Hallo Herr Römer,
die Antwort stimmt zwar. Doch Gleichstellungen wenn diese erfolgen gelten immer ab dem Tag der Antragstellung (Datum/Uhrzeit bei tel. Erstantrag). Wenn dann der AG das SGB IX nicht beachtet hatte, also auch die SBV nicht beteiligt hatte bekommt der AG sehr sehr große Probleme.
Denn mit der Änderung des SGB IX bzw der Einführung des BTHG MUSS der AG immer die SBV gem. § 95 SGB IX beteiligen oder aber eine Maßnahme ist ungültig/nichtig! Dieses gilt auch für Kündigungen in der Probezeit.
Verstöße gegen § 95,2 führen zur Unwirksamkeit führen durch den durch Art. 2 BTHG neu eingefügten Satz 3, der auf Satz 1 zur "unverzüglichen" Anhörung ausdrücklich verweist (vergl. z.B. Prof. Dr. Reufels, Cologne, Update ArbR Febr. 2017, zu Artikel 2 Bundesteilhabegesetz).
Kündigung SB in der Probezeit - Beteiligung SchwBV.
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BTHG: Redaktionsversehen beim Fristverweis in § 90 Abs. 2a SGB IX
Ooops: Beim Artikel 2 des BTHG scheint BMAS wohl "gepatzt" zu haben, weil § 90 Abs. 2a SGB IX ab 30.12.2016 nicht mehr auf die Fristenregelung in § 69 Abs. 1 SGB IX n.F. verweist: Übersehen hat BMAS offenbar, dass in § 90 Abs. 2a SGB IX der Verweis auf die "Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2" auf die nunmehr in § 69 Abs. 1 Satz 3 verschobene Fristenregelung hätte normtechnisch angepasst werden müssen als redaktionelle Folgeänderung, weil sonst "sinnentstellte" bzw. sinnfreie Verweisungsnorm seit dem 30.12.2016.Ulrich Römer hat geschrieben:§ 90 Abs. 2a ➔ § 69 Abs. 1 Satz 2
• Näheres vgl Fußnote*) mit Anm. d. Red.:
"Durch Artikel 2 G. v. 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) wurde in § 69 Abs. 1 ein neuer Satz 2 eingefügt. Der Verweis wurde bislang nicht an die Änderung angepasst."
Vgl. dazu Handbuch Düwell/Beyer, Das neue Recht für behinderte Beschäftigte, Rn. 282, wie folgt: "Für das bis 31.12.2017 geltende Übergangsrechts ist der Fehler durch eine korrigierende Auslegung zu berichtigen."
Weitere offenbare Redaktionsversehen z.B. in Artikel 1 § 173 Absatz 1 SGB IX. Diese offensichtlichen Formatierungs- und Übertragungsfehler des BMAS und weitere in Artikel 1 BTHG unendeckt gebliebene offensichtliche Fehler während des BTHG-Gesetzgebungsverfahrens wird nun der Gesetzgeber 2017 zu bereinigen haben (Handbuch zum BTHG, Düwell/Beyer, Das neue Recht für behinderte Beschäftigte, 2017, Randnr. 13).
• Näheres vgl Fußnote*) mit Anm. d. Red:
"Vermutlich enthält Absatz 1 zwei Redaktionsversehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll § 173 dem alten § 90 SGB IX a.F. entsprechen. Im Vergleich zu § 90 SGB IX a.F. fehlt sowohl die Nummer 3 als auch die Einrückung des Abschlussatzes in die alte Nummer 3, hier Nummer 2."
Viele Grüße
Albin Göbel
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Beteiligung SBV bei lfd. Gleichstellung?
Bei der generellen Rechtsfrage, ob SBV "vorsorglich" zu beteiligen ist, etwa auch bei der Umsetzung im ÖD oder z.B. bei Entlassung eines Beamten oder bei der Ruhestandsversetzung im ÖD, ist arbeits- bzw. verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung offenbar uneinheitlich:jada.wasi hat geschrieben:Muss auch dann, wenn Gleichstellung beantragt wurde, aber die Arbeitsagentur darüber noch nicht entschieden hat ... dennoch die SBV vom Arbeitgeber gehört werden, obwohl noch kein Gleichstellungsbescheid vorliegt?
