch". Jedenfalls hat dieses alles mit verständlicher Sprache & Verordnung wenig zu tun im § 22 SchwbVWO. Wer soll das verstehen?
►
„Wahlbezogene Änderungen“
Sachadae: „Nicht geklärt ist damit jedoch, was passiert, wenn zwar die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens nach § 97 Abs. 7 i.V.m. § 94 Abs. 6 Satz 3 SGB IX n.F. vorliegen, jedoch die zusätzlichen Vorgaben des § 22 Abs. 3 SchwbVWO nicht erfüllt sind.“ (PersR, 2/2017)
Viele Grüße
Albin Göbel
[WVL]