Das LAG Berlin-Bbg., 09.05.2018 – 23 TaBV 1699/17, verneinte eine SBV-Beteiligung bei einer "Umsetzung" in dem Jobcenter Berlin M.-H. entgegen Vorinstanz, dem ArbG Berlin Beschluss vom 17.10.2017, 16 BV 16895/15 (Rechtsbeschwerde anhängig unter 7 ABR 18/18 beim BAG) sowie entgegen VGH Baden-Württemberg vom 22.02.1995, 4 S 2359/94 zur Umsetzung/Versetzung. Vergl. auch Joussen/Düwell LPK-SGB IX 2019 § 211 Randnummer 13, wonach die SBV-Beteiligung auch bereits dann in Betracht komme, wenn im Verwaltungsverfahren der "Beamte auf das laufende Feststellungsverfahren verweist".
Das LAG BB argumentiert mit dem streng formalisierten SBV-Wahlrecht, dass ohne den Gleichstellungsbescheid kein SBV-Wahlrecht besteht und folglich auch kein SBV-Beteiligungsrecht bestehen könne: Zwingend ist der Schluss vom Wahlrecht aufs SBV-Beteiligungsrecht wohl nicht, da bei lfd. Verfahren z.B. beim Versorgungsamt nach drei Wochen rechtsvergleichend nach h.M. ggf. das besondere gesetzliche Kündigungsschutzverfahren ("zwingend" statt optional!) greift i.S. des § 173 Absatz 3 SGB IX - und sodann folglich gleichfalls zwingend auch die SBV zu beteiligen ist vom InA gemäß § 170 Absatz 2 SGB IX (vergl. BAG, 01.03.2007, 2 AZR 217/06). Unzutreffend auch das von den Berliner Arbeitsrichtern zitierte Aktenzeichen des BVerwG: richtig 2 B 79.10 statt 2 B 79/10
Das BVerwG, 07.04.2011 - 2 B 79.10 - Rn. 6/11, bejahte aber grundsätzlich die "vorsorgliche" SBV-Beteiligung z.B. bei Ruhestandsversetzung eines Beamten während des laufenden Gleichstellungsverfahrens in einer Nichtzulassungsbeschwerde, auszugsweise wie folgt:
Dies gilt nicht erst nach erfolgter Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen, sondern bereits während eines laufenden Antragsverfahrens. Der Beamte muss den Dienstherrn von dem laufenden Antragsverfahren unterrichten, wenn er den mit der Anhörung der SBV bezweckten Schutz in Anspruch nehmen will. Für diese Fallgruppe besteht die Möglichkeit der vorsorglichen Anhörung der SBV auf Antrag des Betroffenen, der der Vorbehalt immanent ist, dass das Verfahren vor der zuständigen Stelle zu einer Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft bzw. zu einer Gleichstellung führt. Vgl. für die Anhörung der Hauptfürsorgestelle, dem heutigen Integrationsamt: BVerwG, 15.12.1988, 5 C 67.85... (Rn. 6)
Wie bereits ausgeführt, hat der Dienstherr, sobald ihn der Beamte über seine Antragstellung unterrichtet, vorsorglich die SBV anzuhören. Ansonsten besteht eine solche Pflicht des Dienstherrn nicht (Rn 11)
Ebenso so schon OVG NRW 18.03.2010, 6 A 4435/06 (einstimmig) mit lesenswerter und ausführlicher Begründung, womit sich aber das LAG Berlin-Brandenburg gleichfalls nicht (näher) auseinandersetzte, obgleich BVerwG mehrfach darauf verwies bzw. Beschwerde gegen Nichtzulassung der Revision zurückwies; vgl. BVerwG, Beschluss vom 02.12.2010 - 2 B 41.10.
Ist der Arbeitgeber aber der Ansicht, ein Beamter, der das Feststellungsverfahren beantragte, sei gar nicht schwerbehindert, mag er ohne Beteiligung der SBV entscheiden, freilich auf sein Risiko hin, daß seine Entscheidung u.U. in einem Prozess für rechtswidrig erklärt wird, falls der Schwerbehindertenstatus zwischenzeitlich amtl. festgestellt und nachgewiesen wurde; so schon BVerwG 15.12.1988, 5 C 67.85 Rn 21, vor 30 Jahren zum früheren SchwbG 1979. Es dürfte dabei im Kern darum gehen,
• ob nur von einer Option ("Möglichkeit") einer Anhörung auszugehen ist, wie der Fünfte Senat des BVerwG 2008 meinte, oder
• ob darüber hinausgehend von einer Verpflichtung ("solche Pflicht"), wie der Zweite Senat des BVerwG 2011 meinte. Zum|Meinungsstreit in Rechtsprechung sowie Lehre grundlegend Düwell/Beyer, BTHG: "Das neue Recht für Behinderte Beschäftigte" - Rn. 145 bis 149, mit zahlreichen Nachweisen. Und von teilweiser "Lückenhaftigkeit" des Schwerbehindertenrechts sprach das BAG "wiederholt" ...
Landesrecht (Richtlinien)
In Ländern wie Brandenburg (4.2 SchwbRl 2005) und Niedersachsen (1.2 SchwbRl 2016) ist Beschluss von begrenzter Bedeutung: Denn dort ist für die staatlichen Dienststellen dieser Länder angeordnet, dass die Antragsteller bis zur Entscheidung über ihren Antrag unter Vorbehalt als schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte behinderte Beschäftigte „zu behandeln“ sind.
NB In der Rspr. wird pauschal davon ausgegangen, dass die bloße Anhörung des Arbeitgebers durch die Bundesagentur für Arbeit alleine nicht ausreichend sei zur Geltendmachung des Gleichstellungsstatus. Insoweit wurde jedoch bei „Beweiswürdigung“ der Instanzengerichte nie die Tatsache gewürdigt, soweit ersichtlich, dass eine solche Anhörung nur mit Zustimmung der Antragsteller erfolgt und damit auf deren Veranlassung. Da aber diese „Beweiswürdigung“, die diesen Umstand ausblendete, niemals in Revisionen angegriffen wurde, hat das BAG bisher insoweit stets „durchgewunken“.
Viele Grüße
Albin Göbel
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Re: Kündigung SB in der Probezeit - Beteiligung SchwBV.
Hallo zusammen,
den scheinbar bestehenden Dissens der Gerichtszweige (BAG, BVerwG) über die konstitutive Wirkung einer Geichstellung und Beteiligung der SBV relativiert das BAG im Urteil vom 23. November 2023 - 8 AZR 212/22 - mit folgender Begründung:
Rn. 41:
(4) Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungen vom 7. April 2011 (- 2 B 79.10 - Rn. 6) und 17. April 2020 (- 2 B 7.20 - Rn. 11) ausgeführt hat, der Dienstherr höre vorsorglich die Schwerbehindertenvertretung an, wenn ihn der Beamte über seinen Gleichstellungsantrag unterrichte, lagen dem andere Fallgestaltungen zugrunde. Die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts betreffen die von der vorliegenden Bewerbungssituation zu unterscheidende Konstellation einer auf Dienstunfähigkeit gestützten Versetzung in den Ruhestand sowie einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. In beiden Entscheidungen des BVerwG handelt es sich im Übrigen um ein die jeweilige Entscheidung nicht tragendes obiter dictum (vgl. zu BVerwG 7. April 2011 - 2 B 79.10 -: BAG 22. Januar 2020 - 7 ABR 18/18 - Rn. 49, BAGE 169, 267).
https://www.bundesarbeitsgericht.de/ent ... azr-212-22
Viele Grüße
Dr. Michael Karpf
den scheinbar bestehenden Dissens der Gerichtszweige (BAG, BVerwG) über die konstitutive Wirkung einer Geichstellung und Beteiligung der SBV relativiert das BAG im Urteil vom 23. November 2023 - 8 AZR 212/22 - mit folgender Begründung:
Rn. 41:
(4) Die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts steht nicht in Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in den Entscheidungen vom 7. April 2011 (- 2 B 79.10 - Rn. 6) und 17. April 2020 (- 2 B 7.20 - Rn. 11) ausgeführt hat, der Dienstherr höre vorsorglich die Schwerbehindertenvertretung an, wenn ihn der Beamte über seinen Gleichstellungsantrag unterrichte, lagen dem andere Fallgestaltungen zugrunde. Die Beschlüsse des Bundesverwaltungsgerichts betreffen die von der vorliegenden Bewerbungssituation zu unterscheidende Konstellation einer auf Dienstunfähigkeit gestützten Versetzung in den Ruhestand sowie einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis. In beiden Entscheidungen des BVerwG handelt es sich im Übrigen um ein die jeweilige Entscheidung nicht tragendes obiter dictum (vgl. zu BVerwG 7. April 2011 - 2 B 79.10 -: BAG 22. Januar 2020 - 7 ABR 18/18 - Rn. 49, BAGE 169, 267).
https://www.bundesarbeitsgericht.de/ent ... azr-212-22
Viele Grüße
Dr. Michael Karpf